Wichtiger Grund für den Ausschluß der Sperrzeit beim Anspruch auf Arbeitslosengeld
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über den Eintritt einer Sperrzeit nach Abschluss eines Aufhebungsvertrages.
Der im Oktober 1943 geborene Kläger war seit 1987 bei der Firma K. bzw K. KG - im Folgenden: KG - beschäftigt, zuletzt als
leitender Angestellter. Für sein Arbeitsverhältnis mit der KG galt eine Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Ende des Vierteljahres.
Um einer Kündigung zuvorzukommen, die zum selben Zeitpunkt drohte, schloss der Kläger am 30. August 1999 mit seiner Arbeitgeberin
einen Vertrag über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. März 2000. Nach dieser Vereinbarung war der Kläger bereits
ab 1. Januar 2000 unter Fortzahlung der vertragsgemäßen Bezüge von der Arbeitsleistung freigestellt; er erhielt außerdem eine
Abfindung in Höhe von 121.000 DM.
Der Kläger meldete sich am 1. April 2000 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Die Beklagte lehnte eine Bewilligung
für die Zeit vom 1. April bis 23. Juni 2000 mit der Begründung ab, es sei eine Sperrzeit von 12 Wochen eingetreten, weswegen
sich auch die Anspruchsdauer um 195 Tage mindere (Bescheid vom 26. Mai 2000). Der Widerspruch des Klägers, mit dem dieser
geltend machte, ohne Abschluss des Aufhebungsvertrages wäre ihm rechtswirksam aus betriebsbedingten Gründen gekündigt worden,
blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10. August 2000). Im Übrigen bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Wirkung ab 24.
Juni 2000 für 585 Tage Alg, das der Kläger auch bezog.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 9. Oktober 2003). Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung des Klägers der
Klage stattgegeben (Urteil vom 22. September 2004). Das LSG hat ua ausgeführt: Dem Antrag auf Zahlung von Alg sei selbst unter
Zugrundelegung der Rechtsauffassung des SG - Eintritt einer Sperrzeit - stattzugeben, da eine etwaige Sperrzeit mit dem Tag der Freistellung (1. Januar 2000) begonnen
hätte, so dass Alg jedenfalls für die hier streitige Zeit hätte gezahlt werden müssen. Eine Sperrzeit sei jedoch nicht eingetreten.
Der Kläger habe zwar sein Beschäftigungsverhältnis durch Zustimmung zum Aufhebungsvertrag gelöst; er habe hierfür aber einen
wichtigen Grund gehabt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) liege ein wichtiger Grund vor, wenn dem Betroffenen
zum gleichen Zeitpunkt eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch sozial gerechtfertigte Kündigung gedroht habe. Nach
einer Entscheidung des BSG vom 16. Oktober 2003 (B 11 AL 1/03 R = SozR 4-4300 § 147a Nr 1) reiche es aus, wenn festgestellt werden könne, dass sich der Betroffene arbeitsrechtlich nicht
gegen die angedrohte Kündigung habe wehren können. Nach anderen Entscheidungen des BSG werde zusätzlich gefordert, dass dem
Arbeitnehmer das Abwarten der arbeitgeberseitigen Kündigung nicht zuzumuten gewesen sei (ua BSG Urteil vom 25. April 2002
- B 11 AL 65/01 R - BSGE 89, 243 = SozR 3-4300 § 144 Nr 8). Zunächst schließe sich der Senat den Feststellungen des SG auf Seite 8 letzter Absatz und Seite 9 erster Absatz des SG-Urteils sowie den Schlussfolgerungen, die das SG aus eingeholten Arbeitgeberauskünften gezogen habe, voll inhaltlich an; es sei davon auszugehen, dass dem Kläger ohne den
Aufhebungsvertrag sozial gerechtfertigt zum 31. März 2000 gekündigt und er somit ebenfalls zum 1. April 2000 arbeitslos geworden
wäre. Entgegen der Auffassung des SG sei aber zu beachten, dass das BSG nicht den Grundsatz aufgestellt habe, eine Sperrzeit trete immer dann ein, wenn dem Arbeitnehmer
das Abwarten der arbeitgeberseitigen Kündigung zumutbar sei, weil ihm keine Nachteile für sein berufliches Fortkommen drohten.
Der Kläger habe zwar selbst eingeräumt, dass er angesichts seines Alters mit keiner Anschlussbeschäftigung gerechnet und eine
solche auch tatsächlich nicht erlangt habe. Das weitere berufliche Fortkommen sei aber nur einer von mehreren Gesichtspunkten.
Hier gebe es einen weiteren Gesichtspunkt. Der Kläger, der seit 14. März 2003 von seinen Ersparnissen lebe, habe nämlich die
Abfindung angelegt, um nach Auslaufen des Alg-Anspruchs bis zum Rentenbeginn - hier jedenfalls mehr als ein Jahr - keine Arbeitslosenhilfe
(Alhi) beantragen zu müssen, und habe damit durch sein Verhalten die Solidargemeinschaft im Ergebnis entlastet. Zwar sei ein
solcher Entschluss zum Zeitpunkt der Bewilligung von Alg nur schwer nachprüfbar; jedoch könne dieser Umstand, wenn er denn
zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung feststehe, auch nicht unberücksichtigt bleiben.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des §
103 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) - Amtsermittlungspflicht - und eine Verletzung des §
144 Abs
1 Satz 1 Nr
1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (
SGB III). Richtig sei, dass sich die Sperrzeit auf den Zeitraum 1. Januar 2000 bis einschließlich 24. März 2000 erstrecke, weshalb
der Kläger in dieser Zeit zu Unrecht kein Alg bezogen habe. Allerdings sei eine Klaglosstellung nicht geboten, da durch den
zeitlich früheren Lauf der Sperrzeit der Leistungsanspruch des Klägers bereits mit Wirkung ab 23. November 2002 erschöpft
gewesen sei (§
127 SGB III), dem Kläger aber Leistungen bis einschließlich 13. Februar 2003 gewährt worden seien und damit der in Rede stehende Leistungsanspruch
analog §
362 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) erfüllt worden sei. Bezüglich des Eintritts einer Sperrzeit und der deswegen festgestellten Minderung der Anspruchsdauer
sei das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft. Bei einvernehmlicher Auflösung des Arbeitsvertrages sei ein wichtiger Grund
nur bei Vorliegen besonderer Umstände anzunehmen, so zB wenn dem Arbeitnehmer eine nach Arbeitsrecht rechtmäßige Kündigung
aus einem von seinem Verhalten unabhängigen Grund drohe und er durch eine einverständliche Lösung Nachteile für sein berufliches
Fortkommen vermeiden könne, die sich durch eine Kündigung ergeben hätten. Das LSG habe also ermitteln müssen, ob (a) die drohende
Kündigung, wenn sie ausgesprochen worden wäre, sozial gerechtfertigt gewesen wäre, und (b), ob der Kläger durch die Auflösung
des Arbeitsvertrages Nachteile für sein berufliches Fortkommen vermieden habe. Zu (a) habe das LSG nur auf die im erstinstanzlichen
Verfahren eingeholten Arbeitgeberauskünfte vom 7. Februar 2001 und vom 24. Juni 2003 abgestellt; aus diesen ergebe sich jedoch
nicht rechtsfehlerfrei die soziale Rechtfertigung und damit die Rechtswirksamkeit einer etwaigen Kündigung gemäß § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Das LSG gehe offenbar (zu Recht) davon aus, dass der Kläger leitender Angestellter iS des § 14 Abs 2 Satz 1 KSchG gewesen sei und deshalb die Vorschriften des Ersten Abschnitts des KSchG mit Ausnahme des § 3 KSchG Anwendung fänden. Dann sei das LSG jedoch zur Prüfung verpflichtet gewesen, ob eine Kündigung durch dringende betriebliche
Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers entgegenstanden, oder durch Gründe bedingt gewesen sei, die in der
Person oder im Verhalten des Klägers gelegen hätten (§ 1 Abs 2 Satz 1 KSchG). Das LSG habe ua ermitteln müssen, wie hoch der behauptete Umsatzrückgang tatsächlich gewesen sei, zu welchen Einbußen der
Umsatzrückgang für das Unternehmen geführt habe, ob der Kläger zB durch sein Management den Umsatzrückgang selbst verschuldet
habe, ob die Weiterzahlung des klägerischen Gehalts gemessen am Gesamtumsatz zu einer unzumutbaren Belastung geführt habe;
das LSG habe sich auch nicht mit der Feststellung begnügen dürfen, der Kläger habe keine für eine andere Position verwertbaren
Kenntnisse besessen, sondern habe ermitteln müssen, ob fehlende Kenntnisse durch eine Weiterbildung hätten vermittelt werden
können (§ 1 Abs 2 Satz 3 KSchG). Auch sei die Behauptung, es sei ein drastischer Umsatzrückgang in dem vom Kläger verantworteten Bereich gegeben gewesen,
unter Berücksichtigung einer Internet-Recherche der Beklagten nicht nachvollziehbar. Zu (b) - berufliches Fortkommen - habe
das LSG ausschließlich auf die subjektive Einschätzung des Klägers abgestellt und ergänzend ausgeführt, es komme allein auf
diesen Umstand nicht an; nach der Rechtsprechung des BSG sei aber gerade die mögliche Vermeidung von Nachteilen im beruflichen
Fortkommen rechtserheblich. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Kläger den Aufhebungsvertrag am 30. August 1999 unterzeichnet
und schon ab 1. Januar 2000 von der Arbeitsleistung freigestellt gewesen sei, sich aber erst am 1. April 2000 arbeitslos gemeldet
habe und dass die Beklagte ohne dieses Versäumnis sieben Monate lang Gelegenheit gehabt hätte, nach einem für den Kläger geeigneten
Arbeitsplatz zu suchen. Dass der Kläger mit der Abfindung die Solidargemeinschaft von der Pflicht zur Gewährung von Anschluss-Alhi
habe bewahren wollen, führe schon deshalb nicht zur Annahme eines wichtigen Grundes, weil auch die das Alg finanzierenden
Beitragszahler zur Solidargemeinschaft zählten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
II
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Entscheidung des LSG, das den Eintritt einer Sperrzeit verneint und die Beklagte
zur Zahlung von Alg vom 1. April 2000 bis 23. Juni 2000 verurteilt hat, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
1. Der Kläger hat Anspruch auf Alg für die Zeit ab 1. April 2000 gemäß §§
117 ff
SGB III. Die Anspruchsvoraussetzungen (Arbeitslosigkeit, Arbeitslosmeldung, Anwartschaftszeit) sind nach dem Gesamtzusammenhang der
Feststellungen des LSG erfüllt.
2. Zutreffend hat das LSG darauf hingewiesen, dass dem Antrag auf Zahlung von Alg selbst dann stattzugeben wäre, wenn eine
Sperrzeit eingetreten wäre. Denn die Sperrzeit beginnt mit dem sperrzeitbegründenden Ereignis des Eintritts der Beschäftigungslosigkeit,
wobei der leistungsrechtliche Begriff des Beschäftigungsverhältnisses maßgebend ist (vgl BSGE 89, 243, 249 = SozR 3-4300 § 144 Nr 8 und hierzu Schlegel NZA 2005, 972 ff). Eine etwaige Sperrzeit hätte also schon mit der Freistellung ab Januar 2000 begonnen und wäre somit im April 2000 bereits
abgelaufen gewesen. Dies hat auch die Beklagte in ihrer Revisionsbegründung nicht in Zweifel gezogen. Ihr Einwand, eine Klaglosstellung
sei gleichwohl nicht geboten, weil wegen der späteren Zahlung von Alg von einer Erfüllung analog §
362 BGB auch schon für die Zeit ab 1. April 2000 auszugehen sei, dürfte nicht durchgreifen. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen,
da im Ergebnis - wie nachfolgend ausgeführt wird - keine Sperrzeit eingetreten ist.
3. Entgegen der Auffassung der Beklagten steht dem Anspruch des Klägers nicht §
144 SGB III - in der hier anwendbaren Fassung, die die Vorschrift durch das Arbeitsförderungs-Reformgesetz vom 24. März 1997, BGBl I
594, erhalten hat - entgegen. Nach §
144 Abs
2 Satz 2
SGB III ruht der Anspruch auf Alg während einer Sperrzeit. In Betracht kommt nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG nur eine
Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe nach §
144 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGB III, die eintritt, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grobfahrlässig die Arbeitslosigkeit
herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Das LSG, nach dessen Feststellungen der Kläger
keine konkreten Aussichten auf einen Anschlussarbeitsplatz hatte und dies wusste, ist zu Recht davon ausgegangen, dass der
Kläger durch seine Zustimmung zum Aufhebungsvertrag sein Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch die spätere Arbeitslosigkeit
wenigstens grobfahrlässig herbeigeführt hat (vgl ua BSGE 91, 90 = SozR 4-4300 § 144 Nr 3 RdNr 7). Das LSG hat weiter zu Recht angenommen, dass dem Kläger für sein Verhalten ein wichtiger
Grund zur Seite stand.
a) Nach der bisherigen - vom LSG zitierten - Rechtsprechung des BSG kann sich ein Arbeitnehmer im Falle der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses
durch Zustimmung zu einem Aufhebungsvertrag auf einen wichtigen Grund dann berufen, wenn ihm der Arbeitgeber mit einer objektiv
rechtmäßigen Kündigung droht und ihm die Hinnahme dieser Kündigung nicht zuzumuten ist (BSGE 89, 243, 246 ff = SozR 3-4300 § 144 Nr 8; SozR 3-4300 § 144 Nr 12 S 34 ff; BSGE 92, 74, 81 = SozR 4-4300 § 144 Nr 6; Urteil vom 2. September 2004 - B 7 AL 18/04 R - veröffentlicht in juris). Diese Rechtsprechung hat der erkennende Senat in einer Entscheidung über die Pflicht des Arbeitgebers
zur Erstattung des an einen früheren leitenden Angestellten gezahlten Alg gemäß § 128 Arbeitsförderungsgesetz - nunmehr § 147a
SGB III - im Rahmen von Ausführungen zur Höhe der Erstattungsforderung modifiziert (Urteil vom 16. Oktober 2003, SozR 4-4300 § 147a
Nr 1). Der Senat hat es als ausreichend für das Vorliegen eines wichtigen Grundes angesehen, dass sich der Betroffene als
leitender Angestellter gegen den - in diesem Fall während des arbeitsgerichtlichen Verfahrens bereits hilfsweise gestellten
- Antrag des Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 Abs 1 Satz 2 KSchG iVm § 14 Abs 2 Satz 2 KSchG nicht wehren konnte.
b) Das LSG ist von einer dem Kläger drohenden rechtmäßigen Kündigung ausgegangen. Es hat auf Ausführungen des SG Bezug genommen und sich insoweit dessen Wertung, die drohende Kündigung wäre sozial gerechtfertigt und damit rechtmäßig gewesen,
angeschlossen; SG und LSG haben dabei maßgeblich auf die dem SG erteilten Auskünfte der KG vom 7. Februar 2001 und vom 24. Juni 2003 abgestellt. Dagegen hat die Beklagte mit der Revision
eingewandt, die Feststellungen des LSG, auch soweit sie sich auf die Auskünfte des Arbeitgebers bezögen, rechtfertigten nicht
die Schlussfolgerung der sozialen Rechtfertigung der Kündigung nach den Maßstäben des § 1 KSchG. Dies kann jedoch dahinstehen. Selbst wenn die dem Kläger drohende Kündigung nicht sozial gerechtfertigt gewesen wäre, drohte
ihm jedenfalls die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 9 Abs 1 KSchG iVm § 14 Abs 2 KSchG. Denn der Kläger war nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG leitender Angestellter iS des § 14 Abs 2 Satz 1 KSchG.
Dies ist den vom LSG gebilligten Feststellungen des SG auf den Seiten 8 und 9 des erstinstanzlichen Urteils zu entnehmen. Das SG führt an dieser Stelle unter Auswertung insbesondere der eingeholten Auskunft der KG vom 24. Juni 2003 aus, der Kläger habe
als Bereichsleiter zu der in § 14 Abs 2 Satz 1 KSchG genannten Personengruppe gehört und er sei vollständig und eigenständig verantwortlich für den ihm unterstehenden Bereich
einschließlich Personaldispositionsbefugnis gewesen. Die Beklagte hat in ihrer Revisionsbegründung diese Feststellungen nicht
in Zweifel gezogen; sie geht selbst ausdrücklich davon aus, der Kläger sei leitender Angestellter gewesen.
Aus dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG ergibt sich weiter, dass die KG für den nicht erwarteten Fall, dass
sich eine Kündigung in einem etwa nachfolgenden Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht als sozialwidrig iS von § 1 KSchG erwiesen hätte (vgl BAGE 95, 348 = AP Nr 35 zu § 9 KSchG 1969), einen Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses gestellt hätte. Das LSG hat zwar im Anschluss an die Ausführungen
des SG diese Besonderheit in der Rechtsstellung des Klägers nicht vertieft, da es nach seiner Auffassung - Prüfung und Bejahung
der sozialen Rechtfertigung der in Aussicht gestellten Kündigung - keinen Anlass hatte, hierauf näher einzugehen. Dass ein
Auflösungsantrag für den Fall der Sozialwidrigkeit der Kündigung nachweislich drohte, ergibt sich indes ohne Weiteres aus
der vom LSG in Bezug genommenen Auskunft der KG vom 24. Juni 2003, die ausdrücklich auf die Berechtigung zur Auflösung des
Arbeitsverhältnisses nach § 14 Abs 2 KSchG hinweist.
Wenn aber die KG im Falle der mangelnden sozialen Rechtfertigung der Kündigung vor dem Arbeitsgericht die Auflösung des Arbeitsverhältnisses
ebenfalls zum 31. März 2000 gegen Abfindung erzwungen hätte (§ 14 Abs 2 Satz 2, § 9 Abs 1 Satz 2, Abs 2 sowie § 10 KSchG), musste der Kläger zur Zeit des Abschlusses des Aufhebungsvertrages von der Unvermeidlichkeit einer Beendigung seines Arbeitsverhältnisses
ausgehen. Im Rahmen der Prüfung des wichtigen Grundes gemäß §
144 Abs
1 Nr
1 SGB III ist aber das Recht des Arbeitgebers, für den Fall der Sozialwidrigkeit einer Kündigung ohne Begründung einen Antrag auf Auflösung
des Arbeitsverhältnisses zu stellen, dem das Arbeitsgericht stattgeben muss (vgl BSG SozR 4-4300 § 147a Nr 1 RdNr 13), dem
Fall der objektiv rechtmäßigen Kündigung gleichzusetzen. Denn wesentlich für die Annahme, bei drohender rechtmäßiger Kündigung
könne ein wichtiger Grund vorliegen, ist die Überlegung, dass sich der Betroffene gegen eine solche Kündigung nicht erfolgreich
zur Wehr setzen kann (vgl BSGE 89, 243, 246 = SozR 3-4300 § 144 Nr 8). Diese Überlegung greift auch für den Fall einer drohenden Auflösung des Arbeitsverhältnisses
nach §§ 14 Abs 2, 9 Abs 1 Satz 2 KSchG, bezieht sich also nicht nur auf die in der og Entscheidung vom 16. Oktober 2003 (SozR 4-4300 § 147a Nr 1 RdNr 15) behandelte
Fallgestaltung eines bereits vor dem Arbeitsgericht gestellten Auflösungsantrags.
c) Dem Kläger war die Hinnahme einer Kündigung bzw die Anfechtung einer Kündigung vor dem Arbeitsgericht mit der Folge der
Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten. Er hatte vielmehr ein für einen wichtigen Grund ausreichendes Interesse
am Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit Abfindungsregelung bei Einhaltung der für den Arbeitgeber geltenden Kündigungsfrist.
Hierzu bedarf es nicht der Argumentation des LSG, der wichtige Grund sei darin zu sehen, dass der Kläger für die Zeit nach
Auslaufen des Alg-Bezugs die erhaltene Abfindung für seinen Lebensunterhalt verwendet und durch die Nichtbeanspruchung von
Alhi die Solidargemeinschaft entlastet habe. Auf diesen Gesichtspunkt kann bereits deshalb nicht zurückgegriffen werden, weil
zur Zeit des möglichen Eintritts einer Sperrzeit noch nicht absehbar war, ob es zu dieser Geschehensabfolge kommen würde.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist über das Vorliegen eines wichtigen Grundes unter Berücksichtigung des Ziels
der Sperrzeitregelung zu entscheiden, die dem Schutz der Versichertengemeinschaft vor Risikofällen dient, deren Eintritt der
Versicherte selbst zu vertreten hat. Die Solidargemeinschaft soll also vor der Inanspruchnahme durch Leistungsberechtigte
geschützt werden, die den Eintritt des versicherten Risikos der Arbeitslosigkeit selbst herbeigeführt haben, und der Versicherte
selbst soll durch die Sperrzeitregelung an der Herbeiführung des Versicherungsfalles gehindert werden (vgl ua BSGE 90, 90, 93 = SozR 3-4100 § 119 Nr 26; BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 7 RdNr 12; SozR 4-4300 § 144 Nr 9 RdNr 10, jeweils mwN). Mit dieser
Zielsetzung wäre es nicht zu vereinbaren, würde bei der Prüfung, ob der Versicherte für sein Verhalten einen wichtigen Grund
hatte, erst auf späteres Verhalten abgestellt.
Das LSG hat jedoch zu Recht darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des BSG bei Lösung des Beschäftigungsverhältnisses
durch einen Aufhebungsvertrag ein wichtiger Grund keineswegs nur in Fällen in Betracht kommt, in denen die Unzumutbarkeit
des Abwartens der arbeitgeberseitigen Kündigung darauf beruht, dass Nachteile für das berufliche Fortkommen zu befürchten
sind; dies ist vielmehr nur einer der in Betracht zu ziehenden Gesichtspunkte (vgl etwa die Urteile des BSG vom 12. April
1984 - 7 RAr 28/83 - und vom 25. April 2002 - B 11 AL 100/01 R -, jeweils veröffentlicht in juris). Demgemäß können auch sonstige Umstände zu einem wichtigen Grund führen (vgl BSGE 89,
243, 248 = SozR 3-4300 § 144 Nr 8 mit Hinweis auf das verfassungsrechtliche Übermaßverbot; BSG SozR 3-4300 § 144 Nr 12 S 34,
36; BSG-Urteil vom 2. September 2004 - B 7 AL 18/04 R - veröffentlicht in juris). In der vorliegenden Fallgestaltung, in der sich der Kläger als leitender Angestellter gegen eine
Beendigung seines Arbeitsverhältnisses nicht wehren konnte, ist nach dem oben dargestellten Sinn und Zweck der Sperrzeitregelung
bereits sein Interesse, sich durch den Aufhebungsvertrag wenigstens die ihm angebotene Abfindung zu sichern, im Rahmen der
Prüfung des wichtigen Grundes als schützenswert anzusehen, ein wichtiger Grund mithin bereits unter diesem Aspekt zu bejahen.
Zwar ist nach der bisherigen Rechtsprechung das Interesse, eine Abfindung zu erhalten, für sich allein nicht geeignet, die
Annahme eines wichtigen Grundes zu rechtfertigen (vgl etwa BSGE 66, 94, 98 = SozR 4100 § 119 Nr 36; BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 12 S 25 f). Umgekehrt ist jedoch eine Abfindung auch kein Ausschlussgrund
für die Annahme eines wichtigen Grundes, worauf das LSG zu Recht hingewiesen hat. Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang auch,
dass der Gesetzgeber an anderer Stelle eine Entlassungsentschädigung nur dann als für den Anspruch auf Alg schädlich ansieht,
wenn die für den Arbeitgeber geltende ordentliche Kündigungsfrist nicht eingehalten ist (§ 143a
SGB III), was beim Kläger nicht der Fall war. Es bedarf daher in der vorliegenden Konstellation keiner weiteren besonderen Umstände,
die ein Abwarten der Kündigung unzumutbar erscheinen lassen. Denn es besteht im Hinblick auf den ohnehin nicht zu vermeidenden
Eintritt der Beschäftigungslosigkeit kein Interesse der Versichertengemeinschaft daran, den Arbeitnehmer von der Wahrnehmung
seiner berechtigten Interessen abzuhalten (vgl bereits in anderem Zusammenhang - Abwicklungsvertrag - BSGE 92, 74, 81 = SozR 4-4300 § 144 Nr 6 RdNr 17).
Wie der Senat in der Entscheidung vom 25. April 2002 (BSGE 89, 243, 248 = SozR 3-4300 § 144 Nr 8) ausgeführt hat, unterliegt im Übrigen das Vorgehen der Beklagten, die Arbeitnehmern anscheinend
grundsätzlich zumuten will, die drohende Kündigung des Arbeitgebers abzuwarten, unter Beachtung des Zwecks der Sperrzeit und
des verfassungsrechtlichen Übermaßverbots durchgreifenden Bedenken. Es wird vielmehr umgekehrt bei einer drohenden rechtmäßigen
Arbeitgeberkündigung im Regelfall - also nicht nur bei leitenden Angestellten - ein wichtiger Grund anzunehmen sein (anders
wohl 7. Senat in BSG SozR 3-4300 § 144 Nr 12 S 36 mit Hinweis ua auf Urteil vom 12. April 1984 - 7 RAr 28/83 - DBlR 2959 zu § 119 AFG, wobei jedoch der letztgenannten Entscheidung keine drohende rechtmäßige Kündigung zu Grunde lag).
d) Ein wichtiger Grund kann unter den Umständen des vorliegenden Falles auch nicht mit der von der Beklagten angeführten Erwägung
in Frage gestellt werden, der Kläger habe sich nach Abschluss des Aufhebungsvertrages Ende August 1999 trotz Freistellung
ab Januar 2000 erst im April 2000 arbeitslos gemeldet. Denn die von der Rechtsprechung entwickelte Obliegenheit, die Arbeitsvermittlung
rechtzeitig einzuschalten bzw sich um eine Anschlussbeschäftigung zu bemühen (vgl BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 14 und Nr 15),
bezieht sich auf Fälle der einseitigen Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses aus persönlichen Gründen und kann nicht
verallgemeinert werden (BSG SozR 3-4300 § 144 Nr 12 S 37 f; vgl auch Eicher SGb 2005, 553, 556). Im vorliegenden Fall, in dem realistische Vermittlungschancen nicht bestehen, kann dem Kläger der Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung
ohnehin nicht entgegengehalten werden (vgl auch BSGE 91, 90 = SozR 4-4300 § 144 Nr 3, wonach allenfalls eine grob fahrlässige Verletzung von Obliegenheiten von Bedeutung sein kann).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.