Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II
Einnahmen aus einer privaten Berufsunfähigkeitsrente als Einkommen
Substantiierung einer Grundsatzrüge
Gründe:
I
Streitig sind SGB II-Leistungen für Dezember 2012.
Der Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II mit der Begründung ab, dass diese eine private Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 701,95 Euro beziehe und eine Hilfebedürftigkeit
bei einem Gesamtbedarf (Regelbedarf in Höhe von 374 Euro, Unterkunftskosten in Höhe von 131,62 Euro) nicht bestehe (Bescheid
vom 8.1.2013; Widerspruchsbescheid vom 24.6.2013). Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 23.9.2013). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 12.2.2015). Zur Begründung
seiner Entscheidung hat es ausgeführt, Einnahmen aus einer privaten Berufsunfähigkeitsrente seien als Einkommen iS des § 11 SGB II zu berücksichtigen. Soweit die Klägerin auf das Urteil des BSG vom 18.9.2012 (B 2 U 15/11 R) verweise, in dem die Anrechnung einer privaten Unfallversicherung auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung verneint
worden sei, werde der Unterschied zwischen den steuerfinanzierten Leistungen des SGB II und den beitragsfinanzierten Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung missachtet. Bereits das im streitigen Zeitraum
vorhandene Vermögen schließe eine Hilfebedürftigkeit der Klägerin aus.
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision.
II
Die Beschwerde ist nicht zulässig, weil die behauptete Divergenz sowie eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 und
2 SGG) nicht in der erforderlichen Weise bezeichnet bzw dargelegt worden sind (§
160a Abs
2 S 3
SGG). Die Beschwerde ist daher gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2
SGG iVm §
169 SGG zu verwerfen.
Die Bezeichnung einer Divergenz erfordert, dass in der Beschwerdebegründung die Entscheidung, von der das Urteil des LSG abweichen
soll, zu bezeichnen und deutlich zu machen ist, worin die Abweichung zu sehen sein soll. Der Beschwerdeführer muss ausführen,
zu welcher konkreten Rechtsfrage eine das Berufungsurteil tragende Abweichung in dessen rechtlichen Ausführungen enthalten
sein soll. Es müssen abstrakte Rechtssätze aus dem vorinstanzlichen Urteil und der höchstrichterlichen Entscheidung so bezeichnet
werden, dass die Divergenz erkennbar wird. Schließlich ist darzulegen, dass die berufungsgerichtliche Entscheidung auf der
gerügten Divergenz beruht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 21, 29, 54, 67).
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Die Klägerin macht geltend, die Rechtssätze der Entscheidung des
Thüringer LSG, dass monatliche Einnahmen aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung Einkommen iS des § 11 SGB II sei und die Nachzahlungsbeträge aus dieser Versicherung keine von der Verwertung ausgenommenen Vermögensbeträge seien, weiche
von dem tragenden Rechtssatz des BSG-Urteils vom 18.9.2012 (B 2 U 15/11 R) ab, wonach privatrechtliche Ansprüche nicht auf Leistungen der Sozialversicherung angerechnet werden dürften. Das BSG habe in dieser Entscheidung einen allgemeinen Rechtssatz für das Verhältnis von privatrechtlich erworbenen Ansprüchen zu
Sozialleistungen im Rahmen der Anrechnung aufgestellt, ohne nach der Finanzierungsherkunft der Sozialleistung zu differenzieren.
Zwar hat die Klägerin mit dieser Begründung abstrakte Rechtssätze herausgearbeitet. Sie hat jedoch schon nicht dargetan, warum
sich aus den von ihr wiedergegebenen Ausführungen des 2. Senats in der bezeichneten Entscheidung, die sich ausdrücklich auf
Leistungen der Sozialversicherung bezieht (vgl BSG Urteil vom 18.9.2012 - B 2 U 15/11 R - RdNr 27 mit Hinweis auf die Norm zur Sozialversicherung - §
4 SGB I), die von ihr abgeleitete Aussage zu allen Sozialleistungen, also auch die hier streitigen steuerfinanzierten SGB II-Leistungen, ergeben soll.
Auch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht ausreichend vorgetragen. Diese lässt sich nur darlegen, indem
die Beschwerdebegründung ausführt, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall
hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit)
und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; BVerwG NJW 1999, 304; vgl auch: BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Der Beschwerdeführer muss deshalb ausführen, inwiefern die Rechtsfrage unter
Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und ggf des Schrifttums nicht ohne Weiteres zu beantworten ist und
den Schritt darstellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im Allgemeininteresse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31).
Als Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung formuliert die Klägerin zunächst die Berücksichtigung von monatlichen Rentenleistungen
aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung bei der Berechnung von SGB II-Leistungen als Einkommen. Soweit sie behauptet, dass diese Frage von der Rechtsprechung des BSG noch nicht geklärt sei, fehlt eine Auseinandersetzung mit den Entscheidungen des BSG vom 7.5.2009 (B 14 AS 35/08 R - BSGE 103, 146 = SozR 4-4200 § 12 Nr 14, RdNr 16) und vom 5.9.2007 (B 11b AS 51/06 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 6 RdNr 17). Nach deren Inhalt zählt eine Rente wegen Berufsunfähigkeit - auch aus einer privaten
Lebensversicherung - nicht zu den privilegierten, also nicht zu berücksichtigenden Einnahmen. Auch hinsichtlich der formulierten
Rechtsfrage zur Berücksichtigung von Nachzahlungen aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung als verwertbares Vermögen
nach § 12 SGB II bei der Berechnung von SGB II-Leistungen ist eine Auseinandersetzung mit der umfassenden Rechtsprechung des BSG zum Schutz von Altersvorsorgevermögen nicht erfolgt, weil sich die Klägerin hier nur auf den nach ihrer Ansicht offenen Rechtsbegriff
der "verwertbaren Vermögensgegenstände" bezieht. Auch soweit sie als offene, klärungsbedürftige Rechtsfrage ansieht, ob Freibeträge
nach § 11 Abs 2 S 2 SGB II aF und § 30 S 1 SGB II aF bei Einkünften aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung zu berücksichtigen seien, hat sie nicht den Stand der
Rechtsprechung hierzu dargelegt (vgl zB zur Beschränkung der Absetzbarkeit des Erwerbstätigenfreibetrags auf Erwerbseinkommen:
BSG vom 27.9.2011 - B 4 AS 180/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 40 RdNr 20 ff zum Krankengeld).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.