Weitergewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung
Verfahrensrüge
Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht
Aufrechterhalten eines Beweisantrages
1. Wird ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht gerügt, muss die Beschwerdebegründung hierzu folgende
Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht
gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten
erscheinen und zur weiteren Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen
Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf einer angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme
beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme von seinem Standpunkt
aus zu einem anderen, der Beschwerdeführerin günstigeren Ergebnis hätte gelangen können.
2. Zudem kann ein in der Berufungsinstanz durch einen Rechtsanwalt vertretener Beteiligter nur dann mit der Rüge des Übergehens
eines Beweisantrags gehört werden, wenn er diesen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch entsprechenden Hinweis
zu Protokoll aufrechterhalten hat oder das Gericht den Beweisantrag in seinem Urteil wiedergibt.
3. Denn nur dann hätte nach Sinn und Zweck des §
160 Abs.
2 Nr.
3 letzter Teilsatz
SGG ein Beweisantrag die Warnfunktion dahingehend verwirklicht, dass ein Beteiligter die Sachaufklärungspflicht des Gerichts
(§
103 SGG) noch nicht als erfüllt ansieht.
4. Wird ein Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entschieden, tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung
der Zeitpunkt der Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß §
124 Abs.
2 SGG
Gründe:
Das LSG Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 22.2.2017 einen Anspruch der Klägerin auf Weitergewährung von Rente wegen voller
Erwerbsminderung über den 31.1.2014 hinaus verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin beim BSG Beschwerde eingelegt und einen Verfahrensmangel gerügt.
Die Beschwerde ist unzulässig. Die Beschwerdebegründung vom 29.5.2017 genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht, weil sie
den allein geltend gemachten Zulassungsgrund des Verfahrensmangels nicht ordnungsgemäß bezeichnet hat (§
160 Abs
2 Nr
3 iVm §
160a Abs
2 S 3
SGG).
Wird - wie vorliegend - ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§
103 SGG) gerügt, muss die Beschwerdebegründung hierzu folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne
Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund
derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zur weiteren Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe
des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des
LSG auf einer angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten
Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme von seinem Standpunkt aus zu einem anderen, der Beschwerdeführerin günstigeren
Ergebnis hätte gelangen können (zum Ganzen s BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 18 RdNr 8).
Zudem kann eine - wie hier - in der Berufungsinstanz durch einen Rechtsanwalt vertretene Beteiligte nur dann mit der Rüge
des Übergehens eines Beweisantrags gehört werden, wenn sie diesen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch entsprechenden
Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten hat oder das Gericht den Beweisantrag in seinem Urteil wiedergibt (stRspr, vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Denn nur dann hätte nach Sinn und Zweck des §
160 Abs
2 Nr
3 letzter Teils
SGG ein Beweisantrag die Warnfunktion dahingehend verwirklicht, dass ein Beteiligter die Sachaufklärungspflicht des Gerichts
(§
103 SGG) noch nicht als erfüllt ansieht (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9 S 21; Nr 31 S 52). Wird ein Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entschieden, tritt an die Stelle des Schlusses der
mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt der Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß §
124 Abs
2 SGG (BSG SozR 3-1500 § 124 Nr 3 S 4 f).
In der Beschwerdebegründung wird bereits nicht dargelegt, dass ein förmlicher Beweisantrag iS des §
160 Abs
2 Nr
3 SGG gestellt worden ist. Merkmal eines Beweisantrags ist eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels
für diese Tatsache (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 6 mwN). Die Klägerin erklärt zwar, auf eine Verschlechterung des Gesundheitszustands im Erörterungstermin vom 18.1.2017
und mit Schriftsatz vom 24.2.2017 hingewiesen zu haben, legt aber nicht dar, insoweit auch Aufklärung durch ein bestimmtes
Beweismittel gefordert zu haben.
Darüber hinaus behauptet sie nicht, dass sie einen solchen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag bis zu einem der oben genannten
maßgeblichen Zeitpunkte aufrechterhalten hat. Sie legt schon nicht dar, zu welchem Zeitpunkt sie ihr Einverständnis durch
Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt hat. Diese Angabe ist erforderlich, weil einem rechtskundig vertretenen Beteiligten,
der ggf vorbehaltlos sein Einverständnis gemäß §
124 Abs
2 SGG erklärt, klar sein muss, dass das Gericht ohne weitere Sachaufklärung entscheiden wird. Will ein Beteiligter dies vermeiden,
muss er das Einverständnis verweigern oder auf der Durchführung der beantragten Beweisaufnahme beharren (Senatsbeschluss vom
25.11.2013 - B 13 R 339/13 B - Juris RdNr 10). Letzteres ergibt sich auch nicht aus dem von der Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung in Bezug genommenen
Schriftsatz vom 24.2.2017. Insoweit mangelt es bereits an Ausführungen, dass das LSG diesen Schriftsatz trotz Urteilsfassung
am 22.2.2017 noch hätte berücksichtigen müssen.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 S 2 und 3
SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.