Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, Berechnung der Erlöschensfrist, Arbeitslosmeldung, Beratungspflicht der Bundesagentur
Gründe:
I
Streitig ist, ob die Klägerin in der Zeit vom 15. August 2000 bis 19. August 2001 Anspruch auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) hat.
Die Klägerin bezog Arbeitslosengeld (Alg) bis zur Erschöpfung des Anspruchs und im Anschluss daran ab 19. Mai 1997 Alhi bis
3. November 1997. Im Zusammenhang mit der Geburt ihres Sohnes am 11. Dezember 1997 erhielt die Klägerin vom 4. November 1997
bis 5. Februar 1998 Mutterschaftsgeld und vom 6. Februar 1998 bis einschließlich 10. Dezember 2000 Erziehungsgeld (Erzg) nach
dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) bzw dem Sächsischen Landeserziehungsgeldgesetz. Nach einer Mitteilung der zuständigen Krankenkasse über das Bestehen eines
Anspruchs auf Mutterschaftsgeld bereits ab 30. Oktober 1997 hob die Beklagte im Januar 1998 die Bewilligung von Alhi für die
Zeit vom 30. Oktober 1997 bis 3. November 1997 auf und machte den überzahlten Betrag im Wege eines Erstattungsanspruchs erfolgreich
gegenüber der Krankenkasse geltend.
Nachdem sich die Klägerin nach einem Vermerk des Arbeitsamts am 3. November 2000 zum 12. Dezember 2000 arbeitslos gemeldet
hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15. November 2000 die Bewilligung von Alg und von Alhi ab. Mit ihrem Widerspruch
machte die Klägerin geltend, sie habe sich schon am 15. August 2000 in der Infothek des Arbeitsamts arbeitslos gemeldet; nach
Einsicht der Bescheide über Erzg sei sie auf eine erneute Arbeitslosmeldung Anfang November verwiesen worden, ohne dass ihr
Antragsunterlagen ausgehändigt worden seien. Mit Widerspruchsbescheid vom 2. April 2001 wies die Beklagte den Widerspruch
zurück und führte ua aus, sie habe über die behauptete Vorsprache vom 15. August 2000 keine Vermerke; die angegebene Vorsprache
könne aber ohnehin nicht als Arbeitslosmeldung gewertet werden, da eine Meldung nur zulässig sei, wenn die Arbeitslosigkeit
innerhalb der nächsten zwei Monate zu erwarten sei. Wegen des Erziehungsgeldbezugs habe die Klägerin den Vermittlungsbemühungen
des Arbeitsamts nicht zur Verfügung gestanden und sei somit nicht arbeitslos gewesen. Ein Anspruch auf Alg bestehe mangels
Erfüllung der Anwartschaftszeit nicht. Alhi könne die Klägerin nicht beanspruchen, da sie innerhalb der am 11. Dezember 1997
beginnenden Vorfrist kein Alg bezogen habe. Der im Mai 1997 entstandene Anspruch auf Alhi sei erloschen.
Im Klageverfahren hat die Klägerin wiederum vorgetragen, sie habe sich bereits am 15. August 2000 arbeitslos gemeldet; sie
sei zu diesem Zeitpunkt auch auf der Suche nach einer Beschäftigung im Umfang von bis zu 19 Wochenstunden gewesen. Das Sozialgericht
(SG) hat die auf Aufhebung der Bescheide der Beklagten und Gewährung von Alhi gerichtete Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom
28. August 2003). In den Entscheidungsgründen hat das SG ua ausgeführt, es schließe sich den Gründen des Widerspruchsbescheids an und es sei davon überzeugt, dass eine Arbeitslosmeldung
erst zum 11. Dezember 2000 erfolgt sei. Bei der Vorsprache am 15. August 2000 habe es sich lediglich um ein Auskunftsbegehren
der Klägerin und ersichtlich nicht um eine Arbeitslosmeldung gehandelt. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch nach den Grundsätzen
des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs, da nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die fehlende Arbeitslosmeldung
nicht fingiert werden könne.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 11. März 2004). In den Entscheidungsgründen
hat das LSG ua ausgeführt: Die Klägerin habe weder einen neuen Anspruch auf Alhi erworben noch könne sie Rechte aus dem Vorbezug
von Alhi geltend machen. Es fehle an der Voraussetzung des Bezugs von Alg innerhalb der Vorfrist gemäß § 190 Abs 1 Nr 4 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III) iVm § 192
SGB III. Eine persönliche Arbeitslosmeldung sei erst am 3. November 2000 zum 12. Dezember 2000 erfolgt, nicht aber am 15. August
2000; insoweit werde auf die zutreffenden Gründe im Gerichtsbescheid Bezug genommen. Gegen die Verfügbarkeit gemäß §
119 Abs
2 SGB III bestünden allerdings keine Bedenken. Ausreichende Anwartschaften für einen (neuen) Anspruch auf Alg habe die Klägerin am
15. August 2000 nicht erfüllt. Die Nichtberücksichtigung des Bezugs von Erzg als anwartschaftsbegründende Zeit sei nicht verfassungswidrig.
Der am 19. Mai 1997 entstandene Anspruch auf Alhi sei gemäß § 196 Satz 1 Nr 2
SGB III erloschen. Die Arbeitslosmeldung zum 11. Dezember 2000 sei zu spät erfolgt. § 196 Satz 2 Nr 3
SGB III könne auch nicht ergänzend dahin ausgelegt werden, dass die Zeiten des mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbotes zu
einer Verlängerung über die im Gesetz genannte Höchstdauer hinaus führten. Eine planwidrige Regelungslücke liege nicht vor.
Dies ergebe sich aus der Entstehungsgeschichte des § 196
SGB III. Auch im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs könne die Klägerin nicht so gestellt werden, als habe sie noch
vor Ablauf der Erlöschensfrist den Anspruch wirksam geltend gemacht. Die rechtzeitige Verfügbarkeit der Klägerin für die Arbeitsvermittlung
könne nicht fingiert werden, denn es handele sich um persönliche Umstände sowohl subjektiver als auch objektiver Art, die
dem Zuständigkeitsbereich und den Gestaltungsmöglichkeiten der Beklagten entzogen seien. Entsprechendes gelte für die persönliche
Arbeitslosmeldung.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 190 Abs 1
SGB III iVm § 196
SGB III in der im Jahre 2000 geltenden Fassung. Nur deshalb, weil § 196 Satz 2 letzter Halbsatz
SGB III die Vorfristverlängerung auf längstens zwei Jahre begrenze, verfalle der Klägerin der Anspruch nach dem Ende der Erziehungszeit.
Dies lasse sich wegen Art
3, Art
6 Abs
4 und Art
20 Grundgesetz nicht hinnehmen. Frauen werde im Wege der mittelbaren Diskriminierung der Zugang zu den Sicherungssystemen bei Arbeitslosigkeit
erheblich erschwert bzw verwehrt, wenn sie drei Jahre Erziehungszeit in Anspruch nehmen wollten. Es sei deshalb eine verfassungskonforme
Auslegung des § 196
SGB III dahin geboten, dass wie beim Erlöschen nach §
147 Abs
2 SGB III auch bei der Vorfristverlängerung bei Alhi die Erweiterung bei Erziehungstatbeständen nicht auf zwei Jahre begrenzt werde.
Dies gelte vor allem, wenn nicht vor Antritt des Erziehungsurlaubs durch die Bundesagentur (BA) auf die Folgen hingewiesen
werde.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG vom 11. März 2004 und den Gerichtsbescheid des SG vom 28. August 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. November 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2.
April 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Alhi vom 15. August 2000 bis 19. August 2001 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Sie trägt vor, das LSG habe unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zutreffend entschieden.
II
Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Zurückverweisung begründet.
1. Nicht zu beanstanden sind die Ausführungen des LSG, wonach unabhängig vom Alhi-Bezug im Jahre 1997 kein neuer Anspruch
auf Alhi entstanden ist. Anzuwenden sind noch die §§ 190 ff
SGB III, die erst mit Wirkung ab 1. Januar 2005 aufgehoben worden sind (Art 3 Nr 15 und Art 61 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen
am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003, BGBl I S 2954). Nach § 190 Abs 1
SGB III idF des Dritten
SGB III-Änderungsgesetzes (3.
SGB III-ÄndG) vom 22. Dezember 1999 (BGBl I S 2624) haben Anspruch auf Alhi Arbeitnehmer, die arbeitslos sind (Nr 1), sich beim Arbeitsamt
arbeitslos gemeldet haben (Nr 2), einen Anspruch auf Alg mangels Erfüllung der Anwartschaftszeit nicht haben (Nr 3), in der
Vorfrist Alg bezogen haben, ohne dass der Anspruch sperrzeitbedingt erloschen ist (Nr 4) und bedürftig sind (Nr 5). Auch bei
Annahme einer Arbeitslosmeldung der Klägerin schon am 15. August 2000 fehlt es offensichtlich an der Anspruchsvoraussetzung
des Vorbezugs von Alg innerhalb der Vorfrist (§ 190 Abs 1 Nr 4
SGB III iVm § 192
SGB III).
2. Dagegen kann nach den bislang vom LSG getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden, ob
die Klägerin nicht noch Rechte aus dem Bezug von Alhi in der Zeit vom 19. Mai bis 29. Oktober 1997 herleiten kann. Entgegen
der Auffassung des LSG ist nicht auszuschließen, dass dieser Anspruch nicht nach § 196 Satz 1 Nr 2, Satz 2 Nr 3
SGB III - in der hier anwendbaren Fassung, die die Vorschrift durch das 3.
SGB III-ÄndG erhalten hat - erloschen ist.
a) Nach § 196 Satz 1 Nr 2
SGB III erlischt der Anspruch auf Alhi, wenn seit dem letzten Tag des Bezugs dieser Leistung ein Jahr vergangen ist; die Frist verlängert
sich nach § 196 Satz 2 Nr 3
SGB III um Zeiten, in denen der Arbeitslose nach dem letzten Tag des Bezugs von Alhi ein Kind, das das dritte Lebensjahr noch nicht
vollendet hat, betreut oder erzogen hat, längstens jedoch um zwei Jahre. Das LSG ist in Anwendung dieser Bestimmungen zutreffend
von einer Verlängerung der Erlöschensfrist bis zum 29. Oktober 2000 ausgegangen.
Zwar ist im Rahmen des § 196 Satz 1 Nr 2
SGB III - wie schon nach der Vorgängerregelung des § 135 Abs 1 Nr 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) - der tatsächliche Bezug von Alhi für die Berechnung der Jahresfrist entscheidend (vgl BSG SozR 4100 §
134 Nr 15; Henke in Eicher/Schlegel,
SGB III, § 196 Rz 52). Dabei ist unerheblich, ob der Bezug oder Nicht-Bezug von Alhi innerhalb der Jahresfrist rechtmäßig oder rechtswidrig
war. Dies bedeutet indes nicht, dass hier an den ursprünglichen Leistungsbezug der Klägerin bis 3. November 1997 anzuknüpfen
wäre. Denn infolge ihres Anspruchs auf Mutterschaftsgeld war die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 30. Oktober bis 3.
November 1997 nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) iVm § 152 Abs 3 AFG aufgehoben und die Leistung erstattet worden (Bescheid vom 20. Januar 1998). Die Klägerin hat somit (vgl § 107 Abs 1 SGB X) nur bis zum 29. Oktober 1997 Alhi bezogen. Konsequent ist dann auch die Annahme des LSG, eine Arbeitslosmeldung zum 11.
Dezember (eigentlich 12. Dezember) 2000 oder auch schon am 3. November 2000 sei zu spät gewesen. Nicht zwingend ist dagegen
die Annahme, die Erlöschensfrist sei versäumt. Denn nach den bislang getroffenen Feststellungen des LSG kann nicht ausgeschlossen
werden, dass die Klägerin sich entweder tatsächlich schon am 15. August 2000 beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet hat oder
dass sie zumindest im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen ist, als habe sie die Ausschlussfrist
nicht versäumt.
b) Dem Urteil des LSG sind keine den Senat bindenden Feststellungen zu entnehmen, wonach davon auszugehen wäre, die Klägerin
habe sich nicht am 15. August 2000 arbeitslos gemeldet. Zwar hat das LSG im angefochtenen Urteil (Seite 7) ausgeführt, die
von der Klägerin vorgebrachte Arbeitslosmeldung zum 15. August 2000 sei nicht erfolgt und insoweit werde auf die zutreffenden
Ausführungen des Gerichtsbescheids des SG Bezug genommen und verwiesen. Diese Ausführungen sind jedoch insgesamt unklar und widersprüchlich.
Das SG, auf dessen Begründung das LSG Bezug genommen hat, hat seinerseits ausgeführt, es schließe sich den Gründen des Widerspruchsbescheids
der Beklagten "voll umfänglich an". Im Widerspruchsbescheid vom 2. April 2001 wird jedoch eine Arbeitslosmeldung der Klägerin
vom 15. August 2000 nicht eindeutig verneint, sondern es wird darauf abgestellt, die Vorsprache der Klägerin könne nicht als
Arbeitslosmeldung gewertet werden, "da eine Meldung nach §
122 (1) Satz 2
SGB III nur zulässig ist, wenn die Arbeitslosigkeit innerhalb der nächsten zwei Monate zu erwarten ist", und die Klägerin habe sich
in den zwei Monaten nach dem 15. August 2000 noch im Erziehungsjahr befunden, weshalb Arbeitslosigkeit erst nach Ablauf des
Erzg-Bezugs am 10. Dezember 2000 eintreten könne. Der Widerspruchsbescheid, dessen Ausführungen sich SG und LSG zu Eigen gemacht haben, schließt also in tatsächlicher Hinsicht weder eine Vorsprache der Klägerin am 15. August
2000 noch eine Erklärung der Klägerin, die als Arbeitslosmeldung charakterisiert werden könnte, aus, sondern verneint mit
rechtlichen Erwägungen eine Arbeitslosmeldung, nämlich insbesondere mit der Begründung, während des Bezugs von Erzg könne
Arbeitslosigkeit nicht eintreten. Dabei wird verkannt, dass - wie das LSG im angefochtenen Urteil erwähnt - der gleichzeitige
Bezug von Erzg und Alhi und somit auch Arbeitslosigkeit trotz andauernder Erziehung eines Kindes in der Zeit ab 15. August
2000 nicht zwingend ausgeschlossen war (vgl §
119 Abs
4 Satz 1 Nr
2 SGB III, §§ 1 Abs 1 Nr 4, 2 Abs 1 und 2 BErzGG, § 194 Abs 3 Nr 3
SGB III, jeweils in der im Jahre 2000 geltenden Fassung; zur Unschädlichkeit des Alhi-Bezugs für den Anspruch auf Erzg vgl Buchner/Becker,
Mutterschutzgesetz und BErzGG, 6. Auflage, § 2 BErzGG RdNr 25 f; vgl auch § 1 Nr 5 und 6 des Sächsischen Landeserziehungsgeldgesetzes). Die Klägerin hätte sich also durchaus schon ab 15. August 2000
beispielsweise für eine Tätigkeit im Umfang von 19 Wochenstunden der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stellen können und war
also nicht zwingend auf eine Beendigung der Arbeitslosigkeit erst im Dezember 2000 zu verweisen. Die Ausführungen im Widerspruchsbescheid
gehen deshalb an der Rechtslage und vor allem an der Interessenlage der Klägerin vorbei. Da SG und LSG ausdrücklich auf diese unzureichenden Ausführungen der Beklagten verwiesen haben und auf die Möglichkeit und den
Vortrag der Klägerin, sie habe sich schon am 15. August 2000 der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt und dies sei lediglich
am Verhalten der damals in der Infothek anwesenden Mitarbeiterin gescheitert, nicht näher eingegangen sind, fehlt es bereits
aus diesem Grund an eindeutigen und nachvollziehbaren Feststellungen zur Frage, ob eine Arbeitslosmeldung nicht doch schon
am 15. August 2000 erfolgt ist.
Zu beachten ist außerdem, dass an die Arbeitslosmeldung als Tatsachenerklärung (vgl BSGE 77, 175, 178 f = SozR 3-4100 § 105 Nr 2; Urteil des Senats vom 7. Oktober 2004, B 11 AL 23/04 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) keine übertriebenen Anforderungen zu stellen sind. Formelle Voraussetzung ist lediglich
die persönliche Anwesenheit des Arbeitslosen im zuständigen Arbeitsamt bzw der Agentur (vgl Spellbrink in Eicher/Schlegel,
SGB III, §
122 RdNr 27 f); inhaltlich hat sich die Meldung nur auf den Eintritt des Leistungsfalles (Arbeitslosigkeit) zu beziehen (Spellbrink
aaO RdNr 23 ff). Dies bedeutet, dass eine Arbeitslosmeldung schon dann vorliegt, wenn der Arbeitslose im Arbeitsamt erscheint
und jedenfalls sinngemäß zum Ausdruck bringt, er sei arbeitslos; ob darüber hinaus weitere Erklärungen abgegeben werden -
etwa ein Auskunftsersuchen - muss nicht entscheidend sein. Allein aus der vom SG erwähnten Tatsache des "Auskunftsbegehrens" kann also noch nicht geschlossen werden, die Klägerin habe sich nicht arbeitslos
melden wollen. Auch insofern erweist sich die Feststellung des LSG, eine Arbeitslosmeldung zum 15. August 2000 sei nicht erfolgt,
als nicht nachvollziehbar.
c) Selbst wenn aber die vom LSG in Bezug genommene Begründung des SG, es sei davon überzeugt, dass "letztendlich" eine Arbeitslosmeldung erst zum 11. Dezember 2000 erfolgt sei und dass es sich
bei der Vorsprache vom 15. August 2000 "lediglich um ein Auskunftsbegehren" gehandelt habe, als widerspruchsfreie Feststellung
dahingehend zu werten wäre, eine Arbeitslosmeldung an diesem Tag liege nicht vor, oder wenn das LSG eine solche Feststellung
noch treffen sollte, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Beklagte nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs
verpflichtet ist, die Klägerin so zu behandeln, als habe sie infolge ihrer Vorsprache vom 15. August 2000 die Erlöschensfrist
des § 196
SGB III nicht versäumt. Ein einen Herstellungsanspruch begründender Beratungsfehler der Beklagten kommt in Betracht, wenn - wozu
das LSG noch ausdrückliche Feststellungen treffen muss - der Vortrag der Klägerin zutrifft, sie habe sich unter Vorlage der
Erzg-Bescheide an die in der Infothek anwesende Arbeitsamtsmitarbeiterin gewandt und sei damals auch an einer Vermittlung
in bestimmte Tätigkeiten mit eingeschränkter Wochenstundenzahl interessiert gewesen, sei dann aber auf eine spätere Arbeitslosmeldung
für die Zeit nach Auslaufen des Erzg verwiesen worden. Bei einem derartigen Sachverhalt muss eine Pflicht des mit der Sache
befassten Mitarbeiters der BA angenommen werden, die Klägerin über ihre Gestaltungsmöglichkeiten aufzuklären und zu beraten
bzw sie an einen zur Beratung fähigen und befugten anderen Arbeitsamtsbediensteten zu verweisen. Dies gilt vor allem deshalb,
weil - worauf die Revision zu Recht hinweist - die Rechtslage für die Klägerin unübersichtlich war. Die Klägerin hätte durch
einen zuständigen Mitarbeiter der BA insbesondere darüber aufgeklärt werden müssen, dass sie auch während des Bezugs von Erzg
die Möglichkeit hatte, sich Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamts zur Verfügung zu stellen, weiter darauf, dass bei Arbeitslosmeldung
erst für die Zeit nach Auslaufen des Erzg-Bezugs die Erlöschensfrist des § 196
SGB III abgelaufen sein würde. Dafür, dass die Klägerin im vorgenannten Sinne nicht ordnungsgemäß aufgeklärt und nicht hinreichend
beraten worden ist, könnte der Inhalt des Widerspruchsbescheids vom 2. April 2001 sprechen. Im Übrigen wird bei der Bestimmung
des objektiv vorhandenen individuellen Beratungsbedarfs ggf auch das persönliche Umfeld der Klägerin zu berücksichtigen sein
(vgl den Schriftsatz der Beklagten vom 6. März 2002, Bl 34 in den vom LSG in Bezug genommenen Gerichtsakten).
Entgegen der Rechtsansicht der Vorinstanzen greift hier der Einwand nicht durch, die persönliche Arbeitslosmeldung könne nicht
im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs fingiert werden. Wenn die Klägerin in der Tat am 15. August 2000 beim
Arbeitsamt vorgesprochen hat, stellt sich nämlich nicht die Frage einer Ersetzung der Arbeitslosmeldung, sondern die Frage
der Wahrung der Erlöschensfrist des § 196
SGB III. Die Situation der Klägerin ist trotz der Unterschiedlichkeit der Rechtsnormen vergleichbar mit der vom BSG bereits entschiedenen
Fallgestaltung, wonach ein Arbeitsloser nach Versäumung der Erlöschenfrist des früheren § 125 Abs 2 AFG (jetzt §
147 Abs
2 SGB III) bei fehlerhafter Beratung im Wege des Herstellungsanspruchs so zu stellen ist, als habe er rechtzeitig gehandelt (BSGE 62,
179, 182 = SozR 4100 § 125 Nr 3). Entsprechend den dortigen Ausführungen kann deshalb der Klageanspruch jedenfalls ab dem Zeitpunkt
der späteren Meldung im November bzw Dezember 2000 begründet sein; insofern ist entscheidend, welche Erklärung die Klägerin
bei ihrer Vorsprache im Arbeitsamt am 3. November 2000 abgegeben hat.
3. Das LSG wird deshalb weiter zu ermitteln und eindeutige Feststellungen zu treffen haben, ob die Klägerin tatsächlich im
August 2000 im Arbeitsamt vorgesprochen und wenn ja, welche Erklärungen sie ausdrücklich oder sinngemäß abgegeben hat, ob
sie unter Vorlage ihrer das Erzg betreffenden Bescheide um Beratung gebeten hat und wie gegebenenfalls die mit der Vorsprache
befassten Mitarbeiter der BA reagiert haben. Als Mittel zur Aufklärung des Sachverhalts dürfte insbesondere die persönliche
Anhörung der Klägerin in Betracht kommen. Sollte sich für August 2000 zwar keine Arbeitslosmeldung, jedoch eine Vorsprache
der Klägerin feststellen lassen, liegt im Hinblick auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid die Annahme eines Beratungsfehlers
der BA nahe; ggf ist dann weiter zu klären, ab genau welchem Zeitpunkt das Arbeitsamt auf Grund einer Arbeitslosmeldung der
Klägerin in der Lage war, mit Vermittlungsbemühungen zu beginnen. Das LSG wird - soweit erforderlich - auch Gelegenheit haben,
weitere eindeutige Feststellungen zu den sonstigen Anspruchsvoraussetzungen - ua subjektive Verfügbarkeit/Arbeitsbereitschaft
und Bedürftigkeit - zu treffen.
Im derzeitigen Verfahrensstadium besteht für den Senat kein Anlass, sich zu den vom LSG und von der Revision aufgeworfenen
verfassungsrechtlichen Fragen zu äußern.