SGB-II-Leistungen
Angemessenheit der Kosten für Unterkunft und Heizung
Überprüfung und Fortschreibung schlüssiger Konzepte zur Ermittlung der angemessenen Bruttokaltmiete
Zweijahreszeitraums nach Datenerhebung
Gründe:
I
Streitig sind höhere Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH) von Oktober 2011 bis März 2012.
Die im Jahre 1960 geborene Klägerin, die im streitigen Zeitraum kein Einkommen erzielte, bewohnte allein eine 77 qm große
mit Gaszentralheizung beheizte Drei-Zimmer-Wohnung in Delmenhorst, für die sie bis Dezember 2011 eine monatliche Grundmiete
in Höhe von 392,16 Euro, Nebenkosten in Höhe von 94 Euro und Heizkosten in Höhe von 85 Euro (insgesamt 571,16 Euro) zu zahlen
hatte. Ab Januar 2011 wurden die Nebenkosten auf 104 Euro monatlich erhöht, sodass sich ein monatlicher Gesamtbetrag in Höhe
von 581,16 Euro ergab. Zum 1.1.2012 erfolgte eine Absenkung der monatlichen Heizkosten auf 79 Euro.
Nach einer Unterbrechung im SGB II-Bezug bewilligte der Beklagte ab April 2010 zunächst weiterhin die vollen Unterkunftskosten, wies jedoch darauf hin, dass
es der Klägerin möglich und zumutbar sei, diese auf einen nach dem aktuellen Mietspiegel für die Stadt Delmenhorst angemessenen
Betrag von monatlich 233,50 Euro zuzüglich angemessener Betriebs- und Heizkosten zu senken (Kostensenkungsaufforderung vom
24.2.2011). Diese Hinweise wiederholte er in seinem Bescheid vom 9.3.2011, mit dem SGB II-Leistungen vom 1.4. bis 31.8.2011 bewilligt wurden. Die derzeitigen KdUH würden nur noch bis 31.8.2011 als Bedarf anerkannt.
Bei der SGB II-Bewilligung für den Zeitraum vom 1.10.2011 bis zum 31.3.2012 berücksichtigte der Beklagte nur noch Unterkunftskosten in Höhe
von 432 Euro monatlich, die sich aus der Grundmiete in Höhe von 233,50 Euro (50 qm x 4,67 Euro), Nebenkosten in Höhe von 113,50
Euro (50 qm x 2,27 Euro) und den Heizkosten entsprechend dem aktuellen Abschlag in Höhe von 85 Euro zusammensetzten (Bescheid
vom 16.11.2011; Widerspruchsbescheid vom 15.12.2011). Hintergrund dieser Entscheidung war, dass die Stadt Delmenhorst ausgehend
von einer 2009 durchgeführten Vermieterbefragung (Stichtagsmonat September 2008) durch die InWIS Forschung und Beratung GmbH
(im Folgenden: InWIS) im Dezember 2009 einen qualifizierten Mietspiegel sowie einen Betriebs- und Heizkostenspiegel hatte
erstellen lassen, der durch Ratsbeschluss vom 11.5.2010 mit Wirkung zum 1.1.2010 rückwirkend in Kraft gesetzt worden war.
Gleichzeitig hatte der Beklagte unter Berücksichtigung dieser Daten durch ein weiteres Gutachten der InWIS vom 26.12.2009
ein Konzept zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten entwickeln lassen. Nach Vorlage einer Heiz- und Betriebskostenabrechnung
der Vermieterin vom 12.11.2011, aus der sich ein Guthaben in Höhe von 163,85 Euro (Betriebskosten in Höhe von 4,48 Euro, Heizkostenguthaben
in Höhe von 159,37 Euro; Fälligkeitstermin: 11.1.2012) ergab, bewilligte der Beklagte KdUH für Februar 2012 in Höhe von 266,63
Euro und für März 2012 in Höhe von 426 Euro (Bescheid vom 23.12.2011).
Das SG hat das in einem Parallelverfahren (SG Oldenburg - S 47 AS 980/10) eingeholte Gutachten von Dr. von M., Institut für Wohnen und Umwelt GmbH (IWU)/D. vom 21.6.2012, dessen ergänzende Stellungnahme
vom 17.5.2013, sowie die von InWIS hierzu gefertigten Stellungnahmen vom 26.1.2013 und 7.10.2013 beigezogen. Nachdem das SG den Beklagten in diesem Rechtsstreit mit der Ladung zu dem Termin zur mündlichen Verhandlung erfolglos zur Mitteilung aufgefordert
hatte, ob seit September 2008 eine Fortschreibung des Konzepts stattgefunden habe oder weitere Daten erhoben worden seien,
hat es Dr. von M. im Termin zur mündlichen Verhandlung am 30.4.2015 ergänzend angehört und den Beklagten unter Abänderung
der den Bewilligungszeitraum betreffenden Bescheide antragsgemäß verurteilt, der Klägerin für die Monate Oktober 2011 bis
März 2012 weitere Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 16 Euro zu erbringen (Urteil vom 30.4.2015).
Das LSG hat das erstinstanzliche Urteil für den Monat Januar 2012 teilweise aufgehoben, soweit der Beklagte zu einer weiteren
Zahlung von mehr als 10 Euro verurteilt worden ist, und für Februar 2012, soweit dieser zur Zahlung von mehr als 11,52 Euro
verurteilt worden ist. Insoweit hat es die Klage abgewiesen und im Übrigen die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 10.12.2015).
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, das Konzept des Beklagten zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten
genüge für den streitigen Zeitraum nicht den Anforderungen an die Aktualität des einem schlüssigen Konzept zugrunde gelegten
Datenmaterials. Auch aus der Zusammenschau von § 22c Abs 2 SGB II und §
558d Abs
2 Satz 1
BGB könne nicht abgeleitet werden, dass es einen Zeitraum gebe, in dem generell keinerlei weitere Ermittlungen anzustellen seien.
Die erstinstanzlich durchgeführten Ermittlungen hätten ergeben, dass bereits zur Mitte des Jahres 2011 deutliche Steigerungen
im Bereich der Angebotsmieten eingetreten seien, die im Konzept des Beklagten nicht ansatzweise abgebildet gewesen seien.
Der skizzierte Anstieg der Angebotsmieten reiche aus, um die Validität der erhobenen Daten infrage zu stellen. Allerdings
reichten die seitens des InWIS mitgeteilten Daten nicht aus, um daraus - im Sinne einer zweitbesten Lösung - ein Konzept für
die Angemessenheit der Unterkunftskosten zu erstellen oder den Nachbesserungsbedarf benennen zu können. Die Veränderung der
Angebotsmieten sei als Datengrundlage für eine Fortentwicklung und Anpassung des Konzepts nicht geeignet. Eine Fortschreibung
aufgrund des Verbraucherpreisindexes sei nicht adäquat. Der gerichtliche Sachverständige Dr. von M. habe in der erstinstanzlichen
mündlichen Verhandlung mitgeteilt, dass ihm keine Daten zur Marktentwicklung in Delmenhorst vorlägen. Da es sich um einen
abgeschlossenen Bewilligungszeitraum handele, das Konzept des Beklagten zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten
nicht verwertbar sei und dieser seiner prozessualen Mitwirkungspflicht in Form der Nachholung der unterbliebenen Datenerhebung
trotz Aufforderung nicht nachgekommen sei, sei die Amtsermittlungspflicht des Senats begrenzt. Unter Berücksichtigung der
Tabellenwerte von § 12 WoGG zuzüglich eines Sicherungszuschlags von 10 % ergebe sich für eine Person ein Wert von 330 Euro für die Kaltmiete und Betriebskosten,
der um 10 % auf 363 Euro zu erhöhen sei. Die tatsächlichen monatlichen Heizkosten seien hinzuzurechnen. Für die Monate Januar
und Februar 2012 seien die zugesprochenen Beträge aufgrund des geänderten Heizkostenabschlags und der Heiz- und Betriebskostennachzahlung
zu korrigieren.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision macht der Beklagte geltend, die Angemessenheitsgrenze nach den Kriterien seines schlüssigen
Konzepts sei nicht zu beanstanden. Für die Ermittlung angemessener KdUH im einfachen bzw unteren Preissegment seien von September
2008 an Mietveränderungen beobachtet worden, die in einem Vierjahreszeitraum vor diesem Stichmonat neu vereinbart oder verändert
worden seien. Bis einschließlich des dritten Quartals 2009 seien Daten zu Angebotsmieten aus der Immobilienscout24-Datenbank
ausgewertet worden. Der zu beurteilende Zeitraum liege daher innerhalb der zweijährigen Wirkungsdauer des qualifizierten Mietspiegels
nach §
558d Abs
2 BGB, weil die aus dem qualifizierten Mietspiegel abgeleiteten Daten mit Ratsbeschluss der Stadt Delmenhorst vom 11.5.2010 anerkannt
und rückwirkend zum 1.1.2010 angewandt würden. Wenn man auf den Erhebungszeitraum und dessen Ende im Dezember 2009 abstelle,
sei zumindest der Zeitraum Oktober bis Dezember 2011 noch von der Zweijahresfrist umfasst. Ungeachtet dessen müsse - entgegen
der Rechtsprechung des BSG - die ausreichende Verfügbarkeit von Wohnraum erst auf der Ebene des konkreten Einzelfalls überprüft werden und habe korrektiven
Charakter. So könne auf die konkrete und aktuelle Situation auf dem Wohnungsmarkt innerhalb von Fortschreibungsfristen reagiert
werden. Wenn (qualifizierte) Mietspiegel als Datengrundlage zugelassen würden, bedeute eine (erneute) Erhebung von Daten innerhalb
des Zweijahreszeitraums eine nicht hinnehmbare Rechtsunsicherheit. Zudem liege in einem Anstieg der Quadratmeter-Miete von
4,95 Euro im September 2008 auf 5,18 Euro im vierten Quartal 2011 kein unvorhergesehener Preissprung, sondern eine normale
Preisentwicklung. Ein alleiniges Abstellen auf Angebotsmieten sei nicht zielführend, weil dann Bestandsmieten vollkommen außer
Betracht gelassen würden. Zur Fortschreibung könne auf den Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland
zurückgegriffen werden.
Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 10. Dezember 2015 und des Sozialgerichts Oldenburg vom 30. April
2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision des Beklagten zurückzuweisen.
Sie betont, eine Anpassung des qualifizierten Mietspiegels 2010 der Stadt Delmenhorst habe es ersichtlich nicht gegeben. Das
LSG habe zu Recht ausgeführt, dass eine merkliche Veränderung des Wohnungsmarkts eingetreten sei, die eine nachträgliche Korrektur
der berücksichtigten Werte erforderlich gemacht habe.
II
Die Revision ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§
170 Abs
2 Satz 2
SGG). Die tatsächlichen Feststellungen des LSG erlauben keine abschließende Entscheidung des Senats über die Höhe der angemessenen
KdUH, weil das Berufungsgericht - ausgehend von einem anderen rechtlichen Ansatz - noch nicht abschließend geprüft hat, ob
das Konzept des Beklagten die Mindestanforderungen an ein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des BSG erfüllt. Es liegt kein Erkenntnisausfall mit der Notwendigkeit des Rückgriffs auf die Tabellenwerte des § 12 WoGG im Sinne einer Angemessenheitsobergrenze vor. Entgegen der Ansicht des LSG kann das aus Daten eines qualifizierten Mietspiegels
entwickelte Konzept des Beklagten vom 26.12.2009 zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten im streitigen Zeitraum
von Oktober 2011 bis März 2012 herangezogen werden. Es fehlt nicht an einer Aktualität des zugrunde gelegten Datenmaterials.
Für die Zeit ab 1.1.2012 besteht eine Fortschreibungsmöglichkeit.
1. Gegenstand des Verfahrens ist zunächst der Bescheid des Beklagten vom 16.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 15.12.2011, mit dem er die Bewilligung der allein streitgegenständlichen KdUH (vgl nur BSG vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 16 mwN) für den gesamten Zeitraum vom 1.10.2011 bis zum 31.3.2012 in dem Bescheid vom 23.9.2011
ersetzt (§
86 SGG) und KdUH in Höhe von nur noch 432 Euro monatlich bewilligt hat. Weiter einbezogen ist der Bescheid vom 23.12.2011, mit dem
der Beklagte den Bescheid vom 16.11.2011 insofern abgeändert hat, als wegen des Guthabens aus einer Heiz- und Betriebskostenabrechnung
für Februar 2012 nur noch Unterkunftskosten in Höhe von 266,63 Euro und für März 2012 - unter Berücksichtigung des geänderten
Heizkostenabschlags - solche in Höhe von 426 Euro berücksichtigt worden sind. Gegen diese Bescheide richtet sich die von der
Klägerin hiergegen erhobene Anfechtungs- und Leistungsklage. Die weiteren Bescheide vom 15.3.2012 enthalten zu den KdUH lediglich
wiederholende Verfügungen, nicht jedoch neue Regelungen hinsichtlich deren Höhe. Da nur der Beklagte das Urteil des SG angefochten hat, ist der Streitgegenstand auf Gewährung höherer monatlicher Leistungen in Höhe von 16 Euro beschränkt.
2. Die Daten, die dem Konzept des Beklagten nach dem InWIS-Gutachten vom 26.12.2009 zugrunde liegen, können für den streitigen
Zeitraum weiterhin bei der Festlegung der angemessenen Unterkunftskosten zugrunde gelegt werden (zum Fortschreibungserfordernis
für die Zeit ab 1.1.2012 siehe unter 3.).
Aufwendungen für Unterkunft und Heizung gehören zu den nach dem SGB II zu erbringenden Leistungen, auf welche die Klägerin, die ihre Bedarfe nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen decken konnte
und die nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II erfüllte, einen Anspruch hatte. Diese werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind
(§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II). Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle.
Zur Festlegung der abstrakt angemessenen Leistungen für die Unterkunft ist - wie vom Berufungsgericht zutreffend ausgeführt
- zunächst die angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche örtliche Vergleichsraum zu ermitteln (vgl zuletzt BSG vom 16.6.2015 - B 4 AS 44/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 85 RdNr 13 mwN). Zutreffend geht das LSG davon aus, dass angemessene Wohnungsgröße eine solche von
50 qm und maßgebender Vergleichsraum für die Bestimmung einer angemessenen Referenzmiete die gesamte Stadt Delmenhorst als
homogener Lebens- und Wohnbereich ist.
Angemessen ist eine Wohnung nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen
entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das
sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (vgl zuletzt BSG vom 16.6.2015 - B 4 AS 44/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 85 RdNr 13 mwN). Ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Bruttokaltmiete erfordert
ein planmäßiges Vorgehen im Sinne einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenn auch orts- und zeitbedingter
Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Raum unter Beachtung von mehreren, von der Rechtsprechung des BSG entwickelten Mindestvoraussetzungen, die auch die Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung betreffen (vgl nur BSG vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 28 mwN).
Bezogen auf die Aktualität der Daten, die schlüssigen Konzepten zur Festlegung der angemessenen Unterkunftskosten zugrunde
liegen, haben die beiden Senate des BSG für die Grundsicherung für Arbeitsuchende bislang keine generellen zeitlichen Grenzen gezogen, nach deren Ablauf in früheren
Zeiträumen erhobene Daten nicht mehr zur Erstellung schlüssiger Konzepte herangezogen werden können. Das BSG hat zwar betont, dass ein schlüssiges Konzept, um den unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit ausfüllen zu können,
die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarkts möglichst zeit- und realitätsgerecht erfassen müsse (BSG vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 24 mwN; BSG vom 4.6.2014 - B 14 AS 53/13 R - BSGE 116, 94 = SozR 4-4200 § 22a Nr 2, RdNr 29 im Zusammenhang mit Satzungsregelungen). Es ist aber auch zum Ausdruck gebracht worden,
dass der Aktualität des einem schlüssigen Konzepts nach § 22 Abs 1 SGB II zugrunde gelegten Datenmaterials - je nach gewählter Methodik unter Berücksichtigung der "Methodenfreiheit" der Grundsicherungsträger
- auch bei der Bestimmung des menschenwürdigen Existenzminimums (Art
1 Abs
1 iVm Art
20 Abs
1 GG; vgl dazu BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12) im Bereich des Wohnens Grenzen gesetzt sein können, die in vertretbarem Umfang hingenommen werden
müssen. Ausdrücklich anerkannt wurde der Rückgriff allein auf die hinter einem auf Mietspiegel liegenden Daten. Hierbei handelt
es sich um solche Bestandsmieten, die in den letzten vier Jahren vor dem Stichtag der Datenerhebung geändert oder neu vereinbart
worden sind (vgl nur BSG vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 30 mwN; BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 65/09 R - juris, RdNr 29; BSG vom 16.6.2015 - B 4 AS 44/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 85 RdNr 22). Der Senat hat betont, es müsse hingenommen werden, dass nicht immer alle Daten auf dem
aktuellsten Stand seien, solange den örtlichen Verhältnissen entsprechende regelmäßige Nach- und Neuerhebungen erfolgten (BSG vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - BSGE 117, 250 = SozR 4-4200 § 22 Nr 81, RdNr 30).
Insofern sind nunmehr - wie das BVerfG in seinem Beschluss vom 6.10.2017 (1 BvL 2/15, 1 BvL 5/15) ausgeführt hat - die vom Gesetzgeber mit Wirkung zum 1.4.2011 durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur
Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453) eingefügten Regelungen der §§ 22a bis 22c SGB II zu beachten. Mit der Regelung des § 22c Abs 1 Satz 1 SGB II, wonach zur Bestimmung der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung die Kreise und kreisfreien Städte insbesondere
Mietspiegel, qualifizierte Mietspiegel und Mietdatenbanken (Nr 1) und geeignete eigene statistische Datenerhebungen und -auswertungen
oder Erhebungen Dritter (Nr 2) einzeln oder kombiniert berücksichtigt werden sollen, wird ausdrücklich auf die Möglichkeit
Bezug genommen, Bestandsmieten mit der zeitlichen Rückwirkung von Mietspiegeldaten bei der Erstellung schlüssiger Konzepte
heranzuziehen. Allerdings sollen in die Auswertung neben den Bestandsmieten auch Neuvertragsmieten einfließen (§ 22c Abs 1 Satz 3 SGB II). § 22c Abs 2 SGB II bestimmt, dass die Kreise und kreisfreien Städte die durch Satzung bestimmten Werte für die Unterkunft mindestens alle zwei
Jahre überprüfen und gegebenenfalls neu festsetzen müssen. Hierzu hat das BVerfG nunmehr betont, dass der Gesetzgeber mit
den §§ 22a bis 22c SGB II die Auslegung des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II durch das BSG gesetzlich nachvollzogen habe. Trotz verbleibender Entscheidungsspielräume werde die Auslegung des § 22 Abs 1 SGB II durch das Regelungssystem der §§ 22a bis 22c SGB II gesetzlich begrenzt (BVerfG vom 6.10.2017 - 1 BvL 2/15, 1 BvL 5/15 - juris RdNr 17).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze konkretisiert der Senat seine bisherige Rechtsprechung zur Überprüfung und Fortschreibung
schlüssiger Konzepte dahin, dass innerhalb des Zweijahreszeitraums nach Datenerhebung mit anschließender Datenauswertung und
zeitnahem "Inkraftsetzen" eines Konzepts für angemessene Unterkunftskosten durch den Grundsicherungsträger eine Überprüfung
und Fortschreibung schlüssiger Konzepte regelmäßig nicht erfolgen muss; der SGB II-Träger kann in dieser Zeitspanne weiterhin das erhobene Datenmaterial zugrunde legen. Andererseits muss nach Ablauf des Zweijahreszeitraums
eine Überprüfung und gegebenenfalls neue Festsetzung, zunächst durch den Grundsicherungsträger im Rahmen seiner Methodenfreiheit,
erfolgen (vgl hierzu unter 3.). Bezogen auf den Bewilligungszeitraum bis Ende 2011 liegt ein solcher Regelfall ohne Verpflichtung
zur Überprüfung und Neufestsetzung der ermittelten Referenzmiete vor. Ausgangspunkt der Berechnung des Zweijahreszeitraums
ist das "Inkraftsetzen" des Konzepts des Beklagten vom 26.12.2009 zum 1.1.2010. Es besteht - als weiteres Erfordernis - auch
ein enger zeitlicher Zusammenhang mit dem Ende der Datenerhebung und -auswertung, weil neben den Bestandsmieten aus den Mietspiegeldaten
auch Angebotsmieten ab dem Jahr 2008 bis zu den ersten drei Quartalen des Jahres 2009 einbezogen worden sind.
Der Annahme des Berufungsgerichts, dass bereits ein Anstieg der durchschnittlichen Angebotsmieten im vierten Quartal 2011
auf 5,18 Euro je qm gegenüber 4,95 Euro je qm im Stichtagsmonat September 2008 eine neue Festsetzung der angemessenen Unterkunftskosten
vor Ablauf der Zweijahresfrist erforderlich mache, liegt ein unzutreffender rechtlicher Maßstab zugrunde. Zwar hat der 14.
Senat ausgeführt, dass Ausgangsdaten zu korrigieren seien, soweit sich im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren herausstelle,
dass es zu nicht vorhersehbaren Preissprüngen gekommen sei (BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 2/10 R - juris, RdNr 21). Diese Aussage war jedoch nicht auf bestimmte Zeitspannen bezogen und konnte die konkretisierenden Regelungen
der §§ 22a ff SGB II nicht einbeziehen. Preissprünge, die über reine Schwankungen am Wohnungsmarkt deutlich hinausgehen müssen, dürfen nicht nur
punktuell vorliegen, sondern müssen die Marktentwicklung über längere Zeiträume in aussagekräftiger Weise in einer Verlaufsbeurteilung
widerspiegeln. Die hier allein vorliegende stichprobenartige Erhebung von Angebotsmieten allein kann nicht aussagekräftig
für einen relevanten Preisanstieg bezogen auf sämtliche Wohnungsmarkttypen und -größen sein. Insofern ist die Feststellung
von Preissprüngen mit Fortschreibungserfordernissen in gleicher Weise wie die empirische Erhebung und umfangreiche Datenverarbeitung
bei der Erstellung schlüssiger Konzepte notwendigerweise mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung verbunden. Dies hat seine
Ursache darin, dass die angemessene Referenzmiete durch ein systematisches und planmäßiges Vorgehen nicht nur punktuell im
Einzelfall, sondern für sämtliche Anwendungsfälle garantiert werden muss (BSG vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 26). Der Senat musste nicht darüber entscheiden, in welcher Weise unter engen Voraussetzungen
ausnahmsweise bei einem dennoch feststellbaren extremen Anstieg von Wohnungsmieten - etwa in Ballungszentren oder Universitätsstädten
- im Zeitraum bis zur Neufestsetzung der KdUH eine Sicherstellung angemessenen Wohnraums zu erfolgen hat.
3. Auch für den nach Ablauf des Zweijahreszeitraums relevanten Bewilligungszeitraum ab 1.1.2012, also für die Monate von Januar
bis März 2012, liegt der vom Berufungsgericht angenommene Erkenntnisausfall nicht vor, weil eine Fortschreibung des Konzepts
anhand des vom Statistischen Bundesamt ermittelten bundesdeutschen Verbraucherpreisindex vorgenommen werden kann. Anders als
das Berufungsgericht geht der Senat davon aus, dass eine Fortschreibung in Anlehnung an den Verbraucherpreisindex durch das
Gericht möglich und erforderlich ist, wenn sich der Grundsicherungsträger - wie hier trotz gerichtlicher Nachfrage - im Rahmen
seiner gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Methodenfreiheit für kein konkretes Fortschreibungskonzept entschieden
hat.
Der auch bei der Erstellung von Konzepten zur Ermittlung der angemessenen Referenzmiete heranzuziehende § 22c Abs 2 SGB II regelt neben der Überprüfung schlüssiger Konzepte nach Ablauf von zwei Jahren weiter, dass die Unterkunftskosten "gegebenenfalls
neu festzusetzen" sind. Durch diese Regelung wird die Auslegung des § 22 Abs 1 SGB II gesetzlich begrenzt (vgl BVerfG vom 6.10.2017 - 1 BvL 2/15, 1 BvL 5/15). Den Gesetzesmaterialien zu § 22c Abs 2 SGB II ist zu entnehmen, dass sich der Gesetzgeber mit diesem Fortschreibungserfordernis an der zweijährigen Frist für die Überprüfung
der Unterkunftsaufwendungen an den für Mietspiegel im
BGB einschlägigen Vorschriften in §
558c Abs
3 BGB und §
558d Abs
2 BGB orientieren wollte (BT-Drucks 17/3404 S 102). §
558c Abs
3 BGB bestimmt, dass einfache Mietspiegel im Abstand von zwei Jahren der Marktentwicklung angepasst werden sollen. Für qualifizierte
Mietspiegel sieht §
558d Abs
2 BGB vor, dass diese im Abstand von zwei Jahren der Marktentwicklung anzupassen sind (Satz 1). Dabei kann eine Stichprobe oder
die Entwicklung der vom Statistischen Bundesamt ermittelten Preisindexes für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in
Deutschland (im Folgenden: Verbraucherpreisindex) zugrunde gelegt werden (Satz 2).
Zwar wird in der Literatur von den Kritikern der Fortschreibung qualifizierter Mietspiegel anhand des Verbraucherpreisindex
ausgeführt, dass sich dieser Index aus einem Warenkorb zusammensetze, der nur teilweise mit dem Wohnungsmarkt und insbesondere
mit den Nettomietpreisen, auf denen Mietspiegel im Allgemeinen beruhten, zu tun habe (Schmidt in WuM 2009, 23 ff; Emmerich in Staudinger,
BGB, Buch 2, Recht der Schuldverhältnisse, 2014, §
558d RdNr 11). Zudem unterstelle eine solche Fortschreibung eine gleiche Preisentwicklung unbesehen verschiedener Marktsegmente
(Börstinghaus in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Aufl 2017, §§ 558c, 558d
BGB RdNr 83). Je nachdem, ob der Anstieg des Verbraucherpreisindex über oder unter dem durchschnittlichen Anstieg der tatsächlichen
regionalen Wohnungsmieten liege, profitierten summarisch gesehen entweder die Vermieter oder die Mieter von dessen Anwendung
(Schmidt in WuM 2009, 23 ff, 27). Allerdings wird auch konstatiert, dass es kaum geeignete Instrumente gebe, um innerhalb kürzerer Zeiträume fundiert
festzustellen, welche Veränderungen sich bei den Preisen am Wohnungsmarkt, insbesondere bei den Bestandsmieten und auf verschiedenen
Wohnungsmarktsegmenten, ergeben hätten (Schmidt in WuM 2009, 23 ff, 24). Eine Fortschreibung über kleinere Stichproben könne bei geringerer Fallzahl mit statistischen Unsicherheiten verbunden
sein (Endbericht des IWU zur Ermittlung der existenzsichernden Bedarfe für die KdUH in der Grundsicherung für Arbeitsuchende
nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch [SGB II] und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch [SGB XII] vom 30.11.2016, S 190) und müsse - für eine fundierte Aussagekraft - nahezu einer Neuerstellung gleichkommen (Börstinghaus
in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Aufl 2017, §§ 558c, 558d
BGB RdNr 85 f). Entsprechend hat der Gesetzgeber trotz in der Literatur geäußerten Bedenken gegen die Fortschreibung mittels
Verbraucherpreisindex nach §
558d Abs
2 BGB bisher hieran festgehalten. Dies rechtfertigt es zur Überzeugung des Senats, bei fehlender Fortschreibung durch den Grundsicherungsträger
im Rahmen seiner Methodenfreiheit auf diese gesetzlich ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit der Fortschreibung anhand des
bundesdeutschen Verbraucherpreisindex zurückzugreifen. Es handelt sich insoweit um ein grundsätzlich geeignetes Instrument,
um innerhalb eines kürzeren Zeitraums im Sinne eines auch bei der Fortschreibung geforderten systematischen und planmäßigen
Vorgehens in praktikabler Weise Werte für eine Anpassung festzustellen.
Da sich der Beklagte im Anschluss an sein Konzept vom 26.12.2009 für die Zeit ab 1.1.2012 für keine konkrete Fortschreibung
entschieden hat, muss im gerichtlichen Verfahren eine Fortschreibung der angemessenen KdUH unter Heranziehung der bundesdeutschen
Jahresverbraucherpreisindizes nach deren in den Jahren 2010 und 2011 erfolgten Anstiegen auf der Grundlage des zum Zeitpunkt
der Anpassung gültigen Wägungsschemas vorgenommen werden. Zwar hat eine Fortschreibung nach §
558d Abs
2 BGB - auch ohne Erhöhung der Werte - zwingend zu erfolgen, während § 22c Abs 2 SGB II einen vom Gesetzgeber nicht näher konkretisierten Spielraum der Fortschreibung durch den Satzungsgeber belässt ("gegebenenfalls").
Etwaige insofern bestehende Handlungsoptionen des Grundsicherungsträgers, etwa durch die konkrete Gestaltung seines schlüssigen
Konzepts und der darauf aufbauenden Fortschreibung, können aber bei einer notwendig werdenden Festsetzung durch das Gericht
nicht ersetzt werden.
4. Geht der Senat demnach für den Zeitraum vom 1.10. bis 31.12.2011 von einer weiter bestehenden Aktualität des Konzepts des
Beklagten aus und ist für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.3.2012 eine Fortschreibung wie dargestellt möglich, fehlt es an tatsächlichen
Feststellungen für eine abschließende Entscheidung des Senats. Ausgehend von den jetzigen Grundsätzen des Senats zur weiterhin
bestehenden Aktualität des Datenmaterials und zu Fortschreibungsmöglichkeiten ist vom LSG noch abschließend zu prüfen, ob
das Konzept des Beklagten vom 26.12.2009 die weiteren nach der Rechtsprechung des BSG geforderten Voraussetzungen für schlüssige Konzepte (vgl hierzu BSG vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 28; BSG vom 16.6.2015 - B 4 AS 44/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 85 RdNr 20) erfüllt. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Angemessenheitsgrenze unter Einschluss
eines Referenzwerts für die kalten Betriebskosten durch eine genau zu benennende Bruttokaltmiete erfolgen muss und hier vorrangig
örtliche Übersichten heranzuziehen sind (vgl BSG vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - BSGE 117, 250 = SozR 4-4200 § 22 Nr 81, RdNr 33 mwN). Insofern bestehen Unklarheiten, weil InWIS - nach den Feststellungen des LSG - in
ihrer Stellungnahme vom 26.1.2013 ausgeführt hat, dass nicht die im Ausgangsgutachten angegebenen oberen Grenzen für alle
Betriebskostenarten (2,27 Euro je qm) zum Maßstab hätten gemacht werden sollen, sondern empfohlen werde, kalte Betriebskosten
bis 1,58 Euro je qm ohne weitere Prüfung zu übernehmen. Es kann auch nicht nachvollzogen werden, aus welchen Gründen der Beklagte
- bezogen auf die Höhe der angemessenen KdUH - von der Empfehlung in dem Gutachten des InWIS zu einem einheitlichen Nettokaltmietenpreis
von 4,70 Euro je qm für das untere Preissegment abgewichen ist.
5. Kommt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, dass die bisherigen KdUH im streitigen Zeitraum auf einen Betrag unterhalb
des von der Klägerin begehrten Betrags für angemessene Unterkunftskosten abgesenkt werden können, ergibt sich die Kürzung
für den Monat Februar 2012 wegen der Heiz- und Betriebskostenerstattung unter Berücksichtigung der Anrechnungsvorschrift des
§ 22 Abs 3 SGB II. Das LSG wird weiter davon ausgehen können, dass der Klägerin die Kostensenkung auch subjektiv möglich war. Subjektiv möglich
sind einem Leistungsberechtigten Kostensenkungsmaßnahmen dann, wenn er Kenntnis von der Obliegenheit zur Kostensenkung hat
(BSG vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - BSGE 117, 250 = SozR 4-4200 § 22 Nr 81, RdNr 31). Zwar hat der Beklagte in seinem Kostensenkungsschreiben vom 24.2.2011 zunächst nur die
Nettokaltmiete genannt (vgl zu dieser Problematik: BSG vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 43). Dem Bescheid vom 9.3.2011, der ebenfalls eine Kostensenkungsaufforderung enthält, konnte
die Klägerin jedoch auch die zum damaligen Zeitpunkt aus Sicht des Beklagten zu berücksichtigenden kalten Nebenkosten entnehmen.
Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.