Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende, Berücksichtigung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung
als Einkommen
Gründe:
I. Die Kläger wenden sich gegen die ungekürzte Berücksichtigung der vom Kläger zu 1) bezogenen Teilverletztenrente als Einkommen
bei der Berechnung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 1. Januar bis 30. April
2005.
Der 1948 geborene Kläger zu 1) ist verheiratet und lebt mit seiner Ehefrau, der Klägerin zu 2), in einem gemeinsamen Haushalt.
Sie bewohnen eine 61 qm große Wohnung, für die sie monatlich Einzelmiete in Höhe von 158,49 Euro, einen Zuschlag für Modernisierung
in Höhe von 103,60 Euro, eine Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 73,00 Euro und eine Vorauszahlung für die Wärmeversorgung
in Höhe von 28,00 Euro zahlen. In der Vorauszahlung für die Wärmeversorgung sind Kosten für die Warmwasserversorgung enthalten.
Der Kläger zu 1) bezog bis 26. November 2001 Arbeitslosengeld (Alg), danach Arbeitslosenhilfe (Alhi) von (nach seinen Angaben)
wöchentlich 115,78 Euro. Seit einem 1992 erlittenen Arbeitsunfall erhält er von der Süddeutschen Metall-Berufsgenossenschaft
eine Teilverletztenrente nach dem Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (
SGB VII). Ab 1. November 2003 wurde die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf 30 vH neu festgestellt und beträgt die Rente 324,93
Euro monatlich.
Die Klägerin zu 2) erhielt ausweislich der im Berufungsverfahren vorgelegten Lohn- und Gehaltsabrechnungen für die Monate
Januar bis April 2005 ein Bruttoeinkommen in wechselnder Höhe zwischen 430,44 Euro und 659,13 Euro.
Auf den Antrag vom 23. August 2004 bewilligte die Beklagte den Klägern mit Bescheid vom 7. Dezember 2004 für die Zeit vom
1. Januar bis 30. April 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 348,14 Euro monatlich. Auf den Widerspruch,
der sich gegen die ungeminderte Anrechnung der Verletztenrente als Einkommen richtete, führte die Beklagte eine Neuberechnung
ihrer Leistungen, wiederum unter voller Anrechnung der Verletztenrente, durch und bewilligte mit Änderungsbescheid vom 15.
Februar 2005 für den vorgenannten Zeitraum Leistungen in Höhe von 350,75 Euro monatlich. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.
Februar 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Das Sozialgericht hat die vom Kläger zu 1) erhobene Klage mit Urteil vom 5. Juli 2005 abgewiesen. Das Landessozialgericht
(LSG) hat mit Urteil vom 22. März 2006 die Berufung zurückgewiesen. Der Kläger zu 1) habe keinen Anspruch auf höhere Leistungen
für den zu überprüfenden Zeitraum bis zum 30. April 2005. Der Kläger zu 1) könne nicht verlangen, dass seine Verletztenrente
bei der Berechnung der Leistungen nicht bzw nur gemindert angerechnet werde. Er beziehe eine (Teil-)Verletztenrente aus der
gesetzlichen Unfallversicherung. Sie sei eine Einnahme in Geld, die von § 11 Abs 1 Satz 1 1. Halbsatz SGB II als Einkommen
erfasst werde. Es handele sich nicht um eine Rente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG), die nach § 11 Abs 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB II aus dem Kreis des zu berücksichtigenden Einkommens ausgeklammert sei. Die für die Verletztenrente
zur Anwendung kommenden Regelungen des
SGB VII sähen auch keine entsprechende Anwendung des BVG vor. Die Verletztenrente werde daher vom unmittelbaren Anwendungsbereich des § 11 Abs 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB II nicht erfasst. Eine analoge Anwendung der Ausnahmevorschrift in § 11 Abs 1 Satz 1 2. Halbsatz
SGB II auch auf eine Verletztenrente komme nicht in Betracht. Das Bundessozialgericht (BSG) habe bereits zu der in Wortlaut
und Zielrichtung mit § 11 Abs 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB II identischen Regelung des bisherigen § 76 Abs 1 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) ausgeführt, eine analoge Anwendung dieser gesetzlichen Spezial- und Ausnahmevorschrift auf eine Verletztenrente nach dem
Unfallversicherungsrecht sei nicht geboten (BSGE 90, 175, 177 = SozR 3-5910 § 76 Nr 4). Dies gelte auch für das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Die Berücksichtigung
der Verletztenrente als Einkommen sei auch nicht nach § 11 Abs 3 SGB II ausgeschlossen. Die Verletztenrente sei auch keine
Entschädigung iS des § 11 Abs 3 Nr 2 SGB II, die wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden sei, nach §
253 Abs
2 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) geleistet werde. Zwar diene die Verletztenrente ua dem Ausgleich eines erlittenen immateriellen Schadens. Vorrangig diene
sie jedoch dem Ausgleich der aus dem Arbeitsunfall resultierenden Erwerbsminderung und damit primär dem Ausgleich erlittener
Vermögensschäden. Die volle Anrechnung der Verletztenrente nach dem
SGB VII unterliege auch im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot des Art
3 Abs
1 Grundgesetz (
GG) keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Es sei nicht zu beanstanden, dass das Sozialgesetzbuch Drittes Buch (
SGB III) iVm § 2 Nr 1 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV) 2002 für die Gewährung von Alhi einen Freibetrag für die Anrechnung der Verletztenrente vorgesehen habe, während die Bestimmungen
des SGB II und die der Alg II-Verordnung (Alg II-V) für die Gewährung einer ganz überwiegend bedarfsorientierten Sozialleistung
nach dem SGB II einen solchen Freibetrag nicht mehr vorsähen. Die Beklagte habe danach zu Recht die Verletztenrente des Klägers
zu 1) ungekürzt als Einkommen iS des § 11 Abs 1 SGB II zu Grunde gelegt. Da der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) in einer
Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 Nr 3a SGB II lebten, sei auch ihr Einkommen zu berücksichtigen. Aus den für die Monate
Januar bis April 2005 vorgelegten Lohn- und Gehaltsabrechnungen ergebe sich, dass für Februar 2005 in Höhe von 27,25 Euro
zu geringe Leistungen gewährt worden seien. Dem stünden jedoch Überzahlungen für Januar 2005 in Höhe von 16,75 Euro, für März
2005 in Höhe von 44,75 Euro und für April 2005 in Höhe von 36,75 Euro gegenüber, sodass der Kläger zu 1) durch die angefochtenen
Bescheide nicht beschwert sei.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision machen die Kläger geltend, das LSG habe zu Unrecht die Verletztenrente in voller Höhe
auf die Alg II-Ansprüche mindernd angerechnet. Die Verletztenrente sei als eine zweckbestimmte Einnahme iS des § 11 Abs 3
Nr 1a SGB II geschützt. Während nach § 83 Abs 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) zweckidentische Leistungen zur Vermeidung
von Doppelleistungen auf das leistungsrechtlich bedeutsame Einkommen angerechnet würden, finde sich in § 11 Abs 3 Nr 1a SGB
II keine "ausdrückliche" Zielsetzung. Hier unterbleibe deshalb die Berücksichtigung des Einkommens als Einnahme, wenn eine
klare Zweckbestimmung diese Einnahme und Zuwendung bestehe, die nicht dem Zweck der Leistung des SGB II entspreche. Durch
das Wort "soweit" in § 11 Abs 3 SGB II werde deutlich, dass Einkommen nicht nur als Ganzes betrachtet werden müsse, sondern
teilbar sei. Das Wort "soweit" mache weiterhin deutlich, dass die verschiedenen zweckbestimmten Leistungen auch unterschiedlich
zu betrachten seien. Dies gelte auch für die Verletztenrente, denn hierbei handele es sich zum Teil um eine zweckbestimmte
Leistung. Sie habe mehrere Funktionen, auf keinen Fall könne man von einer reinen Lohnersatzfunktion ausgehen. Letzteres sei
bereits durch die Rechtsprechung des 7. und 11. Senats (Entscheidungen vom 10. Februar 2004 - B 7 AL 94/02 R und vom 20. Februar 1991 - 11 RAr 109/89) ausgeführt worden. Die dortigen Ausführungen seien allgemein zu verstehen und nicht nur auf die damals gültige AlhiV beschränkt. Deshalb sei bei der Verletztenrente zumindest der Teil, der der Funktion des Ausgleiches der körperlichen Unversehrtheit
und der schädigungsbedingten Mehraufwendungen diene, unberücksichtigt zu lassen. Es müsse also die Verletztenrente in Höhe
des jeweiligen Zahlbetrages der Grundrente nach § 31 BVG unberücksichtigt bleiben. Diese bei der Anrechnung der Verletztenrente auf die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung
in §
93 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (
SGB VI) normierte Gepflogenheit sei auch im Bereich des SGB II anzuwenden. Unter Berücksichtigung der bei ihm anerkannten MdE von
30 vH betrage die Grundrente nach § 31 BVG monatlich 118,00 Euro. Dieser Betrag müsse anrechnungsfrei bleiben. Vermieden werde dadurch auch eine Ungleichbehandlung
iS des Art
3 Abs
1 GG im Verhältnis zu Empfängern zivilrechtlichen Schmerzensgeldes nach §
253 Abs 2
BGB. Unklar sei im Übrigen, warum das Berufungsgericht ihnen den für den Monat Februar 2005 errechneten Betrag in Höhe von 27,25
Euro nicht zugesprochen habe.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts vom 22. März 2006 sowie das Urteil des Sozialgerichts vom 5. Juli 2005 aufzuheben und
die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 7. Dezember 2004 und des Bescheides vom 15. Februar 2005 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 23. Februar 2005 zu verurteilen, ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB
II ohne (volle) Anrechnung der Verletztenrente nach dem
SGB VII zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
II. Die zulässigen Revisionen der Kläger sind im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung an das LSG (§
170 Abs
2 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz [SGG]) begründet.
Auf Grund der vom LSG getroffenen Feststellungen lässt sich nicht abschließend beurteilen, ob den Klägern über den im angefochtenen
Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2004 sowie im Änderungsbescheid vom 15. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 23. Februar 2005 zuerkannten Betrag von 350,75 Euro hinaus höhere Leistungen zustehen. Zwar können die Kläger nicht verlangen,
dass die vom Kläger zu 1) bezogene Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bei der Berechnung der Leistungen
nicht bzw nur gemindert angerechnet wird. Jedoch kann auf Grund der Feststellungen nicht beurteilt werden, in welchem Umfang
von der Klägerin zu 2) erzieltes Einkommen zu berücksichtigen ist.
1. Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensmängel stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen.
a) Wie die Kläger durch entsprechende Erklärungen im Revisionsverfahren klargestellt haben, ist Gegenstand des Verfahrens
nicht nur eine Klage des Klägers zu 1), sondern auch der Klägerin zu 2). Beide Kläger machen trotz Zugehörigkeit zu einer
Bedarfsgemeinschaft (vgl § 7 Abs 3 Nr 3a SGB II idF des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30. Juli 2004, BGBl I 2014) ihre individuellen
Ansprüche auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II geltend (hierzu BSG, Urteil vom 7. November
2006 - B 7b AS 8/06 R; Urteil vom 23. November 2006 - B 11b AS 9/06 R).
b) Die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche auf höhere Leistungen beschränken sich - wie bereits vom LSG zutreffend
ausgeführt worden ist - auf die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. April 2005. Denn die Bewilligung ist im Rahmen der Vorschrift
des § 41 Abs 1 Satz 4 SGB II, nach der Leistungen jeweils für sechs Monate bewilligt werden "sollen", auf den eingangs genannten
Zeitraum beschränkt worden, unabhängig davon, dass Folgebescheide für anschließende Leistungszeiträume - anders als im Arbeitsförderungsrecht
- nicht analog §
96 SGG Gegenstand laufender Klageverfahren werden (hierzu BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 14/06 R; Urteil vom 23. November 2006 - B 11b AS 9/06 R).
c) Die Leistungsansprüche für den genannten Zeitraum sind im Rahmen der erhobenen Anfechtungs- und Leistungsklage unter jedem
rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen. Dem steht nicht entgegen, dass die Revisionsbegründung und der im Revisionsverfahren
gestellte Antrag nur die Frage der Rechtmäßigkeit der vollen Berücksichtigung der Verletztenrente thematisiert hat. Denn bei
einem Streit um höhere Leistungen nach dem SGB II sind alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen
(näher BSG, Urteile vom 23. November 2006 - B 11b AS 9/06 R - und vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 29/06 R).
2. Nach den vom LSG getroffenen Feststellungen ist nicht zweifelhaft, dass die Kläger zum Kreis der Berechtigten iS des §
7 SGB II gehören. Danach erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr
noch nicht vollendet haben (Nr 1), die erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig (Nr 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort
in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4).
Nach § 9 Abs 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt
der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften oder Mitteln,
hierin einbezogen das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen, sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen
erhält. Für die Beurteilung der Hilfebedürftigkeit der Kläger kommt es somit darauf an, ob die Verletztenrente des Klägers
zu 1) ganz oder teilweise als privilegiertes Einkommen anzusehen ist. Dies ist auf Grund des § 11 SGB II zu verneinen.
Nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen mit Ausnahme der Leistungen
nach diesem Buch, der Grundrente nach dem BVG und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) für Schaden an Leben sowie an Körper
oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG.
a) Der Kläger zu 1) bezieht eine (Teil-)Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Sie ist eine Einnahme in
Geld, die von § 11 Abs 1 Satz 1 1. Halbsatz SGB II als Einkommen erfasst wird. Sie erfüllt auch nicht den von seinem Wortlaut
her eindeutigen Ausnahmetatbestand des § 11 Abs 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB II, denn sie ist weder eine Grundrente nach dem BVG, noch sieht das
SGB VII eine entsprechende Anwendung des BVG vor, noch ist sie eine Leistung nach dem BEG.
Wie bereits das LSG zutreffend ausgeführt hat, entspricht die Regelung des § 11 Abs 1 SGB II, der nahezu wortgleich mit §
82 Abs 1 Satz 1 SGB XII übereinstimmt, dem bisherigen § 76 BSHG. Diese Anknüpfung an das BSHG war vom Gesetzgeber auch beabsichtigt (vgl BT-Drucks 15/1514, S 65 - zu § 77 [= § 82 SGB XII] BT-Drucks 15/1516, S 53 zu
§ 11 SGB II). Zu der Vorgängerregelung hat bereits der 2. Senat des BSG in seiner Entscheidung vom 3. Dezember 2002 (BSGE
90, 172 ff = SozR 3-5910 § 76 Nr 4) ausgeführt, dass der Gesetzgeber des Sozialhilferechts bewusst und gezielt nur bestimmte Leistungen,
nämlich die Grundrenten nach dem BVG sowie Renten und Beihilfen, die nach dem BEG wegen Schäden an Leben, Körper oder Gesundheit gewährt werden, in Höhe der vergleichbaren
Grundrente nach dem BVG von der Einkommensberechnung ausgenommen hat. Dieser Entscheidung hat sich zwischenzeitlich der 7b. Senat des BSG in einem
Urteil vom 29. März 2007 - B 7b AS 2/06 R - angeschlossen und - ohne diese Frage abschließend zu entscheiden - die Auffassung vertreten, dass sich der Gesetzgeber
des SGB II bewusst gegen eine Übernahme der im Alhi-Recht (§ 2 Nr 2 AlhiV 2002) geltenden Privilegierung der Verletztenrente entschieden und die im früheren Sozialhilferecht des BSHG getroffene Regelung für beide Rechtsgebiete übernommen habe.
Angesichts der Gesetzesgeschichte und des klaren Wortlauts von § 11 Abs 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB II - sowie unter Berücksichtigung
der vom LSG bereits erwähnten zeitgleichen Änderung der Sätze 1 und 2 in §
58 SGB VII - ist auch für eine analoge Anwendung der Vorschrift auf die Verletztenrente kein Raum. Eine solche käme nur in Betracht,
wenn eine erweiternde Auslegung einerseits von Verfassungs wegen geboten wäre und andererseits noch mit dem Wortlaut und dem
Regelungszweck des § 11 Abs 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB II als äußerster Grenze in Einklang zu bringen wäre. Beide genannten
Voraussetzungen hat der 2. Senat des BSG in seiner bereits zitierten Entscheidung vom 3. Dezember 2002 (BSGE 90, 172, 178 = SozR 3-5910 § 76 Nr 4 S 16) zu der bisherigen Regelung des § 76 Abs 1 BSHG verneint. Das gleiche gilt für die jetzige Regelung des § 11 Abs 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB II und gilt insbesondere auch - wie im Folgenden noch unter d) ausgeführt wird - unter verfassungsrechtlichen
Aspekten.
b) Eine Ausnahme von der Berücksichtigung als Einkommen nach § 11 Abs 1 Satz 1 1. Halbsatz SGB II folgt hinsichtlich der Verletztenrente
auch nicht aus § 11 Abs 3 SGB II. Danach sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen
1. Einnahmen, soweit sie als
a) zweckbestimmte Einnahmen,
b) Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege
einem anderen Zweck als die Leistungen nach diesem Buch dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen,
dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären,
2. Entschädigungen, die wegen eines Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, nach § 253 Abs 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
geleistet werden.
§ 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a und b SGB II fassen die bisherigen Regelungen des § 77 Abs 1 Satz 1 BSHG und des § 78 BSHG zusammen. Diesen entsprechen die §§ 83 Abs 1 und 84 Abs 1 SGB XII. § 11 Abs 3 Nr 2 SGB II entspricht dem bisherigen § 77 Abs 2 BSHG und § 83 Abs 2 SGB XII.
aa) Wie der 2. Senat des BSG in seiner Entscheidung vom 3. Dezember 2002 (BSGE 90, 172, 175 = SozR 3-5910 § 76 Nr 4 S 12; ebenso VGH Hessen FEVS 43, 195 ff) zu der Vorschrift des § 77 Abs 1 und Abs 2 BSHG ausgeführt hat, ist die Verletztenrente nach dem
SGB VII keine Einnahme, die wegen ihres Charakters und ihrer Zweckbestimmung aus der Einkommensberechnung auszunehmen wäre. Dies
gilt nach Auffassung des Senats auch für § 11 Abs 3 Nr 1 und 2 SGB II.
Aus den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 15/1516, S 53) geht hervor, dass sich diese Regelung ebenfalls am Sozialhilferecht
orientiert und bestimmte Einnahmen wegen ihres Charakters oder der Zweckbestimmung von der Einkommensberücksichtigung ausnimmt.
Darüber hinaus werden in § 1 Abs 1 Alg II-VO vom 20. Oktober 2004 (BGBl I 2622) weitere Einnahmen aufgezählt, die nicht als
Einkommen zu berücksichtigen sind.
Wie bereits mit § 77 Abs 1 BSHG, wonach Leistungen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck gewährt werden,
nur soweit als Einkommen zu berücksichtigen sind, als die Sozialhilfe im Einzelfall demselben Zweck dient, soll mit § 11 Abs
3 Nr 1 SGB II einerseits vermieden werden, dass die besondere Zweckbestimmung einer Leistung durch die Berücksichtigung im
Rahmen des SGB II verfehlt wird. Andererseits soll die Vorschrift aber auch verhindern, dass für einen identischen Zweck Doppelleistungen
erbracht werden (vgl BVerwGE 45, 157, 160; BSGE 90, 172, 175 = SozR 3-5910 § 76 Nr 4 S 12 mwN). Eine den Anforderungen des § 77 Abs 1 BSHG genügende Zweckbestimmung der betreffenden Leistung ist dann gegeben, wenn sich dieser Zweck aus der jeweiligen gesetzlichen
Vorschrift eindeutig ergibt. Letzteres ist bei der Verletztenrente, die durchaus verschiedene Funktionen hat (Einkommensersatz,
Kompensation immaterieller Schäden, Mehrbedarfsausgleich), gerade nicht der Fall - wie bereits der 2. Senat des BSG in der
genannten Entscheidung vom 3. Dezember 2002 (BSGE aaO, S 176; ebenso zum Wohngeldrecht BVerwGE 101, 86, 89 f) zu § 77 Abs 1 BSHG ausgeführt hat. Dem lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass § 11 Abs 3 Nr 1 SGB II in seinem Wortlaut insofern von § 77 Abs 1 BSHG abweicht, als es sich dort um auf Grund "öffentlich-rechtlicher Vorschriften" zu einem "ausdrücklich" genannten Zweck gewährte
Leistungen handeln musste, während diese Erfordernisse in §
11 Abs
3 Nr
1 SGB II nicht genannt werden (so aber Hänlein in Gagel,
SGB III mit SGB II, §
11 RdNr 62; Koch, NZS 2006, 480, 481). Denn diese weitere Gesetzesfassung erklärt sich - wie bereits das LSG zutreffend ausgeführt hat - aus dem Bestreben,
zweckidentische Leistungen unabhängig von ihrer Bezeichnung und ihrem Rechtscharakter zu erfassen. Es kommt also darauf an,
ob die in Frage stehende Leistung ebenso wie die Leistungen nach dem SGB II der Existenzsicherung des Begünstigten dienen.
Genau dies ist bei der Verletztenrente trotz ihrer verschiedenen Funktionen der Fall, denn auch sie dient als Lohnersatz der
Sicherstellung des Lebensunterhalts (vgl bereits BSGE 90, 172, 176 = SozR 3-5910 § 76 Nr 4 S 14; vgl zur Lohnersatzfunktion auch BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 28/05 R; BGHZ 153, 113 ff mwN). Dass der Gesetzgeber im Rahmen der Berücksichtigung von Einkommen nach dem SGB II grundsätzlich sämtliche Zahlungen
mit Entgeltfunktion erfassen will, auch soweit sie im Zusammenhang mit erlittenen Körperschäden gewährt werden, zeigt insbesondere
die Ausnahmevorschrift des § 11 Abs 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB II. Auch im Hinblick auf die dort aufgeführten Renten und Beihilfen
werden nur die Grundrenten von einer Einkommensanrechnung ausgenommen, nicht aber die nach den genannten Gesetzen zu zahlenden
Ausgleichsrenten, die - abstellend auf die betreffende Einkommensminderung - ihrerseits erkennbar Entgeltersatzfunktion haben.
Nicht gefolgt werden kann auch der Argumentation der Revisionsbegründung, wonach der Gesetzgeber durch die Verwendung des
Wortes "soweit" in § 11 Abs 3 Nr 1 SGB II selbst zum Ausdruck gebracht habe, dass zweckbestimmte Einnahmen zu dem Teil von
der Berücksichtigung als Einkommen auszunehmen seien, zu dem sie anderen Zwecken als die Leistungen nach dem SGB II dienten.
Denn genau diese Formulierung "soweit" war bereits in § 77 Abs 1 BSHG enthalten.
Gerade vor dem Hintergrund der Ausnahmevorschriften des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II ist es auch nicht gerechtfertigt, die Verletztenrente
entsprechend der früheren Regelung in § 2 Nr 2 AlhiV 2002 vom 13. Dezember 2001 (BGBl I 3734) so zu interpretieren, dass die Verletztenrente bis zur Höhe des Betrages, der in der
Kriegsopferversorgung bei gleicher MdE als Grundrente und Schwerstbeschädigtenzulage gewährt würde, nicht als Einkommen angerechnet
wird (so SG Hamburg, Beschluss vom 24. Januar 2006 - S 55 AS 1404/05 ER; Grimmke, juris PraxisReport [jurisPR], SozR 23/2004, Anm 3; Koch, NZS 2006, 408, 410; zustimmend Hänlein in Gagel,
SGB III mit SGB II, §
11 RdNr 62; Söhngen in jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 11 RdNr 62; aA Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 11 RdNr 252). Denn
der Gesetzgeber hat - wie die Regelung des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II zeigt - die Verletztenrente keineswegs übersehen oder
sich für ihre Berücksichtigung im Rahmen des § 11 Abs 3 Nr 1a SGB II entschieden, sondern diese bewusst ausgeklammert.
bb) Die Verletztenrente ist ferner auch keine Entschädigung iS des § 11 Abs 3 Nr 2 SGB II, die wegen eines Schadens, der nicht
Vermögensschaden ist, nach §
253 Abs
2 BGB geleistet wird. Während § 77 Abs 3 BSHG noch auf § 847
BGB Bezug genommen hatte, trägt die Fassung des §
11 Abs
3 Nr
2 SGB II der zwischenzeitlich erfolgten Aufhebung des § 847
BGB aF durch das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (SchErsRÄndG 2, BGBl I 2674)
Rechnung. Nach §
253 Abs
2 BGB ist der Anwendungsbereich des Schmerzensgeldanspruchs erheblich ausgeweitet. Steht dem Verletzten aus Delikt, Gefährdungshaftung
oder Vertrag ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer der in Abs 2 genannten Lebensgüter zu, schuldet der Schädiger
zusätzlich zum Ersatz des Vermögensschadens für den immateriellen Schaden eine billige Entschädigung in Geld (vgl Heinrichs
in Palandt, Komm zum
BGB, 66. Aufl 2007, §
253 RdNr 1, 4 ff). Dass eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung keine Entschädigung iS des §
253 Abs
2 BGB darstellt, ist bereits aus dem klaren Wortlaut der Norm zu sehen, wonach vom Schädiger für Schäden, die nicht Vermögensschäden
sind, eine Entschädigung zu zahlen ist. Demgegenüber wird die Verletztenrente vom zuständigen öffentlichen Leistungsträger
nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften geleistet und schließt, wie sich aus den §§
104 ff
SGB VII ergibt, Ansprüche gegen den Schädiger grundsätzlich aus. Obwohl die Verletztenrente auch dem Ausgleich eines immateriellen
Schadens zu dienen bestimmt ist (vgl BSGE 82, 83, 93 = SozR 2600 § 93 Nr 7; BSGE 90, 172, 175 = SozR 3-5910 §
76 Nr 4 S 12 f), kann sie deshalb einem Anspruch nach §
253 BGB nicht gleichgestellt werden. Insoweit handelt es sich bei der Regelung in §
11 Abs 3 Nr 2 SGB II - wie dies schon zu der Regelung in § 77 Abs 2 BSHG entschieden worden ist (vgl BVerwGE 98, 256, 259; BSGE 90, 172, 175 mwN) - um eine nicht analogiefähige Sondervorschrift.
c) Schließlich ist eine (teilweise) Nichtberücksichtigung der Verletztenrente als Einkommen auch nicht deshalb geboten, weil
es im Sozialrecht einen allgemeinen gewohnheitsrechtlichen Grundsatz des Inhalts gäbe, dass diese Leistung regelmäßig nicht
zu den Einnahmen zu rechnen sei. Ein derartiger ungeschriebener Grundsatz ist im Sozialrecht - wie der 2. und der 12. Senat
des BSG bereits dargelegt haben (BSGE 90, 172, 177 = SozR 3-5910 § 76 Nr 4 S 15; BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 41 S 210; Trenk-Hinterberger SGb 2004, 192, 194) - nicht anzuerkennen. Auch ein verallgemeinerungsfähiger Grundsatz des Inhalts, dass jedenfalls ein Betrag in Höhe
der Grundrente nach dem BVG ausgeschlossen sein müsse, kann auf der Grundlage des Gesetzesrechts nicht hergeleitet werden.
d) Aus der Nichtaufnahme der Verletztenrente in den Ausnahmetatbestand des § 11 Abs 1 Satz 1 2. Halbsatz SGB II bzw des §
11 Abs 3 Nr 1 und Nr 2 SGB II ergibt sich auch keine Verletzung des verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgebotes. Art
3 Abs
1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleichzubehandeln. Dieses Grundrecht ist daher vor allem dann verletzt, wenn eine
Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine
Unterschiede von solcher Art oder solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (vgl BVerfG
SozR 3-5755 Art 2 § 27 Nr 1 mwN). Der Gesetzgeber hat aber gerade bei der Gewährung von Sozialleistungen, die - wie hier bei
den Leistungen zur Grundsicherung - an die Bedürftigkeit des Empfängers anknüpfen, grundsätzlich einen weiten Spielraum, wenn
er Regelungen darüber trifft, ob und in welchem Umfang das Vermögen des Empfängers auf den individuellen Bedarf angerechnet
wird (BVerfGE 100, 165, 205; BSGE 90, 172, 178). Insofern besteht hier eine andere Situation als beim Alg und der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung,
die einerseits nicht zum Ruhen des Alg führt und andererseits bei Bezug von Alg nicht ruht (vgl BSG SozR 2200 § 580 Nr 6). Ebenso kann nicht mit den besonderen Regelungen des Rentenrechts (§
93 SGB VI) argumentiert werden. Denn es handelt sich jeweils beim Alg und bei den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung um
durch eigene Beiträge erworbene Sozialleistungen, die nicht an die Bedürftigkeit des Betroffenen anknüpfen. Dabei ist zu berücksichtigen,
dass hier die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung als solche unberührt bleibt, sie vielmehr nur zu einer
Reduzierung der bedarfsorientierten Sozialleistung nach dem SGB II führt.
Soweit § 11 SGB II im Rahmen der Gewährung von Leistungen demgegenüber nach wie vor die Empfänger von Leistungen für ein erlittenes
so genanntes "Sonderopfer" bevorzugt, knüpft die Ungleichbehandlung an ein sachgerechtes Unterscheidungskriterium an und rechtfertigt
damit die unterschiedliche Behandlung (BSGE 90, 172, 179 = SozR 3-5910 § 76 Nr 4; zum Wohngeldrecht BVerwGE 101, 86, 97 f). Das gleiche gilt für Leistungen nach § 11 Abs 3 SGB II, die einen mit den Zielen des § 11 SGB II nicht identischen
Zweck verfolgen, dh über die reine Sicherung des Lebensunterhalts hinausgehen. Dem kann auch nicht - wie die Revisionsbegründung
meint - entgegengehalten werden, es sei keine Rechtfertigung dafür erkennbar, dass der Bezieher einer Verletztenrente deutlich
schlechter behandelt werde als derjenige, dem ein Anspruch nach §
253 BGB zustehe, obwohl die Verletztenrente gerade auch dem Ausgleich des Verlustes von Schmerzensgeldansprüchen diene. Denn diese
Argumentation übersieht, dass eine Berücksichtigung von Ansprüchen nach §
253 Abs
2 BGB in §
11 Abs
3 Nr
2 SGB II nur deshalb nicht erfolgt, weil das SGB II für immaterielle Schäden keine Leistungen vorsieht. Hat indes der Betroffene
einen Anspruch auf Verletztenrente, der auch dem Ausgleich eines immateriellen Schadens zu dienen bestimmt ist (vgl BSGE 82,
83, 93 = SozR 3-2600 § 93 Nr 7), so ist für einen zusätzlichen Schutz kein Raum.
Dies gilt auch unter Beachtung eines sich wandelnden Verständnisses der Funktion der Verletztenrente (vgl dazu näher Anfrage-Beschluss
des 13. Senats vom 20. Juli 2005 - B 13 RJ 38/04 R - in juris, S 6; BSGE 95, 286, 291 RdNr 26 = BSG SozR 4-2600 § 266 Nr 1 RdNr 26). Auch wenn sich immer mehr die Ansicht durchgesetzt haben mag, dass Unfallrenten
in Höhe der Grundrente des BVG auf andere Leistungen nicht anzurechnen seien, heißt dies nicht, dass der Gesetzgeber wegen einer der Verletztenrente innewohnenden
Funktion eines Ausgleichs auch immaterieller Schäden gehalten war, zur Vermeidung einer Verletzung von Art
3 Abs
1 GG die Verletztenrente in Höhe der nach dem BVG zu zahlenden Grundrente als privilegiertes Einkommen entsprechend dem Rechtsgedanken in § 11 Abs 3 Nr 2 SGB II zu berücksichtigen (so aber insbesondere Koch, NZS 2006, 408, 409 f). Dem entspricht, dass das BVerfG schon in seinem Beschluss vom 7. November 1972 (BVerfGE 34, 118 = SozR Nr 95 zu Art
3 GG) festgestellt hatte, dass der Ausschluss des Schmerzensgeldanspruchs durch § 636 Abs 1 Satz 1 und § 637 Abs 1
RVO nicht gegen das
GG verstößt. Zur Begründung hatte es hauptsächlich darauf abgestellt, dass zwar dem durch einen Arbeitsunfall geschädigten Arbeitnehmer
ein Ersatz immateriellen Schadens nicht zustehe (BVerfGE 34, 118, 128); das rechtliche Ordnungssystem der gesetzlichen Unfallversicherung weiche jedoch bereits in seinen tragenden Prinzipien
von dem des
BGB ab (aaO 130), sodass die Ungleichbehandlung von Verletzten im Vergleich beider Systeme Art
3 Abs
1 GG nicht verletze. Diese Rechtsprechung des BVerfG ist in späteren Entscheidungen vom 8. Januar 1992 (BVerfGE 85, 176, 186 f - zum Schmerzensgeldausschluss nach §
46 Abs
2 Beamtenversorgungsgesetz) und 8. Februar 1995 (SozR 3-2200 § 636 Nr 1 - zum Ausschluss des Schmerzensgeldanspruchs bei Schwerstverletzten) fortgeführt worden (kritisch hierzu etwa Fuhlrott, Der
geschädigte Arbeitnehmer, 2006, S 80 ff mwN aus der Literatur). Soweit das BVerfG in letzterer Entscheidung ua ausgeführt
hat, dass "... zumindest ein Teil des immateriellen Schadens und nicht nur der Verdienstausfall durch die Gesamtrente ausgeglichen
(werde)", kann hieraus auch nicht geschlossen werden, dass die Nichtberücksichtigung einer immateriellen Funktion der Verletztenrente
bei der Anrechnung als berücksichtigungsfähiges Einkommen iS des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II verfassungswidrig ist (vgl BSGE
95, 286, 291 = SozR 4-2600 § 266 Nr 1 RdNr 25 - unter Hinweis auf die fehlende Bindungswirkung nach § 31 BVerfGG bei nichtstattgebenden Kammerbeschlüssen, vgl Heusch in Umbach/Clemens/Dollinger, Bundesverfassungsgerichtsgesetz 2. Aufl, § 31 RdNr 55 mwN).
In diesem Zusammenhang ist - wie vom 13. Senat des BSG in seiner Entscheidung vom 8. Dezember 2005 (BSGE 95, 286, 291, RdNr 27 = SozR 4-2600 § 266 Nr 1 RdNr 27) ausgeführt worden ist - darauf hinzuweisen, dass die Argumentation, der Verletztenrente
müsse aus Gleichheitsgrundsätzen die Funktion des Ausgleichs auch eines immateriellen Schadens zukommen, in jenen Fällen unzutreffend
ist, in denen das Opfer eines Arbeitsunfalls den (nicht privilegierten) Schädiger nach den Regeln des
BGB in Anspruch nehmen kann. Das ist typischerweise bei Wegeunfällen der Fall, da die §§
104 ff
SGB VII insoweit keinen Haftungsausschluss begründen.
Schließlich ist zu beachten, dass, selbst wenn man den Leistungsschwerpunkt in der Entschädigungsfunktion sehen würde, dem
Gesetz selbst jedenfalls keine prozentuale Zuweisung der Verletztenrente zu der Entgelt- bzw Entschädigungsfunktion zu entnehmen
wäre. Auf die Problematik einer Gleichsetzung der Funktion des Teils der Verletztenrente, der den Nichterwerbsschaden abdecken
soll, mit der Funktion der Grundrente nach dem BVG hat der 13. Senat des BSG bereits in seinem Anfrage-Beschluss vom 12. Dezember 2006 (- B 13 RJ 25/05 R -) im Einzelnen hingewiesen. Auch dies mag - abgesehen von den strukturellen Unterschieden - den Gesetzgeber berechtigterweise
veranlasst haben, von einer Privilegierung der Verletztenrente in Höhe der nach dem BVG zu zahlenden Grundrente abzusehen.
e) Der Senat hat bereits grundsätzlich entschieden, dass die Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen gemäß § 11 SGB
II keinen verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick darauf unterliegen, dass sie für die betroffenen Arbeitsuchenden ungünstiger
als die bis Ende 2004 für die Bezieher von Alhi geltenden Bestimmungen sind (BSG, Urteil vom 23. November 2006 - B 11b AS 1/06 R, RdNr 55 - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Wegen der Andersartigkeit des SGB II als existenzsichernde
Leistung im Vergleich zur bisherigen Alhi ist es auch nicht zu beanstanden, dass das
SGB III iVm § 2 Nr 1 AlhiV 2002 - wie schon § 11 Nr 4 AlhiV vom 7. August 1974 [AlhiV 1974] (BGBl I 1929) - für die Gewährung der ebenfalls bedürftigkeitsabhängigen Alhi, die sich aber
am zuletzt bezogenen Arbeitsentgelt orientierte (zu dem für die Alhi geltenden "Entgeltersatzprinzip" vgl Voelzke in Hauck/Noftz,
SGB II, E 010 Rz 43 ff), eine Freistellung der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bis zur Höhe der Grundrente
nach dem BVG vorsah, während die Bestimmungen des SGB II und der Alg II-VO für die Gewährung dieser nicht mehr am früheren Arbeitsentgelt
orientierten, bedürftigkeitsabhängigen Sozialleistung nach dem SGB II eine solche Nichtanrechnung nicht mehr vorsehen.
f) Nach den Plänen der Bundesregierung (vgl Tiemann, SozSich 2007, 205, 209 f; Pickshaus/Fritsche, SozSich 2007, 213, 217) soll die Verletztenrente zukünftig in zwei Komponenten aufgeteilt werden: in einen einkommensunabhängigen Gesundheitsschadensausgleich
und in eine einkommensabhängige Erwerbsschadensrente. Dies könnte bei entsprechend klarer Grenzziehung (vgl Pickhaus/Fritsche
aaO) dazu führen, dass dann auch bezüglich der Berücksichtigung dieser Rente zu differenzieren wäre. Nach der derzeitigen
Rechtslage ist dies indes nicht gerechtfertigt.
Die Beklagte hat danach zu Recht die Verletztenrente des Klägers zu 1) ungekürzt in Höhe von 324,93 Euro als Einkommen iS
des § 11 Abs 1 SGB II zu Grunde gelegt. Von diesem Einkommen sind - wie geschehen - 30,00 Euro als Pauschbetrag in Abzug zu
bringen (§ 11 Abs 2 Nr 3 SGB II, § 3 Nr 1 Alg II-VO). Das bereinigte Einkommen des Klägers zu 1) beläuft sich damit auf 294,93
Euro (= 324,93 Euro - 30,00 Euro).
3. Auf Grund der getroffenen Feststellungen kann der Senat gleichwohl nicht abschließend entscheiden, ob den Klägern für die
Monate Januar bis April 2005 höhere Leistungen zustehen.
Neben der Verletztenrente des Klägers zu 1) ist auch das Einkommen der Klägerin zu 2) nach § 9 Abs 2 Satz 3 SGB II zu berücksichtigen.
Die Berechnung des berücksichtigungsfähigen Einkommens für die Monate Januar bis April 2005 durch das LSG entspricht jedoch
nicht den gesetzlichen Vorgaben. Denn das LSG hat das berücksichtigungsfähige Einkommen der Klägerin zu 2) anhand der im Berufungsverfahren
vorgelegten Lohn- und Gehaltsabrechnungen für die Monate Januar bis April 2005 vorgenommen. Demgegenüber gilt nach § 2 Abs
2 Satz 1 Alg II-V, dass laufende Einnahmen für den Monat zu berücksichtigen sind, in dem sie zufließen. Zu welchem Zeitpunkt
der Klägerin zu 2) die fraglichen Einkünfte zugeflossen sind, hat das LSG nicht festgestellt. Da der Arbeitgeber die Bescheinigungen
jedoch jeweils erst im Folgemonat ausgestellt hat und die Kläger ausweislich der vom LSG in Bezug genommenen Verwaltungsakten
angegeben haben, die Gehaltsansprüche seien jeweils am 25. des Folgemonats fällig gewesen, ist auszuschließen, dass der von
§ 2 Abs 2 Satz 1 Alg II-V vorausgesetzte Zufluss der Lohnzahlung bereits im abzurechnenden Monat erfolgt ist.
Ob den Klägern auf Grund des schwankenden Einkommens für einzelne Monate höhere Leistungen zuzubilligen sind, lässt sich auf
der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen zur Höhe der Einnahmen und zum Zeitpunkt des Zuflusses nicht beurteilen.
Es wird jedoch vorsorglich darauf hingewiesen, dass die Annahme des LSG nicht zutrifft, es könnten iS einer Gesamtbetrachtung
innerhalb eines Bewilligungszeitraums Überzahlungen für einzelne Monate mit zu geringen Leistungen für andere Monate saldiert
werden. Auszugehen ist insoweit vom Verfügungssatz des Bescheides vom 15. Februar 2005, mit dem den Klägern monatliche Leistungen
in Höhe von 350,75 Euro zuerkannt worden sind. Dieser Verfügungssatz bildet den Rechtsgrund für die Leistungsgewährung, solange
von der Beklagten nicht durch einen anderen Bescheid eine abweichende Regelung getroffen worden ist (BSG, Urteil vom 16. Mai
2007 - B 11b AS 27/06 R). Eine Teilaufhebung der bewilligenden Verfügung durch den Leistungsträger kommt im Geltungsbereich des SGB II nur bei
Vorliegen der in § 40 Abs 1 SGB II iVm §§ 45, 48 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch - genannten Voraussetzungen in Betracht.
4. Beim derzeitigen Stand des Verfahrens erscheint es untunlich, auf von den Beteiligten nicht problematisierte Fragen zur
Bemessung des Bedarfs der Leistungen für Unterkunft und Heizung einzugehen. Deshalb lässt der Senat offen, ob der von der
Beklagten vorgenommene Abzug für die Warmwasseraufbereitungskosten, vorliegend 18 % der Heizkostenvorauszahlung, gerechtfertigt
war. Ebenfalls nicht entschieden werden braucht nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens, ob von der Beklagten zu Recht Zuschläge
für Modernisierung, hier ein Betrag in Höhe von 103,60 Euro, als Kosten der Unterkunft iS des § 22 SGB II bedarfserhöhend
berücksichtigt worden sind.
Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.