Parallelentscheidung zu BSG B 9 V 7/20 BH v. 03.02.2021
Gründe
I
Der Kläger begehrt in der Hauptsache wegen der seiner Meinung nach verzögerten Weiterleitung seines Notrufs bei der Einsatzleitstelle
an die zuständige Polizeistation nach dem Bemerken eines Brandes in der Nähe von St. A im Nationalpark Harz eine Grundrente
nach dem
Opferentschädigungsgesetz (
OEG). Mit Urteil vom 24.9.2020 hat das LSG den geltend gemachten Anspruch verneint. Es fehle bereits an einem Angriff iS des
§
1 Abs
1 OEG. Auch handele es sich nicht um einen gleich zu achtenden Angriff iS des §
1 Abs
2 OEG.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 1.11.2020 Prozesskostenhilfe (PKH) für eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision
in dem genannten Urteil beantragt.
II
Der Antrag des Klägers auf PKH ist abzulehnen.
Nach §
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
114 Abs
1 Satz 1
ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung
nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht
mutwillig erscheint.
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Das gegen die angefochtene Berufungsentscheidung
allein in Betracht kommende zulässige Rechtsmittel ist die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (§
160a SGG). Die Revision darf gemäß §
160 Abs
2 SGG nur zugelassen werden, wenn einer der dort abschließend genannten Revisionszulassungsgründe vorliegt. Das ist hier nach der
im PKH-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung nach Durchsicht der Akten und Würdigung des Vorbringens des Klägers im Schreiben
vom 1.11.2020 nicht erkennbar.
Es ist nicht ersichtlich, dass ein zur Vertretung vor dem BSG zugelassener Prozessbevollmächtigter (§
73 Abs
2 und
4 SGG) geltend machen könnte, dass der Rechtssache eine grundsätzliche Bedeutung (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) zukommt. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne der vorgenannten Bestimmung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage
aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch
das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Solche Rechtsfragen stellen sich im Fall des Klägers aber nicht. Des Weiteren
ist nicht erkennbar, dass der Zulassungsgrund der Divergenz (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) vorliegt. Denn die angefochtene Entscheidung des LSG ist nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung abgewichen.
Schließlich lässt sich auch kein Verfahrensmangel feststellen, der gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte.
Nach §
160 Abs
2 Nr
3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen
kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von §
109 SGG und §
128 Abs
1 Satz 1
SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des §
103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende
Begründung nicht gefolgt ist. Solche im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde relevanten Verfahrensmängel hat der Kläger
nicht benannt; sie sind auch nicht ersichtlich. Insbesondere musste sich das LSG nicht gedrängt fühlen, einem bis zuletzt
(hier: Ende der mündlichen Verhandlung) aufrechterhaltenen (ordnungsgemäßen) Beweisantrag nachzugehen. Dass die Beamten der
Einsatzstelle, die Polizei oder die Feuerwehr den Einsatz in irgendeiner Weise bewusst verzögert oder Tatsachen verschleiert
haben, noch dazu, um dem Kläger einen gesundheitlichen Schaden zuzufügen, ist nicht ansatzweise ersichtlich. Zu Ermittlungen
"ins Blaue hinein" oder "aufs Gratewohl" aufgrund entsprechender Behauptungen oder Vermutungen des Klägers ist das LSG nicht
verpflichtet. Einer Beiziehung der Aufzeichnungen der Notruftelefonate des Klägers bedurfte es daher nicht. Im Übrigen ist
der Kläger zur mündlichen Verhandlung vor dem LSG nicht erschienen. Das Berufungsgericht war berechtigt, in Abwesenheit des
Klägers zu verhandeln und zu entscheiden, weil dieser ordnungsgemäß geladen war und in der Ladung auf die Möglichkeit der
Entscheidung auch im Fall des Ausbleibens hingewiesen wurde (§
110 Abs
1 Satz 2, §
126 SGG).
Aber selbst wenn das LSG im Einzelfall die gesetzlichen Vorgaben insbesondere des §
1 OEG unzutreffend angewendet hätte, könnte dies nicht mit Erfolg als Revisionszulassungsgrund gerügt werden; die inhaltliche Richtigkeit
der Entscheidung des LSG ist nicht Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde (vgl stRspr; zB Senatsbeschluss vom 27.12.2018 - B 9 SB 3/18 BH - juris RdNr 18; Senatsbeschluss vom 21.12.2017 - B 9 V 46/17 B - juris RdNr 8). Für eine solche unzutreffende Rechtsanwendung der Vorinstanz ist aber ohnehin nichts substantiell vorgetragen oder ersichtlich.
Unerheblich für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ist, dass der Kläger das Urteil für falsch hält (vgl stRspr; zB BSG Beschluss vom 2.8.2018 - B 10 ÜG 7/18 B - juris RdNr 12; BSG Beschluss vom 18.12.2012 - B 13 R 305/11 B - juris RdNr 7).
Aufgrund der Ablehnung des PKH-Antrags entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der
PKH (§
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
121 Abs
1 ZPO).