Rückforderung überzahlter Rente wegen Erwerbsminderung
Voraussetzungen einer Divergenzrüge
Fehlerhafte Rechtsanwendung
Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen
Gründe:
I
Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung überzahlter Rente wegen Erwerbsminderung iHv noch 2051,56 Euro.
Die Beklagte hatte dem als Sicherheitsingenieur selbstständig tätigen Kläger aufgrund der Folgen eines im Februar 2000 erlittenen
Arbeitsunfalls zeitlich befristet vom 1.2.2001 bis zum 31.7.2002 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bewilligt (Bescheid
vom 18.10.2001). Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass für das Kalenderjahr 2001 gemäß der Gewinnschätzung des Steuerberaters
von einem voraussichtlichen Einkommen iHv 3000 Euro ausgegangen werde. Sollte das Einkommen über der Hinzuverdienstgrenze
liegen, werde eine Neuberechnung der Rente erfolgen; eventuell überzahlte Beträge seien zu erstatten. Gemäß Einkommensteuerbescheid
vom 3.11.2005 erzielte der Kläger im Jahr 2001 tatsächlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv 23 982 Euro. Hierin enthalten
war ein Teilbetrag von 19 100 Euro aus der Auflösung einer im Jahr 1999 gebildeten Ansparrücklage, die der Kläger nach seinen
Angaben zum Zeitpunkt der Bewilligung der Rente noch in das Jahr 2000 hätte verlagern können, weil er die Einkommensteuererklärung
für das Jahr 2000 erst im Jahr 2002 abgegeben habe.
Die Beklagte stützte die Aufhebung und Rückforderung im Bescheid vom 2.9.2008 auf § 45 Abs 3 S 3 Nr 1 SGB X und führte nach Darstellung des Klägers im Widerspruchsbescheid vom 26.1.2010 aus, dass die Voraussetzungen des § 45 SGB X vorlägen, jedoch auch die Anwendung des § 48 SGB X zu keinem anderen Ergebnis führe. Das LSG habe zunächst festgestellt, dass der Rentenbescheid vom 18.10.2001 rechtswidrig
sei, weil der Kläger im streitigen Zeitraum (1.2. bis 31.12.2001) sämtliche Hinzuverdienstgrenzen für eine Rente wegen teilweiser
Erwerbsminderung überschritten habe. Es habe insoweit die Auffassung vertreten, dass auch die Auflösung der Ansparrücklage
Einkommen darstelle. Die Aufhebung der Rentenbewilligung habe es jedoch nicht auf § 45 SGB X, sondern auf § 48 SGB X gestützt. Bei der Prüfung des § 48 SGB X sei das LSG nach den Ausführungen in der Beschwerdebegründung zu der Auffassung gelangt, dass die Voraussetzungen des § 48 Abs 1 S 2 Nr 2 und 4 SGB X nicht vorgelegen hätten, er insbesondere nicht bösgläubig gewesen sei.
Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG macht der Kläger ausschließlich eine Rechtsprechungsabweichung
geltend.
II
Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig, denn er hat den geltend gemachten Zulassungsgrund der Divergenz nicht in der gebotenen
Weise bezeichnet (§
160 Abs
2 Nr
2 iVm §
160a Abs
2 S 3
SGG).
Hierzu sind entscheidungstragende Rechtssätze aus dem Berufungsurteil sowie aus einer höchstrichterlichen Entscheidung einander
gegenüberzustellen; zudem ist näher zu begründen, weshalb diese nicht miteinander vereinbar sind und inwiefern die Entscheidung
des LSG auf der Abweichung beruht (stRspr, vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 10 RdNr 4, Nr 13 RdNr 17). Nicht ausreichend ist hingegen, wenn die fehlerhafte Anwendung eines als solchen nicht in Frage
gestellten höchstrichterlichen Rechtssatzes durch das Berufungsgericht geltend gemacht wird (bloße Subsumtionsrüge), denn
nicht die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall, sondern nur eine Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen ermöglicht
die Zulassung der Revision wegen Divergenz (BSG SozR 1500 § 160a Nr 67 S 91; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 f).
Diesen Anforderungen wird das Vorbringen des Klägers nicht gerecht. Er entnimmt dem Urteil des LSG zwar "zusammengefasst"
den Rechtssatz: "Der Verwaltungsakt über den Rentenzahlbetrag im Rentenbescheid ist bei Vorliegen von Arbeitseinkommen zumindest
solange rechtmäßig, als ein die Hinzuverdienstgrenzen überschreitendes Einkommen des Selbstständigen noch nicht (positiv)
feststeht. Dies ist dann der Fall, wenn der Selbständige die im Einkommensteuerrecht bestehenden Optionen noch nicht durch
Abgabe der Steuererklärung ausgeübt hat." Dies stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des BSG insbesondere in den Entscheidungen vom 9.10.2012 (B 5 R 8/12 R - BSGE 112, 74 = SozR 4-1300 § 45 Nr 10), vom 21.6.2011 (B 4 AS 21/10 R - BSGE 108, 258 = SozR 4-4200 § 11 Nr 39) und vom 2.6.2004 (B 7 AL 58/03 R - BSGE 93, 51 = SozR 4-4100 § 115 Nr 1). Die Abgrenzung zwischen § 45 SGB X und § 48 SGB X sei nach ständiger Rechtsprechung des BSG (zB Urteil vom 21.6.2011, aaO, RdNr 16) nach den objektiven Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts,
der aufgehoben werden soll, vorzunehmen. In den Urteilen vom 2.6.2004 und 21.6.2011 habe das BSG ausgeführt, dass der Erlass eines endgültigen Bescheids trotz erst künftig ermittelbarer, allenfalls prospektiv schätzbarer
Umstände ohne rechtliche Schätzungsbefugnis statt eines vorläufigen Bescheids von Anfang an rechtswidrig sei.
Es kann hier dahinstehen, ob der Kläger schlüssig aufgezeigt hat, dass das LSG-Urteil den von ihm selbst "zusammengefasst"
gebildeten abstrakten Rechtssatz tatsächlich enthält, und ob er dem einen eindeutig einer Entscheidung des BSG zuzuordnenden Rechtssatz gegenübergestellt hat. Jedenfalls kann der Darstellung des Klägers nicht entnommen werden, inwiefern
das LSG-Urteil auf der behaupteten Abweichung beruht. Denn er führt aus, die Beklagte habe die Aufhebung und Rückforderung
auf § 45 SGB X gestützt, wäre aber bei Anwendung des § 48 SGB X zum selben Ergebnis gekommen. Das SG habe die Auffassung der Beklagten - den insoweit knappen Darlegungen des Klägers zufolge - bestätigt. Das LSG habe lediglich
den Rückforderungsbetrag von 2988,44 Euro auf 2051,56 Euro reduziert; aus welchen Gründen dies geschehen ist, teilt der Kläger
nicht mit. Die Beschwerdebegründung führt lediglich aus, das LSG habe sich auf § 48 SGB X und nicht auf § 45 SGB X gestützt und sei bei der Prüfung des § 48 SGB X zu der Auffassung gelangt, dass die Voraussetzungen des § 48 Abs 1 S 2 Nr 2 und 4 SGB X nicht vorlägen. Dies lässt nicht erkennen, aus welchem Grund das LSG zu einer dem Kläger günstigeren Entscheidung hätte gelangen
müssen, wenn es seiner Entscheidung § 45 SGB X zugrunde gelegt hätte. Allein der Hinweis, das Berufungsgericht habe ausgeführt, dass Bösgläubigkeit des Klägers im Zeitpunkt
des Erlasses des Rentenbewilligungsbescheids nicht vorgelegen habe (vgl § 45 Abs 2 S 3 Nr 3 SGB X), rechtfertigt noch nicht die Schlussfolgerung, dass eine Rücknahme gemäß § 45 Abs 2 S 1 SGB X - aufgrund eines nach Abwägung mit den öffentlichen Interessen schutzwürdigen Vertrauens des Klägers - zwingend ausgeschlossen
war.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von §
193 SGG.