Rente wegen Erwerbsminderung
Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
Das LSG Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 6.2.2020 einen Anspruch des Klägers auf eine Rente wegen Erwerbsminderung verneint.
Mit privatschriftlichem Schreiben vom 5.3.2020, das hier am 13.3.2020 eingegangen ist, hat der Kläger unter Vorlage einer
Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung
eines noch zu benennenden Prozessbevollmächtigten für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in
diesem Urteil beantragt.
II
Der PKH-Antrag des Klägers ist abzulehnen. Nach §
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
114 Abs
1 Satz 1
ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Daran fehlt
es vorliegend. Das gegen die angefochtene Berufungsentscheidung statthafte und vom Kläger angestrebte Rechtsmittel ist die
Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (§
160a SGG). Die Revision darf gemäß §
160 Abs
2 SGG nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das angegriffene Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung
beruht (Nr 2) oder wenn ein bestimmter Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist nach summarischer Prüfung des Streitstoffs anhand der beigezogenen Akten des LSG und des
SG sowie derjenigen der Beklagten auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Klägers nicht ersichtlich. Mit der Ablehnung
des PKH-Antrags entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
121 Abs
1 ZPO).
1. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass ein zur Vertretung vor dem BSG zugelassener Prozessbevollmächtigter (vgl §
73 Abs
4 Satz 1 bis
3 SGG) erfolgreich geltend machen könnte, der Rechtssache komme eine grundsätzliche Bedeutung iS von §
160 Abs
2 Nr
1 SGG zu. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus
aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig
ist. Eine derartige Rechtsfrage stellt sich vorliegend nicht. Insbesondere die Voraussetzungen, unter denen eine Rente wegen
teilweiser oder voller Erwerbsminderung beansprucht werden kann, ergeben sich unmittelbar aus §
43 SGB VI und sind in der Vergangenheit durch eine umfangreiche Rechtsprechung des BSG konkretisiert worden (vgl zuletzt BSG Urteil vom 11.12.2019 - B 13 R 7/18 R - BSGE 129, 274 = SozR 4-2600 § 43 Nr 22).
Die vom LSG durchgeführte Beweisaufnahme, die der Kläger in das Zentrum seiner Kritik stellt, wirft ebenso wenig eine klärungsbedürftige
und klärungsfähige Rechtsfrage auf. Aus §
106 Abs
3 Nr
5 SGG iVm §
118 Abs
1 Satz 1
SGG, §§
402 ff
ZPO folgt, dass und unter welchen Voraussetzungen in den sozialgerichtlichen Tatsacheninstanzen die Begutachtung durch Sachverständige
angeordnet und ausgeführt werden kann. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung folgt unmittelbar aus §
128 Abs
1 Satz 1
SGG. Dabei ist in der Rechtsprechung des BSG geklärt, dass eine gerichtliche Entscheidung (nur) auf Aussagen in einem Sachverständigengutachten gestützt werden kann,
wenn dieses vollständig, in sich widerspruchsfrei und schlüssig ist (vgl etwa BSG Urteil vom 4.6.2002 - B 2 U 20/01 R - juris RdNr 25). Ebenso ist geklärt, dass es in den Tatsacheninstanzen zu den Kernaufgaben der juristischen Bewertung gehört, medizinische
Unterlagen in Hinblick darauf zu bewerten, ob sie wegen Widersprüchen, logischer Brüche, nicht fundierter Aussagen oder ähnlicher
Mängel nicht zu überzeugen vermögen (vgl etwa BSG Beschluss vom 29.5.2015 - B 13 R 129/15 B - juris RdNr 14 mwN).
Soweit der Kläger das Urteil des LSG als mit "erheblichen Mängeln" und weiteren Fehlern behaftet ansieht, macht er die aus
seiner Sicht gegebene Fehlerhaftigkeit der Entscheidung geltend. Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig,
kann jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr; vgl etwa BSG Beschluss vom 26.1.2005 - B 12 KR 62/04 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18; BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4; jüngst BSG Beschluss vom 2.9.2019 - B 13 R 354/18 B - juris RdNr 9).
2. Es spricht nichts dafür, dass ein beim BSG zugelassener Prozessbevollmächtigter mit Erfolg den Zulassungsgrund der Divergenz (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) geltend machen könnte. Die angefochtene Entscheidung des LSG ist nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung abgewichen.
Soweit der Kläger unter Hinweis auf die Entscheidung des BSG vom 13.7.1988 (5/4a RJ 57/87 - SozR 2200 § 1247 Nr 53) vorbringt, er sei trotz der anderslautenden Feststellungen des LSG nicht wegefähig, macht er die fehlerhafte Anwendung eines
als solchen nicht in Frage gestellten höchstrichterlichen Rechtssatzes geltend. Auf eine derartige Subsumtionsrüge ließe sich
eine Revisionszulassung nicht stützen, denn nicht die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall, sondern nur eine Nichtübereinstimmung
im Grundsätzlichen ermöglicht die Zulassung der Revision wegen Divergenz (vgl BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 f; BSG Beschluss vom 24.4.2015 - B 13 R 37/15 B - juris RdNr 6). Die vom Kläger geltend gemachte Abweichung vom Urteil des Bayerischen LSG "vom 19.08.2003 - B 2 U 50/02 R" (gemeint sein dürfte das Urteil vom 9.7.2003 - L 20 RJ 461/02) vermöchte von vornherein keine Revisionszulassung wegen Divergenz zu begründen. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG kann eine Divergenz im sozialgerichtlichen Verfahren lediglich auf die Abweichung von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG gestützt werden (BSG Beschluss vom 22.4.2013 - B 13 R 21/13 B - juris RdNr 10). Insoweit käme allenfalls der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung in Betracht (vgl etwa Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl 2020, §
160 RdNr 11 mwN), der sich vorliegend aber auch im Zusammenhang mit der genannten Entscheidung des Bayerischen LSG nicht erfolgreich geltend
machen ließe. Darin wird kein entscheidungstragender Rechtssatz aufgestellt, von dem das LSG mit der angegriffenen Entscheidung
abgewichen wäre. Es sind lediglich unterschiedliche tatsächliche Feststellungen in Bezug auf den jeweiligen Kläger getroffen
worden. Während das Bayerische LSG in der genannten Entscheidung ein aufgehobenes Leistungsvermögen beim dortigen Kläger feststellte,
hat das LSG in der vorliegend angegriffenen Entscheidung diese Überzeugung in Bezug auf den hiesigen Kläger nicht gewinnen
können.
3. Es ist nicht erkennbar, dass ein Verfahrensmangel (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG), auf dem die Entscheidung des LSG beruhen kann, in zulässiger Weise geltend gemacht werden könnte. Insbesondere bestehen
keine Anhaltspunkte dafür, dass das LSG einen Terminaufhebungsantrag des Klägers zu Unrecht abgelehnt hat. Einem Verfahrensbeteiligten
wird das Recht auf mündliche Verhandlung versagt, wenn das Gericht mündlich verhandelt und in der Sache abschließend entscheidet,
obwohl der Beteiligte zuvor gemäß §
227 Abs
1 ZPO iVm §
202 SGG eine Terminverlegung oder -aufhebung beantragt und dafür erhebliche Gründe geltend gemacht hat (vgl BSG Urteil vom 10.8.1995 - 11 RAr 51/95 - SozR 3-1750 § 227 Nr 1; BSG Beschluss vom 13.12.2018 - B 5 R 192/18 B - juris RdNr 8 mwN; BSG Beschluss vom 21.4.2020 - B 13 R 44/19 B - juris RdNr 7). Den vorliegenden Unterlagen lässt sich kein solcher Grund bezogen auf den Termin vom 6.2.2020 entnehmen. Das LSG hat den
ursprünglich für den 5.2.2019 anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung auf Antrag des Klägers letztlich auf den 6.2.2020
verlegt. Mit seinem Antrag im Schriftsatz vom 30.1.2020, auch diesen Termin aufzuheben und das Verfahren bis zur Entscheidung
des BVerfG über seine Verfassungsbeschwerde (1 BvR 2032/19) gegen das vom LSG zurückgewiesene Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen B auszusetzen, hat der Kläger keinen erheblichen,
eine Terminaufhebung rechtfertigenden Grund geltend gemacht. Seine Verfassungsbeschwerde hat dem LSG vorliegend schon deswegen
keinen Anlass zur Verlegung oder gar Aufhebung des Termins vom 6.2.2020 gegeben, weil sie vom BVerfG bereits mit Beschluss
vom 9.1.2020 nicht zur Entscheidung angenommen worden war. Unerheblich ist, dass dies dem LSG nach Aktenlage nicht bekannt
war, als es dem Kläger mit Schreiben vom 3.2.2020 mitteilte, sein Antrag auf Aussetzung der Entscheidung werde abgelehnt und
der Termin zur mündlichen Verhandlung bleibe aufrechterhalten. Nur ein erheblicher Grund iS von §
227 Abs
1 Satz 1
ZPO, der tatsächlich vorliegt, vermag eine ausnahmsweise Terminverlegung oder -aufhebung zu rechtfertigen. Der Kläger hat deswegen
auch keinen erheblichen Grund iS von §
227 Abs
1 Satz 1
ZPO geltend gemacht, indem er mit Schriftsatz vom 5.2.2020 seinen Antrag auf Terminaufhebung bis zur Entscheidung über seine
Verfassungsbeschwerde wiederholt hat. Soweit der Kläger dem Schriftsatz vom 30.1.2020 wie schon zuvor eine ärztliche Bescheinigung
beigefügt hat, wonach zu beachten sei, dass der Patient aufgrund seines Gesundheitszustands zur Teilnahme an der mündlichen
Verhandlung nicht in der Lage sei, lässt sich dem selbst mit Blick auf die in der ärztlichen Bescheinigung zudem formulierte
Bitte, "dies zu berücksichtigen", schon kein ausreichend deutlicher Terminverlegungsoder Terminaufhebungsantrag entnehmen.
Der Kläger hat hierauf in seinem Terminverlegungsbegehren auch keinen Bezug genommen.
Ebenso wenig liegt ein rügefähiger Verfahrensmangel darin, dass das LSG am 6.2.2020 in Abwesenheit des Klägers über dessen
Berufung mündlich verhandelt und entschieden hat. Ist einem Beteiligten - wie vorliegend dem Kläger - das Erscheinen zur mündlichen
Verhandlung freigestellt worden, kann das Gericht die mündliche Verhandlung auch ohne den ordnungsgemäß geladenen, aber nicht
erschienenen Prozessbeteiligten durchführen oder nach §
126 SGG nach Aktenlage entscheiden, ohne dass dessen Anspruch auf rechtliches Gehör (§
62 SGG; Art
103 Abs
1 GG) verletzt würde (BSG Beschluss vom 21.6.1983 - 4 RJ 3/83 - juris RdNr 12 = VdKMitt 1983, 12, 46; BSG Beschluss vom 30.8.2018 - B 2 U 230/17 B - juris RdNr 5; BSG Beschluss vom 25.2.2020 - B 13 R 320/18 B - juris RdNr 8). Auf diese Möglichkeit ist der Kläger in der Ladung auch hingewiesen worden. Es sind keine Umstände ersichtlich, angesichts
derer sich das LSG ausnahmsweise zur Vertagung hätte gedrängt fühlen müssen. Insbesondere musste der Kläger mit der Durchführung
des Termins rechnen, nachdem ihn das LSG mit Schreiben vom 3.2.2020 ausdrücklich auf die Ablehnung seines Aussetzungsantrags
und die Aufrechterhaltung des Termins hingewiesen hat; der Kläger hat selbst bestätigt, dieses Schreiben noch vor dem Termin
erhalten zu haben. Dass der Kläger am Tag vor der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 5.2.2020 erneut eine Terminaufhebung
beantragt hat, gibt vorliegend zu keiner anderen Beurteilung Anlass. Zwar lässt sich den vorliegenden Unterlagen nicht entnehmen,
dass das LSG diesen neuerlichen Antrag abgelehnt hat. Der Kläger hat aber keinerlei Anlass zu der Annahme gehabt, das LSG
werde trotz der gerichtlichen Mitteilung vom 3.2.2020 von einer Durchführung der mündlichen Verhandlung absehen, wenn er den
Terminaufhebungsantrag wiederholt. Denn er hat zur Begründung seines Terminaufhebungsbegehrens erneut allein auf das vor dem
BVerfG seiner Ansicht nach noch anhängige Verfahren hingewiesen, was das LSG zwei Tage zuvor verworfen hatte.
Es liegt auch kein rügefähiger Verfahrensmangel darin, dass das LSG von der Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers
(§
111 Abs
1 SGG) abgesehen hat. Die Anordnung steht grundsätzlich im Ermessen des Gerichts und lässt ihm einen großen Entscheidungsspielraum
(stRspr; vgl BSG Urteil vom 15.7.1992 - 9a RV 3/91 - juris RdNr 11; BSG Beschluss vom 4.5.2017 - B 3 KR 5/17 B - juris RdNr 11; BSG Beschluss vom 13.11.2017 - B 13 R 152/17 B - juris RdNr 11). Weder Art
103 Abs
1 GG noch §
62 SGG verlangen, dass das Gericht dafür Sorge zu tragen hat, dass jeder Beteiligte auch persönlich vor Gericht auftreten kann.
Die Anordnung des persönlichen Erscheinens kann nur im Ausnahmefall geboten sein, etwa wenn der schriftliche Vortrag eines
Beteiligten wegen Unbeholfenheit oder Sprachunkenntnis keine Sachverhaltsaufklärung gewährleistet und ein Erscheinen auf eigene
Kosten sich als undurchführbar erweist (vgl BSG Urteil vom 15.7.1992 - 9a RV 3/91 - juris RdNr 11; BSG Beschluss vom 13.11.2017 - B 13 R 152/17 B - juris RdNr 11). Ein derartiger Ausnahmefall hat hier nicht vorgelegen. Selbst eingedenk der Mitteilung des Klägers, zuletzt mit Schriftsatz
vom 30.1.2020, er sei gesundheitlich zu einer Teilnahme an der mündlichen Verhandlung nicht in der Lage, ist nicht ersichtlich,
dass ihm der Zugang zum Gericht praktisch versperrt oder erschwert worden wäre. Der Kläger ist zu schriftlichem Vortrag in
der Lage gewesen; hat von dieser Möglichkeit, sich Gehör zu verschaffen, auch in jedem Verfahrensstadium ausführlich Gebrauch
gemacht, und es spricht nichts dafür, dass sein schriftsätzliches Vorbringen im konkreten Fall zur Sachaufklärung nicht ausgereicht
habe.
Ferner erwächst kein rügefähiger Verfahrensmangel aus dem umfangreichen Vorbringen des Klägers, mit dem er sich unter verschiedenen
Gesichtspunkten gegen die Auswertung und Würdigung des Gutachtens des Sachverständigen B und der übrigen aktenkundigen ärztlichen
Stellungnahmen, Befundberichte und Gutachten durch das LSG wendet. Nach §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG kann eine Verfahrensrüge nicht auf eine Verletzung des §
128 Abs
1 Satz 1
SGG gestützt werden. Insbesondere lässt sich die vom Kläger erstrebte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision - anders
als die Revision selbst - nicht damit begründen, das Berufungsgericht habe die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten
(BSG Beschluss vom 15.7.2019 - B 13 R 3/18 B - juris RdNr 9).
Soweit der Kläger kritisiert, das LSG habe mit Beschluss vom 24.6.2019 über sein Ablehnungsgesuch gegenüber dem Sachverständigen
B entschieden, ohne seinen mit Schriftsatz vom 16.6.2019 angekündigten weiteren Vortrag abzuwarten, ließe sich damit jedenfalls
keine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (§
62 SGG; Art
103 Abs
1 GG) in Bezug auf die Berufungsentscheidung des LSG begründen. Ausweislich der vorliegenden Prozessakte hat der Kläger sein Ablehnungsgesuch
mit Schriftsatz vom 28.3.2019 gestellt und auf 52 Seiten ausführlich begründet. Ergänzend hat er einen 61-seitigen Schriftsatz
vom 9.4.2019 vorgelegt. Der Sachverständige B hat am 12.6.2019 zum Ablehnungsgesuch Stellung genommen. Das LSG hat dieses
zwar mit Beschluss vom 24.6.2019 (L 7 R 661/18) verworfen, ohne den Eingang der vom Kläger mit Schriftsatz vom 16.6.2019 angekündigten weiteren Einlassung gegenüber der
Stellungnahme des Sachverständigen B abzuwarten. Dagegen hat der Kläger sich mit mehreren Schriftsätzen gewandt und seine
angekündigte Einlassung ua in Form des 15-seitigen Schriftsatzes vom 5.7.2019 abgegeben. Die dem LSG damit vorliegende Einlassung
hat dieses aber jedenfalls nicht übergangen. Es hat das klägerische Vorbringen vielmehr sowohl als Anhörungsrüge als auch
Gegenvorstellung gegenüber dem Beschluss vom 24.6.2019 erfasst, über die es mit Beschluss vom 23.7.2019 (L 7 R 2222/19 RG) unter Würdigung auch der weiteren Einlassung des Klägers zu der Stellungnahme des Sachverständigen B entschieden hat.
Es hat ausgeführt, die vom Kläger teilweise erneut vorgebrachten inhaltlichen Einwendungen gegen das Sachverständigengutachten
seien nicht geeignet, ein Ablehnungsgesuch zu begründen. Soweit sich der Kläger gegen die Beschlüsse des LSG vom 24.6.2019
und 23.7.2019 selbst wendet, sind diese nicht mit einem Rechtsmittel beim BSG angreifbar (vgl §
177 SGG). Den vor Abschluss des Berufungsverfahrens an das BSG gerichteten Antrag des Klägers, ihm PKH für ein Verfahren gegen diese Beschlüsse des LSG zu bewilligen, hat der Senat deswegen
bereits mit Beschluss vom 2.9.2019 (B 13 R 34/19 S) abgelehnt.
Eine Gehörsverletzung ließe sich ebenso wenig mit dem Vorbringen des Klägers begründen, er habe sich insgesamt nicht ausreichend
zum Gutachten des Sachverständigen B und dessen Stellungnahme zum klägerischen Ablehnungsgesuch äußern können; zudem habe
das LSG sein Vorbringen sowie die Ausführungen seiner langjährig behandelnden Ärzte nicht ausreichend zur Kenntnis genommen.
Bei vom Gericht entgegengenommenen Vorbringen der Beteiligten ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Ausführungen zur
Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen worden sind (vgl BVerfG <Kammer> Beschluss vom 27.5.2016 - 1 BvR 1890/15 - juris RdNr 14 f). Im Übrigen sind die Gerichte nicht verpflichtet, jedes Vorbringen der Beteiligten ausdrücklich zu bescheiden; sie müssen
nur das wesentliche, der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dienende Vorbringen in den Entscheidungsgründen verarbeiten
(stRspr; zB BVerfG <Kammer> vom 20.2.2008 - 1 BvR 2722/06 - BVerfGK 13, 303, 304 = juris RdNr 9 ff mwN; BVerfG <Kammer> Beschluss vom 31.3.2006 - 1 BvR 2444/04 - BVerfGK 7, 485, 488). Es spricht vorliegend nichts dafür, dass das LSG wesentliches Vorbringen des Klägers unberücksichtigt gelassen hat. Allein
darauf, dass das LSG dem Tatsachenvorbringen oder der Rechtsauffassung des Klägers nicht gefolgt ist, ließe sich die Gehörsrüge
nicht zulässig stützen. Das Recht auf rechtliches Gehör gebietet nur, dass die Gerichte die Ausführungen der Prozessbeteiligten
zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen; es verpflichtet sie nicht, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen, ihn
also zu "erhören" (BVerfG Beschluss vom 8.4.2014 - 1 BvR 2933/13 - NZS 2014, 539 RdNr 13 mwN).
Aus dem klägerischen Vorbringen ergibt sich auch nicht, dass eine Sachaufklärungsrüge erfolgreich geltend gemacht werden könnte.
Für den Vorhalt, das Berufungsgericht habe seine Verpflichtung zur Amtsermittlung (§
103 SGG) verletzt, bestehen nach §
160a Abs
2 Satz 3 iVm §
160 Abs
2 Nr
3 Teilsatz 3
SGG spezifische Darlegungserfordernisse. Die Verfahrensrüge muss folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht
ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist; (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund
derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zu weiterer Sachaufklärung drängen müssen; (3) Angabe
des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des
LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses
der Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigen Ergebnis hätte gelangen
können (stRspr; vgl etwa BSG Beschluss vom 19.11.2007 - B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 5; BSG Beschluss vom 28.2.2018 - B 13 R 73/16 B - juris RdNr 9 mwN). Das ließe sich vorliegend nicht erfolgreich darlegen. Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellen wollte, er habe
gegenüber dem LSG bis zuletzt ausreichend deutlich gemacht, weiteren Aufklärungsbedarf in Form der Einholung weiterer Sachverständigengutachten
zu sehen (vgl zu diesem auch gegenüber nicht vertretenen Beteiligten bestehendem Erfordernis BSG Beschluss vom 22.7.2010 - B 13 R 585/09 B - juris RdNr 11; BSG Beschluss vom 24.7.2012 - B 2 U 103/12 B - juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 11.4.2019 - B 13 R 74/18 B - juris RdNr 11), ist nicht erkennbar, aus welchem Grund sich das LSG von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus hierzu hätte gedrängt
sehen müssen, nachdem es sowohl das Gutachten des Sachverständigen B als auch das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte
Gutachten des Sachverständigen S für verwertbar gehalten hat. Der Kläger meint, das LSG habe angesichts der erheblichen Diskrepanzen
zwischen den Feststellungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen und den vorliegenden Stellungnahmen seiner behandelnden
Ärzte von Amts wegen ein weiteres Sachverständigengutachten einholen müssen, zumindest aber ergänzende Stellungnahmen sowohl
der Sachverständigen als auch der Behandler. Es besteht jedoch kein allgemeiner Anspruch auf Überprüfung eines Sachverständigengutachtens
durch ein sog Obergutachten (stRspr; vgl nur BSG Beschluss vom 23.5.2006 - B 13 RJ 272/05 B - juris RdNr 5, 11; BSG Beschluss vom 24.5.2017 - B 3 P 6/17 B - juris RdNr 13). Vielmehr ist es Aufgabe des Tatsachengerichts, sich im Rahmen der Beweiswürdigung mit divergierenden Gutachten und ärztlichen
Stellungnahmen auseinanderzusetzen. Hält das Gericht die Einschätzung eines Sachverständigen für überzeugend, darf es sich
dieser grundsätzlich anschließen, ohne ein weiteres Gutachten einholen zu müssen. Die Würdigung der sich entgegenstehenden
Ergebnisse von medizinischen Sachverständigengutachten und ärztlichen Stellungnahmen gehört - wie die anderer sich widersprechender
Beweisergebnisse - zur Beweiswürdigung selbst (BSG Beschluss vom 19.11.2007 - B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 8; BSG Beschluss vom 20.2.2018 - B 10 LW 3/17 B - juris RdNr 8).
Mit seinem umfangreichen Vorbringen zu den aus seiner Sicht bestehenden Mängeln insbesondere des Gutachtens des Sachverständigen
B - er meint ua, als Neurologe und Psychiater könne dieser die bei ihm aufgrund seiner Muskelerkrankung (metabolische Myopathie
bei Myoadenylat-Desaminasemangel) bestehenden Funktionseinschränkungen nicht beurteilen - rügt der Kläger auch an dieser Stelle
letztlich eine fehlerhafte Beweiswürdigung durch das LSG. Auf die Rüge eines Verstoßes des Berufungsgerichts gegen die Grundsätze
der freien Beweiswürdigung (§
128 Abs
1 Satz 1
SGG) kann die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG aber wie erwähnt nicht gestützt werden.
Soweit der Kläger vorbringt, das LSG habe den Beschluss vom 24.6.2019 erlassen, ohne seine angekündigte weitere Einlassung
zur Stellungnahme des Sachverständigen B zu seinem Ablehnungsgesuch abzuwarten, während der Sachverständige mehr als zwei
Monate Zeit zur Abgabe seiner Stellungnahme gehabt habe, ließe sich damit kein Verstoß gegen sein Verfahrensgrundrecht auf
ein objektiv willkürfreies Verfahren aus Art
3 Abs
1 iVm Art
20 Abs
3 GG begründen. Ein Richterspruch ist nur dann willkürlich und verstößt damit gegen Art
3 Abs
1 GG, wenn er unter keinem rechtlichen Aspekt vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen
beruht; hiervon kann nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine
Auffassung nicht jedes sachlichen Grundes entbehrt (vgl zuletzt etwa BVerfG <Kammer> Beschluss vom 23.1.2008 - 2 BvR 364/07 - juris RdNr 19 mwN). Dass das LSG diese verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht beachtet hätte, ist auch eingedenk des Vorbringens des Klägers
in keiner Weise ersichtlich.