Gründungszuschusses für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit als Bezirksschornsteinfegermeister
Begriff der Eigenleistungsfähigkeit
Substantiierung einer Grundsatzrüge
Erwartbare Klärung einer Rechtsfrage im Revisionsverfahren
Gründe:
I
Im Streit ist die Gewährung eines Gründungszuschusses für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit als Bezirksschornsteinfegermeister
nach der Zuweisung eines Kehrbezirkes zum 1.7.2012.
Zuvor bezog der Kläger vom 4. bis 30.6.2012 Arbeitslosengeld. Die Beklagte lehnte seinen Antrag ab, weil der Kläger als Bezirksschornsteinfegermeister
einen Kehrbezirk mit den entsprechenden Kunden übernehme und keine Umstände erkennbar seien, die die Ertragslage des Unternehmens
über marktübliche Schwankungen hinaus so beeinträchtigten, dass die Erträge nicht zur Abdeckung des Lebensunterhalts und der
sozialen Sicherung ausreichten. Nach Einschätzung der Handwerkskammer als der fachkundigen Stelle könne der Kläger nach Abzug
aller Kosten ein Betriebsergebnis von 63 300 Euro jährlich erzielen. Das persönliche Interesse des Klägers an einer Förderung
müsse hinter den Interessen der Versichertengemeinschaft an einer zweckentsprechenden, bedarfsorientierten und sparsamen Verwendung
der Beitragsmittel zurückstehen (Bescheid vom 21.8.2012; Widerspruchsbescheid vom 7.11.2012).
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht für das Saarland den angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Beklagte verpflichtet,
über den Antrag des Klägers unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Zur Begründung seiner
Entscheidung hat es ausgeführt, die Beklagte habe ihre Ablehnung ermessensfehlerhaft darauf gestützt, dass dem Kläger ein
Anspruch auf Gründungszuschuss nicht zustehe, weil er nicht bedürftig sei (Gerichtsbescheid vom 23.12.2013). Auf die Berufung
der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) für das Saarland den Gerichtsbescheid aufgehoben und die Klage abgewiesen
(Urteil vom 6.2.2015). Es hat ausgeführt, die Beklagte habe ermessensfehlerfrei angenommen, dass die Gewährung des Gründungszuschusses
zur sozialen Sicherung und des Lebensunterhalts in der Zeit nach der Existenzgründung nicht erforderlich sei.
Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG macht der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung
der Rechtssache geltend und rügt, das LSG sei in erheblicher Weise von Vorentscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) abgewichen.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil weder der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung
der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) noch der Zulassungsgrund der Divergenz (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) in der erforderlichen Weise dargelegt bzw bezeichnet worden ist (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2
SGG, §
169 SGG).
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus
Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist.
Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung
- ggf sogar des Schrifttums - angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung
dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte
Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen,
eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie
die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl nur
BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
Mit seinem Vorbringen wird der Kläger diesen Darlegungserfordernissen nicht gerecht. Sinngemäß formuliert er zwar die Rechtsfrage,
wie der Begriff der Eigenleistungsfähigkeit im Zuge der Ermessensausübung für die Gewährung des Gründungszuschusses zu beurteilen
ist. Er stellt auch ansatzweise dar, warum diese Rechtsfrage ungeklärt ist - allerdings ohne sich mit dem aktuellen Schrifttum
zu befassen (vgl etwa R. Müller, NZS 2014, 725 ff). Es kann dahinstehen, ob dies hätte geschehen müssen. Jedenfalls fehlt es an nachvollziehbarem Vortrag zur Klärungsfähigkeit
und Klärungsbedürftigkeit der gestellten Rechtsfrage in diesem Rechtsstreit. Vorliegend stellt der Kläger schon den Sachverhalt
nicht in einer Weise dar, die dem Senat überhaupt die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage ermöglichen
würde. Vielmehr beschränkt er sich im Wesentlichen darauf, die Tatsachenfeststellungen und die Würdigung dieser Tatsachen
durch das LSG in Frage zu stellen. Besonders deutlich wird dies, wenn er die vom LSG vorgenommene Berechnung und Bewertung
der erwartbaren Überschüsse "bestreitet" und den von ihm vorgelegten Liquiditätsplan anders bewertet wissen will.
Solche Einwände könnten allenfalls im Rahmen einer Verfahrensrüge (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG) von Bedeutung sein. Eine solche ist indes nicht erhoben worden; ohnehin könnte sie auch nicht auf eine Verletzung von §
128 Abs
1 Satz 1
SGG gestützt werden, der den Grundsatz der freien Beweiswürdigung regelt, und auf eine Verletzung der Amtsaufklärungspflicht
(§
103 SGG) nur, wenn ein Beweisantrag ohne hinreichende Begründung übergangen wurde, was vorliegend nicht ersichtlich ist. Ausgehend
von den Tatsachenfeststellungen des LSG wird aufgrund der Darlegungen des Klägers nicht deutlich, dass es auf die von ihm
gestellte Rechtsfrage überhaupt ankommt. Der Kläger geht sogar, unter Hinweis ua auf die Rechtsprechung des BSG zum Überbrückungsgeld, selbst davon aus, dass eine Berücksichtigung der Eigenleistungsfähigkeit im Rahmen der zu treffenden
Ermessensentscheidung auf der Grundlage von § 93 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (in der ab 1.4.2012 anwendbaren
Normfassung des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011 - BGBl
I 2854) grundsätzlich erfolgen darf. Er meint zwar, dass das LSG diese Grundsätze falsch angewandt hat; doch eröffnet die
Frage, ob das Berufungsgericht in der Sache richtig entschieden hat, die Revision nicht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
Auch eine Divergenz hat der Kläger nicht hinreichend bezeichnet. Divergenz iS von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG liegt nur vor, wenn sich Rechtssätze widersprechen. Sie kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden
abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem abstrakten Rechtssatz des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts tragend aufgestellt hat.
Hier sind vom Kläger schon keine derartigen Rechtssätze bezeichnet worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 Abs
1 SGG.