Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren; Bezeichnung des Verfahrensmangels einer anderen
Besetzung der Richterbank gemäß § 129 SGG
Gründe:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) ist
als unzulässig zu verwerfen (§
160a Abs
4 Satz 1 iVm §
169 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Zwar war dem Kläger wegen der versäumten Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde, die zum Verwerfungsbeschluss
des Senats vom 17.3.2014 geführt hatte (B 14 AS 11/14 B), Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, doch ist die Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig, weil der Kläger
zur Begründung seiner Beschwerde keinen der in §
160 Abs
2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe iS des §
160a Abs
2 Satz 3
SGG schlüssig dargelegt oder bezeichnet hat.
Nach §
160 Abs
2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung
des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser
Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen
kann (Nr 3).
Die Beschwerdebegründung rügt in erster Linie Verfahrensmängel. Doch sind ihr keine Verfahrensmängel zu entnehmen, auf denen
iS des §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 1
SGG die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann.
Soweit eine Verletzung des §
129 SGG gerügt wird, weil in der mündlichen Verhandlung des LSG am 20.3.2013, auf die das angefochtene Urteil erging, zum Teil andere
Richter mitgewirkt haben als in der mündlichen Verhandlung am 14.11.2012, in der eine Beweisaufnahme stattfand und der Rechtsstreit
zur weiteren Sachverhaltsaufklärung vertagt worden war, kommt nach der Beschwerdebegründung ein Verfahrensmangel nicht in
Betracht. Zwar stützt sich nach dieser das angefochtene Urteil auch auf die Ergebnisse der Beweisaufnahme vom 14.11.2012 und
habe sich in dieser "nach persönlicher Einschätzung der Richter" ein Zeuge in seiner Aussage mehrfach widersprochen. In der
insoweit in der Beschwerdebegründung in Bezug genommenen Begründung des Urteils vom 20.3.2013 ist indes nicht von einem persönlichen
Eindruck die Rede, den andere Richter in einer früheren Verhandlung gewonnen hätten, sondern davon, dass der Zeuge sich auch
auf Nachfrage des Senats in seiner Aussage mehrfach widersprochen habe und keine genauen, nachvollziehbaren Angaben habe machen
können; das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14.11.2012 ist im Urteil vom 20.3.2013 in Bezug genommen. Damit kommt
nach der Beschwerdebegründung ein Verfahrensmangel deshalb nicht in Betracht, weil Richter grundsätzlich die Ergebnisse einer
früheren mündlichen Verhandlung den neuen Richtern vermitteln können; nur wenn das Gericht seine Entscheidung auf den persönlichen
Eindruck von einem Zeugen stützt, müssen sich grundsätzlich alle die Entscheidung treffenden Richter einen persönlichen Eindruck
verschafft haben. Der persönliche Eindruck des LSG von dem Zeugen wird indes im angefochtenen Urteil weder direkt noch mittelbar
erwähnt und bewertet. Stützt sich das teilweise anders besetzte Gericht aber nicht auf die Glaubwürdigkeit einer Person, sondern
auf objektive Kriterien - wie hier nach der Beschwerdebegründung auf die Widersprüchlichkeit von Aussagen und die Ungenauigkeit
oder Nichtnachvollziehbarkeit von Angaben -, vermag dies allein das Vorliegen eines Verfahrensverstoßes nicht zu begründen
(vgl BSG Beschluss vom 24.2.2004 - B 2 U 316/03 B - SozR 4-1500 § 117 Nr 1 RdNr 7; BSG Beschluss vom 7.9.2004 - B 2 U 2/04 B - Juris RdNr 9-10; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Aufl 2012, §
129 RdNr 2c).
Soweit mit der Beschwerdebegründung eine unterbliebene notwendige Beiladung des Trägers der Sozialhilfe nach §
75 Abs
2 Alt 2
SGG gerügt wird, ist ein Verfahrensmangel deshalb nicht schlüssig bezeichnet, weil sich bereits aus der Begründung ergibt, dass
für den vom Kläger insbesondere verfolgten Anspruch auf Übernahme von Kosten für Unterkunft und Heizung statt des Beklagten
nicht der Träger der Sozialhilfe als leistungspflichtig in Betracht kam. Vielmehr geht die Beschwerdebegründung davon aus,
dass bei Ablehnung der Übernahme von Kosten der Unterkunft durch den Beklagten der Kläger keine Miete an seinen Vermieter
zahlen könne, dieser deshalb insoweit keine Einnahmen erziele und der Anspruch der Frau des Vermieters auf Leistungen gegen
den Träger der Sozialhilfe hierdurch höher ausfalle, weil geringeres Einkommen im Rahmen der Einsatzgemeinschaft mit ihrem
Mann anzurechnen sei. Ein derart vermittelter Zusammenhang mit dem Klagebegehren genügt von vornherein nicht den Voraussetzungen
einer notwendigen Beiladung, die der umfassenden Klärung des Klagebegehrens selbst dient (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Aufl 2012, §
75 RdNr 12a).
Auch soweit schließlich als Verfahrensmangel ein Gehörsverstoß gerügt wird, weil dem Kläger entgegen §
62 SGG in der mündlichen Verhandlung am 20.3.2013 kein Rederecht gewährt worden und die vom Kläger in der Verhandlung vorgelegte
weitere Berufungsbegründung vom LSG nicht gewürdigt worden sei, genügt die Beschwerdebegründung den Darlegungsanforderungen
nicht. Denn ausweislich der insoweit mit der Beschwerdebegründung in Bezug genommenen Niederschrift zur öffentlichen Sitzung
am 20.3.2013, zu der der Kläger persönlich und sein Bevollmächtigter erschienen waren, haben die Beteiligten das Wort erhalten
und sind Erklärungen des Klägers sowie Fragen des Klägers an den Zeugen protokolliert. Da mit der Beschwerdebegründung nicht
vorgetragen worden ist, dass wegen dieser Feststellungen der Niederschrift deren Berichtigung beantragt worden war, ist der
gerügte Verfahrensmangel einer Nichtgewährung von Rederecht nicht schlüssig bezeichnet. Dies gilt in gleicher Weise für die
Rüge, das LSG habe die weitere Berufungsbegründung nicht gewürdigt. Denn ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör liegt nicht
schon dann vor, wenn das Gericht rechtliche Ausführungen unerwähnt lässt, die nach seinem Rechtsstandpunkt unerheblich sind.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährt keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Vortrag eines Beteiligten aus Gründen
des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen (vgl BVerfGE 96, 205, 216 f). Erforderlich ist vielmehr ein übergangenes Vorbringen des Beteiligten hinsichtlich eines nach der Rechtsansicht
des erkennenden Gerichts entscheidungserheblichen Grundes in der angefochtenen Entscheidung (vgl BSG SozR 4-1500 § 178a Nr 2 RdNr 8; BSG SozR 4-1500 § 178a Nr 5 RdNr 7; BSG SozR 4-1500 § 178a Nr 6 RdNr 4 f). Allerdings muss sich im Einzelfall aus besonderen Umständen deutlich ergeben, dass ein für den Prozessausgang
wesentliches Vorbringen eines Beteiligten überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung ersichtlich nicht
erwogen worden ist (BVerfGE 65, 293, 295 f; 70, 288, 293). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen wird in der Beschwerdebegründung nicht dargelegt.
Soweit zudem eine Abweichung (Divergenz) von einer Entscheidung des BSG geltend gemacht wird (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG), ist auch dies nicht hinreichend dargetan. Für die Bezeichnung einer Abweichung ist aufzuzeigen, mit welcher genau bezeichneten
entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angefochtene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten
rechtlichen Aussage des BSG abweicht (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 21, 29 und 54). Eine Abweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte,
die das BSG aufgestellt hat, weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen Abweichung
rechtfertigt. Erforderlich ist vielmehr, dass das LSG diesen Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende
andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die - behauptete - Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern
die fehlende Übereinstimmung im Grundsätzlichen vermag die Zulassung der Revision wegen Abweichung zu begründen (vgl Krasney/Udsching,
Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, IX. Kap, RdNr 196 mwN; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34). Diese Voraussetzungen erfüllt die Beschwerdebegründung nicht, weil in ihr schon keine entscheidungserhebliche rechtliche
Aussage des LSG in der angefochtenen Entscheidung genau bezeichnet wird. Aus dem in der Beschwerdebegründung mitgeteilten
Umstand, dass das LSG zu der Überzeugung kam, der Kläger sei keiner ernsthaften Mietzinsforderung ausgesetzt gewesen, ergibt
sich keine Abweichung von der in der Beschwerdebegründung genannten Entscheidung des BSG. Einander widersprechende rechtliche Aussagen des LSG und des BSG werden nicht gegenübergestellt, sondern es wird letztlich gerügt, dass das LSG nicht zu einer anderen tatsächlichen Würdigung
kam.
Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des §
169 Satz 3
SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 Abs
1 SGG.