Anspruch auf Erstattung von Krankengeld während einer stufenweisen Wiedereingliederung in Form stationärer medizinischer Rehabilitation
Gründe:
I. Streitig ist die Erstattung von Krankengeld, das die klagende Krankenkasse dem Beigeladenen in der Zeit seiner stufenweisen
Wiedereingliederung vom 1.9.2003 bis zum 14.9.2003 in Höhe von insgesamt 543,48 Euro gezahlt hat.
Der Beigeladene war während des streitigen Zeitraums bei der Klägerin krankenversichert und bei der Beklagten rentenversichert.
In der Zeit vom 5.8.2003 bis zum 26.8.2003 erhielt er eine stationäre medizinische Maßnahme zur Rehabilitation (Reha) von
der Beklagten, die für die Dauer der Maßnahme Übergangsgeld in Höhe von kalendertäglich 91,93 Euro brutto (= 57,09 Euro netto)
zahlte. Aus dem Heilverfahren wurde der Kläger als arbeitsunfähig entlassen, jedoch wurde eine stufenweise berufliche Wiedereingliederung
empfohlen, da mittelfristig eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte bis mittelschwere körperliche Arbeit bestehe.
Der Beigeladene beantragte bei der Klägerin die Bewilligung der stufenweisen Wiedereingliederung, die nach dem am 27.8.2003
erstellten Eingliederungsplan in der Zeit vom 1.9.2003 bis zum 14.9.2003 durchgeführt wurde. Die Klägerin zahlte dem Beigeladenen
für die Zeit vom 1.9.2003 bis 14.9.2003 Krankengeld in Höhe von kalendertäglich 38,82 Euro, insgesamt 543,48 Euro. Ab dem
15.9.2003 nahm der Beigeladene seine reguläre Arbeit wieder auf.
Mit Schreiben vom 27.8.2003 hatte die Klägerin den Antrag des Beigeladenen auf Übernahme der Kosten für die stufenweise Wiedereingliederung
zuständigkeitshalber an die Beklagte weitergeleitet.
Die Beklagte teilte der Klägerin am 15.9.2003 telefonisch mit, die Kostenträgerschaft müsse noch geklärt werden. Daraufhin
erklärte sich die Klägerin bereit, in Vorleistung zu treten.
Sie teilte der Beklagten mit Schreiben vom 15.9.2003 mit, dass ab 1.9.2003 die stufenweise Wiedereingliederung des Beigeladenen
erfolge und vorsorglich ein Erstattungsanspruch gegen sie geltend gemacht werde. Den schließlich mit Schreiben vom 21.4.2004
erhobenen Erstattungsanspruch in Höhe von 543,48 Euro lehnte die Beklagte ab. Die gegen die Beklagte erhobene Klage wies das
Sozialgericht (SG) Düsseldorf mit Urteil vom 26.1.2006 ab und ließ die Berufung zu.
Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen das Urteil des SG aufgehoben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 543,48 Euro zu zahlen.
Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, die Klägerin habe gegen die Beklagte gemäß § 105 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) einen Anspruch auf Erstattung des im streitigen Zeitraum an den Beigeladenen gezahlten Krankengelds, denn sie habe Leistungen
für die stufenweise Wiedereingliederung des Beigeladenen erbracht, obwohl die Beklagte nach §
15 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) iVm §
4 Abs
2 Satz 2, §
28 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IX) als Träger der medizinischen Reha zuständig und dementsprechend zur Zahlung von Übergangsgeld verpflichtet gewesen sei.
Die stufenweise Wiedereingliederung falle nach §
28 SGB IX in den Leistungskatalog der gesetzlichen Rentenversicherung.
Diese sei Trägerin der zuvor gewährten medizinischen Reha gewesen, während der die stufenweise Wiedereingliederung ärztlicherseits
angeregt worden sei. Somit sei schon bei Beendigung der stationären Maßnahme die Erforderlichkeit der stufenweisen Wiedereingliederung
erkennbar gewesen und auch unmittelbar nach Beendigung der stationären Reha beantragt und schließlich alles weiter Erforderliche
veranlasst worden. Es sei nicht ersichtlich, dass die Beklagte für eine stufenweise Wiedereingliederung nur zuständig sei,
wenn diese im Rahmen einer anderen (von ihr geförderten) Reha-Maßnahme durchgeführt werde. Die Beklagte verkenne insoweit,
dass die stufenweise Wiedereingliederung eine eigenständige und nicht eine ergänzende Leistung der medizinischen Reha sei,
sodass es für die Zahlung von Übergangsgeld auf die Erbringung einer weiteren Sachleistung nicht ankomme.
Diese Rechtslage bestehe seit der Einführung des
SGB IX zum 1.7.2001. Im Gegensatz zu der bis zum 30.6.2001 geltenden Rechtslage sei für den Anspruch auf Übergangsgeld nicht mehr
die Gewährung einer stationären Reha-Maßnahme Voraussetzung. Dem stehe die Einführung des §
51 Abs
5 SGB IX mit Wirkung vom 1.5.2004 nicht entgegen. Diese Vorschrift diene nur der Klarstellung der in der Umsetzung des §
28 SGB IX aufgetretenen Auslegungsfragen, begründe aber keine neue Leistungspflicht des Rentenversicherungsträgers für eine Leistung,
für die er zuvor dem Grunde nach nicht zuständig gewesen sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom LSG zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie - sinngemäß - die Verletzung
materiellen Rechts (§§
20 Abs
1 Nr
1,
15 Abs
1 SGB VI, §
28 SGB IX) rügt. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus: Ein Anspruch des Beigeladenen auf Übergangsgeld habe nach dem seit dem
1.7.2001 geltenden Recht nur bestanden, wenn während der Wiedereingliederungsmaßnahme auch eine Grundleistung durch den Rentenversicherungsträger
erbracht worden sei. Die stufenweise Wiedereingliederung sei keine eigenständige Leistung zur medizinischen Reha der gesetzlichen
Rentenversicherung gewesen.
Eine dem §
74 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) entsprechende Anspruchsnorm sei vom Gesetzgeber innerhalb des
SGB VI nicht geschaffen worden. Dass dies auch vom Gesetzgeber so gesehen worden sei, belege der zum 1.5.2004 in das Gesetz eingefügte
§
51 Abs
5 SGB IX. Die Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers könne nicht aus anderen Vorschriften des
SGB IX abgeleitet werden. Trotz des Grundsatzes der einheitlichen Trägerschaft habe der in §
4 Abs
1 SGB IX umschriebene allgemeine Aufgabenkatalog nicht zur Folge, dass alle in §
6 SGB IX genannten Reha-Träger in gleichem Maße davon betroffen würden. Zwar sei die stufenweise Wiedereingliederung nach §
28 SGB IX eine Leistung aller Träger der medizinischen Reha, doch stehe diese Leistung unter dem Vorbehalt abweichender Regelungen
in den für den jeweiligen Reha-Träger geltenden Leistungsgesetzen. §
15 SGB VI habe als vorrangige Regelung im Sinne einer lex specialis eine nicht im Zusammenhang mit einer Hauptleistung der medizinischen
Reha zu erbringende stufenweise Wiedereingliederung als eigenständige Reha-Leistung nicht zugelassen. Die Durchführung einer
medizinischen Reha vor der stufenweisen Wiedereingliederung reiche zur Begründung dieses Zusammenhangs nicht aus. Erst durch
den mit Wirkung ab dem 1.5.2004 eingeführten §
51 Abs
5 SGB IX sei eine Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers für eine stufenweise Wiedereingliederung ohne zeitgleiche medizinische
Reha-Leistung begründet worden. Zwar spreche die hierzu gegebene Gesetzesbegründung von einer Klarstellung durch §
51 Abs
5 SGB IX, doch habe der Gesetzgeber diese Regelung nicht rückwirkend eingeführt, sodass eine Änderung des bis dahin geltenden Rechts
erst ab 1.5.2004 erfolgt sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 5. Februar 2007 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 26. Januar 2006 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Berufungsurteil für zutreffend.
Der Beigeladene hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.
II. Die vom LSG zugelassene Revision der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Das LSG hat unter Aufhebung des erstinstanzlichen
Urteils die Beklagte zu Recht verurteilt, der Klägerin den Betrag von 543,48 Euro zu erstatten.
Im Revisionsverfahren fortwirkende Umstände, die einer Sachentscheidung des Senats entgegenstehen könnten, liegen nicht vor.
Insbesondere bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der erhobenen allgemeinen Leistungsklage (§
54 Abs
5 Sozialgerichtsgesetz -
SGG).
Auch war das LSG berechtigt und verpflichtet, über die von der Klägerin eingelegte Berufung in der Sache zu entscheiden, obwohl
der Wert des Beschwerdegegenstands unter 5.000 Euro (§
144 Abs
1 Satz 1 Nr
2 SGG) liegt. Das SG hat die Berufung im Urteil vom 26.1.2006 ausdrücklich zugelassen; an diese Zulassung war das LSG gemäß §
144 Abs
2 SGG gebunden.
Streitgegenstand ist der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Erstattung von Krankengeld für die Zeit der stufenweisen
Wiedereingliederung des Beigeladenen; jedoch streiten die Beteiligten nur noch über die Frage, ob die Klägerin oder die Beklagte
für die stufenweise Wiedereingliederung zuständig war und dementsprechend Leistungen für den Beigeladenen im streitigen Zeitraum
zu erbringen hatte. Im Termin zur mündlichen Verhandlung haben sich die Klägerin und die Beklagte darüber verständigt, dass
die Beklagte das von der Klägerin gezahlte Krankengeld erstattet, falls der erkennende Senat die Zuständigkeit der Rentenversicherung
bejaht. Auf Grund dieser Erklärung braucht der Senat sich nicht mehr mit der Frage zu befassen, auf welche Vorschriften die
Klägerin ihren Erstattungsanspruch ursprünglich gestützt hat und ob diese geeignet wären, den in der Höhe unstreitigen Erstattungsanspruch
zu begründen.
Damit hängt die Begründetheit der Klage allein noch davon ab, ob die Beklagte oder die Klägerin für die stufenweise Wiedereingliederung
des Beigeladenen zuständig war.
Die Revision der Beklagten ist zurückzuweisen. Das LSG hat mit dem angefochtenen Urteil zu Recht das Urteil des SG aufgehoben und die Beklagte als zuständigen Leistungsträger für die stufenweise Wiedereingliederung des Beigeladenen im Anschluss
an die stationäre Reha angesehen; in Verbindung mit der Erklärung der Hauptbeteiligten im Revisionsverfahren folgt daraus,
dass das angefochtene Urteil zu bestätigen ist.
Allerdings hat auch die Klägerin für die Zeit der stufenweisen Wiedereingliederung ihrer arbeitsunfähigen Versicherten nach
§
44 SGB V Krankengeld zu leisten, wie durch §
74 SGB V klargestellt wird. Nach den vom LSG getroffenen und mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen waren die Voraussetzungen
des §
74 SGB V für eine stufenweise Wiedereingliederung des Beigeladenen erfüllt, denn der Beigeladene war in dieser Zeit arbeitsunfähig.
Bereits während der vorangegangenen stationären medizinischen Reha war nach ärztlicher Aussage erkennbar, dass der Beigeladene
seine bisherige Tätigkeit nach der Entlassung aus dem Heilverfahren nur teilweise würde verrichten können, durch eine stufenweise
Wiedereingliederung aber wieder in das Erwerbsleben eingegliedert werden könne. Die stufenweise Wiedereingliederung wurde
auch tatsächlich durchgeführt, was die Zustimmung des Arbeitgebers und der Klägerin voraussetzte.
Gleichwohl war die Klägerin für die stufenweise Wiedereingliederung nicht der zuständige Leistungsträger; vielmehr hätte die
Beklagte die im Anschluss an die stationäre Reha durchgeführte stufenweise Wiedereingliederung des Beigeladenen fördern und
dementsprechend Übergangsgeld zahlen müssen.
Nach §
9 Abs
1 Nr
1 SGB VI erbringt die Rentenversicherung ua Leistungen zur medizinischen Reha, um den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen,
geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und
dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu
verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern. Nach Abs 2 dieser Vorschrift können die Leistungen
erbracht werden, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
Die Zuständigkeit der Beklagten kann nur gegeben sein, wenn der Beigeladene die persönlichen (§
10 SGB VI) und versicherungsrechtlichen (§
11 SGB VI) Voraussetzungen erfüllte. Das LSG hat hierzu keine Feststellungen getroffen. Ebenso fehlen Feststellungen zu etwaigen Ausschlusstatbeständen
iS von §
12 SGB VI. Im Hinblick darauf, dass die Beklagte vor der stufenweisen Wiedereingliederung eine medizinische Reha gewährt hat, was eine
positive Prüfung dieser Voraussetzungen erforderte, und diese auch im Streitverfahren nicht infrage gestellt hat, bestehen
für den erkennenden Senat jedoch keine Zweifel daran, dass die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für
die stufenweise Wiedereingliederung des Beigeladenen erfüllt waren. Weitere Erwägungen hierzu sind daher entbehrlich.
Die stufenweise Wiedereingliederung zählt zum Katalog der medizinischen Reha-Leistungen, die vom Rentenversicherungsträger
zu erbringen sind. Dieser Katalog bestimmt sich seit dem Inkrafttreten des
SGB IX zum 1.7.2001 (BGBl I 2001, 1046) auf Grund der Verweisung in §
15 Abs
1 SGB VI, die an die Stelle des früheren Leistungskatalogs getreten ist, nach den §§
26 bis
31 SGB IX; die davon ausgenommenen Leistungen nach §
26 Abs
2 Nr
2 und §
30 SGB IX sind ebenso wie die weiteren in §
15 Abs
1 Satz 2
SGB VI genannten Ausnahmen hier nicht einschlägig.
Zu den im
SGB IX aufgelisteten Leistungen zählt nach §
28 SGB IX auch die stufenweise Wiedereingliederung.
§
28 SGB IX hat folgenden Wortlaut: "Können arbeitsunfähige Leistungsberechtigte nach ärztlicher Feststellung ihre bisherige Tätigkeit
teilweise verrichten und können sie durch eine stufenweise Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit voraussichtlich besser wieder in
das Erwerbsleben eingegliedert werden, sollen die medizinischen und die sie ergänzenden Leistungen entsprechend dieser Zielsetzung
erbracht werden." Sind die Voraussetzungen dieser Vorschrift im Einzelnen erfüllt, so kann auch der Rentenversicherungsträger
für die medizinischen und die sie ergänzenden Leistungen entsprechend dieser Zielsetzung zuständig sein, wie in §
6 Abs
1 Nr
4 iVm §
5 Nr
1 SGB IX ausdrücklich festgeschrieben ist. Zu den dort genannten ergänzenden Leistungen zählt ua das Übergangsgeld (§
44 Abs
1 Nr
1 SGB IX; §§
20,
28 SGB VI). Allerdings sind nach dem
SGB IX für die stufenweise Wiedereingliederung als einer Leistung zur medizinischen Reha weiterhin auch die gesetzlichen Krankenkassen
zuständig (§
6 Abs
1 Nr
1 iVm §
5 Nr
1 SGB IX). Da jedoch das Krankengeld nach §
49 Abs
1 Nr
3 SGB V ruht, soweit und solange ein Anspruch auf Übergangsgeld nach §
20 SGB VI besteht, ist eine Zuständigkeitsabgrenzung erforderlich (zu den ab 1.7.2001 entstandenen Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen
der Krankenversicherung und der Rentenversicherung Knufinke, Kompass 2006, 18); die Bestimmung, welcher Träger für die Reha-Leistung
zuständig ist und demzufolge entweder Krankengeld oder Übergangsgeld an den Versicherten zu zahlen hat, kann nicht im Belieben
der Beteiligten stehen, falls wie hier die Anspruchsvoraussetzungen sowohl nach den Vorschriften des
SGB V als auch nach denen des
SGB VI erfüllt sind.
Eine vorrangige Zuständigkeit des einen oder des anderen Trägers ist in den Regelungen des
SGB V,
SGB VI oder
SGB IX nicht ausdrücklich vorgegeben.
Der Umstand, dass im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung mit §
74 SGB V weiterhin eine ausdrückliche Regelung zur stufenweisen Wiedereingliederung enthalten ist, während sich im
SGB VI keine entsprechende Vorschrift findet, begründet keinen solchen Vorrang für die gesetzliche Krankenkasse. Andernfalls würde
die Regelung des §
15 Abs
1 SGB VI iVm §
28 SGB IX unterlaufen, wonach die stufenweise Wiedereingliederung jedenfalls generell auch zum Leistungskatalog der von den Rentenversicherungsträgern
zu gewährenden medizinischen Reha zählt. Außerdem ist §
74 SGB V weder inhaltlich noch nach seiner systematischen Stellung im Kapitel über die Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern
eine Zuständigkeitsregel, sondern in erster Linie eine Bestimmung über den Inhalt der im Rahmen der stufenweisen Wiedereingliederung
erforderlichen speziellen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und über die damit zusammenhängenden Befugnisse und Pflichten der
beteiligten Personen und Institutionen.
Entgegen der Auffassung der Beklagten schränkt auch §
20 SGB VI die Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers für eine stufenweise Wiedereingliederung nicht ein. Nach dessen Abs 1 haben
diejenigen Versicherten Anspruch auf Übergangsgeld, die von einem Träger der Rentenversicherung ua Leistungen zur medizinischen
Reha erhalten. Die Beklagte möchte dieser Vorschrift entnehmen, dass jedenfalls bis zur Einfügung des §
51 Abs
5 SGB IX durch das Schwerbehinderten-Ausbildungsförderungsgesetz vom 23.4.2004 (BGBl I 606) Übergangsgeld nur dann habe gezahlt werden
können, wenn neben der stufenweisen Wiedereingliederung eine medizinische Reha-Leistung als "Hauptleistung" gewährt worden
sei, etwa in Form einer ambulanten medizinischen Reha oder einer Anschlussheilbehandlung (so auch Redwitz in Bihr/Fuchs/Krauskopf/Ritz,
SGB IX, 1. Aufl 2006, §
51 RdNr 34; Gerke in Kossens/von der Heide/Maaß,
SGB IX, 2. Aufl 2006, §
28 RdNr 9; aA Mrozynski,
SGB IX Teil 1, 2002, §
28 RdNr 9). Mit dieser Argumentation setzt sich die Beklagte jedoch in Widerspruch zum Anliegen des
SGB IX, die stufenweise Wiedereingliederung nunmehr ausdrücklich als eine auch von der Rentenversicherung zu erbringende Leistung
der medizinischen Reha einzuführen; Anhaltspunkte dafür, dass der Anspruch auf Übergangsgeld während der stufenweisen Wiedereingliederung
die gleichzeitige Gewährung einer (Haupt-)Leistung voraussetzt, lässt sich dem
SGB IX an keiner Stelle entnehmen. Abgesehen davon, ist gegen diese Auffassung der Rentenversicherungsträger zu Recht eingewandt
worden, dass die dabei für eine Leistungspflicht vorausgesetzte Konstellation in der Praxis kaum vorstellbar und tatsächlich
auch bisher nicht vorgekommen sei (Schneider/Sip, SF 144/2004, 27), sodass für die Gewährung der stufenweisen Wiedereingliederung
durch die Rentenversicherung praktisch kein Raum bleibe.
Fehlen somit konkrete gesetzliche Zuständigkeitsregelungen, kann die Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen Krankenversicherung
und Rentenversicherung für die Leistung der stufenweisen Wiedereingliederung im Einzelfall nur nach allgemeinen, im
SGB IX niedergelegten Grundsätzen vorgenommen werden. Danach ist im vorliegenden Fall die Zuständigkeit der Beklagten gegeben.
Wie bereits vom LSG hervorgehoben worden ist, sollen nach §
4 Abs
2 Satz 2
SGB IX die Leistungen zur Teilhabe, dh auch die medizinische Reha, von den Leistungsträgern im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften
nach Lage des Einzelfalls so vollständig, umfassend und in gleicher Qualität erbracht werden, dass Leistungen anderer Träger
möglichst nicht erforderlich werden und auch der Leistungsberechtigte vor einem unnötigen Zuständigkeitswechsel während einer
als einheitlich anzusehenden Reha-Maßnahme bewahrt wird (dazu auch Lauterbach in Gagel,
SGB III, Vorbemerkung zu §§
97-
115 RdNr
15); §
51 Abs
5 SGB IX in der ab 1.5.2004 geltenden Fassung unterstreicht diesen Grundsatz der einheitlichen Trägerschaft nunmehr speziell für die
stufenweise Wiedereingliederung (so auch Jabben, in BeckOK
SGB IX §
51 RdNr 2). Der jeweilige Leistungsumfang, dh inwieweit Leistungen umfassend bzw vollständig von einem Träger zu erbringen sind,
hat sich an dem Ziel der jeweils gewährten Reha auszurichten, wie sich aus §
4 Abs
2 Satz 1
SGB IX ergibt. Eines dieser Ziele ist nach §
4 Abs
1 Nr
2 SGB IX, durch Leistungen zur Teilhabe ua Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern sowie den
vorzeitigen Bezug anderer Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern. Diese Zielsetzung in Verbindung
mit dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Reha-Gewährung begründet die Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers für die
stufenweise Wiedereingliederung des Versicherten, wenn diese unmittelbar im Anschluss an eine von ihm geförderte medizinische
Reha erforderlich ist, um den Erfolg dieser Reha zu festigen oder erst herbeizuführen.
Ziel einer jeden von der Beklagten geförderten stationären Reha ist die Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit des Versicherten
bzw dessen Rückkehr in das Erwerbsleben möglichst auf Dauer (vgl §
9 SGB VI; §
4 Abs
1 SGB IX). Dieses Reha-Ziel ist im Idealfall erreicht, wenn die krankheitsbedingte Gefährdung der Erwerbsfähigkeit überwunden wird
und der Versicherte an seinen alten Arbeitsplatz zurückkehren kann. Im schlechten Fall einer erfolglosen Reha bleibt der Versicherte
für seine letzte Tätigkeit arbeitsunfähig oder darüber hinaus sogar erwerbsunfähig bzw voll erwerbsgemindert auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt, sodass ggf Lohnersatzleistungen in Form von Krankengeld oder Rente zu erbringen sind. Wird der Versicherte aus
der stationären Reha als arbeitsunfähig entlassen, besteht jedoch bei einer unmittelbar anschließenden stufenweisen Wiedereingliederung
in die bisherige Tätigkeit die Aussicht, dass er in seinem Beruf wieder tätig sein kann, so hat die stationäre medizinische
Reha bis zur Entlassung allenfalls einen Teilerfolg erzielt. In einem solchen Fall kann das Endziel der Reha - die uneingeschränkte
Wiederaufnahme der früheren Tätigkeit durch den Versicherten - erst durch eine erfolgreiche stufenweise Wiedereingliederung
erreicht werden, indem der Heilungsbzw Reha-Prozess durch die schrittweise Steigerung der Belastung zusätzlich gefördert wird
(Jabben in BeckOK
SGB IX §
28 RdNr 2; Steinmeyer in Gagel,
SGB III, §
119 RdNr 193b; BSG vom 21.3.2007 - B 11a AL 31/06 R - RdNr 31 mwN - zur Veröffentlichung vorgesehen). Solange dieser Erfolg und
damit das eigentliche Reha-Ziel auf Grund der vom Rentenversicherungsträger eingeleiteten medizinischen Reha noch erreichbar
ist oder jedenfalls erscheint, würde es gegen den Grundsatz der umfassenden, vollständigen Leistungserbringung verstoßen,
für diese "zweite Phase der Reha", die Zuständigkeit eines anderen Leistungsträgers, nämlich der Krankenkasse, anzunehmen.
Die stufenweise Wiedereingliederung im unmittelbaren Anschluss an eine stationäre Reha steht mit dieser wegen der gemeinsamen
Zielsetzung in einem so engen Zusammenhang, dass letztlich beide als einheitliche Reha-Maßnahme anzusehen sind, die mit der
stationären Aufnahme in der Reha-Einrichtung beginnt und im günstigsten Fall mit der vollen Rückkehr des Versicherten an seinen
Arbeitsplatz endet.
Allerdings hat bereits das LSG zutreffend darauf hingewiesen, dass die stufenweise Wiedereingliederung nur dann als ein auf
das Reha-Ziel zu beziehender Bestandteil einer in der Zusammenschau einheitlichen (Gesamt-)Maßnahme gewertet werden kann,
wenn die Voraussetzungen des §
28 SGB IX im Zeitpunkt der Beendigung der stationären Reha bereits feststellbar sind: Zwar besteht noch Arbeitsunfähigkeit für die
bisherige Tätigkeit, der Versicherte kann aber nach ärztlicher Beurteilung seine frühere Tätigkeit teilweise verrichten und
durch eine stufenweise Wiederaufnahme dieser Tätigkeit voraussichtlich besser wieder in das Erwerbsleben eingegliedert werden.
Zusätzlich ist zu fordern, dass die stufenweise Wiedereingliederung möglichst direkt im Anschluss oder - wie es der mit Wirkung
vom 1.5.2004 eingefügte §
51 Abs
5 SGB IX ausdrückt - unmittelbar nach der vorangegangenen medizinischen Reha durchgeführt wird, weil ansonsten eine einheitliche Trägerschaft
von vornherein nicht verwirklicht werden kann.
Unter den aufgezeigten Voraussetzungen ist die Zuständigkeit der Rentenversicherung für eine im Anschluss an eine stationäre
Reha durchgeführte stufenweise Wiedereingliederung entgegen der Auffassung der Beklagten nicht erst ab dem 1.5.2004 auf Grund
des eingefügten §
51 Abs
5 SGB IX begründet worden. Auch die Beklagte räumt ein, dass sie nach dieser Vorschrift im vorliegenden Fall grundsätzlich zur Zahlung
von Übergangsgeld für die Zeit der stufenweisen Wiedereingliederung des Beigeladenen verpflichtet wäre, doch ist sie der Auffassung,
mit §
51 Abs
5 SGB IX sei eine Rechtsänderung eingetreten, die mangels einer ausdrücklichen Rückwirkungsregelung auf die Zeit vor Inkrafttreten
der Vorschrift nicht anwendbar sei. Dieser Rechtsauffassung (vgl hierzu Höß, Mitt der Bayerischen Landesversicherungsanstalten
2004, 559) vermag sich der erkennende Senat mit Rücksicht auf die bereits erörterten Intentionen des
SGB IX nicht anzuschließen. Die Gesetzesergänzung hat dennoch ihren Sinn als Klarstellung, da die Zuständigkeit zwischen Krankenversicherung
und Rentenversicherungsträger in der Vergangenheit umstritten war und für die Zeit vor der Gesetzesergänzung auch weiter umstritten
ist, wie der vorliegende Fall zeigt. Dementsprechend ist auch der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass es sich bei der Regelung
zum Übergangsgeld während einer stufenweisen Wiedereingliederung (nur) um eine Klarstellung zum geltenden Recht handelt (BT-Drucks
15/1783 S 21). Der Beklagten kann lediglich insoweit zugestimmt werden, als nunmehr eine ausdrückliche Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers
gegeben ist, während diese vor Einfügung des §
51 Abs
5 SGB IX (nur) aus den allgemeinen Grundsätzen des
SGB IX herzuleiten war.
Nach den vom LSG getroffenen Feststellungen waren nicht nur die Erfolgsaussicht der geplanten stufenweisen Wiedereingliederung,
sondern auch die übrigen Voraussetzungen des §
28 SGB IX zu bejahen. Eine ärztliche Bescheinigung der nach dem Abschluss der stationären Reha fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit sowie
die ärztliche Empfehlung einer stufenweisen Wiedereingliederung in die bisherige Tätigkeit lagen ebenso vor wie offenkundig
auch das Einverständnis des Arbeitgebers, da ohne dessen Zustimmung die stufenweise Wiedereingliederung nicht möglich gewesen
wäre. Des Weiteren war auch der zeitliche Zusammenhang zwischen der stationären medizinischen Reha und der stufenweisen Wiedereingliederung
gewahrt.
Dabei bedarf es für die Entscheidung im vorliegenden Fall keiner abschließenden Klärung der Frage, wieviel Zeit nach Beendigung
der stationären Reha-Leistung bis zum Beginn der stufenweisen Wiedereingliederung höchstens verstrichen sein darf, um noch
den unmittelbaren Anschluss zu wahren. Auch die neue Vorschrift des §
51 Abs
5 SGB IX enthält hierzu keine nähere Festlegung.
Jedenfalls kann "unmittelbar" nicht dahingehend verstanden werden, dass sich die stufenweise Eingliederung völlig nahtlos
an die vorangegangene Reha-Leistung anschließen muss. Insoweit ist den praktischen Umsetzungsproblemen Rechnung zu tragen,
dass vor der stufenweisen Wiedereingliederung nicht nur das Einverständnis des Versicherten, sondern auch des Arbeitgebers
(vgl §
74 SGB V) sowie die Bewilligung durch den zuständigen Träger eingeholt werden müssen. Von daher muss den Beteiligten ein gewisser
zeitlicher Rahmen eingeräumt werden, um das Vorliegen der Voraussetzungen für die stufenweise Wiedereingliederung zu klären
(Redwitz in Bihr/Fuchs/Krauskopf/Ritz,
SGB IX, 1. Aufl 2006, §
51 RdNr 36). Dies ist umso mehr erforderlich, als regelmäßig ohnehin erst gegen Ende der vorangegangenen medizinischen Reha
die erforderlichen Schritte in die Wege geleitet werden können, weil erst dann eine abschließende Leistungsbeurteilung mit
der Empfehlung einer stufenweisen Wiedereingliederung zur Erreichung bzw zur Sicherung des Reha-Ziels abgegeben werden kann.
Ob möglicherweise in Anlehnung an die in §
14 Abs
1 SGB IX genannte Frist (vgl hierzu Castendiek in Neumann, Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen, 1. Aufl 2004, S 117 RdNr
54) oder in Anlehnung an §
32 Abs
1 Satz 2
SGB VI (so Redwitz, aaO; von der Heide in Kossens/von der Heide/Maaß,
SGB IX, 2. Aufl 2006, §
51 RdNr 22; Jabben, in BeckOK
SGB IX, §
51 RdNr 21; Höß, aaO, 560; Knufinke, Kompass 2006, 19) die Grenze für den unmittelbaren Anschluss bei zwei Wochen liegt, bedarf
keiner abschließenden Entscheidung. Im vorliegenden Fall begann die stufenweise Wiedereingliederung bereits am 1.9.2003 und
damit nur fünf Tage nach dem Abschluss der stationären Reha. Dieser unter einer Woche liegende zeitliche Abstand muss noch
als "unmittelbarer Anschluss" angesehen werden.
Nach alledem war die Beklagte für die stufenweise Wiedereingliederung zuständig und hatte dementsprechend gemäß §
44 Abs
1 SGB IX iVm §
20 SGB VI Übergangsgeld an den Beigeladenen zu zahlen mit der Folge, dass der Krankengeldanspruch des Beigeladenen gegen die Klägerin
ruhte und diese als unzuständige Trägerin geleistet hat.
Da die Beklagte mit ihrer gegen die Klägerin gerichteten Revision unterlegen ist, hat sie dieser die Kosten des Revisionsverfahrens
zu erstatten. In Bezug auf den Beigeladenen sind keine Kosten zu erstatten, denn dieser hat sich im Revisionsverfahren nicht
geäußert.
Die Höhe des Streitwerts bemisst sich nach dem von der Klägerin geltend gemachten Erstattungsbetrag von 543,48 Euro.