Höhere Rente wegen voller Erwerbsminderung
Revision lediglich wegen einer Kostenentscheidung
Leistungsvoraussetzungen der Rente wegen voller Erwerbsminderung
Bestandsrenten
Gründe:
Mit Urteil vom 15.4.2015 hat das LSG Baden-Württemberg einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer höheren Rente wegen
voller Erwerbsminderung aufgrund des Gesetzes über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungsgesetz)
vom 23.6.2014 (BGBl I 787) und einer Vorverlegung des Versicherungsfalls verneint sowie gegen den Kläger Verschuldenskosten
iHv 225 Euro festgesetzt.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt und für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines
Rechtsanwalts beantragt.
Der Prozesskostenhilfeantrag ist abzulehnen, sodass auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts ausscheidet.
Nach §
73a Abs
1 S 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) iVm §
114 Abs
1 S 1
Zivilprozessordnung kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann Prozesskostenhilfe bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Dies ist hier nicht der Fall. Es ist nicht ersichtlich, dass ein nach §
73 Abs
4 SGG zugelassener Prozessbevollmächtigter in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen.
Dass die Zulassung der Revision gegen das angegriffene Urteil auf §
160 Abs
2 Nr
1 SGG gestützt werden könnte, ist nicht erkennbar. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift hat eine Rechtssache nur
dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat. Die Frage muss
außerdem klärungsbedürftig sein. Das ist grundsätzlich nicht der Fall, wenn die Antwort darauf von vornherein praktisch außer
Zweifel steht, weil sie sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder die Frage bereits höchstrichterlich entschieden ist
(zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70). Rechtsfragen, die in diesem Sinn grundsätzliche Bedeutung haben könnten, sind nicht zu erkennen.
Zu den Leistungsvoraussetzungen der hier streitigen Rente wegen voller Erwerbsminderung nach §
43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) besteht bereits eine umfangreiche Rechtsprechung des BSG (vgl dazu Gürtner in KassKomm, laufende Kommentierung zu §
43 SGB VI und Niesel in KassKomm, Ablegeordner zu § 44
SGB VI alter Fassung). Aus dem Gesetz ergibt sich zweifelsfrei, dass die durch das RV-Leistungsverbesserungsgesetz eingeführten
Neuregelungen auf Bestandsrenten keinen Einfluss haben.
Das RV-Leistungsverbesserungsgesetz ist gemäß dessen Art 4 hinsichtlich der die Erwerbsminderungsrenten betreffenden Verbesserungen
am 1.7.2014 in Kraft getreten. Diese Verbesserungen - Anhebung der Zurechnungszeit in §
59 Abs
1 und Abs
2 S 2
SGB VI von 60 Jahren auf das vollendete 62. Lebensjahr sowie Verbesserung der Bewertung der Zurechnungszeit in §
73 S 1 Halbs 2
SGB VI - wirken sich auf die Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte aus (vgl §
66 Abs
1 Nr
2 und
3 iVm §
54 Abs
3 und
4 SGB VI sowie Überschrift 2. Kapitel 2. Abschnitt 3. Unterabschnitt 3. Titel im
SGB VI). §
306 Abs
1 SGB VI regelt, dass die einer Rente zugrundeliegenden persönlichen Entgeltpunkte aus Anlass der Änderung rentenrechtlicher Vorschriften
grundsätzlich nicht neu bestimmt werden, wenn ein Anspruch auf Leistung einer Rente bereits vor dem Zeitpunkt der Rechtsänderung
bestand.
Der Zulassungsgrund der Divergenz (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) könnte ebenfalls nicht mit Erfolg geltend gemacht werden. Divergenz (Abweichung) bedeutet Widerspruch im Rechtssatz oder
anders ausgedrückt das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die den miteinander zu vergleichenden Entscheidungen
zugrunde gelegt worden sind. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung
von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellt hat (BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 mwN). Davon kann vorliegend nicht ausgegangen werden.
Schließlich lässt sich auch kein Verfahrensmangel feststellen, der gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich
auf eine Verletzung der dem Gericht gemäß §
103 SGG obliegenden Sachaufklärungspflicht gestützt werden könnte. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Auch sonstige Verfahrensmängel sind nicht ersichtlich.
Die inhaltliche Richtigkeit der Berufungsentscheidung, die der Kläger möglicherweise angreifen möchte, lässt sich mit einer
Nichtzulassungsbeschwerde nicht überprüfen (BSG SozR 1500 § 160a Nr 7). Im Übrigen sei der Kläger darauf hingewiesen, dass an der Richtigkeit der vorinstanzlichen Entscheidung aus Sicht
des erkennenden Senats keine Zweifel bestehen.
Die Verbesserungen des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes finden keine Anwendung, weil der Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung
auf Dauer bereits ab 1.2.2002 (Bescheid vom 15.3.2005) und damit vor Inkrafttreten dieses Gesetzes bezieht. Ebenso wenig ist
der Versicherungsfall vorzuverlegen, worauf der Kläger schon in diversen gerichtlichen Verfahren hingewiesen worden ist. Der
Senat nimmt insoweit Bezug auf seinen Beschluss vom 22.7.2014 - B 5 R 56/14 B.
Da hinsichtlich der Hauptsache kein Zulassungsgrund vorliegt, kann schon deshalb nicht die Revision lediglich wegen der Kostenentscheidung
nach §
192 SGG zugelassen werden (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl 2014, §
192 RdNr 20 mwN).
Die vom Kläger persönlich gegen das Urteil des LSG eingelegte Beschwerde ist unzulässig, weil sie nicht durch einen vor dem
BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten (vgl §
73 Abs
4 SGG) eingelegt worden ist. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen (§
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 Abs
1 und 4
SGG.