Rente wegen Erwerbsminderung
Rüge eines Verfahrensmangels
Anspruch auf Anordnung des persönlichen Erscheinens eines Verfahrensbeteiligten
Gründe:
I
Das LSG Nordrhein-Westfalen hat im Urteil vom 2.7.2014 einen Anspruch des im Juli 1962 geborenen Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung
verneint, weil dieser nach dem Ergebnis der sozialmedizinischen Ermittlungen noch in der Lage sei, unter betriebsüblichen
Bedingungen körperlich leichte und geistig einfache Tätigkeiten vollschichtig arbeitstäglich zu verrichten.
Der Kläger macht mit seiner beim BSG erhobenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem genannten Urteil ausschließlich Verfahrensmängel geltend.
Zudem beantragt er Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung der Rechtsanwälte . aus D..
II
1. Der PKH-Antrag ist abzulehnen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§
73a Abs
1 S 1
SGG iVm §
114 Abs
1 ZPO). Denn die bereits von einem Rechtsanwalt erhobene und begründete Nichtzulassungsbeschwerde erfüllt nicht die insoweit vorgeschriebenen
formellen Voraussetzungen (dazu näher unter 2.). Damit entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der
PKH (§
121 Abs
1 ZPO).
2. Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Beschwerdebegründung vom 9.4.2015 genügt nicht der vorgeschriebenen Form,
denn er hat einen Verfahrensmangel nicht in der erforderlichen Weise bezeichnet (§
160 Abs
2 Nr
3 iVm §
160a Abs
2 S 3
SGG).
Hierzu müssen die tatsächlichen Umstände, welche den geltend gemachten Verfahrensverstoß begründen sollen, substantiiert und
schlüssig dargelegt und darüber hinaus muss aufgezeigt werden, inwiefern die angefochtene Entscheidung auf diesem Verfahrensmangel
beruhen kann (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 4, Nr 21 RdNr 4 - jeweils mwN; Krasney in Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl
2011, Kap IX RdNr 202 ff). Zu beachten ist aber, dass ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 S 1
SGG gestützt werden kann (§
160 Abs
2 Nr
3 Teils 2
SGG) und dass die Rüge einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach §
103 SGG nur statthaft ist, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist
(§
160 Abs
2 Nr
3 Teils 3
SGG).
Diesen Erfordernissen wird das Vorbringen des Klägers nicht gerecht:
a) Er rügt zunächst, sowohl in erster als auch in zweiter Instanz sei sein Recht auf ergänzende Anhörung und Befragung von
Sachverständigen (§
116 SGG) verletzt worden. Das LSG habe sich jedenfalls aufgrund eines Schreibens des Sohnes des Klägers vom 21.8.2012 veranlasst
sehen müssen, den Gutachter Dr. B. zum Verhandlungstermin zu laden, weil er - der Kläger - substantiierte Einwendungen gegen
dessen Feststellungen erhoben habe. Dasselbe gelte hinsichtlich des Sachverständigen R. ; auch insoweit habe er umfangreiche
Einwendungen geltend gemacht. Dennoch habe sich das LSG hinsichtlich der streitentscheidenden Frage seiner Arbeitsfähigkeit
gerade auch auf diese beiden Gutachten gestützt, obwohl ihm die Einwendungen - wie sich aus dem Urteil ergebe - wohlbekannt
gewesen seien.
Mit diesem Vorbringen ist der Verfahrensmangel einer Verletzung des Rechts auf Befragung eines Sachverständigen (§
116 S 2, §
118 Abs
1 S 1
SGG iVm §§
397,
402,
411 Abs
4 ZPO) nicht in schlüssiger Weise dargetan. In diesem Zusammenhang kann offenbleiben, ob der Kläger die nach seiner Ansicht hinsichtlich
der genannten Gutachten noch weiter erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend bezeichnet hat. Jedenfalls geht aus seiner
Beschwerdebegründung nicht hervor, dass er das Begehren auf Befragung der Sachverständigen bis zuletzt in der mündlichen Verhandlung
aufrechterhalten hat. Dies wäre jedoch erforderlich gewesen, weil das Recht auf Befragung eines Sachverständigen letztlich
eine Gehörsrüge darstellt; mithin müssen auch deren Voraussetzungen erfüllt sein. Der Beschwerdeführer muss daher aufzeigen,
dass er alles getan hat, um eine Anhörung des Sachverständigen durch das Berufungsgericht zu erreichen (stRspr, s BSG SozR 4-1500 § 116 Nr 1 RdNr 7; Senatsbeschluss vom 18.12.2013 - B13 R 275/13 B - BeckRS 2014, 65717 RdNr 6 f; BSG Beschluss vom 13.5.2014 - B 5 R 368/13 B - BeckRS 2014, 69662 RdNr 10). Entsprechendes lässt sich dem Vortrag des Klägers, der im Berufungsverfahren durch einen
Rechtsanwalt vertreten war, jedoch nicht entnehmen. Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr darauf an, dass sich das LSG in
seinem Urteil (dort S 12) ausdrücklich nur auf die im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten gestützt und somit das für
die erste Instanz erstattete Gutachten des Dr. B. - anders als vom Kläger behauptet - für dessen Entscheidung nicht maßgeblich
war.
b) Zudem beanstandet der Kläger, das LSG habe es ermessensfehlerhaft unterlassen, sein persönliches Erscheinen bei der mündlichen
Verhandlung am 2.7.2014 anzuordnen (§
111 SGG). Aufgrund der von ihm vorgetragenen erheblichen Einwendungen gegen die Feststellungen der Gutachter und wegen der Komplexität
der entscheidungserheblichen Fragen habe es sich dem Berufungsgericht aufdrängen müssen, ihn persönlich zu laden. Auch damit
ist ein Verfahrensmangel nicht schlüssig bezeichnet. Denn die Anordnung des persönlichen Erscheinens eines Verfahrensbeteiligten
in der mündlichen Verhandlung steht im (pflichtgemäßen) Ermessen des Vorsitzenden des Berufungsgerichts (§
153 Abs
1, §
111 Abs
1 S 1
SGG); ein Anspruch der Beteiligten hierauf besteht nicht (Senatsbeschluss vom 17.10.2008 - B 13 R 341/08 B - Juris RdNr 7 mwN). Das Unterbleiben der Anordnung zum persönlichen Erscheinen kann daher allenfalls einen Verfahrensmangel
begründen, wenn besondere Umstände ersichtlich sind, die darauf schließen lassen, dass der Ermessensspielraum überschritten
wurde - beispielsweise wenn die Aufforderung zum schriftlichen Vortrag von vornherein keine genügende Sachverhaltsaufklärung
erwarten lässt (Senatsbeschluss vom 17.10.2008 - aaO). Solche Umstände hat der Kläger, der nach eigenen Angaben seine Einwendungen
gegen die Gutachten substantiiert in Schriftform vorgetragen hatte und überdies in der mündlichen Verhandlung durch einen
Rechtsanwalt vertreten war, nicht geltend gemacht. Soweit er die unterbliebene Anordnung seines persönlichen Erscheinens zugleich
als Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (§
62 SGG) rügt, hat er wiederum nicht aufgezeigt, dass er alles ihm Zumutbare unternommen habe, um rechtliches Gehör zu erlangen.
Im Übrigen fehlen jegliche Ausführungen, inwiefern die Entscheidung des LSG auf der Abwesenheit des Klägers im Termin beruhen
kann. Allein die Behauptung, das Berufungsgericht hätte sich anderenfalls einen persönlichen Eindruck von ihm verschaffen
und seinen Gesundheitszustand besser einschätzen können, genügt hierfür nicht.
c) Der Vorhalt des Klägers, dass das am 2.7.2014 verkündete Urteil des LSG in schriftlich abgefasster Form erst am 26.11.2014,
mithin nicht innerhalb der Monatsfrist gemäß §
134 Abs
2 SGG an die Beteiligten versandt worden sei, ist von vornherein zur Darlegung eines Mangels, auf dem die angefochtene Entscheidung
beruhen kann, nicht geeignet (BSG Beschluss vom 6.3.2003 - B 11 AL 129/02 B - Juris RdNr 14; BSG Beschluss vom 22.4.2008 - B 5a/5 R 366/06 B - Juris RdNr 13; s auch BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 20/11 R - SozR 4-7837 § 2 Nr 18 RdNr 17).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von §
193 SGG.