Anspruch auf Arbeitslosengeld II; Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung; Kostenbegrenzung wegen nicht erforderlichem
Umzug zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses
Gründe:
I
Streitig ist die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung (KdU) nach dem SGB II in dem Zeitraum vom 1.10.2007 bis 30.4.2008.
Die im Jahre 1980 geborene Klägerin durchlief bis 10.1.2006 eine Ausbildung zur Köchin und bewohnte während dieser Zeit eine
25,8 qm große Einzimmerwohnung in D (monatliche Grundmiete in Höhe von 118 Euro zuzüglich einer Vorauszahlung für Betriebs-,
Heiz- und Warmwasserbereitungskosten). Nach Beendigung ihrer Ausbildung bezog sie Alg, zuletzt bis zum 26.1.2007 in Höhe von
7,68 Euro täglich. Die Beklagte bewilligte der Klägerin daneben bzw im Anschluss ab dem 11.1.2006 Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts nach dem SGB II, zuletzt bis August 2007 in Höhe von 521,54 Euro.
Während des Leistungsbezugs nach dem SGB II schloss die Klägerin am 24.4.2007 einen vom 1.5.2007 bis 30.9.2007 befristeten
Arbeitsvertrag über eine Tätigkeit als Köchin in dem von ihrer Wohnung elf Kilometer entfernt liegenden A . Die erste Lohnzahlung
in Höhe von 1200 Euro brutto (892,32 Euro netto) erhielt sie am 10.6.2007. Auf Grund einer Änderungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag
vom 13.6.2007 war die Klägerin in der Zeit vom 16.6.2007 bis 30.9.2007 nur noch als Beiköchin mit einem monatlichen Bruttolohn
von 1000 Euro beschäftigt. Für Juni 2007 erhielt sie einen Bruttolohn in Höhe von 1104,74 Euro (836,09 Euro netto) und für
Juli 2007 in Höhe von 1000 Euro brutto (771,59 Euro netto), fällig jeweils am 10. des Folgemonats. Die Beklagte hob die laufende
Bewilligung der Leistungen nach dem SGB II wegen fehlender Hilfebedürftigkeit der Klägerin mit Wirkung zum 1.6.2007 auf (Bescheid
vom 9.5.2007).
Nach einer Wohnungsbesichtigung (6.6.2007) vereinbarte die Klägerin am 29.6.2007 mit Wirkung zum 1.10.2007 mit der A AG einen
Mietvertrag über eine Zweizimmerwohnung mit einer Wohnfläche von 39,96 qm und einer Warmmiete von 326 Euro monatlich (Grundmiete
in Höhe von 216 Euro, Heizungs- und Warmwasserbereitungskostenvorauszahlung in Höhe von 60 Euro, Betriebskostenvorauszahlung
in Höhe von 50 Euro). Am 21.9.2007 zog sie in die neue Wohnung um.
Den wegen der Änderung ihres Arbeitsvertrags bereits zuvor gestellten Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts nach dem SGB II vom 19.6.2007 lehnte die Beklagte für die Zeit vom 19. bis 30.6.2007 ab, bewilligte ihr aber
als KdU für den Monat Juli 2007 55,12 Euro und für August bis Oktober 2007 jeweils 109,15 Euro monatlich (Bescheide vom 11.7.2007).
Nach Beendigung der Beschäftigung bewilligte die Beklagte für Oktober 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach
dem SGB II in Höhe von 113,15 Euro und für die Zeit vom 1.11.2007 bis 30.4.2008 in Höhe von 523,54 Euro monatlich. Der Berechnung
der KdU legte die Beklagte jeweils die tatsächlichen Aufwendungen für die ehemalige Wohnung der Klägerin in D in Höhe von
176,54 Euro monatlich zu Grunde (Bescheide vom 18.10.2007; Widerspruchsbescheid vom 11.2.2008).
Das SG Stralsund hat die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 18.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
11.2.2008 verurteilt, "der Klägerin für den Zeitraum vom 1.10.2007 bis 30.4.2008 weitere Leistungen für die Kosten der Unterkunft
und Heizung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten in Höhe monatlich von 326 Euro zu bewilligen" (Urteil des SG vom 10.2.2009). Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg (Urteil des LSG vom 3.12.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung
hat das LSG ausgeführt, die Beklagte dürfe die Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten nicht auf die Aufwendungen für
die vorherige Wohnung der Klägerin in D beschränken. Die Höhe der Mietkosten für die Wohnung in A seien angemessen iS des
§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II. Dem stehe nicht entgegen, dass es an der Einholung einer Zusicherung vor Abschluss des neuen Mietvertrags
gemangelt habe, weil diese keine Voraussetzung für die Übernahme höherer angemessener KdU sei. Andererseits schließe das Fehlen
einer Zusicherung als solcher auch eine Anwendung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nicht aus. Einer Anwendbarkeit des § 22 Abs
1 Satz 2 SGB II stehe jedoch die fehlende Hilfebedürftigkeit der Klägerin zum Zeitpunkt des Abschlusses des neuen Mietvertrages
im Juni 2007 entgegen. Da die Leistungen nach dem SGB II nur bei Hilfebedürftigkeit gewährt würden, setze auch § 22 Abs 1
und 2 SGB II eine solche grundsätzlich voraus. Durch den Abschluss des Mietvertrags sei die Klägerin schuldrechtliche Verpflichtungen
eingegangen. Der "Umzug" iS des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II sei grundsätzlich mit Abschluss des Mietvertrages ins Werk gesetzt
worden, weil sie hierdurch "ernsthaften Mietzinsforderungen ausgesetzt" gewesen sei. Nicht entscheidend sei, dass die Klägerin
sowohl zum Zeitpunkt des vereinbarten Mietbeginns am 1.10.2007 als auch bei ihrem tatsächlichen Umzug am 21.9.2007 im Leistungsbezug
gestanden habe. Dies eröffne keinen Raum für die Anwendung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II. In § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II erkenne
der Gesetzgeber an, dass es auf den "Abschluss des Vertrags" ankomme.
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II und § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II. Der Gesetzgeber
gehe in § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II explizit von einem "Umzug", nicht - wie in § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II - vom "Abschluss eines
Vertrags" aus. Damit habe er eine andere zeitliche Anknüpfung gewählt. Zudem sei § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II in der jetzigen
Fassung zu einer Zeit eingefügt worden, als § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II bereits existiert habe. Die unterschiedliche zeitliche
Anknüpfung rechtfertige sich daraus, dass das SGB II grundsätzlich eine nur vorübergehende Hilfebedürftigkeit unterstelle.
Bei Abschluss des Mietvertrages könne in vielen Fällen noch nicht abgeschätzt werden, ob bei dem tatsächlichen Umzug Hilfebedürftigkeit
(noch) vorliege oder nicht. Vereinbare jemand den Mietvertrag zu einer Zeit, in welcher er nicht in den Anwendungsbereich
des § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II falle, sei es grundsätzlich nicht unbillig, auf den Zeitpunkt des Umzugs abzustellen. Der Betroffene
müsse sich darüber im Klaren sein, wie er seine Verpflichtungen erfüllen könne. Dies gelte insbesondere dann, wenn - wie im
vorliegenden Fall - bei Vertragsabschluss bereits "subjektive Hilfebedürftigkeit" gegeben bzw für die Zeit des tatsächlichen
Umzugs bereits objektive Hilfebedürftigkeit abzusehen gewesen sei. Mit ihrer Antragstellung am 19.6.2007 habe die Klägerin
dokumentiert, dass sie selbst von einer Hilfebedürftigkeit ausgegangen sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenbug-Vorpommern vom 3. Dezember 2009 und das Urteil des Sozialgerichts Stralsund
vom 10. Februar 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Klägerin führt aus, das Verhältnis von § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II und § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II sei so zu verstehen, dass
§ 22 Abs 2 Satz 1 SGB II die Voraussetzungen normiere, unter denen es möglich sei, umzugsbedingte höhere KdU zu beanspruchen.
Beide Vorschriften müssten im Zusammenhang gesehen werden, wobei es entscheidend auf den Vertragsschluss ankomme. Die von
der Beklagten vorgenommene Unterscheidung in eine subjektive und eine objektive Hilfebedürftigkeit sei nicht überzeugend.
II
Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet.
1. Gegenstand des Rechtsstreits sind die Bescheide vom 18.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.2.2008.
Zutreffend sind das LSG und das SG davon ausgegangen, dass die Folgebescheide nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits geworden sind. §
96 SGG greift in diesen Fällen nicht ein (siehe nur BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, RdNr 30). Die Beteiligten haben den Streitgegenstand auch zulässig auf Leistungen für KdU beschränkt.
Zwar sind nach der Rechtsprechung des BSG bei einem Streit um höhere Leistungen grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen
dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (BSG SozR 4-4300 § 428 Nr 3, RdNr 16; BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 29/06 R, RdNr 18; BSG Urteil vom 5.9.2007 - B 11b AS 49/06 R = SozR 4-4200 § 11 Nr 7, RdNr 19). Ein Bescheid kann im Einzelfall jedoch gleichwohl mehrere abtrennbare Verfügungen enthalten.
Um eine solche handelt es sich bei dem Betrag, der für die KdU nach § 22 SGB II bewilligt worden ist (vgl hierzu im Einzelnen
BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 19 ff; siehe auch BSG Urteil vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 55/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 9, RdNr 13).
2. Die Klägerin hat Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für ihre Wohnung in A . Sie erfüllt die Voraussetzungen
des § 7 SGB II für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Ihr Anspruch umfasst dem Grunde nach auch Leistungen
für KdU. Eine Begrenzung der von der Beklagten zu erbringenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung auf die (niedrigeren)
Mietkosten für die bisherige Wohnung in D folgt weder aus § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II (3.) noch aus § 22 Abs 1 Satz 1 iVm § 22
Abs 1 Satz 3 SGB II (4.).
3.a) Die Voraussetzungen für eine Begrenzung der KdU nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II liegen nicht vor, weil die Klägerin zwar
bei ihrem Umzug, nicht jedoch bei Eingehen des Mietverhältnisses hilfebedürftig war. § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II idF des Gesetzes
zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) mit Wirkung ab dem 1.8.2006 bestimmt:
Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, werden die Leistungen
weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen erbracht. Es kann dahinstehen, ob ein Umzug der Klägerin innerhalb
des Vergleichsraums im Sinne der Rechtsprechung des BSG stattfand (zu diesem Erfordernis für die Anwendbarkeit des § 22 Abs
1 Satz 2 SGB II vgl BSG Urteil vom 1.6.2010, B 4 AS 60/09 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; zur Übertragbarkeit der vom BSG entwickelten Konkretisierungen zum räumlichen
Vergleichsmaßstab auf ländliche Gebiete siehe Knickrehm in Spellbrink, Das SGB II in der Praxis der Sozialgerichte - Bilanz
und Perspektiven in DGST, Praktikerleitfäden, 2010, S 86) und ob der konkrete Umzug der Klägerin von D nach A iS des § 22
Abs 1 Satz 2 SGB II erforderlich war. Die Vorschrift kommt jedenfalls nur dann zur Anwendung, wenn eine Hilfebedürftigkeit
desjenigen gegeben ist, der die Übernahme höherer als der bisherigen Unterkunftskosten begehrt. Dies folgt daraus, dass ein
Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (§ 5 Abs 2 Satz 1 SGB II) iS einer Leistungsberechtigung
nur bei Hilfebedürftigkeit iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II besteht (BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, jeweils RdNr 30). Auch soweit Leistungseinschränkungen oder die Beachtung von besonderen Obliegenheiten
durch den Hilfebedürftigen betroffen sind (vgl § 31 SGB II), verknüpft das SGB II dies mit dem Bestehen von Hilfebedürftigkeit
iS des SGB II. Diese Grundsätze sind daher auch im Rahmen von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II anwendbar. An einer Hilfebedürftigkeit
im maßgeblichen Zeitraum des Eingehens des Mietverhältnisses mangelt es jedoch vorliegend.
Aus dem Wortlaut des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II könnte zwar - entsprechend dem Vorbringen der Beklagten - geschlossen werden,
dass es auf das Vorliegen von Hilfebedürftigkeit (nur) zum eigentlichen Zeitpunkt des Umzugs ankommt (b). Der systematische
Zusammenhang des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II mit § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II (c) und § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II (e) sowie der Sinn
und Zweck der Begrenzungsregelung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II (d) belegen jedoch, dass der Begriff des "Umzugs" iS des §
22 Abs 1 Satz 2 SGB II in einem weiteren Sinne zu verstehen ist und entscheidend auf den Zeitpunkt des Eingehens des Mietverhältnisses
abzustellen ist. Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, an die der Senat gebunden ist (§
163 SGG), war die Klägerin im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages unter Berücksichtigung ihres bereinigten Einkommens jedoch
nicht hilfebedürftig.
b) § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II knüpft die Übernahme von KdU in Höhe der bisher zu tragenden tatsächlichen Aufwendungen zunächst
daran, dass sich die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach einem nicht erforderlichen Umzug erhöhen. Besteht
im eigentlichen Umzugszeitpunkt objektiv keine Hilfebedürftigkeit, darf eine Begrenzung der Kostenübernahme nach § 22 Abs
1 Satz 2 SGB II bei einer später entstehenden Hilfebedürftigkeit nicht erfolgen (vgl Krauß in Hauck/Noftz, § 22 RdNr 94, Stand
September 2009; Berlit in LPK SGB II, 3. Aufl 2009, § 22 RdNr 51). In diesen Fallgestaltungen wird typisierend davon ausgegangen,
dass der Hilfebedürftige die Mietaufwendungen aus eigenen Mitteln tragen kann. Darüber hinaus bringt der Wortlaut des § 22
Abs 1 Satz 2 SGB II aber auch ein allgemeines Kausalitätserfordernis zwischen einem Umzug und einem Anstieg der Unterkunftskosten
zum Ausdruck. Dies spricht dafür, unter dem Begriff des "Umzugs" neben dem eigentlichen Umzug auch die dafür notwendigen Vorbereitungshandlungen
zu verstehen. Der tatsächliche Akt des Umzugs allein führt in der Regel nicht zu höheren Mietaufwendungen. Die Höhe der Mietzahlungen
ist vielmehr abhängig von der durch den Mietvertrag begründeten Verpflichtung des Mieters zur Zahlung des Mietzinses. Allerdings
fallen der Abschluss des Mietvertrags und der Umzug bzw der Beginn des Mietverhältnisses in den seltensten Fällen zusammen.
Besteht zum Zeitpunkt des Umzugs Hilfebedürftigkeit, ist darauf abzustellen, ob Hilfebedürftigkeit auch bei Begründung der
rechtlichen Verpflichtung zur Erbringung von ggf höheren als der bisherigen Aufwendungen vorlag.
c) Für dieses Ergebnis spricht in zweierlei Hinsicht auch der systematische Zusammenhang des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II mit
§ 22 Abs 2 Satz 1 SGB II. Nach § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II soll der erwerbsfähige Hilfebedürftige vor Abschluss eines Vertrags
über eine neue Unterkunft die Zusicherung des für die Leistungserbringung bisher örtlich zuständigen kommunalen Trägers zu
den Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Auch hier wird auf den Abschluss des Mietvertrags abgestellt; die Zusicherung
soll vor seinem Abschluss eingeholt werden. Der Verknüpfung beider Vorschriften kann nicht entgegengehalten werden, dass das
Vorliegen einer Zusicherung nach § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II keine (weitere) Anspruchsvoraussetzung für die Übernahme höherer
Kosten nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II sei (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, jeweils RdNr 27). Nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II sind höhere KdU vielmehr schon dann zu tragen,
wenn - objektiv - auch die künftigen höheren KdU gleichfalls angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II sind und es sich um
einen erforderlichen Umzug handelt. § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II kommt aber die Funktion zu, vor einem Umzug zu klären, ob die
höheren KdU übernommen werden (Mrozynski, Grundsicherung und Sozialhilfe, II.8 RdNr 57a, Stand September 2007; vgl auch BSG
Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 2 RdNr 29). Die Regelung dient damit zugleich jedoch auch dem Schutz des Hilfebedürftigen vor den
weitreichenden Konsequenzen des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II, die in der nur gekürzten Übernahme der tatsächlich angemessenen
KdU ohne Übergangsfrist bestehen.
Die Obliegenheit zur Einholung einer Zusicherung trifft nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II aber
nur erwerbsfähige Hilfebedürftige, die die Unterkunft wechseln wollen (BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 28 RdNr 19, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 27.2.2009 -
L 12 AS 3990/08 - juris RdNr 19; Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 62). Insofern hat der Gesetzgeber mit § 22 Abs
2 Satz 1 SGB II gerade keine Obliegenheit vor dem tatsächlichen Eintritt der Hilfebedürftigkeit, etwa bereits mit Antragstellung
(vgl hierzu §§
60 ff
SGB I) oder einem anderen tatsächlichen Ereignis (vgl etwa §
37 SGB III), geschaffen, sondern die Verpflichtung zur Einholung einer Zusicherung mit dem Status eines "erwerbsfähigen Hilfebedürftigen"
verbunden (vgl auch zur allgemeinen Zurückhaltung des Gesetzgebers bei der Schaffung von Verpflichtungen vor Eintritt des
Versicherungsfalls im Sozialversicherungsrecht Voelzke, Die Herbeiführung des Versicherungsfalls im Sozialversicherungsrecht,
2004, S 91 ff). Diese zeitliche Abgrenzung vermeidet zugleich Unsicherheiten hinsichtlich der Frage, ab welchem Zeitpunkt
sich ein potentiell Leistungsberechtigter bei einem Wohnungswechsel mit dem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ins
Benehmen setzen muss.
d) Der zuvor dargelegte Zusammenhang des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II und des § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II zeigt, dass auch die Konsequenzen
des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nur den bei Eingehens des Mietverhältnisses bereits Hilfebedürftigen treffen sollen. Nach dem
Willen des Gesetzgebers (BT-Drucks 16/1410 S 23) sollten die KdU auf die bisherigen angemessenen Unterkunftskosten begrenzt
werden, wenn Hilfebedürftige unter Ausschöpfung der durch den kommunalen Träger festgelegten Angemessenheitsgrenzen für Wohnraum
in eine Wohnung mit höheren, gerade noch angemessenen Kosten umziehen. Entsprechend ist der Senat davon ausgegangen, dass
mit der Regelung dem Leistungsmissbrauch eine Grenze gesetzt und Kostensteigerungen für Leistungen der KdU innerhalb der kommunalen
Grenzen vorgebeugt werden sollte (vgl hierzu näher BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Dieser Missbrauchs- und Steuerungsgedanke greift jedoch nur, wenn der
Grundsicherungsträger auch steuernd über die Möglichkeit eines Zusicherungsverfahrens nach § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II tätig
werden kann. Die Obliegenheit des Hilfebedürftigen zur Einholung einer Zusicherung und die hiermit korrespondierende Zusicherungsverpflichtung
des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende setzen jedoch eine Hilfebedürftigkeit bereits bei Eingehen des Mietverhältnisses
voraus.
e) Auch nach dem systematischen Zusammenhang zwischen § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II und § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II ist auf das Bestehen
von Hilfebedürftigkeit zum Zeitpunkt des Eingehens des Mietverhältnisses abzustellen, wenn nicht zum Zeitpunkt des Umzugs
Hilfebedürftigkeit bereits entfallen war. Sowohl nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II als auch nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II übernimmt
der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende die tatsächlichen Aufwendungen für KdU nur eingeschränkt. Während § 22 Abs
1 Satz 3 SGB II mit seiner ihm gleichwohl innewohnenden Schutzfunktion (vgl hierzu BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R - juris RdNr 22; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 28 RdNr 16, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen) die Tragung der die angemessenen Aufwendungen
übersteigenden KdU im Sinne eines flexiblen, von Zumutbarkeitserwägungen abhängigen Verfahrens regelt, enthält § 22 Abs 1
Satz 2 SGB II keinen solchen befristeten und differenzierten Bestandsschutz, obwohl es sich auch bei den höheren Kosten noch
um angemessene Aufwendungen handeln muss. Vom Regelungs- und Schutzbereich des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II erfasst sind grundsätzlich
solche Personen, die bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit bereits in einer unangemessenen Wohnung iS des § 22 Abs 1 Satz 1
SGB II wohnen bzw deren Unterkunftskosten während des Leistungsbezugs - zB durch eine Mieterhöhung - unangemessen werden (BSG
Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2 RdNr 23).
Der Senat hat bereits entschieden, dass die Regelung des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II auch Anwendung findet, wenn ein Leistungsberechtigter
kurz vor Beginn des Leistungsbezugs eine Wohnung anmietet, deren Kosten unangemessen hoch sind. Auch dann setzt eine Begrenzung
der Leistungserbringung auf die angemessenen Kosten nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II regelmäßig voraus, dass eine Aufforderung
zur Kostensenkung vorliegt, die dem Hilfebedürftigen Klarheit über die aus der Sicht des Leistungsträgers angemessenen Aufwendungen
für die Unterkunft verschafft (BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 28, RdNr 17 mwN). Nur für den Ausnahmefall, dass jemand bösgläubig, also zurechenbar sowohl in Kenntnis
des zu erwartenden SGB II-Leistungsbezugs als auch unangemessener tatsächlicher KdU einen Mietvertrag über eine "Luxuswohnung"
abschließt, brauchen die unangemessenen Kosten je nach Lage des Einzelfalls nicht oder jedenfalls nicht für sechs Monate vom
Grundsicherungsträger übernommen zu werden (BSG aaO, RdNr 17). Einen geringeren "Bestandsschutz" braucht ein erst zu einem
späteren Zeitpunkt (erneut) Hilfebedürftiger, der - ohne hilfebedürftig zu sein (siehe hierzu näher 3f) -, eine neue Wohnung
anmietet, die zwar teurer als die alte ist, sich aber ggf noch im Bereich der Angemessenheit iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB
II hält, nicht hinzunehmen. Erweist sich die Wohnung bei Wiedereintritt der Hilfebedürftigkeit nach näherer Prüfung durch
den Grundsicherungsträger als nicht angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II, bleibt es für eine Begrenzung der Übernahme
der KdU durch den Grundsicherungsträger bei dem Erfordernis der Kostensenkungsaufforderung bzw anderweitiger Kenntnis des
Hilfebedürftigen von der Unangemessenheit der Kosten für Unterkunft und Heizung im maßgeblichen Vergleichsraum.
f) Zwar ist der Klägerin entgegenzuhalten, dass sie den neuen Mietvertrag nur wenige Tage nach ihrem erneuten Antrag auf Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom 19.6.2007 unterschrieben hat und die (subjektive) Erwartung haben konnte,
dass sie nach Änderung des Arbeitsvertrags (erneut) hilfebedürftig werden würde. Rechtliche Konsequenzen hat dies jedoch nicht,
weil bei der Klägerin nicht - wie dies allerdings ansonsten zumeist der Fall sein dürfte - bereits mit Antragstellung auch
eine Hilfebedürftigkeit vorlag. Der Antrag auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (§ 37 SGB II) ist insoweit
ein leistungskonstituierender Akt, dem (nur) die Bedeutung zukommt, dass Leistungen (frühestens) ab Antragstellung zustehen,
soweit die Leistungsvoraussetzungen zum Antragszeitpunkt gegeben sind (BSG Urteil vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - RdNr 15 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; BT-Drucks 15/1516 S 62). Nur mit dem tatsächlichen Eintritt
von Hilfebedürftigkeit, nicht bereits mit der (subjektiven) Erwartung einer Leistungsberechtigung oder einer Antragstellung
hat der Gesetzgeber die Obliegenheit zur Einholung einer Zusicherung nach § 22 Abs 2 SGB II und damit die Möglichkeit einer
Kürzung der tatsächlichen KdU auf die bisherigen KdU iS des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II verbunden. Die Klägerin konnte jedoch
im Monat der Eingehung des neuen Mietverhältnisses (Juni 2007) ihren gesamten Lebensunterhalt tatsächlich aus eigenem Einkommen
bestreiten. Nur hierauf kommt es an. Insofern hat der Senat bereits zur zeitlichen Dauer der Berücksichtigung einmaliger Einnahmen
("Verteilzeitraum") entschieden, dass es bei einer die Beendigung der Hilfebedürftigkeit für mindestens einen Monat bewirkenden
Änderung nicht mehr gerechtfertigt ist, die zuvor berücksichtigte einmalige Einnahme nach erneuter Antragstellung weiterhin
als Einkommen leistungsmindernd anzusetzen (BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15 RdNr 31). Es handele sich um einen Zufluss vor erneuter - vergleichbar der ersten - Antragstellung
und dem "Wiedereintritt" von Hilfebedürftigkeit (BSGE aaO). Entsprechend ist auch der SGB II-Leistungsempfänger, der seine
Hilfebedürftigkeit für einen Monat (zB durch Erwerbstätigkeit) überwunden hat, hinsichtlich der Übernahme angemessener KdU
nach der Vorschrift des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nicht anders als derjenige zu behandeln, der erstmalig hilfebedürftig wird
(vgl auch Krauß in Hauck/Noftz, § 22 RdNr 94, Stand September 2009).
4. Scheidet die Anwendbarkeit der Begrenzungsregelung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II mithin aus, sind die tatsächlichen Aufwendungen
der Klägerin für Unterkunft und Heizung in dem hier streitigen Zeitraum zu übernehmen. Leistungen für Unterkunft und Heizung
werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind (§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II). Damit lässt
sich der Gesetzgeber - anders als bei der pauschalierten Regelleistung - bei den Unterkunftskosten zunächst vom Prinzip der
Einzelfallgerechtigkeit leiten, indem er auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abstellt (vgl BSG Urteil vom 1.6.2010 - B
4 AS 60/09 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, RdNr 16). Allerdings sind die tatsächlichen Kosten nicht in beliebiger
Höhe erstattungsfähig, sondern nur soweit sie angemessen sind. Die Angemessenheitsprüfung limitiert somit im Grundsatz die
erstattungsfähigen Kosten der Höhe nach (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 12). Es kann hier dahingestellt bleiben, ob der Aussage des LSG zur Angemessenheit der Kosten
der von der Klägerin neu angemieteten Wohnung ausreichende tatsächliche Feststellungen zu Grunde liegen (vgl zB BSG Urteil
vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R, SozR 4-4200 § 22 Nr 29, RdNr 19). Eine Absenkung der tatsächlichen Kosten für KdU auf angemessene Aufwendungen iS des
§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II ist jedenfalls schon deshalb nicht möglich, weil die Klägerin keine Kostensenkungsobliegenheit iS
des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II trifft.
Nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II sind die Aufwendungen für Unterkunft, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen
Umfang übersteigen, als Bedarf des alleinstehenden Hilfebedürftigen so lange zu berücksichtigen, wie es dem alleinstehenden
Hilfebedürftigen nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise
die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Subjektiv möglich im Sinne dieser Regelung sind
einem Hilfebedürftigen Kostensenkungsmaßnahmen jedoch nur dann, wenn er Kenntnis davon hat, dass ihn die Obliegenheit trifft,
derartige Maßnahmen zu ergreifen (vgl hierzu im Einzelnen BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 28). Der Klägerin fehlte es im streitigen Zeitraum jedenfalls an der subjektiven Möglichkeit der
Kostensenkung iS des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II, weil sie von der Beklagten zu keinem Zeitpunkt darauf hingewiesen worden ist,
dass die Kosten der von ihr angemieteten Wohnung in A unangemessen hoch sind und welche Mietkosten angemessen sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.