Rücküberweisung einer überzahlten Rentenleistung nach dem Tode des Rentenempfängers; anderweitige Verfügung über das Konto
des verstorbenen Rentenberechtigten
Gründe:
I
Der klagende Rentenversicherungsträger begehrt die Rücküberweisung einer überzahlten Rentenleistung, die nach dem Tode des
Rentenempfängers auf dessen Sparkonto beim beklagten Geldinstitut überwiesen worden war.
Die Klägerin zahlte ihrem Versicherten, J. H. (nachfolgend: H.), für den Monat Mai 2005 dessen Rente wegen voller Erwerbsminderung
in Höhe von netto 1.032,52 Euro abzüglich eines Einbehalts von 284,00 Euro zugunsten des Jugendamtes der Freien Hansestadt
Bremen für Unterhaltsleistungen. Den Zahlungsbetrag in Höhe von 748,52 Euro überwies sie auf das Sparkonto des H. bei der
Beklagten, wo er am 14.4.2005 einging. Am 18.4.2005 verstarb H. Nachdem die Klägerin durch das Amt für Soziale Dienste der
Freien Hansestadt Bremen am 27.4.2005 die Mitteilung erhalten hatte, H. sei verstorben, stellte sie die weitere Zahlung der
Rente mit dem Monat Juni 2005 ein und forderte von der Beklagten am 22.7.2005 die Rentenüberzahlung für den Monat Mai 2005
in Höhe von 748,52 Euro zurück. Diese lehnte eine Rücküberweisung ab, weil kein ausreichendes Guthaben vorhanden sei. Der
Kontostand habe nach Eingang der Rentengutschrift 794,42 Euro betragen. Am 22.4.2005 sei ein Betrag von 40,00 Euro und am
25.4.2005 ein Betrag von 750,00 Euro jeweils unter Vorlage des Sparkassenbuchs des H. abgehoben worden, sodass bei Eingang
der Rückforderung der Kontostand 4,42 Euro betragen habe. Welche Personen die Auszahlungen durch Vorlage des Sparkassenbuchs
bewirkt hätten, lasse sich nicht feststellen.
Die Leistungsklage hat die Klägerin auf eine Rückzahlung von 743,67 Euro beschränkt, nachdem die Beklagte zuvor das Restguthaben
auf dem Sparkonto des H. in Höhe von 4,85 Euro rücküberwiesen hatte. Das Sozialgericht Bremen (SG) hat die Klage mit Urteil vom 10.6.2008 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte könne
sich mit Erfolg auf den Einwand des §
118 Abs
3 Satz 3 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (
SGB VI) berufen. Der für den Monat Mai 2005 überwiesene Rentenbetrag sei auf der Grundlage von berechtigten Verfügungen an Dritte
gelangt. Die Beklagte habe den streitigen Betrag gemäß §
808 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (
BGB) berechtigterweise und mit schuldbefreiender Wirkung gegen Vorlage des Sparbuchs des verstorbenen Versicherten ausgezahlt
und somit ein rechtswirksames bankübliches Zahlungsgeschäft zugelassen. Dem stehe nicht entgegen, dass die Beklagte der Klägerin
Namen und Anschrift des Empfängers der überzahlten Rentenleistung nicht benennen könne. §
118 Abs
4 Satz 4
SGB VI komme nur insoweit zur Anwendung, als es darum gehe, einen der fehlgeschlagenen Rentenzahlung zuzuordnenden Geldfluss von
dem Geldinstitut zu einem Dritten rückabzuwickeln.
Mit der vom SG zugelassenen Sprungrevision rügt die Klägerin eine Verletzung von §
118 Abs
3 Satz 2 und
3 SGB VI und §
118 Abs
4 Satz 1 und
4 SGB VI in der bis zum 30.4.2007 geltenden Fassung. Die Beklagte könne sich nur dann wirksam auf den Einwand des §
118 Abs
3 Satz 3
SGB VI berufen, wenn die Verfügung von einer kontoführungsberechtigten Person vorgenommen worden sei. Dies sei hier nicht der Fall
gewesen. §
808 BGB verhelfe dem Inhaber des Sparbuchs nicht zu einer Verfügungsberechtigung über das Konto. Die Beklagte habe den Einwand des
§
118 Abs
3 Satz 3
SGB VI auch nicht schlüssig dargelegt. Denn sie habe nicht Namen und Anschriften derjenigen Personen mitgeteilt, die die Barabhebungen
durch Vorlage des Sparbuchs des verstorbenen H. vorgenommen hätten. Bei Barabhebungen vom Sparbuch sei es aber weder ausgeschlossen
noch unzumutbar, dass sich das Geldinstitut neben dem Sparbuch auch den Personalausweis des Vorlegenden zeigen lasse und dessen
Namen und Anschrift dokumentiere. Dies gelte um so mehr, wenn - wie hier - eine Summe abgehoben werde, die den Kontostand
in die Nähe von Null bringe. Das kontoführende Geldinstitut sei hierzu auch berechtigt. Unterlasse es eine entsprechende Dokumentation
des Vorgangs, so trete mit der Nichtermittelbarkeit der durch Vorlage des Sparbuchs über das Sparkonto verfügenden Person
ein vom Geldinstitut gesetztes Risiko ein. Unter diesen Umständen sei es aber im Hinblick auf den Gesetzeszweck einer schnellen
und sicheren Rückerlangungsmöglichkeit der zu Unrecht gezahlten Rente nicht einsehbar, dass sich das Geldinstitut auf eine
fehlende Kenntnis des Verfügenden bzw Empfängers berufen könne. Wenn es bei Beträgen unter 2.000,00 Euro regelmäßig auf nähere
Nachforschungen verzichte, so gehe diese Verwaltungspraxis auf praktische Erwägungen zurück, die allein ihm zugutekomme. Der
vom 5a. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) in seinem Urteil vom 22.4.2008 (B 5a/4 R 79/06 R) vertretenen Ansicht, wonach für die Feststellung der "Verfügungsberechtigung" nicht auf die materielle Rechtmäßigkeit
der Verfügung abzustellen sei, könne nicht gefolgt werden. Diese Sichtweise laufe bei Verfügungen durch Dritte auf eine dem
Gesetzeszweck widersprechende verschuldensabhängige Rückzahlungspflicht für die Geldinstitute hinaus. Dagegen könnte der Rückerstattungsanspruch
nach §
118 Abs
4 SGB VI auch gegen "gutgläubige" Empfänger durchgesetzt werden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG Bremen vom 10.6.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 743,67 Euro zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Ergänzend trägt sie vor: Durch die Vorlage des Sparbuchs sei aufgrund dessen Legitimationswirkung nach §
808 BGB rechtswirksam über das Sparguthaben verfügt worden. Ob der Verfügende auch materiell Berechtigter sei, sei nicht von Bedeutung.
Dass der Standpunkt der Klägerin, zwar die Vorteile des modernen Zahlungsverkehrs nutzen, die Risiken aber auf andere abwälzen
zu wollen, nicht richtig sei, ergebe sich aus §
808 Abs
1 Satz 1
BGB. Diese Vorschrift diene dem Schutz des leistenden Schuldners davor, später noch einmal in Anspruch genommen zu werden. Bei
Zugrundelegung der Ansicht der Klägerin würde aber genau dies eintreten und der Gesetzeszweck des §
808 BGB in sein Gegenteil verkehrt. Sie, die Beklagte, wäre trotz des Vorliegens der Voraussetzungen des §
808 Abs
1 Satz 1
BGB zur erneuten Leistung verpflichtet. Die von der Klägerin abgelehnte "verschuldensabhängige" Rückzahlungspflicht für die Geldinstitute
sei nicht Folge der Rechtsprechung des BSG, sondern der Vorschrift des §
808 BGB und sei vom Gesetzgeber zum Schutze des Leistenden ausdrücklich gewollt. Dieses gesetzgeberische Ziel könne nicht dadurch
unterlaufen werden, dass im Nachhinein Voraussetzungen in die Vorschrift des §
118 Abs
3 Satz 3
SGB VI hineininterpretiert würden, die vom Gesetzgeber erkennbar nicht gewollt seien.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2
des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
II
Die Sprungrevision der Klägerin ist zulässig. Insbesondere sind die Voraussetzungen des §
161 Abs
1 SGG gegeben, da das SG die Revision zugelassen und die Klägerin die Revision fristgerecht eingelegt sowie mit der Revisionsschrift die erforderliche
Zustimmungserklärung der Beklagten zur Einlegung der Revision innerhalb der gesetzlichen Frist vorgelegt hat.
Die Revision ist jedoch unbegründet. Das SG hat die zulässige Leistungsklage (§
54 Abs
5 SGG) zu Recht abgewiesen. Eine Verpflichtung der Beklagten zur Rücküberweisung der zu Unrecht auf das Sparkonto des verstorbenen
H. überwiesenen und hier nur noch streitigen 743,67 Euro steht der Umstand entgegen, dass zwischen der rechtsgrundlosen Gutschrift
der Rentenleistung und dem Eingang des Rücküberweisungsverlangens der Klägerin in darüber hinausgehender Höhe iS des §
118 Abs
3 Satz 3
SGB VI anderweitig über das Konto des verstorbenen Rentenberechtigten verfügt wurde.
1. Nach §
118 Abs
3 SGB VI in der seit 1.3.2004 geltenden und hier maßgeblichen Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung des
SGB VI und anderer Gesetze vom 27.12.2003 (BGBl I 3019) gelten Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten auf
ein Konto bei einem Geldinstitut im Inland überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht (Satz 1). Das Geldinstitut hat
sie der überweisenden Stelle oder dem Träger der Rentenversicherung zurückzuüberweisen, wenn diese sie als zu Unrecht erbracht
zurückfordern (Satz 2). Eine Verpflichtung zur Rücküberweisung besteht nicht, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang
der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde, es sei denn, dass die Rücküberweisung aus einem Guthaben erfolgen kann
(Satz 3). Das Geldinstitut darf den überwiesenen Betrag nicht zur Befriedigung eigener Forderungen verwenden (Satz 4).
Die in §
118 Abs
3 Satz 1 und Satz 2
SGB VI genannten Voraussetzungen liegen hier vor: Mit der Rente wegen voller Erwerbsminderung für den Monat Mai 2005 ist für die
Zeit nach dem Tode des H. am 18.4.2005 eine Geldleistung auf dessen Sparkonto bei der Beklagten als einem inländischen Geldinstitut
überwiesen worden. Auch die Überweisung auf ein Sparkonto ist im Sinne der gesetzlichen Regelungen über die Auszahlung von
Renten (§
47 des Ersten Buchs Sozialgesetzbuch -
SGB I-, §§
118 f
SGB VI) möglich (s BSG SozR 1200 §
47 Nr 1 S 2). Die Rentenzahlung der Klägerin für Mai 2005 ist zu Unrecht erbracht worden, weil nach §
102 Abs
5 SGB VI ein Anspruch auf Zahlung der Rente nur bis zum Ende des Kalendermonats bestanden hat, in dem H. gestorben war, vorliegend
also bis zum 30.4.2005. Dem steht die Bindungswirkung der Rentenbewilligung nicht entgegen, weil sich der diesbezügliche Verwaltungsakt
mit dem Tode des H. als Rentenberechtigten auch ohne Aufhebungsbescheid nach § 39 Abs 2 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) "auf andere Weise" erledigt hat (vgl BSGE 84, 16, 20 = SozR 3-1300 § 50 Nr 21 S 71 f; BSG SozR 3-2600 § 118 Nr 9 S 63). Schließlich liegt auch ein ordnungsgemäßes Rücküberweisungsverlangen
(s hierzu BSGE 82, 239, 245 = SozR 3-2600 § 118 Nr 3 S 21; BSG SozR 3-2600 § 118 Nr 9 S 59) vor: Die Klägerin hat die Beklagte am 22.7.2005 aufgefordert,
einen Betrag von 748,52 Euro als zu Unrecht erbracht zurückzuüberweisen. Nachdem die Beklagte das bei Auflösung des Sparkontos
vorhandene Guthaben in Höhe von 4,85 Euro an den klagenden Rentenversicherungsträger zurücküberwiesen hat, ist zwischen den
Beteiligten nur noch ein Betrag von 743,67 Euro streitig.
2. Dem Begehren der Klägerin auf Rücküberweisung dieses Betrags kann die Beklagte jedoch den Einwand des §
118 Abs
3 Satz 3 Halbsatz 1
SGB VI entgegenhalten, weil bei Eingang des Rücküberweisungsverlangens am 22.7.2005 über den der fehlüberwiesenen Rentenleistung
"entsprechenden Betrag" (vom 4. Senat des BSG als "Schutzbetrag" bezeichnet; vgl zB BSGE 82, 239, 248 = SozR 3-2600 § 118 Nr 3 S 25; BSG SozR 3-2600 § 118 Nr 9 S 65 f; BSG SozR 4-1500 § 170 Nr 2 RdNr 50) bereits "anderweitig verfügt" worden war. Das SG ist hierbei zu Recht davon ausgegangen, dass die am 22.4.2005 und am 25.4.2005 unter Vorlage des Sparbuchs des verstorbenen
H. erfolgten Barabhebungen von insgesamt 790,00 Euro als "anderweitige Verfügungen" anspruchsvernichtend zu berücksichtigen
sind.
a) Nach der Rechtsprechung des BSG ist unter "anderweitige Verfügung" jedes abgeschlossene bankübliche Zahlungsgeschäft zu
Lasten des Rentenüberweisungskontos anzusehen, durch das sich eine kontoverfügungsberechtigte Person des Kontos zur Bewirkung
einer Zahlung oder Auszahlung bedient; kontoverfügungsberechtigt sind in der Regel der verstorbene Rentenberechtigte und Kontoinhaber
selbst, sein (gesetzlicher oder bevollmächtigter) Vertreter (auch für die Zeit nach dem Tode) oder seine Erben (Senatsurteil
vom 13.11.2008 - B 13 R 48/07 R, RdNr 19, mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Schon der Wortlaut schließt jedoch - wie der 5a. Senat des BSG
in seinem Urteil vom 22.4.2008 (B 5a/4 R 79/06 R, Juris RdNr 15 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) zutreffend ausgeführt hat - die Berücksichtigung anderweitiger
Verfügungen durch Unbekannte nicht aus.
Die Abhebung eines Geldbetrags unter Vorlage des Sparbuchs bei dem das Sparkonto führenden Geldinstitut ist ein bankübliches
Zahlungsgeschäft.
Das Sparbuch ist ein qualifiziertes Legitimationspapier ("hinkendes Inhaberpapier"), denn nach §
808 BGB ist das ausstellende Geldinstitut zwar nicht verpflichtet, aber grundsätzlich befugt, an jeden, der sich durch den Besitz
des Sparbuchs ausweist, ohne Rücksicht auf dessen Gläubigerrecht, Verfügungsbefugnis oder Vollmacht und ohne Prüfung dessen
materieller Berechtigung mit schuldbefreiender Wirkung Zahlungen aus dem Sparkonto zu leisten (BGHZ 28, 368, 370; BGH JZ 1998, 860; Stadler in Jauernig, Komm zum
BGB, 12. Aufl 2007, §
808 RdNr 1; Sprau in Palandt,
BGB, 67. Aufl 2008, §
808 RdNr 1, 3; Gößmann in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Bd 1, 3. Aufl 2007, §
71 RdNr 42 f; Marburger in Staudingers Komm zum
BGB,
2002, §
808 RdNr 23,
49).
Die Legitimationswirkung des Sparbuchs zugunsten des ausstellenden Geldinstituts (Liberations- bzw Befreiungswirkung) gilt
allerdings nicht uneingeschränkt. Durch Leistung an einen nicht berechtigten Sparbuchinhaber wird das Geldinstitut nicht befreit,
wenn es die Nichtberechtigung des Inhabers kennt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kennt (Oberlandesgericht [OLG] Düsseldorf
vom 30.11.1994 - 6 U 245/93, Juris RdNr 39; OLG Düsseldorf NJW 1987, 654, 655; Stadler aaO RdNr 7; Sprau aaO RdNr 4; Gehrlein in Bamberger/Roth, Beck`scher Online-Komm zum
BGB, §
808 RdNr 3, Stand: Oktober 2007; Hüffer in Münchener Komm zum
BGB, 4. Aufl 2004, § 808 RdNr 28; Marburger aaO RdNr 24, 49; Thessinga in Ebenroth/Boujong/Joost, Handelsgesetzbuch Komm, Bd 2, 2001, BankR III RdNr 26; Siller in Dauner-Lieb/Heidel/Ring, Anwaltkommentar,
BGB,
2005, §
808 RdNr 9; Buck-Heeb in Prütting/Wegen/Weinreich,
BGB, 3. Aufl 2008, §
808 RdNr 5, 11; aA Steffen in
BGB-RGRK, 12. Aufl 1978, §
808 RdNr 45: nur positives Wissen schade) oder es sonst wider Treu und Glauben (§
242 BGB) die Auszahlung an den nicht berechtigten Sparbuchinhaber bewirkt hat (BGHZ 28, 368, 371; RGZ 89, 401, 403). Die Leistung an einen Nichtberechtigten befreit also nur das gutgläubige (redliche) Geldinstitut. Die Leistungsbefreiung
tritt auch nur im Umfang der rechtswirksam versprochenen Leistung ein; bei Leistung an Nichtberechtigte in Abweichung von
gesetzlichen oder vertraglichen Auszahlungs- oder Kündigungsmodalitäten schützt die Legitimationswirkung das Geldinstitut
nicht, also zB bei einer Auszahlung über den nach § 21 Abs 4 Satz 1 Nr 4, Satz 2 der Kreditinstituts-Rechnungslegungsverordnung
zulässigen monatlichen Höchstbetrag von 2.000,00 Euro oder unter Außerachtlassung sonstiger besonderer vertraglicher Vereinbarungen,
zB Sperrvermerk oder Kennwort (BGHZ 28, 368, 372; 64, 278, 280; BGH NJW 1988, 2100, 2101; BGH NJW 1991, 420, 421; Stadler aaO, § 808 RdNr 7-9; Gehrlein aaO, § 808 RdNr 4, Stand: Oktober 2007; Hüffer aaO, § 808 RdNr 30; Gößmann aaO,
§ 71 RdNr 48 ff; Marburger aaO, § 808 RdNr 28).
b) Auch im Rahmen des den Rücküberweisungsanspruch des Rentenversicherungsträgers mindernden Einwand des Geldinstituts nach
§
118 Abs
3 Satz 3 Halbsatz 1
SGB VI, dass über den der fehlüberwiesenen Rente entsprechenden Betrag bereits anderweitig verfügt worden sei, kommt es für die
Verfügungsberechtigung eines Sparbuchinhabers über das betreffende Sparkonto nicht darauf an, ob die vorgenommene Verfügung
materiell rechtmäßig ist (s hierzu auch BSG 5a. Senat vom 22.4.2008 aaO, Juris RdNr 16 und Senatsurteile vom heutigen Tage
- B 13/4 R 91/06 R und B 13 R 59/08 R [zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen], für die Abhebung am Geldautomaten mittels ec- oder Bankkarte und Geheimzahl).
Denn eine das Geldinstitut gegenüber dem zurückfordernden Rentenversicherungsträger entlastende "anderweitige Verfügung" iS
des §
118 Abs
3 Satz 3 Halbsatz 1
SGB VI setzt schon begrifflich eine Verfügung durch oder an einen materiell "Nichtberechtigten" voraus, erfolgt sie doch über einen
Betrag, der zu Unrecht auf das Konto des verstorbenen Versicherten bzw dessen Rechtsnachfolger gelangt ist, und auf den ausschließlich
der Rentenversicherungsträger Anspruch hat.
aa) Der Rentenversicherungsträger erfüllt mit der Überweisung der Rentenleistung an das Geldinstitut, die das Institut dem
angegebenen Konto gutschreiben muss (§
118 Abs
1 Satz 2 und
3 SGB VI), den gegen ihn gerichteten Rentenzahlungsanspruch des Versicherten. Ist aber zu Beginn des Zahlungszeitraums der Versicherte
bereits verstorben, kann der Zweck der Überweisung des Rentenversicherungsträgers an das Geldinstitut nicht mehr erreicht
werden. Eine bereits erfolgte Überweisung ist rechtsgrundlos geworden und damit fehlgeschlagen. Ab diesem Zeitpunkt hat nur
der überweisende Rentenversicherungsträger einen Anspruch auf den zu Unrecht als Rente auf das Konto des verstorbenen Versicherten
überwiesenen Betrag (BSG SozR 4-1500 § 170 Nr 2 RdNr 70). Die Durchsetzung dieses (Rücküberweisungs- bzw Erstattungs-)Anspruchs
ist durch den in §
118 Abs
3 Satz 1
SGB VI normierten Vorbehalt besonders geschützt (BSG SozR 4-1500 §
170 Nr 2 RdNr 66; BSG 5a. Senat vom 22.4.2008 aaO, Juris RdNr 16). Dieser bewirkt, dass alle zivilrechtlichen Verfügungen, die
auf dem Rentenüberweisungskonto nach dem Tode des Versicherten zu Lasten der rechtsgrundlos erfolgten Rentenleistung getroffen
worden sind, gegenüber dem Rentenversicherungsträger unwirksam sind, sofern zum Zeitpunkt der Rückforderung des Rentenversicherungsträgers
keine Rücküberweisung aus einem dortigen Guthaben erfolgen kann (BSG SozR 4-1500 § 170 Nr 2 RdNr 73 f).
Wenn das Gesetz in dieser Situation den den Rücküberweisungsanspruch des Rentenversicherungsträgers gegen das Geldinstitut
mindernden bzw vernichtenden Einwand des §
118 Abs
3 Satz 3 Halbsatz 1
SGB VI an die Bedingung knüpft, dass über den der Rentenüberweisung entsprechenden Betrag "anderweitig verfügt" worden sei, kann,
worauf der 5a. Senat des BSG in seinem Urteil vom 22.4.2008 (aaO, Juris RdNr 16) zu Recht hingewiesen hat, gerade nicht unterstellt
werden, es verlange eine materielle Rechtmäßigkeit dieser Verfügungen. Denn die fraglichen anderweitigen Verfügungen stehen
schon deshalb im Widerspruch zum materiellen Recht, weil der rechtsgrundlos vom Rentenversicherungsträger auf das Konto des
verstorbenen Versicherten überwiesene Rentenbetrag an einen Dritten gelangt ist, der gegenüber dem Rentenversicherungsträger
kein Recht auf das Behaltendürfen des Erlangten hat.
bb) Auch der Zweck und die Systematik des §
118 Abs
3 und Abs
4 SGB VI bestätigen die Auffassung, dass die anspruchsmindernde Wirkung anderweitiger Verfügungen über den der fehlüberwiesenen Rente
entsprechenden Betrag deren materielle Berechtigung nicht voraussetzt.
§
118 Abs
3 und Abs
4 SGB VI dienen der Rückführung der über den Sterbemonat des Rentenberechtigten hinaus auf dessen Konto überwiesenen Rentenbeträge
an den Rentenversicherungsträger. Denn weder das Geldinstitut noch der neue Kontoinhaber (regelmäßig der Erbe) oder ein sonstiger
Dritter haben gegenüber dem Rentenversicherungsträger das Recht, die nach dem Tode des Versicherten rechtsgrundlos überwiesene
"Rente" (ganz oder teilweise) zu behalten oder ihre Vermögenslage daraus zu verbessern.
Beide Bestimmungen stehen jedoch in einem Stufenverhältnis zueinander. Der Erstattungsanspruch nach §
118 Abs
4 Satz 1
SGB VI gegen den neuen Kontoinhaber und sonstige Dritte, die Beträge aus der fehlüberwiesenen Rentenleistung erhalten (Empfänger)
oder über diese verfügt haben (Verfügende), ist gegenüber dem gegen das Geldinstitut gerichteten Rücküberweisungsanspruch
nach §
118 Abs
3 Satz 2
SGB VI nachrangig. Erst dann also, wenn das Geldinstitut dem Rentenversicherungsträger (ganz oder teilweise) begründet entgegenhalten
kann, dass über den der fehlüberwiesenen Rente entsprechenden Betrag bereits anderweitig verfügt worden sei (§
118 Abs
3 Satz 3 Halbsatz 1
SGB VI), kommt der weitere Erstattungsanspruch nach §
118 Abs
4 Satz 1
SGB VI überhaupt erst in Betracht (stRspr, zB Senatsurteil vom 13.11.2008 aaO, RdNr 56 mwN).
Der Gesetzgeber macht sich hier den Umstand zunutze, dass eine Rücküberweisung der nach dem Tode des Versicherten vom Rentenversicherungsträger
rechtsgrundlos geleisteten Rente einfach und schnell durch das das Überweisungskonto führende Geldinstitut erfolgen kann,
solange es die faktische Verfügungsmacht über diesen Betrag hat und eine Vermögensverschiebung zugunsten Dritter noch nicht
eingetreten ist. Die Vorschrift des §
118 Abs
3 Satz 3 Halbsatz 1
SGB VI enthebt das Geldinstitut von der Pflicht zur Rücküberweisung, sofern es - bei ordnungsgemäßer Kontoführung - nicht selbst
"Nutznießer" der überzahlten Rente ist. Dies ist es nur dann, wenn es den fehlüberwiesenen Rentenbetrag zur Befriedigung eigener
Forderungen verwendet (§
118 Abs
3 Satz 4
SGB VI). Im Gegensatz dazu nimmt es in seiner Funktion als wirtschaftlich unbeteiligter Zahlungsmittler ("Dienstleister") ausschließlich
bankübliche Aufgaben wahr und verliert die faktische Zugriffsmöglichkeit auf den rechtsgrundlos überwiesenen Rentenbetrag,
wenn es ihn an den (materiell unberechtigten) Verfügenden bzw Empfänger auszahlt bzw an diesen weiterleitet.
Das Geldinstitut soll aber weder aus der ungerechtfertigten Rentenüberweisung wirtschaftliche Vorteile ziehen können noch
bei ordnungsgemäßer Kontoführung wirtschaftliche Nachteile befürchten müssen (vgl BSGE 83, 176, 180 = SozR 3-2600 §
118 Nr
4 S 34). Der Auszahlungseinwand des §
118 Abs
3 Satz 3 Halbsatz 1
SGB VI setzt daher auch voraus, dass der Wert ("entsprechende Betrag") der fehlüberwiesenen Rentenleistung nicht in das Vermögen
des Geldinstituts gelangt bzw nicht dort geblieben ist. In Betracht kommt dann für den Rentenversicherungsträger (im Regelfall)
nur noch die Erstattungsmöglichkeit aus dem Vermögen des Empfängers oder Verfügenden nach §
118 Abs
4 Satz 1
SGB VI.
Mit dem beschriebenen Stufenverhältnis zwischen den Regelungen des §
118 Abs
3 und Abs
4 SGB VI wäre es nicht vereinbar, wenn eine Bargeldabhebung durch Vorlage eines Sparbuchs, die das Geldinstitut im Rahmen banküblicher
Kontoführung vor Eingang des Rücküberweisungsverlangens zugelassen hat, sich nicht mindernd als anderweitige Verfügung iS
des §
118 Abs
3 Satz 3 Halbsatz 1
SGB VI auf den Rücküberweisungsanspruch des Rentenversicherungsträgers auswirken könnte, obwohl der der fehlüberwiesenen Rente entsprechende
Betrag durch diese Verfügung in das Vermögen eines (materiell unberechtigten) "Anderen" (Verfügenden oder Empfängers) gelangt
ist. Anderenfalls würde nämlich dem Geldinstitut entgegen der beschriebenen gesetzgeberischen Zielsetzung und dem Gesetzeswortlaut
("zurückzuüberweisen") eine Rückzahlungspflicht aus eigenem Vermögen auferlegt (vgl BSG 5a. Senat vom 22.4.2008 aaO, Juris
RdNr 21). Das kontoführende Geldinstitut soll aber bei einem nicht zur Anspruchsbefriedigung des Rentenversicherungsträgers
ausreichenden Guthaben auf dem Überweisungskonto des verstorbenen Versicherten bzw seines Rechtsnachfolgers (im Regelfall)
nur dann zur Rücküberweisung verpflichtet sein, wenn es aus der zu Unrecht überwiesenen Rentenzahlung einen wirtschaftlichen
Vorteil erlangt hat. Eine darüber hinausgehende "Haftung" des gutgläubigen Geldinstituts für die "bloße" Weiterleitung des
der Rente entsprechenden Betrags an einen (nicht materiell verfügungs- oder empfangsberechtigten) Dritten sieht das Gesetz
nicht vor.
cc) Auch aus der Gesetzesbegründung und der Entstehungsgeschichte ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der den Rücküberweisungsanspruch
des Rentenversicherungsträgers mindernde Einwand des §
118 Abs
3 Satz 3 Halbsatz 1
SGB VI materiell rechtmäßige (anderweitige) Verfügungen voraussetzt. Das Gegenteil ist der Fall, worauf der 5a. Senat des BSG in
seinem Urteil vom 22.4.2008 (aaO, Juris RdNr 23 bis 27) zutreffend hingewiesen hat. Der erkennende Senat schließt sich diesen
Ausführungen an.
dd) Zwar können Bargeldabhebungen durch Vorlage des Sparbuchs des verstorbenen Versicherten bei dem das Spar- und Überweisungskonto
führenden Geldinstitut die Rückführung der überzahlten Rente an den Rentenversicherungsträger erschweren, weil aufgrund der
gesetzlichen Legitimationswirkung des Sparbuchs jede beliebige Person, die nach dem Tode des Versicherten in den Besitz des
Sparbuchs gelangt ist, Abhebungen vom Sparkonto vornehmen kann, ohne dass eine Verpflichtung des Geldinstituts bestünde, die
materielle Berechtigung des Abhebenden zu prüfen. Dies rechtfertigt jedoch nicht, das Geldinstitut für den unbekannten Verfügenden
bzw Empfänger im Rahmen des §
118 Abs
3 SGB VI "haften" zu lassen, zumal in dieser Bestimmung eine derartige (verschuldensunabhängige) "Gefährdungshaftung" nicht normiert
ist. Allein der Umstand, dass mit einem Geldinstitut ein solventer Schuldner zur Verfügung steht, kann eine derartige Haftung
nicht begründen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Inanspruchnahme des Geldinstituts nach §
118 Abs
3 Satz 2
SGB VI für den Rentenversicherungsträger zwar regelmäßig die einfachste, aber nicht die einzige vom Gesetzgeber vorgesehene Möglichkeit
ist, den zu Unrecht überwiesenen Rentenbetrag zurückzuerlangen.
Ohnehin erscheint im Rahmen der Rückabwicklung überzahlter Rentenleistungen nach § 118 Abs 3 und Abs 4 eine Betrachtung nach
Risikosphären nicht geboten (vgl BSG 5a. Senat vom 22.4.2008 aaO, Juris RdNr 22). Zwar mag die nach §
808 BGB bestehende Legitimationswirkung des Sparbuchs ein "erhöhtes Risiko" für die Rentenversicherungsträger geschaffen haben, bei
Rentenfehlüberweisungen auf ein als Überweisungskonto geführtes Sparkonto den durch Vorlage des Sparbuchs (materiell) unberechtigt
Verfügenden bzw Empfänger der Geldleistung nach §
118 Abs
4 Satz 1
SGB VI nicht in Anspruch nehmen zu können, weil das Geldinstitut die Auszahlung mit schuldbefreiender Wirkung nicht nur an den im
Sparbuch namentlich genannten Berechtigten, sondern auch an den das Sparbuch Vorlegenden ohne Prüfung dessen materieller Berechtigung
vornehmen darf. Dies rechtfertigt allein jedoch keine der "bürgerlich-rechtlichen Schuldbefreiungswirkung" des §
808 BGB entgegenstehende "öffentlich-rechtliche" Einstandspflicht des Geldinstituts gegenüber dem Rentenversicherungsträger für eine
missbräuchliche Verwendung eines Sparbuchs. Zudem ließe sich dem entgegenhalten, dass es letztlich der Rentenversicherungsträger
war, der die Rentenüberzahlung verursacht hat, indem er die Rente trotz des Todes des Rentenberechtigten weiterhin auf dessen
Sparkonto überwiesen hat.
Wollte man bei der Rückabwicklung fehlüberwiesener Rentenleistungen eine Betrachtung nach Risikosphären vornehmen, erschiene
es auch eher sachgerecht, den verstorbenen Versicherten bzw seine Erben als neue Kontoinhaber das "Haftungsrisiko" gegenüber
dem Rentenversicherungsträger bei einem eventuellen Missbrauch des Sparbuchs tragen zu lassen. Denn wenn der Versicherte die
Überweisung der Rente auf ein Sparkonto veranlasst hat (§
47 SGB I, §
118 Abs
1 SGB VI), hat er damit zumindest die Möglichkeit der Abhebung durch nicht berechtigte Inhaber des Sparbuchs in Kauf genommen, da
das ausstellende Geldinstitut nach §
808 BGB nicht verpflichtet ist, die Person, die das Sparbuch vorlegt, auf ihre Verfügungsberechtigung zu überprüfen.
Etwas anderes könnte im Rahmen des §
118 Abs
3 SGB VI - dem Wegfall der Liberationswirkung nach §
808 Abs
1 Satz 1
BGB entsprechend (s die Nachweise oben RdNr
17) - bei Barabhebungen durch Vorlage des Sparbuchs des verstorbenen Versicherten möglicherweise dann gelten, wenn das Geldinstitut
die Abhebung eines der Rentenüberzahlung entsprechenden Geldbetrags zugelassen hat, obwohl es bereits vor Eingang des Rücküberweisungsverlangens
des Rentenversicherungsträgers Kenntnis oder grob fahrlässig Nichtkenntnis davon gehabt hat, dass sich eine nicht berechtigte
Person im Besitz des Sparbuchs befindet, oder es vor Eingang des Rücküberweisungsverlangens sonst wider Treu und Glauben (§
242 BGB) die Auszahlung des "Schutzbetrags" an einen nicht berechtigten Sparbuchinhaber bewirkt hat. Dabei wäre die Bösgläubigkeit
der Angestellten dem Geldinstitut nach §
166 BGB zuzurechnen (Hüffer aaO, §
808 RdNr 28).
Denn in diesen Fällen läge schon begrifflich eine anspruchsmindernde "anderweitige Verfügung" iS des §
118 Abs
3 Satz 3 Halbsatz 1
SGB VI nicht mehr vor. Bei einer in diesem Sinne missbräuchlichen Verfügung eines Nichtberechtigten durch Vorlage des Sparbuchs
handelt es sich nämlich nicht mehr um ein "bankübliches" Zahlungsgeschäft des Geldinstituts, weil es trotz zuzurechnender
Bösgläubigkeit hinsichtlich der (materiellen) Nichtberechtigung des Vorlegenden nicht dafür Sorge getragen hat, die unberechtigte
Nutzung des Sparbuchs zu unterbinden und damit die Ausführung der Verfügung über den "Schutzbetrag" (zu Lasten des Rentenversicherungsträgers)
zu verhindern. Aber selbst wenn man eine solche Abhebung noch als "anderweitige Verfügung" betrachten wollte, dürfte deren
Berücksichtigung im Rahmen des §
118 Abs
3 Satz 3 Halbsatz 1
SGB VI nicht in Betracht kommen, weil es sich bei dieser Bestimmung auch um eine "Schutzvorschrift für die Bank" (BSGE 83, 176, 182 = SozR 3-2600 § 118 Nr 4 S 36) handelt und ein schutzwürdiges Interesse des Geldinstituts gegenüber dem Rentenversicherungsträger
bei Kenntnis oder grob fahrlässiger Nichtkenntnis der fehlenden (materiellen) Berechtigung des das Sparbuch Vorlegenden nicht
besteht. Im vorliegenden Fall sind derartige besondere Umstände vom SG jedoch nicht festgestellt worden.
ee) Schließlich entfällt die Möglichkeit des beklagten Geldinstituts, sich auf den Einwand des §
118 Abs
3 Satz 3 Halbsatz 1
SGB VI zu berufen, auch nicht deshalb, weil es Namen und Anschriften derjenigen Personen nicht benennen kann, die nach dem Tode
des Versicherten durch Vorlage seines Sparbuchs die Barabhebungen vorgenommen haben. Die Beklagte ist zwar nach §
118 Abs
4 Satz 4 (seit 1.5.2007 Satz 3)
SGB VI verpflichtet, dem Rentenversicherungsträger auf Verlangen Namen und Anschrift des Verfügenden oder Empfängers und etwaiger
neuer Kontoinhaber zu benennen, wenn sie eine Rücküberweisung mit dem Hinweis abgelehnt hat, dass über den der überzahlten
Rente entsprechenden Betrag bereits anderweitig verfügt wurde. Eine solche Auskunftspflicht macht jedoch in den Fällen keinen
Sinn, in denen das Geldinstitut Namen und Anschrift des Verfügenden oder Empfängers nicht kennen muss, wie dies bei Barabhebungen
durch Vorlage des Sparbuchs der Fall ist, weil das Geldinstitut als Aussteller des Sparbuchs nicht verpflichtet ist, die materielle
Berechtigung der vorlegenden Person zu prüfen. Anhaltspunkte, der Gesetzgeber habe in diesen Fällen das Unvermögen des Geldinstituts,
Namen und Anschrift dieser Person zu benennen, mit dem Wegfall des Auszahlungseinwands des §
118 Abs
3 Satz 3 Halbsatz 1
SGB VI sanktionieren wollen, sind nicht ersichtlich (vgl BSG 5a. Senat vom 22.4.2008 aaO, Juris RdNr 30).
Die in §
118 Abs
4 Satz 4
SGB VI normierte Auskunftspflicht dient der Vorbereitung des (gegenüber dem Rücküberweisungsanspruch gegen das Geldinstitut nachrangigen)
Erstattungsanspruchs nach §
118 Abs
4 Satz 1
SGB VI gegen den neuen Kontoinhaber und alle Personen, die über den fehlüberwiesenen Rentenbetrag verfügt haben (Verfügende) oder
denen auf andere Weise zumindest ein Teil des Rentenbetrags zugute gekommen ist (Empfänger). Sie soll ausweislich der Gesetzesbegründung
die Feststellung der nach §
118 Abs
4 Satz 1
SGB VI Erstattungsverpflichteten ermöglichen (vgl BT-Drucks 13/2590 S 25 zu Nr 17). Ihr Zweck beschränkt sich auf die Durchsetzung
eines bestehenden Anspruchs gegen diesen Personenkreis; sie dient jedoch nicht der Sicherstellung oder gar Begründung eines
zusätzlichen Anspruchs gegen das Geldinstitut für den Fall, dass es Namen und Anschrift des materiell unberechtigt Verfügenden
bzw Empfängers nicht benennen kann. Für diesen Fall trifft das Gesetz keine Regelung (vgl BSG 5a. Senat vom 22.4.2008 aaO,
Juris RdNr 29, 31).
3. Unter diesen Umständen tragen die tatsächlichen Feststellungen des SG die Schlussfolgerung, dass über den der Rentenüberzahlung entsprechenden Betrag vor Eingang der Rückforderung beim beklagten
Geldinstitut anderweitig verfügt worden war: Danach wurde vom Sparkonto des verstorbenen H. nach der am 14.4.2005 erfolgten
Gutschrift der fehlüberwiesenen Rente für den Monat Mai 2005 in Höhe von 748,52 Euro bei einem Kontostand von 794,42 Euro
durch Vorlage seines Sparkassenbuchs am 22.4.2005 ein Betrag von 40,00 Euro und am 25.4.2005 ein Betrag von 750,00 Euro abgehoben.
Das Rücküberweisungsverlangen der Klägerin ging bei der Beklagten erst danach ein. Bei den vorgenommenen Bargeldabhebungen
vom Sparkonto durch Vorlage des Sparbuchs des verstorbenen H. handelt es sich um anspruchsmindernde bzw -vernichtende anderweitige
Verfügungen iS des §
118 Abs
3 Satz 3 Halbsatz 1
SGB VI. Da diese den von der Klägerin gegenüber der Beklagten geltend gemachten Rücküberweisungsanspruch übersteigen, hat die Klägerin
keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Rücküberweisung der hier noch streitigen 743,67 Euro.