Rückzahlung entrichteter Nachversicherungsbeiträge
Substantiierung einer Grundsatzrüge
Ständige Verwaltungspraxis
Formulierung einer verständlichen Rechtsfrage
Gründe:
I
Das LSG Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 9.12.2014 einen Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der für die Beigeladene entrichteten
Nachversicherungsbeiträge verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger beim BSG Beschwerde eingelegt. Er beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und auf eine Rechtsprechungsabweichung.
Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung vom 28.1.2015 genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen
Form, denn er hat die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und der Divergenz nicht ordnungsgemäß dargetan (§
160 Abs
2 Nr
1 und
2 iVm §
160a Abs
2 S 3
SGG).
1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des §
160 Abs
2 Nr
1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung
des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren
Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese
noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts
erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).
Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit,
ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von
ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der Kläger trägt lediglich vor, die Sache habe grundsätzliche Bedeutung, weil sie seine Verwaltungspraxis in einer Vielzahl
von Fällen betreffe. Das LSG habe den Zeitpunkt und den Umfang der Ermittlungs- und Prüfungspflicht des Klägers für das Vorliegen
des Aufschubtatbestands festgelegt und "überdehnt". Der angefochtenen Entscheidung komme wesentliche Bedeutung für die einheitliche
Auslegung und Anwendung bei der Entscheidung über den Aufschubgrund zu.
Dieser Vortrag genügt den aufgezeigten Anforderungen nicht. Es fehlt bereits an der Darlegung einer generellen Rechtsfrage
zum Anwendungsbereich einer revisiblen Norm des Bundesrechts (§
162 SGG; stRspr vgl zB BSG Beschluss vom 6.4.2010 - B 5 R 8/10 B - Beck RS 2010, 68786 RdNr 10; Senatsbeschluss vom 3.11.2014 - B 13 R 253/14 B - BeckRS 2014, 73931 RdNr 8 mwN). Die Formulierung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch
unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (vgl Becker,
SGb 2007, 261, 265). Es gehört hingegen nicht zu den Aufgaben des BSG, den Vortrag daraufhin zu untersuchen, ob sich aus ihm eventuell eine entsprechende Rechtsfrage herausfiltern ließe (vgl
BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 26 S 48).
Überdies fehlt es auch an hinreichender Darlegung der Klärungsbedürftigkeit. Der Kläger führt aus, dass sich das Berufungsurteil
an die Entscheidung des BSG vom 29.7.1997 (4 RA 107/95 - SozR 3-2600 § 8 Nr 4 bzw SozR 3-2600 § 184 Nr 1) anlehne und es gehe "hinsichtlich Voraussetzungen und Umfang noch darüber hinaus". Zudem
beruft sich der Kläger für seine Rechtsansicht auf das Urteil des BSG vom 14.2.1973 (1 RA 241/72 - BSGE 35, 195 = SozR Nr 4 zu § 1403
RVO), wonach eine Aufschubentscheidung bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen auch rückwirkend möglich sei. Aus diesem Beschwerdevortrag
geht aber nicht hervor, worin der erneute Klärungsbedarf an höchstrichterlicher Rechtsprechung liegen sollte.
2. Der Kläger hat auch eine Rechtsprechungsabweichung nicht formgerecht aufgezeigt.
Divergenz liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht
übereinstimmen. Dies ist der Fall, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, der von einem vorhandenen
abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn das Urteil des LSG nicht
den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat.
Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die
Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene
Urteil auf der Abweichung beruht.
Zur formgerechten Rüge des Zulassungsgrundes der Divergenz gehört es, in der Beschwerdebegründung nicht nur eine Entscheidung
genau zu bezeichnen, von der die Entscheidung des LSG abgewichen sein soll; es ist auch deutlich zu machen, worin genau die
Abweichung zu erachten sein soll. Der Beschwerdeführer muss daher darlegen, zu welcher konkreten Rechtsfrage eine die Berufungsentscheidung
tragende Abweichung in den rechtlichen Ausführungen enthalten sein soll. Er muss mithin einen abstrakten Rechtssatz der vorinstanzlichen
Entscheidung und einen abstrakten Rechtssatz aus dem höchstrichterlichen Urteil so bezeichnen, dass die Divergenz erkennbar
wird. Nicht hingegen reicht es aus, auf eine bestimmte höchstrichterliche Entscheidung mit der Behauptung hinzuweisen, das
angegriffene Urteil weiche hiervon ab. Schließlich muss aufgezeigt werden, dass das Revisionsgericht die oberstgerichtliche
Rechtsprechung in einem künftigen Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (zum Ganzen vgl BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 f mwN).
Der Kläger trägt vor, das angefochtene Berufungsurteil stehe im Widerspruch zum Urteil des BSG vom 14.2.1973 (1 RA 241/72 - BSGE 35, 195 = SozR Nr 4 zu § 1403
RVO). Demnach könne bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen eine Aufschubentscheidung auch rückwirkend getroffen werden. Auf
dieser Abweichung beruhe das Urteil des LSG, weil es - anders als das BSG - "keine rückwirkende Entscheidung nach Kenntnisnahme vom Vorliegen des Aufschubgrundes" zulasse und keine angemessene Überprüfungsfrist
einräume. Die im vorgenannten Urteil des BSG vom 14.2.1973 (aaO) aufgestellten Kriterien für eine rückwirkende Aufschubentscheidung habe der Kläger durch seine Bemühungen
um Aufklärung aber erfüllt.
Dieser Vortrag genügt nicht den aufgezeigten Anforderungen an die Bezeichnung einer Divergenz. Es mangelt daran, dass der
Kläger es versäumt hat, einen tragenden abstrakten Rechtssatz aus dem Berufungsurteil einem sich widersprechenden, tragenden
abstrakten Rechtssatz aus dem og Urteil des BSG gegenüberzustellen. Ein solcher Rechtssatz muss der Beschwerdebegründung klar und deutlich zu entnehmen sein. Daran fehlt
es hier. Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, sich aus den Ausführungen in der Beschwerdebegründung einen geeigneten
Rechtssatz herauszusuchen (vgl zB Senatsbeschluss vom 26.9.2013 - B 13 R 213/13 B).
Aber selbst dann mangelte es an Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der vom Kläger behaupteten Divergenz. Denn es fehlt
in jeder Hinsicht an der Nachvollziehbarkeit des vom LSG für das das Revisionsgericht verbindlich festgestellten Sachverhalts.
Hierzu enthält die Beschwerdebegründung keine Ausführungen.
Schließlich ergibt sich aus der Beschwerdebegründung, dass der Kläger im Kern seines Vortrags die inhaltliche Unrichtigkeit
des angefochtenen Berufungsurteils rügt. Die behauptete Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall - zB die Nichtberücksichtigung
von höchstrichterlicher Rechtsprechung oder wegen fehlerhafter Anwendung dortiger Maßstäbe - rechtfertigt aber nicht die Zulassung
wegen Divergenz (stRspr, vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 ff).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 Abs
2 und
3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 SGG iVm §
154 Abs
2 und §
162 Abs
3 VwGO. Der Kläger ist von der Zahlung der Gerichtskosten befreit, § 2 Abs 1 S 1 GKG.
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §
197a Abs
1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 47 Abs 1 und 3, § 52 Abs 3 GKG.