Gründe:
I
Die Beteiligten streiten im Wesentlichen darüber, ob die Produktionsaufgaberente (PAR) des Klägers nach dem Gesetz zur Förderung
der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit (FELEG) teilweise ruht, weil sie mit Erwerbsunfähigkeits(EU)-Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) zusammentrifft,
obwohl letztere (auch) auf freiwilligen Beiträgen beruht.
Der 1938 geborene Kläger war ab 1971 selbstständiger Landwirt. Am 30. September 1996 verpachtete er seine landwirtschaftlichen
Flächen. Die Beklagte bewilligte ihm ab 1. Oktober 1996 PAR, die (mit dem Umrechnungsfaktor für Unverheiratete statt Verheiratete
als Steigerungszahl) neu festgestellt wurde, nachdem die Beklagte der Ehefrau des Klägers ab 1. Juli 1996 EU-Rente gewährt
hatte.
Im September 1998 bewilligte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) der Ehefrau des Klägers ab 1. Juni 1996
EU-Rente aus der GRV. Deren Zahlbetrag war (zusammen mit dem von der Beklagten berücksichtigten Teil der bereits bezogenen
EU-Rente aus der Alterssicherung der Landwirte) niedriger als das anrechnungsfreie Einkommen bei PAR-Bezug.
Im Februar 2002 teilte der seit Frühjahr 2000 mehrfach vergeblich zur Beantwortung von Fragebögen zu den ehelichen Einkommensverhältnissen
aufgeforderte Kläger mit, die Landesversicherungsanstalt (LVA) Schleswig-Holstein habe ihm bereits im Juli 1997 ab 1. März
1997 EU-Rente aus der GRV bewilligt. Nach vorheriger Anhörung des Klägers stellte die Beklagte dessen PAR ab 1. Juli 1997
(umgerechnet) mit nur noch 80,67 EUR statt zuvor 338,93 EUR monatlich neu fest, weil diese in Höhe des den anrechnungsfreien
Betrag überschreitenden Einkommens (einschließlich der EU-Rente des Klägers aus der GRV) ruhe; bis April 2002 überzahlte Leistungen
in Höhe von 12.195,98 EUR forderte sie zurück (Bescheid vom 21. März 2002). Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend:
Seiner EU-Rente lägen neben Pflichtbeiträgen für die Zeit vom 1. April 1955 bis zum 31. Dezember 1970 freiwillige Beiträge
für die anschließende Zeit bis zum 28. Februar 1997 zu Grunde. Nur Letztere hätten die Rentenanwartschaft aufrechterhalten;
die deshalb auf freiwilligen Beiträgen beruhende EU-Rente sei nach Sinn und Zweck der PAR bei dieser anrechnungsfrei. Die
Beklagte wies den Widerspruch mit der Begründung zurück, die Ruhensvorschriften nähmen auf freiwilligen Beiträgen beruhende
EU-Renten aus der GRV nicht aus (Bescheid vom 29. Mai 2002). In der Folgezeit wurde die PAR des Klägers zum 1. Juli 2002 (Bescheid
vom 11. Juni 2002) und zum 1. Juli 2003 (Bescheid ohne Datum) neu festgestellt.
Das Sozialgericht Lübeck (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 3. Juli 2003), das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) die Berufung zurückgewiesen
(Urteil vom 29. April 2004). Es hat seine Entscheidung auf folgende Erwägungen gestützt: EU-Renten aus der GRV zählten nach
§ 8 Abs 1 FELEG iVm § 3 Abs 4 Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) zum anrechenbaren Einkommen, gleichgültig, ob ihnen ausschließlich Pflichtbeiträge oder (auch) freiwillige Beiträge zu Grunde
lägen. Das verstoße weder gegen Sinn und Zweck der PAR als einer bedarfsabhängigen Sozialleistung noch seien im Hinblick auf
die Anrechnungsfreiheit privatwirtschaftlicher Versicherungsleistungen Art
14 Abs
1 Satz 1 oder Art
3 Abs
1 Grundgesetz (
GG) und auch nicht das Sozialstaatsprinzip iS von Art
20 Abs
1 iVm Art
28 Abs
1 Satz 1
GG verletzt. Nicht zu beanstanden seien das "Rechenwerk" der Beklagten, aus dem sich eine Überzahlung von 12.195,98 EUR ergebe,
und die auf § 48 Abs 1 Satz 1, Satz 2 Nr 3, § 50 Abs 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gestützte teilweise Aufhebung der früheren Bewilligung sowie Rückforderung des überzahlten Betrages.
Mit seiner dagegen eingelegten Revision macht der Kläger geltend: Die Berufungsentscheidung verletze § 3 ALG. Die dort vorgesehene Anrechnung von Erwerbsersatzeinkommen erfasse die von ihm und seiner Ehefrau bezogenen, jedenfalls
teilweise auf freiwilligen Beiträgen beruhenden EU-Renten aus der GRV nicht. PAR sei - entgegen der Auffassung des LSG - primär
ein Entgelt für den Wegfall des Unternehmerlohns wegen Beendigung der selbstständigen landwirtschaftlichen Tätigkeit. Von
daher verbiete sich eine enge Auslegung des Begriffs "Erwerbsersatzeinkommen". Anzurechnen seien nur solche Einkommen, die
aus staatlichen Mitteln stammten oder als sozialstaatliche Daseinsvorsorge zu erbringen seien, also bei Renten nur solche
auf Grund gesetzlicher Versicherungspflicht. Es gebe auch keinen vernünftigen und nachvollziehbaren Grund, zwischen Versicherungsleistungen
aus privatwirtschaftlichen Versicherungen und Leistungen der GRV zu unterscheiden, soweit Letztere auf freiwilligen Beiträgen
beruhten. In beiden Fällen erbringe der Versicherte die Beiträge/Prämien ausschließlich aus eigenen Mitteln, die Versicherungsleistungen
enthielten keinen Staatsanteil.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Urteile des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 29. April 2004 und des SG Lübeck vom 3. Juli 2003 sowie den Bescheid der
Beklagten vom 21. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Mai 2002, den Bescheid vom 11. Juni 2002 und
den undatierten Bescheid von Juni 2003 über PAR aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, ihm PAR ohne Anrechnung der
Renten wegen EU zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung. Nach dem Wortlaut des § 3 Abs 4 Satz 2 ALG seien "Renten aus der GRV" erfasst, sodass für die vom Kläger gewünschte Differenzierung kein Raum verbleibe. Durch Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) sei geklärt, dass Versicherte mit freiwilligen Beiträgen keine Besserstellung gegenüber
Versicherten erwarten könnten, die Pflichtbeiträge entrichtet hätten. Das Bundessozialgericht (BSG) habe bereits entschieden,
dass PAR nach ihrem Sinn und Zweck kein Entgelt für die Abgabe landwirtschaftlicher Flächen sei.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§
124 Abs
2 Sozialgerichtsgesetz >SGG<) einverstanden erklärt.
II
Die Revision ist unbegründet.
Der Beklagte hat zu Recht entschieden, dass die PAR des Klägers teilweise ruht, weil sie mit Erwerbsersatzeinkommen des Klägers
selbst und seiner Ehefrau zusammentrifft. Zum Erwerbsersatzeinkommen rechnen Renten der GRV unabhängig davon, ob sie auf Pflicht-
oder auf freiwilligen Beiträgen beruhen. Das LSG hat das klageabweisende Urteil des SG mithin zutreffend bestätigt und auch über den - vom SG im Rahmen des §
96 SGG außer Acht gelassenen - undatierten Bescheid von Juni 2003 (zur Rentenanpassung ab 1. Juli 2003) mitentschieden (vgl BSGE
61, 45 = SozR 4100 § 113 Nr 5). Da das angegriffene Berufungsurteil die Sach- und Rechtslage umfassend und in revisionsgerichtlich
nicht zu beanstandender Weise behandelt hat, kann sich der erkennende Senat kurz fassen.
Die Befugnis der Beklagten, den bindenden PAR-Bescheid vom 18. April 1997 teilweise aufzuheben, beruht auf § 48 SGB X. Die danach erforderliche Änderung der Verhältnisse liegt in dem Hinzutreten der EU-Rente des Klägers aus der GRV. Nach Maßgabe
des § 8 Abs 1 FELEG ruht die PAR, wenn sie ua mit Erwerbsersatzeinkommen des Leistungsberechtigten oder seines Ehegatten iS des § 3 Abs 4 ALG zusammentrifft. Hierzu zählen auch Renten aus der GRV (§ 3 Abs 4 Nr 1 ALG). Dadurch wurden im vorliegenden Fall die geltenden Einkommensfreibeträge (1997: 1.270,78 DM) ab 1. März 1997 überschritten,
was ab 1. Juli 1997 bei der Rentenbemessung zu berücksichtigen war. Das dazu von der Beklagten erstellte Rechenwerk lässt
keine Fehler erkennen. Es ist vom Kläger als solches auch nicht angegriffen worden.
Die Behandlung von Renten aus der GRV als "Erwerbsersatzeinkommen" nach § 8 Abs 1 FELEG iVm § 3 Abs 4 ALG ohne Rücksicht darauf, ob dieses Einkommen auf Pflicht- oder auf freiwilligen Beiträgen beruht, wird durch §
18a Abs
3 Nr
2 SGB IV bestätigt. Danach sind bei Renten wegen Todes, die als Erwerbsersatzeinkommen genannten Renten der GRV wegen Alters oder
verminderter Erwerbsfähigkeit zu berücksichtigen, ohne dass die vom Kläger gewünschte Unterscheidung nach der Art der ihnen
zu Grunde liegenden Beiträge zu treffen ist (vgl Seewald in Kasseler Komm, Stand August 2004, §
18a SGB IV, RdNr 21; Sehnert in Hauck/Noftz,
SGB IV, Stand III/03, K §
18a RdNr 43).
Die durchgängige Gleichbehandlung freiwilliger Beiträge mit Pflichtbeiträgen in "Anrechnungsvorschriften" wird zwar in § 9
Abs 2 Nr 2 Berufsschadensausgleichsverordnung unterbrochen. Das ist aber kein Beleg für die Auffassung des Klägers. Wenn dem
derzeitigen Bruttoeinkommen des Beschädigten danach solche auf freiwilligen Beiträgen beruhenden Rententeile nicht hinzugerechnet
werden, die er nicht aus Erwerbseinkünften finanziert hat, so trägt dies dem Sinn und Zweck des Berufsschadensausgleichs Rechnung,
wie er in § 30 Abs 2 und 4 Bundesversorgungsgesetz (BVG) geregelt ist. Um den schädigungsbedingten Einkommensverlust zu ermitteln, wird dabei gezielt auf die Einkünfte aus (früherer)
Erwerbstätigkeit abgestellt. Maßgebendes Unterscheidungsmerkmal ist danach die Herkunft der Mittel, nicht ihr Einsatz als
Pflicht- oder freiwillige Beiträge (vgl BSG SozR 3100 § 30 Nr 52; zu den auf additiven Kindererziehungszeiten beruhenden Rententeilen
auch BSG, Urteil vom 16. Dezember 2004 - B 9 V 3/02 R - in SozR 4-3100 § 30 Nr 1). Demgegenüber werden von § 3 Abs 4 ALG bestimmte Einkommensarten erfasst, die typischerweise dazu dienen, Erwerbseinkünfte zu ersetzen.
Auch aus verfassungsrechtlichen Gründen ist eine Auslegung des § 8 Abs 1 FELEG iVm § 3 Abs 4 ALG in dem vom Kläger gewünschten Sinne nicht geboten. Dessen Einkommensrechte (Art
14 GG) werden durch diese Regelung nicht berührt. Die PAR ist weder ein Entgelt für die Abgabe des Unternehmens noch eine Entschädigung
für entgangene Unternehmereinkünfte, sondern eine bedarfsabhängige Sozialleistung, die bestimmten agrarpolitischen Zielen
dient (vgl BSG SozR 3-5864 § 8 Nr 2). Im Übrigen hat der Kläger die PAR in Kenntnis der Ruhensregelung beantragt und erhalten.
Der Umstand, dass nach § 8 Abs 1 FELEG iVm § 3 Abs 4 ALG zwar auch auf freiwilligen Beiträgen beruhende EU-Renten (ab 1. Januar 2001 Renten wegen voller Erwerbsminderung) aus der
GRV, nicht jedoch von privaten Versicherungsunternehmen gewährte Invaliditätsrenten berücksichtigt werden, ist mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz
des Art
3 Abs
1 GG vereinbar. Der 9. Senat des BSG hat die Unterschiede zwischen gesetzlicher und privater Versicherung bereits in anderem Zusammenhang
als sachlichen Grund für eine Ungleichbehandlung angesehen (vgl BSGE 91, 124 = SozR 4-3100 § 65 Nr 1). Bezüge eines als Unternehmer freiwillig in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Gewaltopfers
aus dieser Versicherung führen nach § 65 Abs 1 BVG ebenso zum Ruhen des Anspruchs auf Versorgungsbezüge wie Bezüge eines in der gesetzlichen Unfallversicherung Pflichtversicherten,
während dies bei Leistungen einer privaten Unfallversicherung nicht ohne weiteres der Fall ist. Das verbindende Merkmal freiwilliger
Risikovorsorge hat gegenüber den grundlegenden systematischen Unterschieden zwischen gesetzlicher und privater Versicherung
nicht so viel Gewicht, dass es dem Gesetzgeber durch Art
3 Abs
1 GG verboten wäre, eine differenzierte Anrechnungsregelung an der Verschiedenheit der Versicherungssysteme auszurichten.
Das BVerfG hat bereits entschieden, dass nach dem Drei-Säulen-Modell (vgl dazu BVerfGE 65, 196, 212) in Anrechnungsbestimmungen verfassungsrechtlich unbedenklich zwischen Leistungen aus öffentlich-rechtlichen Systemen
(erste Säule), der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst (zweite Säule)
und aus privater Vorsorge (dritte Säule) unterschieden und die Anrechnung auf die erste Säule beschränkt werden darf (BVerfGE
97, 271, 293 ff = SozR 3-2940 § 58 Nr 1). Das gilt auch, wenn auf eine Leistung angerechnet wird, die auf freiwilligen Beiträgen
beruht (BVerfG, Beschluss vom 10. Juni 1998 - 1 BvR 1485/86 - NZS 1998, 476 f).
Da es sich um einen Fall der Einkommensanrechnung handelt, hatte die teilweise Aufhebung des früheren Bewilligungsbescheides
zu Lasten des Klägers auch mit Wirkung für die Vergangenheit zu erfolgen (vgl § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X). Einen "atypischen Fall", der eine Ermessensausübung erforderlich gemacht hätte, hat das LSG zutreffend verneint. Das gleiche
gilt für etwaige sich aus § 48 Abs 4 iVm § 45 SGB X ergebende Aufhebungshindernisse. Dementsprechend ist auch die von der Beklagten festgestellte Erstattungspflicht des Klägers
für die von Juli 1997 bis April 2002 überzahlten PAR-Beträge in Höhe von 12.165,98 EUR zu bestätigen. Die PAR-Neufeststellungsbescheide
von Juni 2002 und 2003 sind nach alledem ebenfalls nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.