Anspruch auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in der
gesetzlichen Rentenversicherung; Erfüllung der betrieblichen und sachlichen Voraussetzungen bei einer aus einem VEB hervorgegangenen
GmbH
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Zeit vom 1.1.1975 bis zum 30.6.1990 als Zeit der Zugehörigkeit
zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) einschließlich der dabei erzielten Arbeitsentgelte
festzustellen.
Der im 1951 geborene Kläger erwarb an der Technischen Universität D. den akademischen Grad eines Diplomingenieurs der Fachrichtung
Konstruktionstechnik (Urkunde vom 1.11.1974). Ab dem 1.1.1975 arbeitete er beim Volkseigenen Betrieb (VEB) M. Kombinat W.
zunächst als Konstrukteur, später als Ingenieur und Gruppenleiter sowie ab dem 1.1.1986 als "Abteilungsleiter Absatz". Der
Inhaber dieser Stelle hatte nach dem Funktionsplan des VEB die "Abteilung Absatz" zu leiten, ihre kommerziellen Aufgaben zu
lösen, zu leiten und zu planen, sich mit den beiden Produktionsbereichen des Werkes Konsumgüter abzustimmen, Entscheidungen,
die in der Werkleiterberatung getroffen worden waren, durchzusetzen, zu sichern und zu kontrollieren sowie die gesetzlichen
Bestimmungen des Gesundheits-, Arbeitsund Brandschutzes zu überwachen und einzuhalten. Für diese Aufgaben sah der Funktionsplan
Personen mit Hoch- oder Fachschulabschluss der Fachrichtung Ökonomie bzw Diplomhandelskaufleute mit langjähriger Berufserfahrung
in der Materialwirtschaft oder im Absatz vor. Ab dem 1.1.1990 war der Kläger für den VEB als "Bereichsleiter Marketing und
Verkauf" tätig. Nachdem ihn die M. GmbH mit Schreiben vom 1.6.1990 zum Geschäftsbereichsleiter Marketing und Vertrieb berufen
hatte, schloss er mit ihr unter dem 30.11.1990 rückwirkend zum 1.9.1990 einen entsprechenden Anstellungsvertrag. Der Kläger
erhielt keine Versorgungszusage; eine korrigierende Rehabilitierungsentscheidung wurde nicht getroffen.
Den Antrag des Klägers, seine Zusatzversorgungsanwartschaften festzustellen und zu überführen, lehnte die Beklagte ab (Bescheid
vom 29.8.2006; Widerspruchsbescheid vom 12.10.2006), weil er die sachliche Voraussetzung nicht erfülle. Denn als "Abteilungsleiter
Absatz" sei er nicht in den unmittelbaren Produktionsprozess eingegliedert gewesen und habe den Produktionsprozess trotz seiner
"technischen" Qualifikation nicht aktiv beeinflussen können.
Klage und Berufung des Klägers sind erfolglos geblieben (Urteil des SG Halle vom 25.9.2008; Urteil des LSG Sachsen-Anhalt
vom 23.6.2011). Zur Begründung hat das Berufungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Feststellung
von Zugehörigkeitszeiten zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 8 Abs 3 S 1 iVm Abs 2 und § 1 Abs 1 S 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) vom 25.7.1991 (BGBl I 1606, seither mehrfach geändert, zuletzt durch das Gesetz zur Änderung des
Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19.12.2007, BGBl I 3024). Denn er falle nicht in den Geltungsbereich des § 1 Abs 1 S 1 AAÜG, weil er der AVItech weder tatsächlich noch im Wege der Unterstellung angehört habe. Ihm sei weder eine Versorgung zugesagt
worden noch liege eine Rehabilitierungsentscheidung oder der rechtsstaatswidrige Entzug einer Versorgungsanwartschaft vor.
Die Rechtsprechung des BSG, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem auch im Wege der Unterstellung erfolgen könne, lehne der Senat
ab. Ungeachtet dessen lägen aber weder die sachliche noch die betriebliche Voraussetzung vor, die nach der Rechtsprechung
des BSG für die Annahme einer fingierten Anwartschaft zwingend erforderlich seien. Die sachliche Voraussetzung fehle, weil der Kläger
weder als "Abteilungsleiter Absatz" noch als "Bereichsleiter Marketing und Verkauf" ingenieurtechnische Arbeiten entsprechend
seinem Berufsbild verrichtet habe, sondern in beiden Funktionen berufsfremd eingesetzt worden sei. Denn als "Abteilungsleiter
Absatz" habe er schwerpunktmäßig organisatorische Aufgaben im kaufmännischen Bereich wahrgenommen, für die der Funktionsplan
ein Studium der Ökonomie vorausgesetzt habe. Keine Aufgabe, die der Funktionsplan aufliste, habe einen ingenieurtechnischen
Schwerpunkt gehabt oder ein Ingenieur-Studium erfordert. Für die Tätigkeit als "Bereichsleiter Marketing und Verkauf" gelte
nichts anderes. Darüber hinaus sei der Senat nicht davon überzeugt, dass der Kläger am 30.6.1990 in einem volkseigenen Produktionsbetrieb
der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb tätig gewesen sei. Denn es spreche Überwiegendes dafür,
dass er am Stichtag Leiter des Geschäftsbereichs Marketing und Vertrieb der M. GmbH und nicht mehr Bediensteter des VEB M.
Kombinat W. gewesen sei. Dies belege insbesondere die mit Schreiben der M. GmbH vom 1.6.1990 ausgesprochene Berufung zum Geschäftsbereichsleiter
Marketing und Vertrieb. Die Eintragungen im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung könnten dies nicht widerlegen, weil
sie überstempelt und damit für das Jahr 1990 nebulös, zweifelhaft und schwammig seien. Die Zweifel, dass zwischen dem Kläger
und dem VEB M. Kombinat W. am 30.6.1990 noch ein Arbeitsrechtsverhältnis bestanden habe, ließen sich auch nicht dadurch ausräumen,
dass er erst am 30.11.1990 rückwirkend zum 1.9.1990 einen Anstellungsvertrag mit der M. GmbH geschlossen habe. Denn für seine
zwischenzeitliche Abberufung aus der Tätigkeit als Bereichsleiter Marketing und Absatz der M. GmbH lägen keinerlei Anhaltspunkte
vor. Das LSG hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen, weil die Rechtsprechung des früheren
4. Senats des BSG zur sog sachlichen Voraussetzung für eine fiktive Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVItech nicht widerspruchsfrei
erscheine. Hinsichtlich der sog betrieblichen Voraussetzung sei ungeklärt, auf welchen Zeitpunkt/Zeitraum genau abzustellen
sei; dies gelte insbesondere auch deshalb, weil der 30.6.1990 ein Samstag gewesen sei.
Mit der Revision rügt der Kläger eine Divergenz zu den Urteilen des BSG vom 9.4.2002 (B 4 RA 31/01 R - SozR 3-8570 § 1 Nr 2) und des erkennenden Senats vom 19.10.2010 (B 5 RS 3/09 R - Juris): Er sei vom 1.1.1986 bis zum 30.6.1990 als "Abteilungsleiter Absatz" für den VEB M. Kombinat W. tätig gewesen.
Dort habe er ua die disziplinarische, organisatorische und fachliche Verantwortung für den technischen Kundendienst getragen,
der mit zwei Ingenieuren, einem Sacharbeiter und einem weiteren Mitarbeiter besetzt gewesen sei. Hiermit sei eine Vielzahl
ingenieurtechnischer Aufgaben verbunden gewesen, die sehr hohe technische Kompetenz im Maschinenbau (Elektroantriebe), fundiertes
Produktwissen, Kenntnis der internen Produktionsabläufe und die Fähigkeit erfordert hätten, Analysen zur Fehlerdefinition
am Produkt durchzuführen. Die Erkenntnisse, die der technische Kundendienst dabei gewonnen habe, seien wesentliche Voraussetzung
für die Steuerung der Qualitätssicherung des Werkes und für die Produktionssteuerung bei Schwierigkeiten und Problemen in
der Serienfertigung, Materialbeschaffung und bei Terminengpässen mit Vertragspartnern gewesen. Dagegen sei der Produktabsatz
in der Mangelwirtschaft der DDR auf eine Verteilungsaufgabe reduziert gewesen, sodass seine Schwerpunktaufgaben nicht im kommerziellen
Bereich gelegen hätten. Als ihn die M. GmbH zum Bereichsleiter Marketing und Absatz berufen habe, sei damit seine bisherige
Tätigkeit als "Abteilungsleiter Absatz" beim VEB M. Kombinat W. nicht beendet gewesen. Vielmehr habe er diese Aufgabe bis
zum 30.6.1990 vollumfänglich wahrgenommen und sei bis zu diesem Zeitpunkt beim VEB und nicht in einem privatisierten Betrieb
beschäftigt gewesen. Die Rechtsfähigkeit des VEB sei am 4.7.1990 entfallen, und erst zu diesem Zeitpunkt sei die GmbH ins
Handelsregister eingetragen worden. Indem das LSG annehme, er habe bereits vor dem 30.6.1990 für die M. GmbH gearbeitet, führe
es die "Theorie der leeren Hülle" unzulässigerweise fort.
Der Kläger beantragt,
1. die Urteile des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 23. Juni 2011 und des Sozialgerichts Halle vom 25. September 2008
sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2006 aufzuheben
und
2. die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom 1. Januar 1975 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen
Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Es könne dahinstehen, ob der Kläger in einem Betrieb beschäftigt gewesen sei, den die Versorgungsordnung erfasse. Jedenfalls
sei die sachliche Voraussetzung nicht erfüllt. Der Kläger habe nämlich eine Tätigkeit ausgeübt, die im Wesentlichen ökonomische/kaufmännische
Arbeitsinhalte gehabt habe. Damit sei er nicht als Ingenieur tätig gewesen. Auf die gerügte Divergenz zur oberstgerichtlichen
Judikatur komme es deshalb nicht an.
II
Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§
170 Abs
2 S 2
SGG).
Ob die Beklagte die begehrten rechtlichen Feststellungen hätte treffen müssen, lässt sich ohne weitere Tatsachenfeststellungen
nicht entscheiden. Als Anspruchsgrundlage kommt allein § 8 Abs 2, Abs 3 S 1 und Abs 4 Nr 1 AAÜG in Betracht. Nach § 8 Abs 3 S 1 AAÜG hat die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme der Anlage 1 Nr 1 bis 27 (§ 8 Abs 4 Nr 1 AAÜG) dem Berechtigten durch Bescheid den Inhalt der Mitteilung nach Abs 2 aaO bekannt zu geben. Diese Mitteilung hat folgende
Daten zu enthalten (vgl BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 2 S 10): Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem, das hieraus tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder
Arbeitseinkommen, die Arbeitsausfalltage sowie - jedenfalls bis zum Inkrafttreten des 2. AAÜG-ÄndG zum 3.8.2001 (vgl hierzu Urteil des erkennenden Senats vom 14.12.2011 - B 5 R 2/10 R - SozR 4-8570 § 7 Nr 3) - alle Tatumstände, die erforderlich sind, um eine besondere Beitragsbemessungsgrenze anzuwenden
(§§ 6, 7 AAÜG).
Allerdings hat der Versorgungsträger diese Daten nur festzustellen, wenn das AAÜG anwendbar ist (BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 2 S 10 und Nr 6 S 37). Den Anwendungsbereich des AAÜG, das am 1.8.1991 in Kraft getreten ist (Art 42 Abs 8 des Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung - Rentenüberleitungsgesetz
- vom 25.7.1991, BGBl I 1606), regelt dessen seither unveränderter § 1 Abs 1. Danach gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften
(= Versorgungsberechtigungen), die auf Grund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme
iS der Anlage 1 und 2) im Beitrittsgebiet (§
18 Abs
3 SGB IV) erworben worden sind (S 1). Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden
aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten (S 2), sodass das AAÜG auch in diesen Fällen Geltung beansprucht.
Auf Grund der Feststellungen des LSG kann nicht entschieden werden, ob der Kläger vom persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG erfasst ist, weil er am 1.8.1991 aus bundesrechtlicher Sicht eine "auf Grund der Zugehörigkeit" zur AVItech "erworbene" Anwartschaft
hatte. Hierauf kommt es deshalb entscheidend an, weil der Kläger weder einen "Anspruch" iS von § 1 Abs 1 S 1 AAÜG noch eine fiktive Anwartschaft gemäß S 2 aaO innehat.
Der Ausdruck "Anspruch" umfasst in seiner bundesrechtlichen Bedeutung das (Voll-)Recht auf Versorgung, wie die in §
194 BGB umschriebene Berechtigung, an die auch §
40 SGB I anknüpft, vom Versorgungsträger (wiederkehrend) Leistungen, nämlich die Zahlung eines bestimmten Geldbetrages zu verlangen.
Dagegen umschreibt "Anwartschaft" entsprechend dem bundesdeutschen Rechtsverständnis eine Rechtsposition unterhalb der Vollrechtsebene,
in der alle Voraussetzungen für den Anspruchserwerb bis auf den Eintritt des Versicherungs- bzw Leistungsfalls (Versorgungsfall)
erfüllt sind (BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 6 S 38 und Nr 7 S 54).
Ausgehend von diesem bundesrechtlichen Begriffsverständnis hat der Kläger schon deshalb keinen "Anspruch" auf Versorgung iS
des § 1 Abs 1 S 1 AAÜG erworben, weil bei ihm bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1.8.1991 kein Versorgungsfall (Alter, Invalidität) eingetreten
war. Zu seinen Gunsten begründet auch nicht ausnahmsweise § 1 Abs 1 S 2 AAÜG eine (gesetzlich) fingierte Anwartschaft ab dem 1.8.1991, weil der Kläger in der DDR nie konkret in ein Versorgungssystem
einbezogen worden war und diese Rechtsposition deshalb später auch nicht wieder verlieren konnte (vgl dazu BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 2 S 15 und Nr 3 S 20 f; SozR 4-8570 § 1 Nr 4 RdNr 8 f).
Dagegen kann auf der Grundlage der bisherigen Tatsachenfeststellungen nicht entschieden werden, ob der Kläger "auf Grund der
Zugehörigkeit" zu einem Zusatzversorgungssystem eine "Anwartschaft" auf Versorgung iS von § 1 Abs 1 S 1 AAÜG erworben hat. Der erkennende Senat hat die Rechtsprechung des 4. Senats des BSG (vgl SozR 3-8570 § 1 Nr 7) zum Stichtag 30.6.1990 und zur sog erweiternden Auslegung im Ergebnis in seinen Entscheidungen vom 15.6.2010 (vgl nur
BSGE 106, 160 = SozR 4-8570 § 1 Nr 17) ausdrücklich fortgeführt. Die weiterhin geäußerten Bedenken des LSG geben keinen Anlass zur nochmaligen
Prüfung (s dazu bereits Senatsurteil vom 9.5.2012 - B 5 RS 7/11 R - Juris).
Ausgangspunkt für die Beurteilung der Frage einer fiktiven Zugehörigkeit zum System der zusätzlichen Altersversorgung der
technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben auf der Grundlage des am 1.8.1991 geltenden
Bundesrechts am Stichtag 30.6.1990 sind die "Regelungen" für die Versorgungssysteme, die gemäß Anl II Kap VIII Sachgebiet
H Abschn III Nr 9 des Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die
Herstellung der Einheit Deutschlands vom 31.8.1990 (BGBl II 889) mit dem Beitritt am 3.10.1990 zu - sekundärem - Bundesrecht
geworden sind. Dies sind insbesondere die VO-AVItech vom 17.8.1950 (GBl DDR 844) und die 2. Durchführungsbestimmung (2. DB),
soweit sie nicht gegen vorrangiges originäres Bundesrecht oder höherrangiges Recht verstoßen.
Nach § 1 VO-AVItech und der dazu ergangenen 2. DB hängt das Bestehen einer fingierten Versorgungsanwartschaft von folgenden
drei Voraussetzungen ab (vgl BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 2 S 14, Nr 5 S 33, Nr 6 S 40 f, Nr 7 S 60; SozR 4-8570 § 1 Nr 9 S 48), die kumulativ am Stichtag 30.6.1990 vorliegen müssen,
1. von der Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung),
2. von der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung),
3. und zwar in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (§ 1 Abs 1 der 2. DB) oder
in einem durch § 1 Abs 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
Das LSG hat festgestellt, dass der Kläger berechtigt ist, die Berufsbezeichnung Diplomingenieur zu führen. Ob der Kläger auch
die sachliche (nachfolgend a) und die betriebliche (nachfolgend b) Voraussetzung erfüllt, konnte der Senat nicht abschließend
entscheiden.
a) Nach der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des BSG (Urteil vom 23.8.2007 - B 4 RS 2/07 R - Juris RdNr 18; s auch Urteil vom 31.3.2004 - B 4 RA 31/03 R - Juris RdNr 19 f) und des erkennenden Senats (Urteil vom 9.5.2012 - B 5 RS 7/11 R - Juris RdNr 24) erfüllen Ingenieure die sachliche Voraussetzung für eine Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der
technischen Intelligenz nur dann, wenn der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit entsprechend ihrem Berufsbild im produktionsbezogenen
ingenieurtechnischen Bereich lag und damit die Aufgabenerfüllung geprägt hat. Lag der Schwerpunkt dagegen in anderen Bereichen,
zB im wirtschaftlichen bzw kaufmännischen Bereich, waren die Ingenieure nicht schwerpunktmäßig, dh überwiegend, entsprechend
ihrem Berufsbild, sondern vielmehr berufsfremd eingesetzt. Nach der stRspr bedeutet "berufsfremd" die Ausübung einer Tätigkeit,
die nicht schwerpunktmäßig durch die durchlaufene Ausbildung und die im Ausbildungsberuf typischerweise gewonnenen Erfahrungen
geprägt ist. Dem widerspricht die Entscheidung vom 23.8.2007 (B 4 RS 2/07 R - Juris RdNr 18) schon deshalb nicht, weil sie lediglich beispielhaft Tätigkeitsschwerpunkte benennt, bei denen es an einer
derartigen Prägung fehlt. Der maßgebliche Schwerpunkt der zum Stichtag 30.6.1990 ausgeübten Tätigkeit ist von dem organisatorischen
Arbeitsbereich, in dem diese Tätigkeit innerhalb des Betriebes verrichtet wird, zu unterscheiden. Das Urteil vom 18.10.2007
(B 4 RS 17/07 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 14 RdNr 43) betont dies nochmals ausdrücklich und weist ua darauf hin, dass damit versorgungsrechtlich
etwa auch unerheblich ist, wenn die insofern allein relevante Tätigkeit innerhalb eines leitungs- und produktionssichernden
Bereichs ausgeübt wird. Widersprüche in der Rechtsprechung des früheren 4. Senats vermag der erkennende Senat - anders als
das LSG - deshalb nicht zu entdecken.
Für die Prüfung der sachlichen Voraussetzung ist demnach von der erworbenen Berufsbezeichnung iS der 2. DB auszugehen und
zu ermitteln, welches Berufsbild dieser unter Berücksichtigung der Ausbildung und der im späteren Ausbildungsberuf typischerweise
gewonnenen Erfahrungen zu Grunde liegt. Im Anschluss hieran ist festzustellen, welche Tätigkeit der Versicherte konkret ausgeübt
hat und zu fragen, ob diese im Schwerpunkt dem der Berufsbezeichnung zu Grunde liegenden Berufsbild entspricht. Dies ist zu
bejahen, wenn die ausgeübte Tätigkeit überwiegend durch die in der Ausbildung zu einem Beruf iS des § 1 Abs 1 der 2. DB gewonnenen
Kenntnisse und Fertigkeiten und die im Ausbildungsberuf typischerweise gewonnenen Erfahrungen geprägt ist (vgl Senatsurteil
vom 9.5.2012 - B 5 RS 7/11 R - Juris RdNr 25; BSG Urteil vom 18.10.2007 - B 4 RS 17/07 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 14 RdNr 44 mwN).
Es fehlen bereits Feststellungen des LSG zum Berufsbild des (Diplom-)Ingenieurs der Fachrichtung Konstruktionstechnik. Darüber
hinaus ist der Senat an die Feststellungen des LSG, "für die Tätigkeit als Bereichsleiter Marketing und Verkauf" gelte "nichts
anderes" als für die Tätigkeit eines "Abteilungsleiters Absatz", nicht gemäß §
163 SGG gebunden. Denn das angefochtene Urteil gibt den Sachverhalt insofern nur undeutlich an; insbesondere wird die pauschale Aussage,
dass sich mit dem Wechsel in der Funktionsbezeichnung weder Tätigkeitsinhalte noch Anforderungsprofil geändert haben, nicht
mit konkreten Tatsachenangaben untermauert, die es ermöglichen könnten, diese Schlussfolgerung tatsächlicher Art nachzuvollziehen
und zu überprüfen (vgl Senatsurteil vom 19.7.2011 - B 5 RS 7/10 R - BSGE 108, 300 = SozR 4-8570 § 1 Nr 18, RdNr 34; BSG SozR Nr 6 zu §
163 SGG). Im Ansatz zutreffend entnimmt das LSG dem Funktionsplan des VEB M. Kombinat W. die Hauptaufgaben und die fachlichen Anforderungen,
die für die Tätigkeit des Klägers als "Abteilungsleiter Absatz" maßgebend waren. Es lässt jedoch offen, aus welchen Gründen
und inwieweit diese abstrakte Stellenbeschreibung auf die konkrete Tätigkeit eines "Bereichsleiters Marketing und Verkauf"
übertragbar ist, die der Kläger nach den Feststellungen des LSG zuletzt, dh ab dem 1.1.1990, beim VEB ausgeübt hat. Denn es
kommt - worauf das LSG zu Recht hinweist - ausschließlich auf die Verhältnisse am 30.6.1990 und nicht darauf an, ob der Kläger
in früheren Jahren seiner beruflichen Tätigkeit ingenieurtechnisch gearbeitet hat oder berufsfremd eingesetzt war. Soweit
es sich um eine bloße Umbenennung ohne (inhaltliche) Aufgabenänderung (zB zur Anpassung an den marktwirtschaftlichen Sprachgebrauch)
gehandelt haben sollte, hätte das LSG dies ausdrücklich erörtern und erläutern müssen. Stattdessen lassen es die Ausführungen
des LSG als möglich erscheinen, dass es unzulässigerweise aus der vorletzten auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit geschlossen
haben könnte. Soweit der Kläger in der Revisionsbegründung selbst angibt, zuletzt als "Abteilungsleiter Absatz" tätig gewesen
zu sein, darf der Senat dieses Vorbringen, das von den tatsächlichen Feststellungen des LSG abweicht, nicht berücksichtigen,
weil "das BSG ... an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden" ist (§
163 SGG). Der abweichende Sachvortrag des Klägers, der keine Revisionsrüge enthält, kann in der Revisionsinstanz somit nicht berücksichtigt
werden (vgl dazu BSGE 89, 250, 252 = SozR 3-4100 § 119 Nr 24; BSGE 31, 63, 65 = SozR Nr 17 zu § 3 AVG).
Im wieder eröffneten Berufungsverfahren wird das LSG daher im Rahmen der sachlichen Voraussetzung prüfen müssen, ob die am
Stichtag tatsächlich verrichtete Tätigkeit mit ihrem Anforderungsprofil dem ermittelten Berufsbild des (Diplom-)Ingenieurs
der Fachrichtung Konstruktionstechnik schwerpunktmäßig entsprach. Um das Anforderungsprofil der Tätigkeit zu ermitteln, die
der Kläger am Stichtag ausgeübt hat, wird das LSG - soweit vorhanden - den einschlägigen Funktionsplan heranziehen und die
dort aufgelisteten Aufgaben konkretisieren müssen. Sollten die Aufgaben des "Abteilungsleiters Absatz" und des "Bereichsleiters
Marketing und Verkauf" identisch gewesen sein, wird das LSG dies nachvollziehbar belegen müssen. Die bisherigen Angaben des
LSG beschränken sich auf die abstrakte Benennung von Zuständigkeitsbereichen des "Abteilungsleiters Absatz", die dem Funktionsplan
des VEB M. Kombinat W. entnommen sind. Dies ersetzt keinesfalls die notwendige detaillierte Stellenbeschreibung unter konkreter
Angabe der tatsächlich verrichteten Tätigkeiten in der zuletzt ausgeübten Beschäftigung.
b) Ob die betriebliche Voraussetzung iS der VO-AVItech iVm der 2. DB erfüllt ist, bestimmt sich danach, wer auf Grund der
tatsächlichen Gegebenheiten am 30.6.1990 (BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 2 bis 8) Arbeitgeber im rechtlichen Sinn war (BSG SozR 4-8570 § 1 Nr 2 RdNr 31 und Nr 4 RdNr 15) und welchen Zweck dessen Betrieb tatsächlich verfolgte (vgl zum Ganzen: BSGE 106, 160 = SozR 4-8570 § 1 Nr 17, RdNr 32). Für die Frage der Arbeitgebereigenschaft und die Feststellung des Zwecks, den der Betrieb
am Stichtag verfolgte, ist unerheblich, dass der 30.6.1990 ein Samstag war und ob an diesem Tag tatsächlich gearbeitet wurde
oder die Produktion ruhte. Ferner muss zwischen diesem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer ein Beschäftigungsverhältnis bestanden
haben, wie dies in §
1 Nr
1 SGB VI iVm §
7 Abs
1 SGB IV vorausgesetzt wird, also im Regelfall ein Arbeitsverhältnis im arbeitsrechtlichen Sinn (BSG SozR 4-8570 § 1 Nr 2 RdNr 31), das als Dauerschuldverhältnis auch an Samstagen sowie Sonn- und Feiertagen fortbesteht. Auch deshalb ist rechtlich
irrelevant, dass der 30.6.1990 ein Samstag war. Wenn bei der Qualifizierung, ob ein Beschäftigungsverhältnis von einem bestimmten
Versorgungsverhältnis erfasst wurde, ua auf den Betriebstyp abzustellen ist, ist der Betrieb des Arbeitgebers angesprochen;
dieser ist die Beschäftigungsstelle im rechtlichen Sinn. Ein Dritter ist nicht Partei des Beschäftigungsverhältnisses. Deshalb
kommt es auf dessen Betrieb nicht an, auch wenn der Arbeitnehmer hier die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu
erbringen hat (vgl BSG Urteil vom 24.7.2003 - B 4 RA 40/02 R - SozR 4-8570 § 5 Nr 1; BSG SozR 4-8570 § 1 Nr 2 RdNr 31).
Nach den insoweit bindenden (§
163 SGG) Feststellungen des LSG war der Kläger ab dem 1.1.1975 ununterbrochen beim VEB M. Kombinat W. beschäftigt, zuletzt als "Bereichsleiter
Marketing und Verkauf". Das LSG bezweifelt jedoch, dass der Kläger auch noch am 30.6.1990 für diesen Betrieb oder einen (anderen)
volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder einen gleichgestellten Betrieb tätig gewesen sei. Vielmehr
spreche "Überwiegendes" dafür, dass der Kläger am Stichtag bereits "Leiter des Geschäftsbereiches Marketing und Vertrieb der
M. GmbH und nicht mehr Bediensteter des VEB M. Kombinat W." gewesen sei. Um diese Aussage zu untermauern, hätte sich das LSG
jedoch davon überzeugen müssen, dass, wie und ggf zu welchem Zeitpunkt das seit dem 1.1.1975 bestehende Beschäftigungsverhältnis
mit dem VEB aufgelöst worden ist, also entweder das Erlöschen des VEB (zB durch Betriebsumwandlung in ein Nachfolgeunternehmen)
oder das Eingreifen eines arbeitsrechtlichen Beendigungstatbestandes feststellen müssen.
Um herauszufinden, ob der VEB M. Kombinat W. am Stichtag überhaupt noch existierte oder bereits vor dem 1.7.1990 durch Umwandlung
in die M. GmbH oder eine andere Kapitalgesellschaft gemäß § 7 S 3 der Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten,
Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften (UmwVO) vom 1.3.1990 (GBl DDR I 107) erloschen war, wird das LSG zu ermitteln
und zu beachten haben, dass eine entsprechende Umwandlungserklärung, die konstitutive Bedeutung hatte (Senatsurteil vom 15.6.2010
- B 5 RS 10/09 R - BSGE 106, 160 = SozR 4-8570 § 1 Nr 17, RdNr 35 mwN), erst mit der Eintragung der Kapitalgesellschaft in das beim Staatlichen Vertragsgericht
geführte Register wirksam wurde. Bis dahin stand eine etwaige Umwandlung nach der UmwVO unter der aufschiebenden Bedingung
der Eintragung. Keinesfalls kommt vor dem 1.7.1990 neben VEB und GmbH bzw AG die Existenz eines weiteren Rechtssubjekts in
Betracht (Senatsurteil aaO RdNr 37); bis zur Eintragung der Kapitalgesellschaft bzw ihrer Entstehung kraft Gesetzes am 1.7.1990
gab es kein "Nebeneinander von VEB und Kapital-Vorgesellschaft" (Senatsurteil aaO RdNr 37).
Gleichwertig alternativ kann die Schlussfolgerung des LSG auch darauf gestützt werden, dass das Arbeitsverhältnis zwischen
dem fortexistierenden VEB M. Kombinat W. und dem Kläger vor dem 1.7.1990 beendet worden ist. Dafür genügt es allerdings nicht
bereits, auf die Aufnahme eines neuen Beschäftigungsverhältnisses (mit der M. GmbH) hinzuweisen, weil ein altes Beschäftigungsverhältnis
nicht automatisch (eo ipso) durch Aufnahme eines neuen Beschäftigungsverhältnisses beendet werden konnte. Vielmehr wird das
LSG ermitteln müssen, ob das Arbeitsrechtsverhältnis zwischen dem VEB M. Kombinat W. und dem Kläger zuletzt durch Arbeitsvertrag
(§ 38 Abs 1 des Arbeitsgesetzbuches der DDR vom 16.6.1977 [GBl DDR I 185]; nachfolgend: AGB-DDR 1977 in der bis zum 30.6.1990
geltenden Fassung [aF]) oder durch Berufung (§ 38 Abs 2 AGB-DDR 1977 aF) begründet worden war und dann einen gerade auf den
vorgefundenen Begründungsakt bezogenen Beendigungstatbestand feststellen müssen.
Im ersten Fall wird das LSG der Frage nachgehen müssen, ob und ggf wann das durch Arbeitsvertrag begründete Arbeitsrechtsverhältnis
durch welchen Beendigungstatbestand wirksam (§ 60 AGB-DDR 1977 aF) aufgelöst worden ist. Dabei kommt insbesondere ein Überleitungsvertrag
nach den §§ 51, 53 AGB-DDR 1977 aF in Betracht. Dieser war eine spezielle Rechtsform der Aufhebung (Auflösung) eines Arbeitsvertrages
mit dem alten Arbeitgeber und des gleichzeitigen Abschlusses eines neuen Arbeitsvertrages mit dem neuer Arbeitgeber. Er diente
der reibungslosen Überleitung des "Werktätigen" in einen anderen Betrieb und des einen Arbeitsverhältnisses in ein anderes
und sicherte damit die ununterbrochene Tätigkeit des "Werktätigen" (vgl BSG Urteile vom 18.12.2003 - B 4 RA 20/03 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 2 RdNr 33 und vom 29.7.2004 - B 4 RA 4/04 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 4 RdNr 17; dazu auch: Autorenkollektiv unter Kunz/Thiel, Arbeitsrecht, Lehrbuch, 1983, Staatsverlag
der DDR, S 135 f, 138 f). Notwendiger Vertragsinhalt war die Festlegung des Tages der Auflösung des Arbeitsvertrages mit dem
bisherigen Betrieb und die Festlegung des Beginns der Tätigkeit im neuen Betrieb (§ 53 Abs 1 S 1 AGB-DDR 1977 aF). Das LSG
hat bislang nicht festgestellt, dass der Kläger und der VEB M. Kombinat W. die notwendigen Erklärungen zum Abschluss eines
Überleitungsvertrages abgegeben und den Tag der Auflösung des bisherigen Arbeitsvertrages festgelegt haben.
Sollte das Arbeitsrechtsverhältnis zwischen Kläger und VEB dagegen "durch Berufung" zur "Wahrnehmung besonders verantwortlicher
staatlicher oder gesellschaftlicher Funktionen" begründet worden sein (vgl dazu § 15 Abs 1 S 2, § 38 Abs 2, § 62 Abs 1 S 1
AGB-DDR 1977 aF), wird das LSG feststellen müssen, ob und ggf wann der Kläger durch den VEB M. Kombinat W. von der Tätigkeit
eines "Bereichsleiters Marketing und Verkauf" abberufen worden ist. Denn nach § 62 Abs 1 S 1 AGB-DDR 1977 aF endeten Arbeitsrechtsverhältnisse,
die durch Berufung begründet worden waren, durch Abberufung. Allein in der (Neu-)Berufung durch die M. GmbH zum "Geschäftsbereichsleiter
Marketing und Vertrieb" lag jedoch keine Abberufung von der Tätigkeit eines "Bereichsleiters Marketing und Verkauf" durch
den allein hierfür befugten VEB M. Kombinat W..
Sollte der Kläger am Stichtag sowohl bei dem VEB M. Kombinat W. als auch bei der M. GmbH beschäftigt gewesen sein, wird das
LSG entscheidend darauf abzustellen haben, wo der Kläger am Stichtag schwerpunktmäßig tätig war.
Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des LSG vorbehalten.