Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende; Berücksichtigung eines nicht selbst genutzten Hausgrundstücks als Vermögen
bei Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft
Gründe:
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte zur Rücknahme einer Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
als Zuschuss mit Wirkung für die Zukunft berechtigt war.
Der am 1960 geborene, alleinstehende Kläger war seit dem 26. November 2004 in Erbengemeinschaft mit seiner Schwester Miteigentümer
eines Einfamilienhauses in A. im Landkreis Lüneburg. Das Grundstück war mit zwei Hypotheken in Höhe von nominell 42.000 DM
und 12.700 DM (beide eingetragen am 7. April 1972) und einer Grundschuld in Höhe von nominell 40.000 DM (eingetragen am 30.
Oktober 1978) belastet. Nach dem Erbfall im September 2004 wohnten weder der Kläger noch seine Schwester in dem Haus. Es war
nicht vermietet und (im streitigen Zeitraum) nicht zum Kauf angeboten. Die Schwester gab dazu in einer Erklärung vom 29. November
2004 an, dass sie das Haus voraussichtlich nicht verkaufen oder vermieten werde.
Auf seinen Antrag vom 28. Oktober 2004 hin, in dem der Kläger unter anderem entsprechende Angaben zu seinem ererbten Vermögen
gemacht hatte, bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 9. Dezember 2004 für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 30. Juni
2005 zunächst Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von 615,89 Euro als Zuschuss. Mit Bescheid
vom 11. Januar 2005 hob sie diesen Bewilligungsbescheid für die Zeit ab Februar 2005 auf und forderte den Kläger auf, Angaben
zum Wert der ererbten Immobilie zu machen und sich seinen Anteil von seiner Schwester auszahlen zu lassen. Mit Bescheiden
vom 1. Februar 2005, 24. Februar 2005, 22. März 2005 und 27. Mai 2005 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 4. Juli 2005
bewilligte die Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1. Februar 2005 bis zum 30. Juni
2005 darlehensweise.
In dem gegen den Bescheid vom 11. Januar 2005 gerichteten Widerspruchsverfahren ermittelte die Beklagte durch eine Auskunft
bei der Behörde für Geoinformation, Landentwicklung und Liegenschaften Lüneburg auf Grundlage einer Sichtung der dort geführten
Kaufpreissammlung einen überschlägigen Wert der Immobilie von rund 122.000 Euro. Den Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid
vom 16. Juni 2005 zurück. Da dem Kläger die Hälfte des Erbteils zustehe, sei nach Absetzung von Freibeträgen in Höhe von 7.550
Euro ein verwertbares Vermögen in Höhe von 53.450 Euro zu berücksichtigen. Somit sei der Bewilligungsbescheid von Anfang an
rechtswidrig gewesen. In Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens sei die Bewilligungsentscheidung nach § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) für die Zeit ab dem 1. Februar 2005 zurückzunehmen gewesen. Dem stehe ein schutzwürdiges Interesse des Klägers nicht entgegen.
Die Rücknahme erfolge für eine Zeit, für die Leistungen noch nicht zur Auszahlung gekommen seien, sodass ein etwaiger Verbrauch
der Leistungen der Rücknahme nicht entgegenstehe. Es sei auch nicht ersichtlich, dass finanzielle Entscheidungen getroffen
worden seien, die nicht mehr oder nur noch unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig gemacht werden könnten. Zugunsten des
Klägers sei lediglich zu berücksichtigen, dass die fehlerhafte Bewilligung auf einem Verschulden der Beklagten beruhe. Den
Gründen für eine Rücknahme komme ein stärkeres Gewicht zu, sodass der Verwaltungsakt mit Wirkung vom 1. Februar 2005 zurückzunehmen
gewesen sei. Der Regelung des § 9 Abs 4 SGB II entsprechend seien die Leistungen als Darlehen zu gewähren gewesen.
Im hiergegen gerichteten Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Hamburg ein Gutachten des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von bebauten und unbebauten
Grundstücken Dipl. Ing. F. eingeholt. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 21. März 2006 ausgeführt, der Sachwert
der Immobilie betrage ohne Berücksichtigung von Mängeln und Schäden ca 182.000 Euro. Für die Schätzung des aktuell erzielbaren
Kaufpreises ergebe sich ein marktangepasster Sachwert in Höhe von rund 108.000 Euro. Aus dem Grundstücksmarktbericht 2006
(Teilmarkt Ein- und Zweifamilienhäuser) leite sich ein indirekter Vergleichswert von rund 134.000 Euro ab. Auf Grund der Ungenauigkeiten
beim Lageabschlag im Sachwertverfahren sei der Vergleichswert bei der Schätzung des Verkehrswertes höher zu gewichten. In
Abwägung aller Umstände schätze er den Verkehrswert nach § 194 Baugesetzbuch (BauGB) in einem vermietungsfreien Zustand zum Wertermittlungsstichtag 20. Januar 2006 auf 128.000 Euro. Der Verkehrswert sei aus
sachverständiger Sicht als Kaufpreis erzielbar. Eine Vermietung der Immobilie sei möglich, lasse aber keine ausreichende Rendite
erwarten.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 18. September 2006 abgewiesen. Während des hiergegen anhängigen Berufungsverfahrens verkaufte
die Erbengemeinschaft am 16. Februar 2007 das Haus zu einem Gesamtkaufpreis von 105.000 Euro. Ergänzend gab der Kläger dazu
an, seine Schwester habe sich erst im September 2006 zum Verkauf bereit erklärt.
Die Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Hamburg ist ohne Erfolg geblieben. Zur Begründung hat das LSG in seinem Urteil
vom 31. Mai 2007 ausgeführt, die Voraussetzungen des § 45 SGB X für eine Rücknahme der Bewilligung der Leistungen als Zuschuss für die Zukunft lägen vor. Der Kläger habe wegen seines zu
berücksichtigenden Vermögens keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Zuschuss.
Der im Wege der Erbschaft erlangte Miteigentumsanteil an dem Wohnhaus in A. gehöre zum zu berücksichtigenden Vermögen (§ 12
Abs 1 SGB II). Die behauptete fehlende Veräußerungsbereitschaft der Miterbin im streitigen Zeitraum stehe einer Verwertbarkeit
nicht entgegen, denn der Kläger könne als Miterbe grundsätzlich jederzeit die Erbauseinandersetzung verlangen (§
2042 Bürgerliches Gesetzbuches [BGB]) oder gemäß §
2033 BGB über seinen Nachlass verfügen. Der hierfür erforderliche Zeitaufwand begründe nur ein vorübergehendes Verwertungshindernis,
dem durch die darlehensweise Gewährung Rechnung getragen worden sei. Ob und wie lange die Miterbin zu einer Veräußerung tatsächlich
nicht bereit gewesen sei, spiele dabei keine maßgebliche Rolle. Ohnehin sei absehbar gewesen, dass sie einem Verkauf irgendwann
zustimmen würde, denn das Haus habe nur Kosten verursacht, sie habe es aber ebenso wie der Kläger nicht bewohnen wollen.
Die Berücksichtigung des Miteigentumsanteils sei ferner nicht nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II ausgeschlossen, insbesondere
sei die Verwertung weder offensichtlich unwirtschaftlich noch liege in der Verwertung eine besondere Härte nach Satz 1 Nr
6 dieser Vorschrift. Bei der Prüfung einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit sei ein rein wirtschaftlich-ökonomischer
Maßstab anzulegen. Unter Zugrundelegung der Maßstäbe der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum Arbeitsförderungsrecht
sei die Verwertung nicht unwirtschaftlich gewesen. Zwar liege der erzielte Kaufpreis unter dem vom Sachverständigen geschätzten
Verkehrswert, doch hätte jeder normal und ökonomisch Handelnde das Grundstück veräußert, weil eine Vermietung keine ausreichende
Rendite erbracht und sich der Wert der Immobilie altersbedingt vermindert hätte. Die erwarteten künftigen Wertsteigerungen
durch einen geplanten Autobahnbau beeinflussten den Verkehrswert, auf den § 12 SGB II Bezug nehme, nicht, unabhängig davon,
ob ein solcher Autobahnbau tatsächlich die erhofften Auswirkungen auf die Immobilienpreise habe. Dem Kläger werde auch nicht
die Verschleuderung seines Vermögens abverlangt, denn es sei nicht auf den vom Sachverständigen genannten Sachwert in Höhe
von 182.000 Euro als Verkehrswert abzustellen. Bei diesem Wert handele es sich lediglich um ein Zwischenergebnis der eigentlichen
Wertermittlung. Dass der Sachverständige mit 128.000 Euro einen Wert als Verkehrswert geschätzt habe, der sich in Kenntnis
des Kaufpreises als deutlich überhöht erwiesen habe, ändere daran nichts. Der Gutachter habe mit dem marktangepassten Sachwert
von 108.000 Euro den Markt recht genau eingeschätzt; es seien allenfalls die übrigen für die Schätzung herangezogenen Parameter
in Zweifel zu ziehen. Ein Verschleudern des Vermögens liege nicht schon vor, wenn der Verkehrswert mehr als 10 % unter dem
Substanzwert liege. Die entsprechenden Durchführungshinweise der Bundesagentur für Arbeit beträfen nur die Verwertung von
Lebensversicherungen, was sich schon darin zeige, dass der Begriff eines "Substanzwertes" einer Immobilie nicht mit Leben
gefüllt werden könne. In der Verwertung des Grundstücks liege auch keine besondere Härte.
Einer exakten Bestimmung des Wertes des heranzuziehenden Vermögens bedürfe es nicht. Selbst wenn man die Belastung mit den
Grundpfandrechten in nomineller Höhe berücksichtige, verbliebe nach Abzug der Grundpfandrechte in Höhe von 48.419,16 Euro
ein Kauferlös in Höhe von 56.580,84 Euro, von dem ein hälftiger Anteil in Höhe von 28.290,42 Euro auf den Kläger entfalle.
Bei einem anzurechnenden Vermögen nach Abzug der Freibeträge in Höhe von 18.540,42 Euro habe dem Kläger lediglich ein Darlehen
zugestanden.
Der Rücknahme des Bewilligungsbescheides habe auch kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers entgegengestanden. Ein Fall des
§ 45 Abs 2 Satz 2 SGB X habe nicht vorgelegen, da der Bewilligungsbescheid lediglich für die Zukunft aufgehoben worden sei und Dispositionen, die
der Kläger im Vertrauen auf den Fortbestand der Bewilligung getroffen habe, weder erkennbar seien noch angesichts der Funktion
von Grundsicherungsleistungen zu erwarten gewesen wären.
Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers. Die ursprüngliche Bewilligung als Zuschuss habe nicht aufgehoben werden dürfen,
da sie rechtmäßig gewesen sei. Im Zeitpunkt der Antragstellung habe er wegen der fehlenden Mitwirkung seiner Schwester als
Miterbin an einer Veräußerung des Grundstücks nur die Möglichkeit gehabt, den Erbteil zu belasten oder zu veräußern oder die
Erbauseinandersetzung zu betreiben. Eine Belastung sei schon deshalb ausgeschieden, weil seine Schwester nicht bereit gewesen
sei, ein etwaiges Darlehen durch Grundpfandrechte absichern zu lassen. Das LSG habe keinerlei Umstände festgestellt, die eine
Veräußerungsmöglichkeit hinsichtlich des Erbteils belegten. Für eine klageweise Durchsetzung der Auseinandersetzung sei in
der Praxis mit einer Verfahrensdauer von mehreren Jahren zu rechnen, sodass nicht absehbar gewesen sei, wann der Erlös aus
der Verwertung zufließe. Zudem wäre die Verwertung des Grundstücks im Wege der Erbauseinandersetzung und der damit verbundenen
Zwangsversteigerung des Grundstücks offensichtlich unwirtschaftlich gewesen, da nach Abzug der Gerichts- und Gutachterkosten
ein Versteigerungserlös verblieben wäre, der erheblich unter dem Verkaufserlös gelegen hätte. Schließlich sei der Verkauf
des Grundstücks für sich genommen unwirtschaftlich gewesen. Zunächst sei zu beanstanden, dass das Gutachten mit dem Bewertungsstichtag
20. Januar 2006 erstellt worden sei, der die Verhältnisse bei Antragstellung nicht widerspiegele. Es sei nach dem Gutachten
von einem Sachwert (unter Berücksichtigung der Alterswertminderung) in Höhe von 182.000 Euro auszugehen, dem der Verkaufserlös
bzw gedachte Versteigerungserlös von 105.000 Euro gegenüberzustellen sei. Daraus ergebe sich ein grobes Missverhältnis, das
den Schluss der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit der Verwertung rechtfertige. Es seien dem Gesetz keine Gesichtspunkte
zu entnehmen, dass für die Ermittlung des Verkehrswertes § 194 BauGB heranzuziehen sei. Dagegen spreche schon, dass bei einer Gleichsetzung von Verkehrswert und dem erzielbaren Verkaufserlös
eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit immer auszuschließen sei, da es zu Diskrepanzen zwischen dem Verkehrswert und dem
erzielbaren Kaufpreis überhaupt nicht kommen könne.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 31. Mai 2007 und das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 18. September 2006
sowie die Bescheide der Beklagten vom 11. Januar 2005, 1. Februar 2005, 24. Februar 2005, 22. März 2005 und 27. Mai 2005 und
vom 4. Juli 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. Juni 2005 aufzuheben.
Die Beklagte hat im Revisionsverfahren keinen Antrag gestellt.
II
Die Revision ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet
(§
170 Abs
2 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Auf Grundlage der Feststellungen des LSG kann der Senat nicht beurteilen, ob die mit dem angefochtenen Bescheid vom
11. Januar 2005 aufgehobene Bewilligungsentscheidung rechtswidrig war.
1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist zunächst der Bescheid der Beklagten vom 11. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 16. Juni 2005, mit dem die Beklagte den ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 9. Dezember 2004 für den Zeitraum vom
1. Februar 2005 an aufgehoben hat. Daneben sind streitbefangen auch die Bescheide vom 1. Februar 2005, vom 24. Februar 2005,
vom 22. März 2005, vom 27. Mai 2005 und vom 4. Juli 2005. Sie sind gemäß §§
86,
96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Mit ihnen wird für den Zeitraum vom 1. Februar 2005 bis zum 30. Juni 2005 die Rücknahmeentscheidung
vom 11. Januar 2005 dahin geändert, dass die begehrten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den streitigen Zeitraum
zwar erneut bewilligt, aber lediglich als Darlehen geleistet werden. Gegen die nur darlehensweise Bewilligung hat sich der
Kläger im Widerspruchsverfahren ebenso wie im folgenden Klage- und Berufungsverfahren gewandt.
Dabei ist ohne Bedeutung, dass die genannten Bescheide im Widerspruchsbescheid und in den Urteilen der Vorinstanzen nicht
ausdrücklich erwähnt werden und der Kläger einen Verstoß gegen §§
86,
96 SGG nicht gerügt hat. Der Sache nach sind die Bescheide in sämtliche Entscheidungen miteinbezogen worden, denn sowohl im Widerspruchsbescheid
als auch in den Urteilen der Vorinstanzen ist die darlehensweise Bewilligung ausdrücklich als rechtmäßig angesehen worden.
In einem derartigen Fall hat das Revisionsgericht von Amts wegen über das rechtliche Schicksal des Folgebescheides zu befinden
(vgl BSG Urteil vom 9. Februar 1995 - 7 RAr 2/94, SozR 3-4100 § 44 Nr 11; Urteil vom 25. Oktober 1994 - 3/1 RK 51/93, SozR 3-2500 § 57 Nr 4).
2. Die Rechtmäßigkeit der Rückname der ursprünglichen Bewilligung für die Zukunft und die damit verbundene Bewilligung der
Leistungen lediglich als Darlehen misst sich nach § 40 Abs 1 SGB II iVm § 45 Abs 1 SGB X. §
330 Abs
2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB III) kommt nicht zur Anwendung, weil die Voraussetzungen des § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X ersichtlich nicht vorliegen.
Gemäß § 45 Abs 1 Satz 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender
Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der
Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein rechtswidriger
begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes
vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (§ 45 Abs 2 Satz 1 SGB X).
3. Ob die Voraussetzungen des § 45 SGB X vorliegen, kann nicht abschließend beurteilt werden. Die Feststellungen des LSG lassen keine Entscheidung darüber zu, ob
der Bescheid der Beklagten vom 11. Januar 2005 rechtswidrig war und der Kläger durch die ursprüngliche Bewilligung der Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Februar 2005 bis zum 30. Juni 2005 als Zuschuss zu
Unrecht begünstigt worden ist.
Leistungen nach dem SGB II erhalten gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II (hier idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen
am Arbeitsmarkt [BGBl I 2003, 2954]) Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet
haben (Nr 1), die erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig (Nr 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik
Deutschland haben (Nr 4). Das LSG hat diese Voraussetzungen bejaht. Auf Grundlage der Feststellungen des LSG kann jedoch das
Vorliegen von Hilfebedürftigkeit nicht abschließend beurteilt werden.
Hilfebedürftig iS von § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 iVm § 9 Abs 1 SGB II ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit
und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen
Kräften und Mitteln, ua aus dem zu berücksichtigenden Vermögen sichern kann, und die erforderliche Hilfe nicht von anderen,
insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Nach § 12 SGB II sind als Vermögen alle verwertbaren
Vermögensgegenstände zu berücksichtigen (zur Verwertbarkeit unter 4); dazu können bewegliche Sachen ebenso gehören wie Immobilien
und Forderungen. Als Verwertungsmöglichkeiten kommen hier der Verkauf oder die Verpfändung des Erbteils (dazu unter 5.a),
der Verkauf des Hausgrundstücks (dazu unter 5.b) sowie die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft (dazu unter 5.c) in Betracht.
Nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II sind als Vermögen allerdings nicht zu berücksichtigen Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung
offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde (dazu unter 6). Nach § 9
Abs 4 SGB II ist schließlich hilfebedürftig auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von
zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde. Ist eine sofortige
Verwertung eines Vermögensgegenstandes nicht möglich, sind die Leistungen als Darlehen zu erbringen (§ 9 Abs 4 2. Halbsatz
SGB II in der bis zum 31. März 2006 geltenden Fassung; jetzt § 23 Abs 5 SGB II).
4. Zu den Vermögensgegenständen, die vorliegend in die Prüfung der Hilfebedürftigkeit nach §§ 9, 12 SGB II einzubeziehen sind,
gehören der Anteil an dem Nachlass, über den der Kläger nach §
2033 Abs
1 Satz 1
BGB verfügen kann, der Miteigentumsanteil an dem Grundstück in ungeteilter Erbengemeinschaft und der Anspruch auf Auseinandersetzung
der Erbengemeinschaft (§§
2042 ff
BGB). Anhand der Feststellungen des LSG kann schon nicht entschieden werden, ob diese Vermögensgegenstände verwertbar sind.
Vermögen ist verwertbar, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen und belastet werden können. Ist der Inhaber dagegen
in der Verfügung über den Gegenstand beschränkt und kann er die Aufhebung der Beschränkung nicht erreichen, ist von der Unverwertbarkeit
des Vermögens auszugehen. Mithin hat der Begriff der Verwertbarkeit in § 12 Abs 1 SGB II den Bedeutungsgehalt, den das BSG
bereits in einer früheren Entscheidung zum Recht der Arbeitslosenhilfe (Alhi) mit dem Begriff der Möglichkeit des "Versilberns"
von Vermögen umschrieben hat (vgl BSG SozR 4-4200 § 12 Nr 6 RdNr 11 unter Hinweis auf BSG SozR 4100 § 138 Nr 25).
Darüber hinaus enthält der Begriff der Verwertbarkeit aber auch eine tatsächliche Komponente (vgl Mecke in Eicher/Spellbrink,
SGB II, 2. Aufl 2008, § 12 RdNr 32). Die Verwertung muss für den Betroffenen einen Ertrag bringen, durch den er, wenn auch
nur kurzzeitig, seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Tatsächlich nicht verwertbar sind Vermögensgegenstände, für die in
absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, etwa weil Gegenstände dieser Art nicht (mehr) marktgängig sind oder weil
sie, wie Grundstücke infolge sinkender Immobilienpreise, über den Marktwert hinaus belastet sind.
Zur Abgrenzung der hier streitigen Bewilligung von Leistungen als Zuschuss gegenüber der nur darlehensweisen Gewährung nach
§ 9 Abs 4 SGB II hat der Senat im Anschluss an die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zu §§ 88, 89 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) bereits entschieden, dass für eine lediglich darlehensweise Gewährung von Leistungen nicht ausreicht, dass dem Hilfesuchenden
Vermögen zusteht, wenn in dem Zeitpunkt, in dem die Darlehensgewährung erfolgen soll, bis auf weiteres nicht absehbar ist,
ob er einen wirtschaftlichen Nutzen aus dem Vermögen wird ziehen können. Vielmehr liegt eine generelle Unverwertbarkeit iS
des § 12 Abs 1 SGB II vor, wenn völlig ungewiss ist, wann eine für die Verwertbarkeit notwendige Bedingung eintritt (BSG aaO
RdNr 15).
Maßgebend für die Beurteilung der Frage, innerhalb welchen Zeitraums absehbar sein muss, dass ein rechtliches oder tatsächliches
Verwertungshindernis wegfällt, ist im Regelfall der Zeitraum, für den die Leistungen bewilligt werden, also regelmäßig der
sechsmonatige Bewilligungszeitraum des § 41 Abs 1 Satz 4 SGB II (so bereits angedeutet in BSG aaO mit zustimmender Anmerkung
Radüge jurisPR-SozR 14/2008 Anm 1; aA LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 15. Januar 2008 - L 13 AS 207/07 ER - juris RdNr 27; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand September 2008, § 12 RdNr 111a). Für diesen Bewilligungszeitraum
muss im Vorhinein eine Prognose getroffen werden, ob und welche Verwertungsmöglichkeiten bestehen, die geeignet sind, Hilfebedürftigkeit
abzuwenden. Eine Festlegung für darüber hinaus- gehende Zeiträume ist demgegenüber nicht erforderlich und wegen der Unsicherheiten,
die mit einer langfristigen Prognose verbunden sind, auch nicht geboten. Nach Ablauf des jeweiligen Bewilligungszeitraumes
ist bei fortlaufendem Leistungsbezug erneut und ohne Bindung an die vorangegangene Einschätzung zu überprüfen, wie für einen
weiteren Bewilligungszeitraum die Verwertungsmöglichkeiten zu beurteilen sind. Ausnahmen von der abschnittsweisen Prüfung
für jeden Bewilligungszeitraum sind etwa denkbar, wenn die Verwertbarkeit zu einem bestimmten kalendermäßig ablaufenden Datum
eintritt. Ändert sich während des laufenden Bewilligungszeitraums die für die ursprüngliche Prognose maßgebliche Sach- und
Rechtslage (zB die Verhältnisse am maßgebenden Markt), ist eine Bewilligung nach den Grundsätzen des § 40 Abs 1 Nr 1 SGB II iVm § 48 SGB X, §
330 Abs
3 SGB III zu überprüfen.
Aus dem Erfordernis einer Prognoseentscheidung (lediglich) für den Bewilligungszeitraum von einem halben Jahr folgt kein über
§ 12 Abs 2 und 3 SGB II hinausgehender Verwertungsschutz von solchen Vermögensgegenständen, deren Verwertung sich regelmäßig
als schwierig und zeitaufwändig darstellt. Soweit der Hilfebedürftige nach Bewilligung von Leistungen als Zuschuss von sich
aus weitere zumutbare Schritte zur Beseitigung eines Verwertungshindernisses nicht unternimmt, ist nach entsprechender Belehrung
durch den Träger der Grundsicherung die mögliche Rechtsfolge bei fortgesetzt unwirtschaftlichem Verhalten die Absenkung des
Arbeitslosengeldes II bis hin zu seinem Wegfall nach § 31 Abs 4 Nr 2 SGB II.
Der Nachrang von Leistungen nach dem SGB II wird im Übrigen in den Fällen, in denen der Hilfebedürftige seine vorrangigen
Ansprüche gegenüber einem Dritten trotz entsprechender Bemühungen nicht rechtzeitig durchsetzen kann, durch den Übergang der
Ansprüche des Hilfebedürftigen gegen Dritte nach § 33 Abs 1 SGB II (nunmehr in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung
der Grundsicherung für Arbeitsuchende - Fortentwicklungsgesetz - vom 20. Juli 2006 [BGBl I 1706]) verwirklicht. Die Frage,
ob auch die hier in Rede stehenden erbrechtlichen Auseinandersetzungsansprüche durch eine (nach dem bis zum 31. Juli 2006
geltenden Recht erforderliche) Anzeige gegenüber der Miterbin hätten übergeleitet werden können, ist nicht Gegenstand des
vorliegenden Verfahrens und braucht nicht entschieden zu werden (zum Übergang des Pflichtteilsanspruchs BGH FamRZ 2005, 448 und BGH FamRZ 2006, 194).
5. a) Der Hinweis des LSG auf die theoretisch in Betracht kommenden Verwertungsvarianten des Nachlasses durch Verkauf oder
Verpfändung genügt nicht, um von seiner Verwertbarkeit iS des § 12 Abs 1 SGB II auszugehen. Es fehlen Feststellungen dazu,
ob eine Verwertung des gesamten Erbteils durch Verkauf oder Verpfändung im streitigen Zeitraum am Markt tatsächlich möglich
war.
Rechtliche Hindernisse für eine Verwertbarkeit durch Übertragung des Erbteils im Wege des Erbschaftsverkaufs oder auch durch
eine Verpfändung des Miterbenanteils entsprechend §§
1273 Abs
2,
1258 BGB bestehen nicht. Nach dem Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge (§
1922 Abs
1 BGB) ist das Vermögen des Erblassers mit dem Erbfall auf den Kläger und seine Schwester als Miterben als Ganzes übergegangen;
der Nachlass steht den Miterben gemeinschaftlich zur gesamten Hand zu (§
2032 BGB). Solange die Erbengemeinschaft ungeteilt fortbesteht, kann der einzelne Miterbe zwar nicht über einzelne Nachlassgegenstände,
jedoch über seinen Anteil an dem Nachlass als solchen verfügen (§
2033 Abs
1 Satz 1
BGB).
Das LSG wird aber wegen der tatsächlichen Verwertungsmöglichkeiten noch festzustellen haben, wie die konkreten Möglichkeiten
der Veräußerung eines Erbteils, der im Wesentlichen aus einem entsprechenden Anteil am Hausgrundstück besteht, für den Zeitraum
vom 1. Februar 2005 bis zum 30. Juni 2005 einzuschätzen waren (zur praktisch geringen Bedeutung des Erbschaftsverkaufs an
Dritte etwa Hau in jurisPK-
BGB, 4. Aufl 2008, §
2371 BGB RdNr 8; Musielak in Münchner Kommentar zum
BGB, 4. Aufl 2004, Vor §
2371 RdNr 15; Olshausen in Staudinger,
BGB,
2004, Einl zu §§
2371 ff RdNr 10). Dabei wird es den Einwänden des Klägers nachzugehen haben, für einen Erbschaftsverkauf unter den gegebenen Bedingungen
habe überhaupt kein Markt bestanden, mithin keine tatsächliche Möglichkeit der Verwertung.
Hinsichtlich der rechtlich möglichen Verpfändung des Miterbenanteils ist ebenfalls zu überprüfen, ob eine solche Verwertung
am Markt tatsächlich realisierbar war (in Betracht kommt in erster Linie die Verpfändung an eine Bank) und welcher Wert hierfür
im streitigen Zeitraum erlangt werden konnte. Insoweit fehlt es bislang an jeglichen Feststellungen.
b) Zum Vermögen des Klägers gehört ferner das in Miteigentum stehende Hausgrundstück. Es ist nicht gemäß § 12 Abs 3 Satz 1
Nr 4 SGB II privilegiert, denn es wird vom Kläger unstreitig nicht selbst genutzt. Das LSG wird im Hinblick auf die rechtliche
Verwertbarkeit des Grundstücks durch freihändigen Verkauf aufklären müssen, ob der Vortrag des Klägers zutrifft, die Miterbin
habe sich im Zeitpunkt der Antragstellung (Oktober 2004) dauerhaft geweigert, einem Verkauf des Grundstücks und der anschließenden
Aufteilung des Erlöses zuzustimmen.
Vor der abschließenden Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft können die Miterben über einzelne Nachlassgegenstände nur
gemeinschaftlich verfügen (§
2040 Abs
1 BGB). Liegt eine dauerhafte und ernstliche (nicht nur gegenüber der Beklagten vorgeschobene) Weigerung der Miterbin vor, kann
von einer Verwertungsmöglichkeit des Grundstückes durch freihändigen Verkauf innerhalb eines absehbaren Zeitrahmens nicht
ausgegangen werden. In diesem Fall besteht die Verfügungsbeschränkung des §
2033 Abs
2 BGB als rechtliches Hindernis für eine Verwertbarkeit uneingeschränkt und auf unabsehbare Zeit fort.
Die Verwertbarkeit des einzelnen Nachlassgegenstandes folgt nicht unmittelbar aus dem Recht des Klägers, die Auflösung der
Erbengemeinschaft zu verlangen. Die Erbengemeinschaft ist zwar auf ihre Auflösung angelegt; jeder Miterbe kann jederzeit ihre
Auseinandersetzung verlangen, bei der nach Tilgung der Nachlassverbindlichkeiten der Rest unter den Miterben nach dem Verhältnis
ihrer Erbteile aufzuteilen ist (§
2042 Abs
1 BGB). Besteht der Nachlass (wie hier vorgetragen) nur aus einem Vermögensgegenstand, bedeutet dessen Veräußerung und die Verteilung
des Gewinns zugleich die endgültige Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft. Dies lässt aber nicht den vom LSG getroffenen
Schluss zu, der Kläger könne im Wege der Auseinandersetzung jederzeit die Zustimmung der Miterbin zu Verkauf und Übereignung
des Grundstücks an einen Dritten verlangen. Werden sich die Miterben nicht über die Vorgehensweise für die Auflösung der Erbengemeinschaft
einig, geben die §§
2046 - 2048
BGB und §
2042 Abs
2 BGB durch den Verweis auf die §§
749 Abs
2 und Abs
3,
750 - 758
BGB die Regeln an, nach denen die Auseinandersetzung vorzunehmen ist. Die Verwertung von unbeweglichem Vermögen erfolgt in diesem
Fall durch Zwangsversteigerung nach §
753 BGB iVm §§
180 ff des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (vgl im Einzelnen unter c). Ein freihändiger Verkauf
des Grundstücks scheidet dann aus.
c) Schließlich gehört auch der Anspruch auf Auseinandersetzung (vgl §§
2046 - 2048
BGB und §
2042 Abs
2 BGB) und der damit verbundene Anspruch auf einen Anteil am Auseinandersetzungsguthaben nach §
2047 BGB - ebenso wie der Miteigentumsanteil am Grundstück und der Anteil am Nachlass - zu dem klägerischen Vermögen, das dieser grundsätzlich
vorrangig zur Abwendung von Hilfebedürftigkeit einzusetzen hat. Rechtliche Einschränkungen stehen der Verwertbarkeit eines
Anspruchs auf Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft nicht entgegen. Für einen Ausschluss der sofortigen Auseinandersetzung
durch entsprechende Verfügung des Erblassers (vgl §
2044 BGB) oder einen Aufschubgrund (vgl §§
2043,
2045 BGB) ist bislang nichts vorgetragen und auch sonst nichts ersichtlich.
Das LSG wird zunächst zu überprüfen haben, ob der Kläger - wie von ihm behauptet - von seiner Schwester bereits bei Beginn
des Leistungsbezuges nach dem SGB II die einvernehmliche Auflösung der Erbengemeinschaft verlangt hat, was vor dem Hintergrund
seiner wirtschaftlichen Lage zur Abwendung von Hilfebedürftigkeit von ihm zu fordern gewesen wäre. Wenn der Kläger seinerseits
an der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft nicht interessiert war und den Auseinandersetzungsanspruch nicht ernstlich
geltend gemacht hat, besteht kein tatsächliches Verwertungshindernis im Sinne des § 12 Abs 1 SGB II. Eine solche Interessenlage
des Klägers, die etwa in einer erhofften Wertsteigerung des Grundstücks oder auch in familienhafter Rücksichtnahme gegenüber
der Schwester begründet sein könnte, führt nicht zur Unverwertbarkeit des Anspruchs. Sie könnte allenfalls im Rahmen der Prüfung
der Unwirtschaftlichkeit bzw der besonderen Härte im Sinne des § 12 Abs 3 Nr 6 SGB II eine Rolle spielen (dazu unter 6). Wenn
nach Ausschöpfung aller Beweismittel und Erkenntnisquellen nicht mehr feststellbar ist, dass der Kläger den Anspruch auf Auseinandersetzung
überhaupt geltend gemacht hat, trägt er für die Nichtaufklärbarkeit insoweit die materielle Beweislast, weil er sich hierauf
beruft.
Erst wenn feststeht, dass eine einvernehmliche Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft durch frei vereinbarten Vertrag (als
Regelfall der Verwertung) trotz der dann drohenden Auseinandersetzung nach den gesetzlichen Regelungen am Widerstand der Schwester
gescheitert ist, bestehen hinsichtlich des Anspruchs auf Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft tatsächliche Verwertungshindernisse
im Sinne des § 12 Abs 1 SGB II. Wäre der Kläger im Ergebnis der weiteren Prüfung des LSG gezwungen gewesen, den Anspruch auf
Auseinandersetzung klageweise geltend zu machen, führt dies dazu, dass für den streitigen Zeitraum vom 1. Februar 2005 bis
zum 30. Juni 2005 nicht absehbar gewesen wäre, wann er einen wirtschaftlichen Nutzen aus dem Auseinandersetzungsanspruch hätte
ziehen können. Denn eine Klage auf umfassende Auseinandersetzung eines Nachlasses unter Beachtung der Regeln der §§
2046 - 2048
BGB und §
2042 Abs
2 BGB kann in der Praxis der Instanzgerichte erhebliche Schwierigkeiten bereiten und langwierig sein (so ausdrücklich BGH NJW-RR
1990, 1220). Das Vermögen wäre also in einem absehbaren Zeitraum tatsächlich nicht verwertbar gewesen. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang,
dass der Kläger den Anspruch auf Auseinandersetzung nicht gerichtlich geltend gemacht hat. Die Sanktionierung dieses Verhaltens
nach § 31 SGB II hat die Beklagte nicht in Erwägung gezogen.
6. Eine abschließende Entscheidung darüber, ob die Verwertung der Vermögensgegenstände für den Kläger offensichtlich unwirtschaftlich
iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 1. Alt SGB II ist, kann der Senat ebenfalls nicht treffen. Insbesondere wegen der Verwertung
des Erbteils steht bislang nicht fest, welcher Wert durch einen Verkauf oder eine Forderungsverpfändung hätte erzielt werden
können, sodass Aussagen zum Verhältnis von Substanz- und Verkehrswert nicht getroffen werden können.
Offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung liegt nach der Rechtsprechung des Senats dann vor, wenn der zu erzielende
Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht (vgl BSG
vom 15. April 2008 - B 14/7b AS 56/06 R -, juris RdNr 34; BSG SozR 4-4200 § 12 Nr 5 RdNr 22 unter Hinweis auf die entsprechende Rechtsprechung zur Alhi). Umgekehrt
ist eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Vermögensverwertung nicht gegeben, wenn das Ergebnis der Verwertung vom
wirklichen Wert nur geringfügig abweicht (vgl zur Alhi BSG SozR 3-4100 § 137 Nr 7). Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der
Verwertung ist auf das ökonomische Kalkül eines rational handelnden Marktteilnehmers abzustellen (BSG jeweils aaO unter Hinweis
auf Spellbrink, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 13 RdNr 208 zum Recht der Alhi). Es ist mithin zu ermitteln,
welchen Verkehrswert der Vermögensgegenstand gegenwärtig auf dem Markt hat. Dieser gegenwärtige Verkaufspreis ist dem Substanzwert
gegenüberzustellen (vgl Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2005, § 12 RdNr 84). Künftige Gewinnaussichten, wie der Kläger
und seine Schwester sie hier aufgrund einer Verbesserung der Verkehrsanbindung des Grundstücks erwartet haben mögen, bleiben
dabei außer Betracht (Hengelhaupt, aaO, K § 12 RdNr 253).
a) Bei der Prüfung einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit der Verwertung von ererbtem Vermögen ist allein der mögliche
Wertverlust zwischen Anfall der Erbschaft und Antragstellung maßgeblich. Ein weitergehender Schutz von Vermögen, das nicht
die (frühere) eigene wirtschaftliche Position des Hilfebedürftigen widerspiegelt, ist nicht gerechtfertigt. Deshalb ist bei
der Bestimmung des Substanzwertes vorliegend unerheblich, ob und welchen Wertverlust das Hausgrundstück seit seiner Erstellung
bis zum Erbfall erlitten hat. Inwieweit solche im Laufe der Zeit eingetretenen Wertverluste bei der Verwertung von Hausgrundstücken
überhaupt maßgeblich sein können, kann offen bleiben.
b) Grundsätzlich ist nicht zu beanstanden, dass das LSG sich zur Bestimmung des Verkehrswertes des Grundstücks im Wesentlichen
auf das vom SG eingeholte Verkehrswertgutachten nach § 194 BauGB gestützt hat, wenn auch solche Gutachten nicht die einzig denkbare Möglichkeit zur Ermittlung des Verkehrswertes darstellen
(vgl die Beispiele bei Mecke, aaO, 2. Aufl, § 12 RdNr 94; Radüge in jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 12 RdNr 162). Die Wertermittlung nach § 194 BauGB iVm der Verordnung über Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken (vom 6. Dezember 1988, BGBl I, 2209
[WertV]) enthält allgemein anerkannte Grundsätze für die Ermittlung des Verkehrswerts von Grundstücken; ihre Anwendbarkeit
ist nicht auf die Gutachterausschüsse nach §§ 192, 193 BauGB beschränkt (vgl BGH NJW-RR 2001, 732). Dabei geht es um die Bestimmung des Wertes, der sich bei rationalem Verhalten von Käufer und Verkäufer unter Berücksichtigung
der allgemeinen Marktbedingungen und der Eigenschaften des Bewertungsobjektes ergeben würde (Dieterich in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger,
Baugesetzbuch, Stand März 2007, § 194 RdNr 14). Es ist nicht ersichtlich, dass mit dem Verkehrswert in § 12 Abs 4 SGB II ein anderer Wert gemeint sein könnte.
In Auseinandersetzung mit dem eingeholten Gutachten hat das LSG allerdings weitergehende Festlegungen, ob es den vom Sachverständigen
im wesentlichen durch Bezugnahme auf den Vergleichswert geschätzten Verkehrswert als zutreffend ansieht oder dem ermittelten
Sachwert nach §§ 22 - 25 WertV den Vorzug geben will, nicht getroffen. Diese endgültigen Feststellungen wird es nachzuholen haben. Dabei wird es auch den
Einwänden des Klägers, der Sachverständige habe den Verkehrswert nicht bezogen auf den Zeitpunkt nach § 12 Abs 4 Satz 1 SGB
II ermittelt, nachzugehen und zu überprüfen haben, ob sich in dem Zeitraum zwischen der für die Wertermittlung maßgeblichen
Antragstellung (vgl § 12 Abs 4 Satz 2 SGB II) und der Erstellung des Gutachtens Wertverschiebungen ergeben haben. Schließlich
wird zu prüfen sein, ob sich die Belastungen des Grundstücks mit Grundpfandrechten auf den zu erzielenden Erlös ausgewirkt
hätten.
Da nach den bisherigen Feststellungen des LSG die Verwertung des Grundstücks auch die endgültige Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft
bedeutet hat, ist zur Ermittlung des zu erwartenden Auseinandersetzungsguthabens im Grundsatz von dem Verkehrswert des Grundstücks
im Antragszeitpunkt auszugehen. Zusätzlich sind davon ggf bestehende Nachlassverbindlichkeiten abzuziehen (vgl §§
2046,
2047 Abs
1 BGB).
Schließlich wird der Wert des Erbteils auf dem Markt wegen der mit einem Erbschaftskauf verbundenen Risiken für den Erwerber
nicht notwendig der Hälfte des zu erwartenden Auseinandersetzungsguthabens entsprechen. Das LSG wird, wenn ein Erbschaftsverkauf
als Verwertungsmöglichkeit überhaupt in Betracht kommt (vgl oben 5.a), den Verkehrswert des Erbteils gesondert zu ermitteln
haben.
c) Bei der abschließenden Bewertung, ob die Verwertung des ererbten Vermögens für den Kläger offensichtlich unwirtschaftlich
im Sinne des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 1. Alternative SGB II war, sind die Besonderheiten mit einzubeziehen, die sich im Falle
der Auflösung einer Miterbengemeinschaft ergeben. Vor diesem Hintergrund kann keine der unter 5. dargestellten Verwertungsalternativen
von vornherein als offensichtlich unwirtschaftlich angesehen werden. Scheidet die wirtschaftlich sinnvollste Verwertungsmöglichkeit
wegen rechtlich nicht zu beseitigender Hindernisse aus (hier etwa der freihändige Verkauf und die anschließende Aufteilung
des Erlöses), kann der Hilfebedürftige sich nicht darauf berufen, die übrigen Verwertungsmöglichkeiten stellten sich allein
deshalb als offensichtlich unwirtschaftlich dar, weil sie gegenüber der nicht zu realisierenden Verwertungsmöglichkeit einen
geringeren Erlös erwarten ließen. Insbesondere die (gerichtliche) Geltendmachung des Auseinandersetzungsanspruchs verbunden
mit der Verwertung des Grundstücks durch Zwangsversteigerung ist nicht in jedem Fall als Verstoß gegen die Regeln der wirtschaftlichen
Vernunft anzusehen, wie der Kläger meint. Sofern eine einvernehmliche Erbauseinandersetzung an der Weigerung eines Miterbens
scheitert, bleibt für den Hilfebedürftigen wie für jeden anderen ökonomisch handelnden Marktteilnehmer keine andere wirtschaftlich
sinnvolle Möglichkeit der Verwertung des Erbteils als die streitige Auseinandersetzung nach den gesetzlichen Regelungen. Dies
gilt umso mehr, als die auf den Teilungsvorschriften der §§
2042 Abs
2,
2046 - 2048
BGB beruhende gesetzliche Regelung in der Praxis einen "heilsamen Einigungsdruck" auf die Miterben ausübt (vgl Heldrich in Münchner
Kommentar zum
BGB, 4. Aufl 2004, §
2042 RdNr 3) und so im Laufe streitiger Verfahren vielfach eine einvernehmliche Regelung gefunden werden kann. Demgegenüber ist
die Aufrechterhaltung der Erbengemeinschaft vor allem dann unwirtschaftlich, wenn der Nachlassgegenstand - wie hier - keinerlei
Nutzungsmöglichkeit erfährt und sein Unterhalt zusätzliche Kosten mit sich bringt.
7. Ergibt die Prüfung des LSG, dass das Vermögen des Klägers im streitigen Zeitraum in absehbarer Zeit verwertbar im Sinne
des § 12 Abs 1 SGB II war und ihm die Leistungen im Zeitpunkt der Bewilligung nur darlehensweise zugestanden hätten, ist noch
zu prüfen, ob bei einer Aufhebung nach § 45 SGB X für die Zukunft der Kläger für sich Vertrauensschutz iS § 45 Abs 2 Satz 1 SGB X beanspruchen könnte. Auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts liegen Anhaltspunkte hierfür allerdings nicht
vor. Der Kläger hat hierfür bisher auch nichts geltend gemacht.
Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.