Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage mit einer grundsätzlichen und über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung
Gründe
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des LSG ist unzulässig (§
160a Abs
4 Satz 1 iVm §
169 Satz 2
SGG).
Nach §
160 Abs
2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung
beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat, ist nicht zulässig.
Der Kläger beruft sich allein auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, ohne die Voraussetzungen dieses Zulassungsgrunds
in der Begründung der Beschwerde hinreichend darzulegen (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG).
Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) erfordert die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage, der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den
Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird (vgl BSG vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11). Die abstrakte Rechtsfrage ist klar zu formulieren, um an ihr die weiteren Voraussetzungen für die Revisionszulassung prüfen
zu können (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. Kap, RdNr 181). Es ist aufzuzeigen, dass die Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und die
Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (vgl BSG vom 16.12.1993 - 7 BAr 126/93 - SozR 3-1500 § 160a Nr 16 S 27). Hierfür ist eine Auseinandersetzung mit der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ebenso erforderlich wie die
Darlegung, dass sich aus dieser keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage ergeben
(vgl BSG vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8).
Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Als grundsätzlich klärungsbedürftig erachtet der
Kläger die Fragen:
1) Ist die Auslegung eines Verwaltungsakts stets (auch) Aufgabe des Revisionsgerichts?
2) Kann ein Bescheid, dessen Verfügung (Tenor) nach vorheriger Leistungsbewilligung die Entziehung von Leistungen anordnet,
zugleich aber Leistungen ablehnt, als Rücknahmebescheid (iS von § 45 SGB X) gemäß §§
133,
157 BGB ausgelegt werden?
3) Ist ein Bescheid, dessen Verfügung (Tenor) nach vorheriger Leistungsbewilligung die Entziehung von Leistungen anordnet,
zugleich aber Leistungen ablehnt, ein bestimmter Rücknahmebescheid (iS von § 45 SGB X) gemäß § 33 SGB X?
Im Hinblick auf die erste Frage legt der Kläger eine Klärungsbedürftigkeit nicht hinreichend dar. Insbesondere fehlt eine
Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Senats, wonach das Revisionsgericht befugt ist, den Inhalt von Verwaltungsakten
selbständig und damit auch abweichend von den Vorinstanzen auszulegen (vgl nur BSG vom 25.10.2017 - B 14 AS 9/17 R - SozR 4-1300 § 45 Nr 19 RdNr 24 mwN). Mit der zweiten Frage formuliert der Kläger bereits keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung einer Norm des Bundesrechts.
Mit dieser Frage will der Kläger vielmehr - im Kern - geklärt haben, ob die Auslegung des LSG, wonach die Formulierung im
streitgegenständlichen Bescheid vom 4.1.2016, "Ihr Antrag … vom 24. Oktober 2015 wird ab dem 01.02.2016 entzogen", im Hinblick
auf den Bewilligungsbescheid vom 28.10.2015 als Rücknahme für die Zukunft auszulegen sei, Bundesrecht verletzt. Diese Frage
bezieht sich auf die rechtliche Wertung in der konkreten Sache, hat jedoch keine grundsätzliche Bedeutung. Dies gilt auch
für die dritte Frage, die ebenfalls auf die Auslegung eines Bescheids im Einzelfall gerichtet ist und mit der der Kläger geltend
macht, der angefochtene Bescheid genüge den Anforderungen des BSG an die hinreichende Bestimmtheit nicht, was im Übrigen einer Klärungsbedürftigkeit entgegenstehen würde.
Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des §
169 Satz 3
SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§
183,
193 SGG.