Anspruch auf Arbeitslosengeld II, Berücksichtigung einer Berufsunfähigkeitsrente als Einkommen
Gründe:
I. Der Kläger begehrt für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2005 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach
dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).
Der 1944 geborene Kläger bezieht seit 1. Mai 1997 von der Landesversicherungsanstalt Berlin eine Rente wegen Berufsunfähigkeit
(BU) in Höhe eines monatlichen Zahlbetrags von 569,41 EUR netto (Stand April 2004). Daneben gewährte ihm die Bundesagentur
für Arbeit (BA) bis März 1999 Arbeitslosengeld (Alg), danach - unterbrochen von anderen Sozialleistungen - bis 18. März 2004
Arbeitslosenhilfe (Alhi).
Auf Antrag des Klägers vom Oktober 2004 bewilligte ihm die beklagte Arbeitsgemeinschaft (im Folgenden: Beklagte) für die Zeit
vom 1. Januar bis 30. Juni 2005 Leistungen in Höhe von 104,49 EUR monatlich für Unterkunft und Heizung. Dabei stellte sie
einem Gesamtbedarf in Höhe von 643,90 EUR (Regelleistung in Höhe von 345,00 EUR zuzüglich der von ihm geltend gemachten Kosten
für Unterkunft und Heizung in Höhe von 298,90 EUR) ein bereinigtes Einkommen in Höhe von 539,41 EUR (Zahlbetrag der Rente
abzüglich Versicherungspauschale von 30,00 EUR) gegenüber (Bescheid vom 15. Dezember 2004, Widerspruchsbescheid vom 17. Februar
2005).
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 10. Juni 2005). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen
(Urteil vom 18. September 2006). In den Entscheidungsgründen hat das LSG ua ausgeführt: Die Beklagte habe bei der Berechnung
der dem Kläger zustehenden Leistungen nach SGB II zu Recht seine Rente wegen BU angerechnet. Die einschlägige Vorschrift des
§ 11 Abs 1 Satz 1 SGB II sei auch verfassungskonform. Insbesondere scheide ein Verstoß gegen Art
14 Grundgesetz (
GG) aus. Denn seine Rente wegen BU werde uneingeschränkt fortgezahlt und die früher bezogene Alhi sei als steuerfinanzierte,
bedürftigkeitsabhängige Sozialleistung eigentumsrechtlich nicht geschützt. Auch ein geltend gemachter Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz
nach Art
3 GG sei nicht erkennbar. Denn soweit in § 11 Abs
1 Satz 1, 2. Halbsatz SGB II von dem zu berücksichtigenden Einkommen ua Renten nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) oder nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) ausgenommen seien, würden mit diesen Leistungen andere Zwecke verfolgt als
mit der Rente wegen BU.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verfassungswidrigkeit des §
11 SGB II. Die Rente wegen BU sei gemäß § 194 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (
SGB III) iVm § 11 Satz 1 Nr 3 Alhi-Verordnung (AlhiV) nur teilweise auf die zuletzt bewilligte Alhi angerechnet worden. Demgemäß habe sich die BA in einem vor dem SG Berlin am
12. März 2002 abgeschlossenen Vergleich verpflichtet, auf die Alhi die Rente wegen BU nur insoweit als Einkommen anzurechnen,
als sie den Differenzbetrag zwischen der tatsächlichen Alhi und der Alhi nach dem gemäß § 200
SGB III fiktiv ermittelten Bemessungsentgelt übersteige. Diese Berechnungsweise habe zu dem Ergebnis geführt, dass ihm monatlich
220,53 EUR anrechnungsfrei verblieben seien. Diese Rechtsposition könne durch die Vorschrift des § 11 SGB II nicht kurzerhand
gestrichen werden. Allein die Tatsache, dass die Alhi aus Steuermitteln finanziert worden sei, rechtfertige es nicht, von
vornherein den Eigentumsschutz dieser Leistung zu negieren. Denn er habe nach einer etwa 35-jährigen Beitragspflichterfüllung
und Einzahlung von Beiträgen für die Arbeitslosenversicherung eine erhebliche Eigenleistung erbracht. Zudem sei zu beachten,
dass das Bundessozialgericht (BSG) zum Fremdrentenrecht bereits die Fiktion von Leistungen ausreichen lasse, um ein durch
Art
14 Abs
1 GG geschütztes vermögenswertes subjektives öffentliches Recht anzunehmen. Zusätzlich sei zu berücksichtigen, dass er zum Zeitpunkt
der Gesetzesänderung bereits knapp 61 Jahre alt gewesen sei und keine Möglichkeit mehr gehabt habe, den unerwarteterweise
entstehenden Nachteil anderweitig auszugleichen. Er habe auf den Bestand des gerichtlichen Vergleichs vertrauen dürfen, wobei
die jetzt zuständige Beklagte die vertraglichen Verpflichtungen zu übernehmen habe, die die BA ihm gegenüber im Jahre 2002
eingegangen sei. Schließlich verstoße die Regelung des § 11 SGB II auch gegen Art
3 GG. Denn aus § 11 SGB II werde deutlich, dass zum einen Leistungen mit Entschädigungscharakter und zum anderen Leistungen für andere Zweckbestimmungen
sowie Leistungen, die nicht den Bedarf nach SGB II ausgleichen, dem Berechtigten anrechnungsfrei verbleiben sollten. Eine
sachliche Rechtfertigung dafür, die Rente wegen BU von der Privilegierung auszuschließen, sei nicht gegeben. Sie habe keine
reine Lohnersatzfunktion, sondern mit ihr solle zum einen der Verlust der körperlichen Integrität ausgeglichen werden und
zum anderen der dadurch eingetretene Verlust des erlernten und ausgeübten Berufes, dh die Verwertbarkeit der Arbeitskraft.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. September 2006 und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom
10. Juni 2005 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 15. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
17. Februar 2005 abzuändern sowie die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit ab Januar 2005 laufend Leistungen zur Sicherung
des Lebensunterhalts ohne,
hilfsweise
unter nur anteiliger Anrechnung seiner Rente wegen BU zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
II. Die Revision des Klägers ist unbegründet.
Die Vorinstanzen sind zu Recht davon ausgegangen, dass dem Kläger für den streitigen Zeitraum (dazu im Folgenden unter 1.)
kein höheres Alg II, insbesondere kein Leistungsanspruch ohne bzw unter nur anteiliger Anrechnung seiner Rente wegen BU zusteht
(dazu unter 2). Desgleichen haben die Vorinstanzen zu Recht entschieden, dass die Abschaffung der bisher gewährten Alhi zu
Gunsten der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht verfassungswidrig ist und insbesondere die von der Revision angegriffene
Vorschrift des § 11 SGB II keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt (dazu unter 3).
1. Der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch auf höhere Leistungen beschränkt sich auf die Zeit vom 1. Januar bis zum 30.
Juni 2005. Denn die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden entsprechend § 41 Abs 1 Satz 4 SGB II in der bis zum 31.
Juli 2006 geltenden Fassung lediglich über den Leistungsanspruch für den genannten Zeitraum entschieden. Im Übrigen hat der
Senat bereits klargestellt, dass - unabhängig von im vorliegenden Verfahren nicht erhobenen Revisionsrügen - Bescheide über
Folgezeiträume nicht in entsprechender Anwendung des §
96 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) Gegenstand des Verfahrens werden (BSG, Urteil vom 23. November 2006 - B 11b AS 9/06 R - RdNr 14; vgl auch BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 14/06 R - RdNr 30).
2. Das LSG hat zu Recht für den streitigen Zeitraum einen Anspruch des Klägers auf höhere Leistungen nach dem SGB II verneint.
Im vorliegenden Fall sind - soweit von Bedeutung - die Regelungen des SGB II in der am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen
Fassung durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl I 2954) - im Folgenden:
Gesetz vom 24. Dezember 2003 - sowie durch das Kommunale Optionsgesetz vom 30. Juli 2004, BGBl I 2014, zu Grunde zu legen.
Leistungen nach dem SGB II erhalten gemäß § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr
noch nicht vollendet haben (Nr 1), die erwerbsfähig (Nr 2) und hilfebedürftig (Nr 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt
in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr 4). Dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des angefochtenen Urteils kann entnommen
werden, dass der Kläger die genannten Voraussetzungen des § 7 Abs 1 SGB II für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhals
erfüllt. Insbesondere ist der Kläger hilfebedürftig, weil er ausweislich der vom LSG in Bezug genommenen Verwaltungsakten
der Beklagten weder über berücksichtigungsfähiges Vermögen verfügt (§ 12 SGB II) noch das anzurechnende Einkommen, hier die
Rente wegen BU, seinen Bedarf übersteigt.
a) Der maßgebliche Bedarf ist anhand der gesetzlich vorgesehenen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§§ 19 ff SGB
II) zu bestimmen. Nach § 19 Satz 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Alg II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung sowie unter den Voraussetzungen des § 24 SGB II einen befristeten
Zuschlag. Danach ist nicht zu beanstanden, dass das LSG - in Bestätigung der Verwaltungsentscheidung der Beklagten - bei dem
Kläger einen monatlichen Gesamtbedarf in Höhe von 643,90 EUR (Regelleistung in Höhe von 345,00 EUR zuzüglich der Kosten für
Unterkunft und Heizung in Höhe von 298,90 EUR) zu Grunde gelegt hat. Der Bedarf für Unterkunft und Heizung ist zwar vom LSG
nicht näher (Rohmiete, Neben- und Heizungskosten) aufgegliedert worden. Aus den vom LSG in Bezug genommenen Verwaltungsakten
der Beklagten ergibt sich jedoch die Zusammensetzung der Gesamtmiete für die vom Kläger bewohnte, ca 49 qm große Mietwohnung
im Einzelnen. Ein höherer Bedarf folgt auch nicht etwa aus der Vorschrift des § 24 SGB II, die früheren Alg-Beziehern innerhalb
von zwei Jahren nach dem Ende des Alg-Bezugs einen monatlichen Zuschlag zubilligt. Denn der Kläger hat nach den Feststellungen
des LSG zuletzt bis März 1999 Alg bezogen.
Zur Ermittlung des individuellen Leistungsanspruchs des Klägers ist der berücksichtigungsfähige Bedarf des Klägers, hier der
Gesamtbedarf in Höhe von 643,90 EUR monatlich, dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen gegenüber zu stellen (vgl
Urteil des Senats vom 23. November 2006 - B 11b AS 1/06 R - RdNr 22). Mangels eines berücksichtigungsfähigen Vermögens (§ 12 SGB II) kommt hier nur das Einkommen des Klägers in
Gestalt der Rente wegen BU in Betracht. Dabei ist das LSG im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass der Gesamtbedarf
des Klägers in Höhe von 643,90 EUR um 104,49 EUR höher ist als das zu berücksichtigende Einkommen des Klägers von monatlich
539,41 EUR (Rentenzahlbetrag abzüglich Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 EUR).
b) Als Einkommen zu berücksichtigen sind nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der
Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem BVG und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und die Renten oder Beihilfen, die nach dem BEG für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden,
bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG. § 11 Abs 2 SGB II legt fest, welche Beträge vom Einkommen abzusetzen sind. Abs 3 des § 11 SGB II bestimmt in der Nr 1, dass nicht als
Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen, soweit sie als zweckbestimmte Einnahmen oder Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege
einem anderen Zweck als die Leistungen nach diesem Buch dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen,
dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären; nach Abs 3 Nr 2 sind ferner Entschädigungen nicht als
Einkommen zu berücksichtigen, die wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, nach §
253 Abs
2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (
BGB) geleistet werden.
Das LSG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Rente wegen BU nicht unter die in § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II genannten Ausnahmen
fällt und auch nicht zu den privilegierten Einnahmen iS des § 11 Abs 3 SGB II und des § 1 Abs 1 Alg II/Sozialgeld-Verordnung
(Alg II-V) vom 20. Oktober 2004 (BGBl I 2622) in der hier maßgebenden, bis 30. September 2005 geltenden Fassung gehört. §
11 Abs 1 und Abs 3 SGB II, die nahezu wortgleich mit § 82 Abs 1 Satz 1, § 83 Abs 1 und § 84 Abs 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes
Buch (SGB XII) übereinstimmen, entsprechen den bisherigen §§ 76 Abs 1, 77 Abs 1 Satz 1 und 78 Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Diese Anknüpfung an das BSHG war vom Gesetzgeber auch beabsichtigt (vgl BT-Drucks 15/1516, S 53). Wie schon im Sozialhilferecht hat der Gesetzgeber des
SGB II bewusst und gezielt nur bestimmte Leistungen, nämlich insbesondere die Grundrenten nach dem BVG und bestimmte andere Einnahmen "wegen ihres Charakters oder der Zweckbestimmung" von der Einkommensberücksichtigung ausgenommen
(BT-Drucks aaO). Zu den privilegierten Leistungen gehört die Rente wegen BU auch im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende
nicht (vgl zur Anrechnung der Verletztenrente aus der Unfallversicherung im Sozialhilferecht BSGE 90, 172 ff = SozR 3-5910 § 76 Nr 4; im Krankenversicherungsrecht BSG SozR 4-2500 § 240 Nr 9; bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende
Urteil des Senats vom 5. September 2007 - B 11b AS 15/06 R). Hinsichtlich der Altersrente für schwerbehinderte Menschen hat dies der Senat bereits in der Entscheidung vom 23. November
2006 (B 11b AS 1/06 R - RdNr 35) ausgeführt. Auch für die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit hat der Senat in seiner Entscheidung vom 16. Mai 2007
(B 11b AS 27/06 R - RdNr 20) die volle Berücksichtigung als Einkommen bejaht (vgl auch BVerwGE 90, 103 - zu Renteneinkommen). Nichts anderes gilt für laufende, am Monatsanfang (vgl § 118 Abs 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch
[SGB VI]) zufließende Einnahmen in Form einer Rente wegen BU (ebenso Hänlein in Gagel,
SGB III mit SGB II, §
11 RdNr 15; Brühl in Lehr- und Praxiskommentar SGB II [LPK-SGB II], § 11 RdNr 43 und in Lehr- und Praxiskommentar SGB XII [LPK
SGB XII], 7. Aufl, § 83 RdNr 33; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 11 RdNr 65). Der Kläger räumt in der Revisionsbegründung
letztlich selbst ein, dass die Regelung des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II und des § 11 Abs 3 SGB II iVm § 1 Alg II-V angesichts
ihres klaren Wortlauts einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich ist.
c) Eine Ausnahme von der Berücksichtigung der BU-Rente als Einkommen lässt sich auch entgegen der Ansicht der Revision nicht
auf den Prozessvergleich vom 12. März 2002 stützen. Denn dieser setzt ausdrücklich voraus, dass dem Kläger ein Anspruch auf
Alhi überhaupt zusteht. Letzteres ist auf Grund der Abschaffung der Alhi zum 31. Dezember 2004 (vgl § 190 Abs 3 Satz 1
SGB III idF des Art 3 Nr 14 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003) ab 1. Januar 2005 nicht mehr der Fall. Insoweit geht auch der materiell-rechtliche Anspruch
des Klägers aus dem Prozessvergleich nicht weiter als der Anspruch älterer Arbeitnehmer, die eine Erklärung nach §
428 SGB III abgegeben haben (vgl BSG, Urteile vom 23. November 2006 - B 11b AS 9/06 R - RdNr 21, 32, 33 ff; - B 11b AS 25/06 R - RdNr 32, 41; Urteile vom 29. März 2007 - B 7b AS 2/06 R - RdNr 12 und vom 10. Mai 2007 - B 7a AL 48/06 R - RdNr 11 ff).
Es ist zwar zutreffend, dass nach § 2 Satz 1 Nr 3 AlhiV 2002 vom 13. Dezember 2001 (BGBl I 3734) die Rente wegen BU bis zur Höhe des Unterschieds zwischen der Alhi nach §
165 Satz 1
SGB III und der Alhi, die dem Arbeitslosen hiernach zustehen würde, wenn sein Arbeitsentgelt nicht wegen BU gemindert wäre, nicht
als Einkommen galt (vgl BSGE 79, 297, 301 f = SozR 3-4100 § 138 Nr 9). Demzufolge hat der Kläger neben der Rente wegen BU Alhi bezogen, und zwar nach seinen Angaben
in Höhe von monatlich 220,53 EUR, wobei der Alhi-Bezug ausweislich der vom LSG in Bezug genommenen Verwaltungsakten der Beklagten
am 18. März 2004 endete. Dies ändert indes nichts daran, dass - was auch der Kläger nicht in Abrede stellt - ab 1. Januar
2005 Alhi nicht mehr gezahlt werden kann, weil die entsprechenden Vorschriften nicht mehr gelten.
Dem Kläger steht somit keine höhere Leistung als der zuerkannte Betrag in Höhe von monatlich 104,49 EUR zu, wobei ihm gemäß
der Rundungsvorschrift in § 41 Abs 2 SGB II eigentlich nur ein Betrag in Höhe von monatlich 104,00 EUR hätte zugebilligt werden
dürfen. Im Hinblick auf das im Verfahren geltende Verschlechterungsverbot hat es jedoch bei dem zuerkannten Betrag zu verbleiben.
3. Der Senat vermag sich unter der Würdigung des Vorbringens der Revision auch nicht davon zu überzeugen, dass die einschlägige
Regelung in § 11 SGB II iVm § 1 Alg II-V verfassungswidrig ist.
a) Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat (ua Urteil vom 23. November 2006 - B 11b AS 1/06 R - RdNr 41 ff) ist es nicht verfassungswidrig, dass der Gesetzgeber die Ansprüche auf Alhi nach den Vorschriften des
SGB III in der bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung ohne Übergangsregelung abgeschafft und durch andersartige Ansprüche nach dem
SGB II ersetzt hat. Dieser Rechtsprechung hat sich auch der 7. Senat des BSG angeschlossen (ua Urteile vom 29. März 2007 -
B 7b AS 4/06 R - RdNr 13 und vom 10. Mai 2007 - B 7a AL 48/06 R - RdNr 18).
Der Kläger kann sich entgegen seiner Rechtsansicht nicht auf die Eigentumsgarantie des Art
14 Abs
1 GG berufen. Denn die Alhi ist keine beitragsfinanzierte Leistung, sondern eine aus Steuermitteln finanzierte Fürsorgeleistung
(BSG, Urteil vom 23. November 2006 - B 11b AS 1/06 R - RdNr 42). Selbst wenn im Übrigen der Anspruch auf Alhi dem Eigentumsschutz unterläge, wäre ein Verstoß gegen Art
14 Abs
1 GG zu verneinen, da der Gesetzgeber mit den Vorschriften zur Abschaffung der Alhi und zur Einführung des SGB II seine Befugnis
zu Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums nicht überschritten hätte (BSG aaO). Die Einwände der Revision, insbesondere
mit dem Hinweis auf den Vorlagebeschluss des 4. Senats des BSG vom 30. März 2004 (B 4 RA 24/02 R) zum Fremdrentenrecht, geben dem Senat keinen Anlass, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzurücken. Dies gilt umso mehr
als das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zwischenzeitlich (Beschluss vom 13. Juni 2006 - ua 1 BvL 9/00) entschieden hat, dass die durch das Fremdrentenrecht begründeten Anwartschaften nicht dem Eigentumsschutz unterliegen, wenn
ihnen ausschließlich Beitrags- und Beschäftigungszeiten zu Grunde liegen, die in den Herkunftsgebieten erbracht oder zurückgelegt
wurden.
b) Ein Verfassungsverstoß kann auch nicht aus dem Vorbringen des Klägers abgeleitet werden, dass er zum Zeitpunkt der Abschaffung
der Alhi am 31. Dezember 2004 das 60. Lebensjahr bereits vollendet hatte und keine Möglichkeit gehabt habe, den unerwarteter
Weise entstehenden Nachteil anderweitig auszugleichen. Denn die rechtliche Situation des Klägers unterscheidet sich insoweit
nicht von solchen Arbeitnehmern, die eine Erklärung nach §
428 Abs
1 Satz 1
SGB III abgegeben haben, worauf bereits die Beklagte in ihrer Revisionserwiderung zu Recht verwiesen hat. Die für letztere Fallgestaltung
von der Rechtsprechung des Senats (ua Urteil vom 23. November 2006 - B 11b AS 9/06 R - RdNr 33 ff) für die von §
428 SGB III betroffene Personengruppe entwickelten Grundsätze sind auch für den Fall des Klägers heranzuziehen. Ebenso wenig wie die
Erwartung jener älteren Arbeitslosen, die eine Erklärung nach §
428 SGB III abgegeben hatten, bis zur Inanspruchnahme einer Altersrente Leistungen in Höhe der zuletzt bezogenen Alhi zu erhalten, nicht
überwiegend schutzwürdig ist, gilt dies für die Erwartung des Klägers, Leistungen nach dem SGB II entsprechend der früher
für Bezieher von Alhi geltenden Regelung erhalten zu können. Die im Vergleich zum Alhi-Recht abweichenden Modalitäten der
Einkommensanrechnung nach dem SGB II rechtfertigen sich aus der völlig anderen Zielsetzung der neu konzipierten Grundsicherung
für Arbeitsuchende, die sich gerade nicht an dem zuletzt ausgeübten Beruf und dem damit erzielten Arbeitsentgelt orientiert
(vgl Urteile des Senats vom 23. November 2006 - B 11b AS 1/06 R - RdNr 55 und vom 5. September 2007 - B 11b AS 15/06 R - RdNr 37; Knuth SF 2006, 160, 167 ff).
c) Schließlich vermag der Senat auch keinen Verstoß der einschlägigen Regelung des § 11 SGB II gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art
3 Abs
1 GG zu erkennen. Art
3 Abs
1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleichzubehandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung
verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten
anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie
die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl BVerfGE 95, 143, 154 f; 102, 41, 54 = SozR 3-3100 § 84a Nr 3; BVerfG SozR 4-1100 Art 3 Nr 33; stRspr).
Das Vorbringen des Klägers, er werde ohne hinreichende sachliche Gründe anders behandelt als Bezieher von Leistungen mit Entschädigungscharakter
iS des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II und Einnahmen mit einer bestimmten Zwecksetzung iS des § 11 Abs 3 SGB II, greift nicht durch.
Denn die in § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II genannten Ausnahme-Leistungen, insbesondere die Grundrente nach dem BVG und entsprechenden Gesetzen, dienen anderen Zwecken und haben einen völlig anderen Charakter als die Rente wegen BU. Die
Grundrente wird Kriegsbeschädigten mit einer Minderung ab 30 vH und mehr gemäß dem Minderungsgrad unabhängig vom Einkommen
als Ausgleich für die von ihnen gebrachten Opfer im gesundheitlichen und seelischen Bereich gewährt (§ 31 BVG; vgl zur Grundrente auch Urteil des Senats vom 5. September 2007 - B 11b AS 49/06 R). Die Rente wegen BU ist hingegen - wie bereits das LSG zutreffend ausgeführt hat und wie insbesondere die Hinzuverdienstgrenzen
der §§ 96a, 313 Abs 1 und 3
SGB VI für die Rente wegen BU deutlich machen - in erster Linie durch ihre Einkommensersatzfunktion geprägt. Sie knüpft zwar in
ihren Voraussetzungen an einen vom Versicherten erworbenen beruflichen Status (vgl §
240 Abs
2 SGB VI) an. Dies rechtfertigt jedoch keine Privilegierung bei der Einkommensberücksichtigung im Rahmen des SGB II. Denn die Argumentation
des Klägers, damit werde ein erhöhter "Mehrbedarf gemessen an einer günstiger einzusetzenden Arbeitskraft", nicht jedoch der
Grundbedarf iS der Vorschriften des SGB II gedeckt, verkennt, dass die Vorschriften des SGB II anders als die des
SGB VI zur BU-Rente gerade nicht an einen Berufsschutz und das zuletzt erzielte Arbeitsentgelt anknüpfen. Maßstab des SGB II ist
vielmehr allein, ob der Hilfebedürftige erwerbsfähig iS des § 8 SGB II ist, dh unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen
Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein kann, und seinen Grundbedarf, der sich aus der gesetzlich
festgelegten Regelleistung und den Kosten für Unterkunft und Heizung zusammensetzt, aus zu berücksichtigendem Einkommen bzw
Vermögen ganz oder teilweise decken kann. Letzteres ist bei dem Kläger - wie ausgeführt - der Fall.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.