Divergenzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Begriff der Abweichung
Entscheidungserheblichkeit einer Divergenz
Noch nicht getroffene Tatsachenfeststellungen
Gründe:
Mit Urteil vom 14.12.2017 hat das LSG Sachsen-Anhalt einen Anspruch des Klägers auf Feststellung von weiteren Zeiten der Zugehörigkeit
zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz und der während dieser Zeiträume erzielten Arbeitsentgelte verneint
und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Magdeburg vom 21.7.2017 zurückgewiesen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er macht ein Abweichen des LSG-Urteils von der Rechtsprechung des BSG geltend (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG).
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.
Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG),
- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder
- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).
Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des §
160a Abs
2 S 3
SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß §
160a Abs
4 S 1 iVm §
169 SGG zu verwerfen.
Divergenz iS von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen.
Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten
Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des
LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat.
Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die
Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene
Urteil auf der Abweichung beruht. Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet das vorstehend Gesagte, dass die Beschwerdebegründung
erkennen lassen muss, welcher abstrakte Rechtssatz in der höchstrichterlichen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil
des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht; ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das Revisionsgericht die
oberstgerichtliche Rechtsprechung in einem künftigen Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (zum
Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 mwN). Diesen Darlegungserfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der Kläger trägt als Rechtsatz des BSG (Urteil vom 23.8.2007 - B 4 RS 1/06 R) zunächst vor,
"die Berechtigung, die Berufsbezeichnung Konstrukteur zu führen, sei nicht staatlich verliehen worden, sondern sei durch die
Wahrnehmung einer konkreten Arbeitsaufgabe in dem Arbeitsbereich "Konstruktion" bestimmt worden. Hiernach knüpft die Berechtigung
zur Führung der Berufsbezeichnung maßgeblich an die Ausübung einer konstruktiven Tätigkeit an. Die in Arbeitsverträgen, Arbeitsbüchern
und Sozialversicherungsausweisen aufgenommenen Berufsbezeichnungen hätten insoweit indizielle Wirkung"
und gibt die weiteren Ausführungen des BSG im og Urteil wieder:
"Die Berechtigung, die Berufsbezeichnung Konstrukteur führen zu dürfen, wurde nicht wie bei den Berufen "Ingenieur" und "Techniker"
staatlich verliehen, sondern war - so das LSG - durch die Wahrnehmung einer konkreten Arbeitsaufgabe in dem Arbeitsbereich
"Konstruktion" bestimmt. Mangels eines spezifischen Berufsabschlusses und in Folge der Anknüpfung der Berufsbezeichnung "Konstrukteur"
an die tatsächlich wahrgenommene Arbeitsaufgabe überschneiden sich bei diesem Berufsbild die persönliche und die sachliche
Voraussetzung (vgl. auch BSG SozR 4-8570, § 1 Nr. 12 RDNR 19 f.), für den fiktiven Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage."
Das LSG beruhe demgegenüber auf dem Rechtssatz,
"dass von einer solchen Tätigkeit nur dann ausgegangen werden könne, wenn der Betreffende arbeitsrechtliche Unterlagen vorlegen
könne, aus denen sich zweifelsfrei ergebe, dass er als Konstrukteur eingestellt worden sei."
Aus der Beschwerdebegründung geht bereits nicht hervor, worin der Widerspruch zwischen den vom LSG angewandten rechtlichen
Maßstäben und denen des BSG in der vom Kläger zitierten Entscheidung bestehen soll. Der Kläger führt in seiner Beschwerdebegründung selbst aus, das LSG
räume ein, "die Berechtigung, die Berufsbezeichnung Konstrukteur zu führen, knüpfe maßgeblich an die Ausübung einer konstruktiven
Tätigkeit an (Tätigkeitsbezeichnung)." Dementsprechend heißt es in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils: "Mangels
eines spezifischen Berufsabschlusses und als Folge der Anknüpfung der Berufsbezeichnung "Konstrukteur" an die tatsächlich
wahrgenommene Arbeitsaufgabe überschneiden sich bei diesem Berufsbild die persönliche und die sachliche Voraussetzung für
einen Anspruch auf fiktive Einbeziehung in die AVItech". Das LSG zitiert dazu ausdrücklich die vom Kläger als abweichend benannte
Entscheidung des BSG, Urteil vom 23.8.2007 (B 4 RS 1/06 R). Die Beschwerdebegründung äußert sich dazu nicht.
Auch versäumt es der Kläger, aufzuzeigen, dass die Berufungsentscheidung auf der geltend gemachten Divergenz beruht, dh eine
entscheidungserhebliche Divergenz vorliegt (vgl Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl
2016, Kap IX RdNr 198). Dies ist nur dann der Fall, wenn die angefochtene Entscheidung bei Zugrundelegung des Rechtssatzes,
von dem angeblich abgewichen ist, anders hätte ausfallen müssen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl 2017, §
160 RdNr 15 mwN). Ob eine Divergenz entscheidungserheblich ist, kann generell nur auf der Grundlage bereits getroffener Feststellungen
beantwortet werden. Dagegen kann die Revision wegen Divergenz nicht zugelassen werden, wenn das Berufungsgericht eine Tatsache,
die für den geltend gemachten Anspruch erheblich sein würde, noch nicht festgestellt hat und damit nur die Möglichkeit besteht,
dass die Divergenz nach Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht und nach weiterer Sachverhaltsaufklärung entscheidungserheblich
werden kann (vgl BSG vom 10.11.2008 - B 12 R 14/08 B - Juris RdNr 6 mwN). Die von dem Kläger geltend gemachte Divergenz stellt sich nur dann als tragend dar, wenn das Berufungsgericht
alle erforderlichen tatsächlichen Umstände festgestellt hat, um das Vorliegen sämtlicher Anspruchsvoraussetzungen bejahen
zu können. Der Kläger hätte deshalb vortragen müssen, dass zur Beurteilung der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der
technischen Intelligenz im Sinne einer fingierten Versorgungsanwartschaft (vgl zu den Voraussetzungen ua BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 6 S 40 f; BSG SozR 4-8570 § 1 Nr 9 RdNr 23) das LSG auch die zur Beurteilung der sachlichen und betrieblichen Voraussetzungen am Stichtag 30.6.1990 erforderlichen
Tatsachen festgestellt hat. Ausführungen dazu enthält die Beschwerdebegründung ebenfalls nicht.
Mit seinem Vortrag, das LSG belasse es bei dem Befund, die arbeitsvertraglichen Unterlagen und der Sozialversicherungsausweis
seien für die Annahme einer Tätigkeit als Konstrukteur unergiebig, es hätte stattdessen weiter prüfen müssen, ob die vom Kläger
ausgeführten Aufgaben als solche eines Konstrukteurs bewertet werden können, das LSG habe selektiv nur zwei Beispiele von
Konstruktionsleistungen des Klägers außerhalb des streitigen Zeitraums erwähnt und schließlich - aus der Sicht des Klägers
nicht nachvollziehbar - Arbeiten eines Konstrukteurs auch nicht aus der Erklärung des Zeugen F. hergeleitet, rügt der Kläger
eine fehlerhafte Beweiswürdigung unter Verletzung des §
128 Abs
1 S 1
SGG. Darauf kann eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG).
Mit seinem weiteren Vorbringen, er sei aufgrund seiner Ausbildung in der Lage gewesen, die Tätigkeit als Konstrukteur aufzunehmen,
er habe in dem hier streitigen Zeitraum ingenieurmäßige Konstruktionen zum Bau von Maschinen erstellt, damit wesentlichen
Einfluss auf den Produktionsprozess gehabt und sei als "Meister" in das System der zusätzlichen Altersversorgung einzubeziehen,
macht der Kläger zudem eine fehlerhafte Rechtsanwendung des LSG geltend. Ob das LSG die Sache richtig entschieden hat, ist
jedoch nicht Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, 67).
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl §
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 Abs
1 und 4
SGG.