Höhere Altersrente für besonders langjährig Versicherte unter Berücksichtigung weiterer Beitragszahlungen zur Freiwilligen
Zusatzrentenversicherung
Divergenzrüge
Begriff der Abweichung
Entwickeln eigener rechtlicher Maßstäbe
Genügen der Darlegungspflicht
1. Divergenz i.S. von §
160 Abs.
2 Nr.
2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen.
2. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen
abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat.
3. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des LSG nicht den Kriterien entspricht, die
das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat.
4. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die
Zulassung der Revision wegen Abweichung.
5. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruht.
6. Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet das vorstehend Gesagte, dass die Beschwerdebegründung erkennen lassen muss,
welcher abstrakte Rechtssatz in der höchstrichterlichen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene
Rechtssatz dazu im Widerspruch steht; ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das Revisionsgericht die oberstgerichtliche
Rechtsprechung in einem künftigen Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird.
Gründe:
Mit Urteil vom 23.6.2017 hat das Hessische LSG einen Anspruch der Klägerin auf höhere Altersrente für besonders langjährig
Versicherte unter Berücksichtigung weiterer Beitragszahlungen vom 1.5.1976 bis 31.12.1977 zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung
verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt. Sie beruft sich auf Rechtsprechungsabweichung (Divergenz).
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.
Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG),
- die Entscheidung von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder
- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).
Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des §
160a Abs
2 S 3
SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß §
160a Abs
4 S 1 iVm §
169 SGG zu verwerfen.
Divergenz iS von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen.
Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten
Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des
LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat.
Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die
Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene
Urteil auf der Abweichung beruht. Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet das vorstehend Gesagte, dass die Beschwerdebegründung
erkennen lassen muss, welcher abstrakte Rechtssatz in der höchstrichterlichen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil
des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht; ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das Revisionsgericht die
oberstgerichtliche Rechtsprechung in einem künftigen Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (zum
Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 mwN). Diesen Darlegungserfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Klägerin behauptet, das LSG habe in der angefochtenen Entscheidung - auf Seite 2 unten, Seite 3 oben der Beschwerdebegründung
mitgeteilte - Rechtssätze aufgestellt, mit denen es von - auf den Seiten 3 und 4 der Beschwerdebegründung wiedergegebenen
- Ausführungen des BSG in den Entscheidungen vom 28.11.1957 - 4 RJ 186/56 -, vom 8.8.2001 - B 9 V 23/01 B - und vom 17.4.2013 - B 9 V 1/12 R - abgewichen sei, und stellt anschließend die aus ihrer Sicht bestehende Abweichung sowie das angebliche Beruhen der angefochtenen
Entscheidung auf dieser dar.
Aus der Beschwerdebegründung geht bereits nicht hervor, dass das BSG in den herangezogenen Entscheidungen auf der Grundlage der darin angeblich aufgestellten Rechtssätze eine Fallkonstellation,
die mit derjenigen der Klägerin vergleichbar ist, anders entschieden hat als das LSG im angegriffenen Urteil. Dafür genügt
es nicht, isoliert einzelne Sätze aus den Entscheidungen des Berufungs- und des Revisionsgerichts zu zitieren. Vielmehr ist
der Kontext darzustellen, in dem die angeblich divergierenden Rechtssätze jeweils stehen (vgl hierzu zB Senatsbeschluss vom
13.12.2012 - B 5 R 254/12 B - BeckRS 2013, 65382 RdNr 9 sowie BSG Beschluss vom 7.2.2007 - B 6 KA 56/06 B - BeckRS 2007, 41946 RdNr 10 mwN). Zum Kontext der Entscheidungen ist der Beschwerdebegründung aber schon deshalb nichts
zu entnehmen, weil sie nicht darlegt, welcher Sachverhalt den Entscheidungen des BSG jeweils zugrunde liegt, um beurteilen zu können, welche rechtlichen Aussagen das BSG wirklich getroffen hat. Eine konkrete Sachverhaltsdarstellung der Entscheidung des LSG und der Entscheidungen des BSG gehört aber zu den Mindestvoraussetzungen, um die Entscheidungserheblichkeit der Divergenzrüge prüfen zu können. Ein Widerspruch
in der Rechtsprechung ist nur möglich, wenn sich zwei Rechtssätze auf zumindest vergleichbare Sachverhalte beziehen und diese
unterschiedlich regeln (BSG Beschluss vom 13.2.2013 - B 5 R 398/12 B - BeckRS 2013, 66978 RdNr 8). Die der zitierten Rechtsprechung des BSG zugrunde liegenden Sachverhalte schildert die Klägerin jedoch nicht.
Zudem versäumt es die Klägerin, ausreichend aufzuzeigen, dass die Berufungsentscheidung auf der geltend gemachten Divergenz
beruht, dh eine entscheidungserhebliche Divergenz vorliegt (vgl Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens,
7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 198). Dies ist nur dann der Fall, wenn die angefochtene Entscheidung bei Zugrundelegung des Rechtssatzes,
von dem angeblich abgewichen ist, anders hätte ausfallen müssen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl 2017, §
160 RdNr 15 mwN). Ob eine Divergenz entscheidungserheblich ist, kann generell nur auf der Grundlage bereits getroffener Feststellungen
beantwortet werden. Dagegen kann die Revision wegen Divergenz nicht zugelassen werden, wenn das Berufungsgericht eine Tatsache,
die für den geltend gemachten Anspruch erheblich sein würde, noch nicht festgestellt hat und damit nur die Möglichkeit besteht,
dass die Divergenz nach Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht und nach weiterer Sachverhaltsaufklärung entscheidungserheblich
werden kann (vgl BSG Beschluss vom 10.11.2008 - B 12 R 14/08 B - Juris RdNr 6 mwN). Die von der Klägerin geltend gemachte Divergenz stellt sich nur dann tragend, wenn das Berufungsgericht
alle erforderlichen tatsächlichen Umstände festgestellt hat, um das Vorliegen sämtlicher Anspruchsvoraussetzungen bejahen
zu können. Welchen Sachverhalt das LSG festgestellt hat, ist der Beschwerdebegründung jedoch nicht zu entnehmen.
Im Übrigen verkennt die Klägerin, dass eine Divergenz nicht schon dann besteht, wenn das Berufungsgericht einen höchstrichterlichen
Rechtssatz missversteht oder aus sonstigen Gründen nicht oder falsch anwendet (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 45 mwN). Eine Divergenz setzt vielmehr voraus, dass das LSG die höchstrichterliche Rechtsprechung infrage stellt,
was indes nicht der Fall ist, wenn es eine höchstrichterliche Entscheidung in ihrer Tragweite für den entschiedenen Fall verkannt
haben sollte (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 73 mwN). Deshalb hätte die Klägerin vertieft darauf eingehen müssen, warum es sich bei der behaupteten Abweichung
des Berufungsgerichts nicht lediglich um eine falsche Rechtsanwendung im Einzelfall handelt, in der ein eigener Rechtssatz
des Berufungsgerichts gerade nicht zum Ausdruck kommt (vgl im Einzelnen BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 45).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.