Verlängerung der Erlöschensfrist in der Arbeitslosenhilfe
Gründe:
I
Die Klägerin begehrt Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab 1. Dezember 2000.
Die 1967 geborene Klägerin bezog vom 1. Januar 1998 bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 31. Dezember 1998 Arbeitslosengeld
(Alg) und im Anschluss bis zum 31. März 1999 Alhi. Ab dem 1. April 1999 nahm sie an einer auf zwei Jahre angelegten Ausbildung
zur Aerobic- und Fitness-Managerin bei der M. GmbH in Hamburg teil. Diese stellte in Aussicht, die
Klägerin nach erfolgreichem Abschluss des Bildungsganges einzustellen. Daraufhin förderte die Beklagte die Ausbildung im Rahmen
der freien Förderung nach § 10 Sozialgesetzbuch - Drittes Buch - (
SGB III). Sie gewährte der Klägerin neben den Maßnahmekosten (Lehrgangsgebühren, Unterkunft und Verpflegung, Reisekosten, Familienheimfahrten)
einen Betrag in Höhe von 1.456,50 DM monatlich als "Leistungen zum Lebensunterhalt"; dieser Betrag entsprach der Höhe nach
der zuvor gezahlten Alhi. Nach dem Bewilligungsbescheid vom 5. Juli 1999 sollten ferner Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung
(Zusatz im Bescheid: freiwillige Versicherung ohne Anspruch auf Krankengeld bei einer gesetzlichen Krankenkasse) auf Nachweis
erstattet werden.
Vom 25. August bis 30. November 2000 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt; am 1. Oktober 2000 brach sie die Ausbildung
ab, weil das Ausbildungsziel nicht mehr erreicht werden konnte.
Die Klägerin meldete sich am 30. November 2000 arbeitslos. Ihren Antrag auf Alhi ab 1. Dezember 2000 lehnte die Beklagte mit
der Begründung ab, die Klägerin habe innerhalb der einjährigen Vorfrist kein Alg bezogen. Eine Verlängerung der Vorfrist komme
nicht in Betracht, weil es an einem Vorbezug von Unterhaltsgeld (Uhg) fehle (Bescheid vom 10. Januar 2001; Widerspruchsbescheid
vom 9. April 2001).
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 27. März 2003). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung mit
Urteil vom 26. Februar 2004 zurückgewiesen. Die Klägerin habe innerhalb der Vorfrist kein Alg bezogen. Ein Anspruch ergebe
sich auch nicht durch eine Verlängerung der Vorfrist nach § 192 Satz 2 Nr 4
SGB III, denn diese Vorschrift sei nur anwendbar, wenn Alhi zum ersten Mal beantragt werde. Das vorher entstandene Stammrecht auf
Alhi sei erloschen, weil seit dem letzten Tag des Bezuges von Alhi ein Jahr vergangen sei. Zwar verlängere sich die Jahresfrist
nach § 196 Satz 2 Nr 4
SGB III um Zeiten, in denen der Arbeitslose nach dem letzten Tag des Bezuges von Alhi Uhg nach dem
SGB III bezogen oder nur wegen des Vorrangs anderer Leistungen nicht bezogen habe. Die Klägerin habe jedoch in der Vorfrist kein
Uhg erhalten und auch materiell-rechtlich keinen Anspruch auf Uhg gehabt, weil die Maßnahme nicht für die berufliche Weiterbildungsförderung
anerkannt gewesen sei. Die freie Förderung sei gegenüber dem Uhg nachrangig. Eine analoge Anwendung des § 196 Satz 2 Nr 4
SGB III auf den Leistungsbezug im Rahmen der freien Förderung komme nicht in Betracht. Eine Regelungslücke sei nicht ersichtlich.
Zweck der Verlängerung der Vorfristen sei es vor allem, einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass der Bezug von Uhg nicht mehr
zur Erfüllung einer Anwartschaftszeit diene. Aus verfassungsrechtlicher Sicht sei eine Gleichstellung nicht geboten, weil
Leistungen gemäß § 10
SGB III mit dem Uhg nicht vergleichbar seien. Insoweit komme eine breite Palette von Maßnahmen in Betracht, die sonst gerade nicht
förderungsfähig wären. Die Teilnehmer an Maßnahmen der freien Förderung seien nicht in gleichem Maße schutzbedürftig wie Teilnehmer
an anerkannten Weiterbildungsmaßnahmen. Die Leistung nach § 10
SGB III führe nicht zu einer Versicherungspflicht in der Kranken- und Rentenversicherung und sei auch unter diesem Gesichtspunkt
strukturverschieden. An der fehlenden Vergleichbarkeit ändere sich nichts dadurch, dass die Beklagte in ihrer Ermessensentscheidung
eine Leistung zugesprochen habe, die der Höhe nach dem Uhg entsprochen habe. Ein Anspruch auf Verlängerung der Vorfrist ergebe
sich nicht aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Die Arbeitslosigkeit könne nicht fingiert werden.
Zur Begründung der vom LSG zugelassenen Revision trägt die Klägerin vor, die Vorfrist des § 192 Satz 2 Nr 4
SGB III habe sich verlängert, weil die Klägerin eine dem Uhg gleichzusetzende Leistung bezogen habe. Die in §
3 SGB III aufgeführten Leistungen seien nach Bedeutung und Rang geordnet. In §
3 Abs
1 Nr
6 SGB III seien Weiterbildungskosten und Uhg während der Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildung gleichgestellt. Daraus ergebe
sich, dass die ihr gewährten Leistungen gleichgestellt seien und gleichgestellt sein sollten. Die Vergleichbarkeit ergebe
sich ferner in Anbetracht der Tatsache, dass der Verlängerungstatbestand auch durch Teil-Uhg erfüllt werde. Zudem habe die
Beklagte die während der Ausbildung gewährten Leistungen entsprechend der Berechnung des Uhg bemessen. Der Anspruch stehe
ihr letztlich auch auf Grund der Folgen der unzutreffenden oder nicht vorgenommenen Beratung zu. Sie hätte bei richtiger Beratung
eine Ausbildung gewählt, für welche Uhg hätte gewährt werden können. Ihre Auffassung werde dadurch gestützt, dass zukünftig
in Kraft tretende gesetzliche Regelungen verschiedene Möglichkeiten vorsähen, Ansprüche auf Entgeltersatzleistung zu schaffen
oder zu erhalten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 26. Februar 2004, das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom
27. März 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Januar 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. April 2001
aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 1. Dezember 2000 fortlaufend Arbeitslosenhilfe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und weist darauf hin, dass das Bundessozialgericht (BSG) zu der Gleichstellungsregelung
in § 107 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in ständiger Rechtsprechung eine erweiternde oder gar analoge Anwendung abgelehnt habe.
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht entschieden, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von
Alhi ab 1. Dezember 2000 nicht vorliegen.
1. Das LSG ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass ein Anspruch auf Alhi ab 1. Dezember 2000 lediglich unter dem Gesichtspunkt
einer Wiederbewilligung eines bereits entstandenen Anspruchs nach Unterbrechung des Leistungsbezuges in Betracht kommt. Die
Voraussetzungen für einen neuen Anspruch auf Alhi nach den §§ 190, 192
SGB III liegen ersichtlich nicht vor (zum Verhältnis von §§ 192 und 196
SGB III vgl Krauß in Wissing,
SGB III, 2. Aufl 2004, § 192 Rz 4).
2. Die Klägerin kann auch nicht auf Grund des vorhergehenden Bezugs von Alhi bis zum 31. März 1999 die Wiederbewilligung dieser
Leistung ab 1. Dezember 2000 verlangen, denn der Anspruch ist erloschen. Nach § 196 Satz 1 Nr 2
SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung erlischt der Anspruch auf Alhi, wenn seit dem letzten Tag des Bezuges
von Alhi ein Jahr vergangen ist. Diese Regelung betrifft das ursprüngliche Stammrecht, das dem Arbeitslosen nach Erfüllung
aller Voraussetzungen (§ 190
SGB III) erwachsen ist. Das bedeutet, dass mit dem Erlöschen die Anspruchsberechtigung untergeht, die dem Berechtigten zunächst erhalten
geblieben war. Das Erlöschen hat daher zur Folge, dass trotz nunmehrigen Wiedervorliegens der übrigen Voraussetzungen nicht
mehr auf die früher verwirklichte Anwartschaft zurückgegriffen werden kann (BSG SozR 4100 § 135 Nr 3). Da die Klägerin zuletzt
am 31. März 1999 Alhi bezogen hatte, war das Jahr bei der erneuten Antragstellung der Klägerin am 1. Dezember 2000 längst
verstrichen.
Zu Recht hat das LSG die Berücksichtigungsfähigkeit der Zeiten der nach § 10
SGB III geförderten Ausbildung zur Aerobic- und Fitness-Managerin im Rahmen des Verlängerungstatbestandes nach § 196 Satz 2 Nr 4
SGB III verneint. Nach dieser Vorschrift verlängert sich die einjährige Erlöschensfrist nach Satz 1 Nr 2 um Zeiten, in denen der
Arbeitslose nach dem letzten Tag des Bezugs von Alhi Uhg nach diesem Gesetz bezogen oder nur wegen des Vorrangs anderer Leistungen
nicht bezogen hat. Die Klägerin hat jedoch nach dem 31. März 1999 kein Uhg bezogen.
Bei der von der Beklagten im Rahmen des § 10
SGB III gewährten "freien Förderung" handelt es sich auch nicht um gegenüber dem Uhg vorrangige Leistungen im Sinne der zweiten Alternative
des § 196 Satz 2 Nr 4
SGB III. Ein derartiger Vorrang scheidet allein deshalb aus, weil die Voraussetzungen für eine Weiterbildungsförderung schon mangels
Anerkennung der Maßnahme (§
77 Abs
1 Nr
4 SGB III) nicht vorlagen. Eine vor Beginn der Maßnahme zu treffende Feststellung der Förderungsfähigkeit gemäß §
86 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung, die nach der Rspr des Senats durch Verwaltungsakt zu erfolgen hat (BSG
SozR 4-4300 § 86 Nr 1), hatte das Arbeitsamt nicht getroffen und sie war im Übrigen auch weder von der Klägerin noch vom Maßnahmeträger
begehrt worden. Ferner zeigen die Voraussetzungen des § 10
SGB III, wonach die Mittel "die Möglichkeiten der gesetzlich geregelten aktiven Arbeitsförderungsleistungen durch freie Leistungen
der aktiven Arbeitsförderung" erweitern und die gesetzlichen Leistungen nicht aufstocken dürfen, dass beide Leistungen nicht
in einem Vorrang-Nachrang-Verhältnis, sondern in einem Verhältnis der Alternativität zueinander stehen.
Der Senat folgt dem LSG auch darin, dass sich aus dem aus der Entstehungsgeschichte herzuleitenden Zweck des Verlängerungstatbestandes
keine Hinweise auf das Erfordernis einer erweiternden Auslegung oder einer entsprechenden Anwendung der Regelung auf den zu
entscheidenden Sachverhalt ergeben. Eine Regelungslücke liegt nicht vor (zur vergleichbaren Problematik des Erlöschens des
Alhi-Anspruchs durch Bezug des sog Meister-
BAföG vgl LSG Berlin vom 14. Februar 2003 - L 4 AL 23/02 - veröffentlicht in juris). § 196 Satz 2 Nr 4
SGB III geht auf den Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Arbeitsförderung (AFRG - BT-Drucks 13/4941; im Entwurf § 195 Satz 2 Nr 3) zurück. Der Gesetzgeber wollte ausweislich der Gesetzesbegründung mit dieser insoweit von der Vorgängervorschrift
(§ 135 AFG) abweichenden Regelung einen Ausgleich dafür schaffen, dass durch den Bezug von Uhg ein "Versicherungspflichtverhältnis"
nicht mehr begründet wurde (BT-Drucks 13/4941 S 189). Es handelte sich mithin um eine Folgeänderung zur Abschaffung der noch
unter der Geltung des AFG bestehenden Vergünstigung, wonach ua Zeiten des Bezuges von Uhg den Zeiten eines die Beitragspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnisses
gleichgestellt waren (§ 107 Satz 1 Nr 5d AFG). Mit dem Inkrafttreten des
SGB III entfiel die Gleichstellung von Uhg-Bezug und Zeiten einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung, um durch den Ausschluss
des Erwerbs von neuen Ansprüchen Maßnahmekarrieren zu verhindern, bei denen die Teilnahme an Bildungsmaßnahmen vor allem mit
dem Ziel des Erwerbs neuer Ansprüche angetreten worden war (BT-Drucks 13/4941 S 147). Lediglich der Wegfall dieser durch die
Teilnahme an einer Fortbildungs- oder Umschulungsmaßnahme begründeten Vergünstigung sollte also durch die Verlängerung der
Erlöschensfrist kompensiert werden. Deshalb gebietet der Zweck des Verlängerungstatbestandes keine Erstreckung auf alle Leistungen,
die wie das Uhg auf eine Sicherung des Lebensunterhalts abzielen. Die Parallelregelung in § 196 Satz 2 Nr 5
SGB III, die eine Verlängerung der Erlöschensfrist (nur) bei Bezug von Übergangsgeld von einem Rehabilitationsträger wegen einer
Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben vorsieht, bestätigt den begrenzten Anwendungsbereich der Verlängerungstatbestände.
Die enge Auslegung des § 196 Satz 2 Nr 4
SGB III wird durch die Rechtsentwicklung bestätigt. Das BSG hatte zu dem in § 107 Satz 1 Nr 5d AFG geregelten Gleichstellungstatbestand entschieden, dass Zeiten des Bezugs von Uhg nach den "Richtlinien für aus Mitteln des
Europäischen Sozialfonds mitfinanzierte arbeitsmarktpolitische Maßnahmen im Bereich des Bundes" nicht als gleichgestellte
Zeiten der Erfüllung der Anwartschaft für einen Anspruch auf Alg dienten (BSG SozR 3-4100 § 107 Nr 11). Eine erweiternde Auslegung
dieser Vorschrift hat das BSG im Hinblick auf den eindeutigen, eingegrenzt formulierten Wortlaut der Vorschrift und die mit
einer entsprechenden Rechtsanwendung verbundene Ausweitung der Leistungsansprüche abgelehnt (vgl auch BSG SozR 3-4100 § 107
Nr 10 S 42 mwN).
Eine Gleichstellung von Zeiten des Uhg-Bezuges und von Zeiten des Bezugs von Leistungen der freien Förderung wird im Rahmen
der Anwendung des § 196 Satz 2 Nr 4
SGB III auch nicht deshalb gefordert, weil derartige Maßnahmen mit den förmlichen Weiterbildungsmaßnahmen mit Uhg-Bezug in einem
derartigen Umfang übereinstimmen würden, dass eine Differenzierung sachwidrig wäre. Vielmehr sollte mit der erstmals durch
das AFRG eingeführten freien Förderung ein auf die konkrete Arbeitsmarktlage zugeschnittenes Instrument der aktiven Arbeitsförderung
geschaffen werden. Der Gesetzgeber wollte den Arbeitsämtern insoweit ein weitgehend freies Ermessen einräumen, das lediglich
dadurch begrenzt wird, dass sich die Maßnahmen innerhalb des gesamten Rahmens der aktiven Arbeitsförderung und der gesetzlichen
Zielsetzung bewegen müssen (BT-Drucks 13/4941 S 154). Charakteristisch für die Maßnahmen der freien Förderung ist folglich
der weit gehende Spielraum der Arbeitsämter bei der Ausgestaltung der Leistungsgewährung ohne einen vom Gesetzgeber vorgegebenen
organisatorischen Rahmen (vgl Ebsen in Gagel,
SGB III, § 10 Rz 8 ff).
Diese Beurteilung findet ihre Fortsetzung darin, dass für die Maßnahmen der freien Förderung Versicherungspflichttatbestände,
wie sie in § 5 Abs 1 Nr 2 Sozialgesetzbuch - Fünftes Buch - und in § 3 Satz 1 Nr 3 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - jeweils
in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung für bestimmte Entgeltersatzleistungen vorgesehen sind, ausdrücklich nicht
geschaffen worden sind. Dementsprechend hat die Beklagte der Klägerin im Bewilligungsbescheid die Möglichkeit eingeräumt,
sich Aufwendungen für etwaige Beiträge zu einer freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung erstatten zu lassen. Die gegenteilige
Rechtsansicht des LSG Baden-Württemberg im Urteil vom 19. März 2003 (L 5 AL 2236/00 - veröffentlicht in juris), Versicherungspflicht in der Kranken- und Rentenversicherung bestehe auch für Zeiten des Bezuges
von dem Uhg ähnlichen Unterhaltsleistungen während einer Maßnahme der freien Förderung, unterliegt erheblichen Bedenken. Denn
das LSG hatte seine Meinung entscheidend darauf gestützt, es sei systemwidrig, dass Arbeitslose zwar an Maßnahmen teilnehmen
müssten, wenn sie nicht den zeitweiligen oder vollständigen Verlust des Leistungsanspruchs durch Sperrzeiten bzw fehlende
Verfügbarkeit in Kauf nehmen wollten, sie damit zugleich aber aus der gesetzlichen Krankenversicherung ausscheiden müssten
und die Belegung der entsprechenden Zeiten mit Pflichtbeiträgen in der Rentenversicherung unmöglich werde. Diese Rechtsansicht,
die Klägerin habe bei Nichtteilnahme an der Maßnahme leistungsrechtliche Nachteile befürchten müssen, hält der Senat indes
im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut des §
144 Abs
1 Nr
3 SGB III bzw nunmehr ab (1. Januar 2005) §
144 Abs
1 Nr
4 SGB III für zweifelhaft. Denn hiernach tritt eine Sperrzeit nur bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme ein, also
gerade nicht bei einer "freien Förderung".
Keine andere Beurteilung folgt aus dem Umstand, dass die von der Beklagten während der Teilnahme an der Maßnahme gewährte
"Unterhaltsleistung" ihrer Höhe nach ebenso der zuvor bezogenen Alhi entsprach, wie dies auch nach §
158 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung für ein etwaiges Uhg gegolten hätte. Denn für die Anwendung des Erlöschenstatbestandes
kann es - ebenso wie zB für das Bestehen von Versicherungspflicht - nicht darauf ankommen, ob Zahlungen in gleicher oder ähnlicher
Höhe wie andere Leistungen gewährt werden. Entscheidend ist allein, dass die von der Klägerin besuchte Maßnahme nicht den
engen Vorgaben nach den §§
77 ff
SGB III unterfiel, sondern den Regelungen über die freie Förderung nach § 10
SGB III und damit die Voraussetzungen für den Bezug von Uhg nach §
153 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung im Fall der Klägerin nicht erfüllt waren.
Dass das Stammrecht auf Alhi wegen der von der Klägerin absolvierten Maßnahme der freien Förderung durch Zeitablauf erloschen
ist, begegnet schließlich auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Wenn der Gesetzgeber die Grundlagen für eine zusätzliche
Förderung von beruflichen Bildungsmaßnahmen schafft, die nach den Kriterien der §§
77 ff
SGB III nicht förderungsfähig sind, so kann hieraus nicht die weitergehende Verpflichtung hergeleitet werden, den Teilnehmern an
Maßnahmen der freien Förderung unabhängig von deren Dauer zusätzlich auch das Stammrecht auf Alhi zu erhalten. Insbesondere
ist ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art
3 Abs
1 Grundgesetz >GG<) wegen der strukturellen Unterschiede zwischen freier Förderung und Weiterbildungsförderung mit Uhg-Bezug nicht gegeben.
3. Schließlich lässt sich der fehlende Vorbezug von Alhi innerhalb der Erlöschensfrist des § 196 Satz 1 Nr 2
SGB III auch nicht auf der Grundlage des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ersetzen. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch
setzt auf der Tatbestandsseite voraus, dass der Sozialleistungsträger eine ihm auf Grund Gesetzes oder bestehenden Sozialrechtsverhältnisses
dem Betroffenen gegenüber obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung (§§ 14, 15 Sozialgesetzbuch Erstes Buch),
verletzt und dadurch dem Betroffenen einen Nachteil zufügt (BSG SozR 3-4100 § 249e Nr 4; BSG SozR 3-2600 § 58 Nr 2; BSG SozR
4-2600 § 58 Nr 3). Auf der Grundlage der vom LSG getroffenen Feststellungen ist im konkreten Einzelfall bereits die Verpflichtung
der Beklagten zu verneinen, die Klägerin über die leistungsrechtlichen Folgen einer Teilnahme an dem im Rahmen der freien
Förderung geförderten Bildungsgang gesondert zu beraten. Denn zwar nicht das Antragsformular, aber der Bewilligungsbescheid
und alle anderen Informationen zu der von der Klägerin selbst gesuchten Maßnahme enthielten ausdrücklich die Überschrift "Freiwillige
Förderung nach § 10
SGB III" und es war von "Leistungen zum Lebensunterhalt" die Rede. Ferner war der Klägerin nach den Feststellungen des LSG bekannt,
dass Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung während der Maßnahmedauer nicht bestand und
deshalb - anders als bei der zuvor bezogenen Alhi - lediglich die Beiträge für eine freiwillige Krankenversicherung ohne Krankengeldanspruch
übernommen würden. Im Hinblick auf diese der Klägerin bekannten Besonderheiten bei der sozialen Sicherung während der Teilnahme
an der Maßnahme hat das LSG zu Recht keine weiteren Feststellungen dazu getroffen, ob die Klägerin zusätzliche Hinweise des
Arbeitsamtes erhalten hat. Es kann deshalb auch dahinstehen, ob die (erforderliche) Kausalität zwischen dem hier zu verneinenden
Beratungsfehler und der Teilnahme der Klägerin an der Maßnahme festgestellt werden könnte, dh die Klägerin nachweislich von
der Maßnahme der freien Förderung Abstand genommen hätte, wenn sie auf die Gefahr eines Erlöschens des Anspruchs auf Alhi
nach § 196 Satz 1 Nr 2
SGB III hingewiesen worden wäre. Mangels einer Pflichtverletzung der Beklagten ist auch nicht weiter darauf einzugehen, ob - wie
vom LSG ausgeführt - selbst bei (unterstelltem) Fehlverhalten der Beklagten die Korrektur im Wege des Herstellungsanspruchs
nicht in Frage kommt, weil ein Nachteilsausgleich auf ein gesetzwidriges Handeln des Leistungsträgers hinauslaufen würde (vgl
BSG SozR 3-4100 § 249e Nr 4 und SozR 4-4300 § 137 Nr 1, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen - jeweils mwN).
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.