Beitragsbemessung in der Arbeitslosenversicherung bei Krankengeldbezug in Höhe der Arbeitslosenhilfe
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung (ArblV).
Die Klägerin hatte bis Ende 2004 für Bezieher von Arbeitslosenhilfe (Alhi), die arbeitsunfähig geworden waren und Krankengeld
(Krg) in Höhe des Betrags der Alhi erhalten hatten, Beiträge zur ArblV an die Beklagte entrichtet. Für die Berechnung der
Beiträge hatte sie als beitragspflichtige Einnahme den Zahlbetrag der vor dem Bezug des Krg erhaltenen Alhi zugrunde gelegt.
Im Anschluss an eine bei mehreren Geschäftsstellen der Klägerin durchgeführte Prüfung forderte die Beklagte von der Klägerin
mit Bescheid vom 1.6.2004 die Entrichtung weiterer Beiträge zur ArblV in Höhe von 1.845,78 Euro für namentlich benannte Versicherte
der Beklagten, die in den Jahren 2001 bis 2003 Krg bezogen hatten. Die Klägerin habe zu wenig an Beiträgen entrichtet. Auch
für Bezieher von Krg, die vorher Alhi erhalten hätten, seien Beiträge zur ArblV nach Maßgabe von §
345 Nr 5
SGB III zu berechnen. Danach gelte als beitragspflichtige Einnahme 80 vH des der Leistung zugrunde liegenden Arbeitsentgelts und
nicht lediglich der Zahlbetrag der Alhi.
Die Klägerin hat Klage erhoben. Mit Änderungsbescheid vom 9.7.2004 erhöhte die Beklagte ihre Beitragsforderung auf 1.876,40
Euro. Mit Urteil vom 26.3.2007 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Nacherhebung der Beiträge sei nicht zu beanstanden.
§
345 Nr 5
SGB III könne nicht gegen seinen Wortlaut, etwa unter Hinweis auf Sinn und Zweck der Regelung oder die für die Beitragsbemessung
bei Beziehern von Alhi in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) geltende Vorschrift des §
166 Abs
1 Nr
2a SGB VI einschränkend dahin ausgelegt werden, dass Bemessungsgrundlage nur der Zahlbetrag der zuvor bezogenen Alhi sei.
Die Klägerin hat die vom SG zugelassene Revision eingelegt und rügt eine Verletzung von §
345 Nr 5
SGB III. Das SG habe diese Vorschrift unrichtig ausgelegt und sei deshalb zu einem rechtlich unzutreffenden Ergebnis gelangt. Arbeitslose
dürften während des Bezugs von Krg beitragsrechtlich nicht anders behandelt werden als während des Bezugs von Alhi. Beiträge
zur ArblV seien in diesem Fall ebenfalls nur unter Berücksichtigung des Zahlbetrags der zuvor bezogenen Alhi zu berechnen.
Jedenfalls habe das ab dem Jahr 2000 zu gelten, in dem der Gesetzgeber die früher einheitliche Bemessungsgrundlage für arbeitsfähige
Bezieher von Alhi und arbeitsunfähige Bezieher von Alhi bzw Krg aufgegeben und die Bemessungsgrundlage für arbeitsfähige Bezieher
von Alhi - in der GRV und der sozialen Pflegeversicherung (SPV) und später in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) -
auf den Zahlbetrag der Alhi umgestellt habe, während es für arbeitsunfähige Bezieher von Alhi, die Krg erhielten, in der ArblV
bei der ursprünglichen Bemessung der Beiträge nach 80 vH des der Alhi zugrunde liegenden Arbeitsentgelts verblieben sei. Der
Gesetzgeber habe die unterschiedliche Bemessung der Beiträge an die Leistungsträgerschaft gekoppelt, ohne dass aus den Gesetzesmaterialien
hierfür gesetzessystematische Gründe ersichtlich seien. Einer wörtlichen Auslegung des §
345 Nr 5
SGB III stehe auch der Grundsatz der Kontinuität von Versicherungsverhältnissen entgegen, ferner die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
(BVerfG) zur beitragsrechtlichen Behandlung einmalig gezahlten Arbeitsentgelts.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts vom 26.3.2007 und den Bescheid der Beklagten vom 1.6.2004 in der Fassung vom 9.7.2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. An der Bemessung der Beiträge zur ArblV für arbeitsunfähige Bezieher von
Alhi habe sich durch die Einfügung des §
166 Abs
1 Nr
2a SGB VI nichts geändert. Die Beklagte weist ergänzend darauf hin, dass Alhi eine steuerfinanzierte Sozialleistung gewesen sei, während
Krg eine echte Versicherungsleistung darstelle. Eingriffe auf der Leistungsseite, zu denen auch die Zahlung von Beiträgen
gehöre, unterlägen deshalb unterschiedlichen verfassungsrechtlichen Schranken.
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Zutreffend hat das SG ihre gegen den Bescheid der Beklagten vom 1.6.2004 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 9.7.2004 gerichtete Klage abgewiesen.
Die von der Beklagten erhobene Beitragsforderung ist nicht zu beanstanden. Für Empfänger von Alhi, denen bei Arbeitsunfähigkeit
Krg in Höhe des Betrags der Alhi zu leisten war, bestimmte sich die Bemessung der Beiträge zur ArblV auch nach dem 1.1.2000
(weiterhin) nach 80 vH des der Leistung zugrunde liegenden Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens.
1. Im Revisionsverfahren war nur noch über den mit der Anfechtungsklage angegriffenen Bescheid der Beklagten vom 1.6.2004
in der Fassung ihres nach §
96 Abs
1 SGG alter Fassung in das Klageverfahren einbezogenen Änderungsbescheids vom 9.7.2004 zu entscheiden, nachdem die Klägerin ihr
Begehren im Revisionsverfahren hierauf beschränkt und sich die Beklagte verpflichtet hatte, ihren Bescheid vom 19.10.2005
über die Festsetzung von Säumniszuschlägen entsprechend dem Ausgang des Revisionsverfahrens zur Beitragsforderung ohne Berufung
auf die Bestandskraft zu ändern.
2. Im Rahmen der von ihr durchgeführten Prüfung war die Beklagte nach §
349 Abs
3 und
5 SGB III iVm den für Einzugsstellen geltenden Vorschriften befugt, über die Beitragshöhe in der ArblV durch Verwaltungsakte gegenüber
der Klägerin als Leistungsträgerin zu entscheiden.
Die Bemessung der Beiträge zur ArblV für Personen, die wie hier als Bezieher von Krg in der ArblV versicherungspflichtig sind
(vgl §
26 Abs
2 Nr
1 SGB III), richtete sich in der streitigen Zeit nach §
345 Nr 5 1. Halbsatz
SGB III in der bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach galten als beitragspflichtige Einnahme 80 vH des der Leistung zugrunde
liegenden Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens, wobei 80 vH des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts aus einem versicherungspflichtigen
Beschäftigungsverhältnis abzuziehen waren. Die Beklagte hat in Anwendung dieser Vorschrift unter Berücksichtigung des der
Bemessung der Alhi zugrunde liegenden Arbeitsentgelts die Beiträge rechnerisch zutreffend festgesetzt. Insoweit werden Einwendungen
von der Klägerin auch nicht geltend gemacht. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Bestimmung auch entsprechend ihrem
Wortlaut auf solche Bezieher von Krg, die zuvor Alhi erhalten hatten und während der Zeit ihrer Arbeitsunfähigkeit Krg in
Höhe des Betrags der Alhi bezogen (vgl zur Höhe und Berechnung des Krg §
47b Abs
1 Satz 1
SGB V in der seit dem 1.1.1998 bis zum 31.12.2004 unverändert geltenden Fassung), anzuwenden. Dafür spricht der Wortlaut der Vorschrift
(dazu a). Eine hiervon abweichende Auslegung ist ab 1.1.2000 weder aufgrund eines - möglicherweise - veränderten Normzusammenhangs
(dazu b) noch von Verfassungs wegen (dazu c) geboten.
a) Zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass eine Berechnung der Beiträge zur ArblV nach dem Zahlbetrag der vor dem Bezug des Krg erhaltenen Alhi
(oder gar nur eines bestimmten Prozentsatzes hiervon) mit dem Wortlaut des §
345 Nr 5
SGB III nicht in Einklang zu bringen ist. So sind die in der Bestimmung verwandten Begriffe "Arbeitsentgelt" und "Arbeitseinkommen"
im Sozialversicherungsrecht - als Anknüpfungspunkte für die Beitragsbemessung - so deutlich begrenzt, dass eine Subsumtion
des Zahlbetrags der Alhi - als einer Sozial- bzw Entgeltersatzleistung - hierunter den Gesetzeswortlaut überdehnen würde.
Eine solche Subsumtion ist - umgekehrt - nicht etwa deshalb geboten, weil als beitragspflichtige Einnahme nach dem Wortlaut
der Vorschrift nur eine solche in Betracht kommt, die der Leistung Krg "zugrunde liegt". Daraus ergibt sich nicht, dass Bemessungsgrundlage
der Beiträge zur ArblV nur eine Einnahme sein kann, auf deren Grundlage das Krg unmittelbar berechnet wird. Auch in der Vergangenheit
sind vergleichbare beitragsrechtliche Regelungen nicht so verstanden worden. Vielmehr hat das Bundessozialgericht (BSG) in
einem Fall, in dem Übergangsgeld (Übg) in Höhe des zuvor bezogenen Arbeitslosengeldes (Alg) bezogen wurde, schon entschieden,
dass das bei der Berechnung des Alg berücksichtigte Arbeitsentgelt dem Übg auch dann "zugrunde liegt", wenn es nur mittelbar
nach ihm bemessen wird (Urteil vom 31.1.1980, 8a RK 10/79, SozR 2200 § 385 Nr 3 S 7 f).
b) Entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung steht einer "wörtlichen Auslegung" des §
345 Nr 5 1. Halbsatz
SGB III seit dem 1.1.2000 nicht die "Gesetzesentwicklung" entgegen. Der Sache nach will die Revision den Anwendungsbereich dieser
Vorschrift im Hinblick auf einen aus ihrer Sicht ab Januar 2000 veränderten Normzusammenhang auf Bezieher von Krg im Übrigen
beschränken. In der Folge unterstellt sie sodann für Bezieher von Krg, die zuvor Alhi erhielten, eine Regelungslücke, die
sie im Wege der Analogie in der Weise schließen möchte, dass die für Bezieher von Alhi in der GRV und der GKV und damit auch
in der SPV geltende Beitragsbemessungsgrundlage (vgl §
166 Abs
1 Nr
2a SGB VI, §
232a Abs
1 Satz 1 Nr
2 SGB V, jeweils in der vor dem 1.1.2005 geltenden Fassung) auf solche Bezieher von Krg in der ArblV übertragen wird. Diese Auffassung
teilt der Senat nicht.
aa) Vor dem Inkrafttreten des Rentenreformgesetzes (RRG) 1992 (zum 1.1.1992) gab es in der GRV, der GKV und der ArblV keine einheitliche Systematik für die Bemessung der Beiträge
bei Bezug von Lohnersatzleistungen. In der Folgezeit wurde die Systematik der Beitragsberechnung jedoch umgestellt und eine
Vereinheitlichung der Bemessungsgrundlagen herbeigeführt. Ausgangspunkt für diese Vereinheitlichung waren die Reformen im
Rentenrecht durch das RRG 1992, in deren Verlauf in der GRV ua die Bewertung von Zeiten des Bezuges von Lohnersatzleistungen neu geregelt wurde. Gleichzeitig
sollte für den Bereich der GRV die Beitragsleistung aus Lohnersatzleistungen zur GRV weder nach der vollen Höhe des vorher
bezogenen und der Lohnersatzleistung zugrunde liegenden Arbeitsentgelts noch nach der Höhe der Lohnersatzleistung selbst bemessen
werden, sondern nach einer etwas abgesenkten Höhe (vgl BT-Drucks 11/4124 S 141, 185). Einerseits begrenzte der Gesetzgeber
so die Einbußen bei einer späteren Rente, andererseits wurde berücksichtigt, dass die beitragsauslösenden Lohnersatzleistungen
nicht vollständig lebensstandardsichernd waren. Entsprechend waren in der GRV beitragspflichtige Einnahmen bei Personen, die
Alg, Alhi, Unterhaltsgeld (Uhg), Übg, Krg, Verletztengeld oder Versorgungskrankengeld bezogen, nach §
166 Abs
1 Nr
2 (und Nr
2a)
SGB VI (in der vor dem 1.1.2000 geltenden Fassung; bis zum 31.3.1995 §
161 Abs
1 SGB VI iVm §
166 Nr
2 SGB VI idF des RRG 1992) 80 vH des der Leistung zugrunde liegenden Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens, wobei 80 vH des beitragspflichtigen
Arbeitsentgelts aus einem nicht geringfügigen Beschäftigungsverhältnis abzuziehen waren. Mit dem Ziel der Anpassung an die
Neuregelung der Berechnung auf Lohnersatzleistungen beruhender Beiträge im
SGB VI wurden auch die Bemessungsgrundlagen in der GKV und ArblV umgestellt (vgl BT-Drucks 11/4124 S 230 f). In der GKV (§
232a Abs
1 Satz 1
SGB V in der vor dem 1.1.2001 geltenden Fassung; bis zum 31.12.1997 § 157 Abs 3 Arbeitsförderungsgesetz [AFG]) wurden nunmehr bei Personen, die Alg, Alhi oder Uhg bezogen, und in der ArblV (§
345 Nr 4
SGB III in der vor dem 1.1.2000 geltenden Fassung; bis zum 31.12.1997 § 186 Abs 1 AFG) bei Personen, die Krg, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld oder Übg erhielten, grundsätzlich 80 vH des der Leistung zugrunde
liegenden Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens als Bemessungsgrundlage ihrer Beiträge berücksichtigt. Hiermit im Einklang
regelte ab 1.1.1995 §
57 SGB XI in seiner damaligen Fassung auch die Beitragsbemessungsgrundlage in der SPV.
Galt danach in der Zeit nach Inkrafttreten des RRG 1992 zunächst eine einheitliche Bemessungsgrundlage für Beiträge aus allen Lohnersatzleistungen in Höhe eines gleichen Prozentsatzes
des der Leistung zugrunde liegenden Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens, so wurde durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz
vom 25.9.1996 (BGBl I 1461) mit Wirkung ab 1.1.1997 nur für Bezieher von Alhi eine Änderung der Regelungen über die Beitragsberechnung
in der GRV, GKV und SPV vorgenommen. Wenn wegen der Anrechnung von Einkommen Alhi nur in geringer Höhe gezahlt wurde, sollte
künftig die Bemessungsgrundlage für die Beitragszahlung zur GRV, GKV und SPV herabgesetzt werden (vgl BT-Drucks 13/4610 S
23 f, 28 f). Nach der neu eingefügten Nr
2a des §
166 Abs
1 SGB VI und dem geänderten § 157 Abs 3 Satz 1 AFG erfolgte die Herabsetzung der Bemessungsgrundlage in der GRV, GKV und - über §
57 Abs
1 SGB XI - der SPV in dem Verhältnis, in dem die zu zahlende Alhi zu der Alhi stand, die ohne das anzurechnende Einkommen zu zahlen
war. Fiskalisch sollten diese Neuregelungen für Bezieher von Alhi zu einer Entlastung des Bundeshaushalts von 600 Mio DM führen
(vgl BT-Drucks 13/4610 S 31).
Mit dieser ersten Änderung der bis dahin einheitlichen Bemessungsregeln hat der Gesetzgeber aber für Bezieher von Krg keine
vergleichbare Regelung geschaffen, nach der etwa für Bezieher von Krg im Anschluss an Alhi - wegen des gleichen Zahlbetrags
beider Leistungen (vgl §
47b Abs
1 SGB V in der vor dem 1.1.2005 geltenden Fassung; bis zum 31.12.1997 § 158 Abs 1 AFG) - eine herabgesetzte Bemessungsgrundlage der Beiträge aus dem Krg zur ArblV und/oder GRV gelten sollte. Die Absenkung der
Beitragsbemessungsgrundlage und die daraus folgende Minderung der Beitragslast kam ausschließlich dem für die Alhi zuständigen
Leistungsträger und damit dem Bund zugute.
bb) Mit dem Haushaltssanierungsgesetz (HSanG) vom 22.12.1999 (BGBl I 2534) hat der Gesetzgeber erneut die Grundlagen der Beitragsbemessung
(nur) für Bezieher von Alhi verändert. §
166 Abs
1 Nr
2a SGB VI wurde mit Wirkung ab 1.1.2000 geändert (Art 22 Nr 2 Buchst b HSanG; nach Ablösung der Alhi durch das Arbeitslosengeld II erneut geändert durch das RVNG vom 21.7.2004, BGBl
I 1791). Fortan war beitragspflichtige Einnahme in der GRV bei Personen, die Alhi bezogen, nur noch die "gezahlte Arbeitslosenhilfe".
Gleiches galt nach einer Änderung des §
57 Abs
1 SGB XI ab 1.1.2000 für die beitragspflichtige Einnahme in der SPV (Art 24 HSanG). Die Reduzierung der Bemessungsgrundlage auf den tatsächlichen Zahlbetrag der Alhi sollte als eine von mehreren Maßnahmen
den Bundeshaushalt entlasten (vgl BT-Drucks 14/1523 S 163 f). Solange es weiterhin Ziel sei, Arbeit statt Arbeitslosigkeit
zu finanzieren, müssten sich auch die Konsolidierungsbemühungen in der ArblV und in der Alhi daran ausrichten mit der Folge,
dass begrenzte und zum Teil auch befristete Eingriffe bei Entgeltersatzleistungen vorzunehmen seien, während auf Eingriffe
bei Leistungen der aktiven Arbeitsförderung verzichtet werde (vgl BT-Drucks 14/1523 S 205). Die Anknüpfung an die "gezahlte
Arbeitslosenhilfe" wurde als Maßnahme angesehen, die in einer sozialpolitisch vernünftigen Weise der Tatsache Rechnung trage,
dass die Alhi eine bedürftigkeitsabhängige staatliche Leistung sei, die der teilweisen Aufrechterhaltung des früheren Lebensstandards
diene, und bei langjährigen Beziehern von Alhi durch die Einführung einer bedarfsorientierten sozialen Grundsicherung im Alter
kompensiert werden könne (S 205; vgl zu den mit dem HSanG verfolgten Regelungszwecken auch BSG, Urteil vom 8.12.2005, B 13 RJ 49/04 R, SozR 4-2600 § 166 Nr 1 RdNr 24, und Urteil vom 14.3.2006, B 4 RA 55/04 R, SozR 4-2600 § 166 Nr 2 RdNr 18).
Soweit es die Beiträge aus der Alhi zur GKV betraf, wurde die Absenkung der Beitragsbemessungsgrundlage auf den Zahlbetrag
der Alhi in zwei Schritten - zunächst (teilweise) ab 1.1.2001 durch das Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetz vom 21.12.2000 (BGBl
I 1971), sodann (vollständig) ab 1.1.2003 durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002
(BGBl I 4607) - nachvollzogen. Durch Art 2 Nr 3 des Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetzes wurde im Wege einer Änderung des §
232a Abs
1 Satz 1 Nr
2 SGB V die Beitragsbemessungsgrundlage für Bezieher von Alhi auf 58 vH des der Leistung zugrunde liegenden, durch sieben geteilten
wöchentlichen Arbeitsentgelts nach §
226 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGB V ... gemindert. Durch Art 2 des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt erhielt §
232a Abs 1 Satz 1 Nr
2 SGB V erneut eine andere Fassung. Beitragsbemessungsgrundlage war nun die durch sieben geteilte wöchentlich gezahlte Alhi. In der
Gesetzesbegründung zum Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetz wird darauf hingewiesen, dass eine Absenkung der Bemessungsgrundlage
für die Beiträge in der GKV im HSanG unterblieben sei. Die Rahmenbedingungen auf der Einnahmeseite der gesetzlichen Krankenkassen
hätten sich jedoch verbessert, sodass unter Abwägung der Belastung für die Krankenkassen einerseits und den Bundeshaushalt
andererseits die Absenkung der Bemessungsgrundlage auch für die Beiträge zur GKV aus Alhi zumindest teilweise nachvollzogen
werden könne (vgl BT-Drucks 14/4371 S 17). In der Begründung zur Neufassung des §
232a Abs
1 Satz 1 Nr
2 SGB V ab 1.1.2003 heißt es, die Beiträge zur GKV der Bezieher von Alhi sollten sich künftig - wie die Beiträge zur GRV - nach der
Höhe der "tatsächlich gezahlten Arbeitslosenhilfe" richten (vgl BT-Drucks 15/25 S 37).
cc) Dass die für Bezieher von Krg in der ArblV geltende Berechnungsregelung jedenfalls ab 1.1.2000 in einem Normzusammenhang
gestanden hat, der sie, wie die Revision meint, einer vom Wortlaut abweichenden Interpretation "zugänglich" mache, die Bemessung
der Beiträge nach dem Zahlbetrag der Entgeltersatzleistung für die hier betroffene Personengruppe als "nur folgerichtig" und
letztlich als "systematischen Abschluss der gesetzlichen Entwicklung aller im Kontext mit §
345 Nr 5
SGB III stehenden Normen" erscheinen lasse, kann danach nicht bestätigt werden. Entgegen der von ihr vertretenen Auffassung kann
§
345 Nr 5
SGB III schon nicht - mit dem Wortlaut im Widerspruch stehend - teleologisch eingeschränkt werden mit der Folge, dass Bezieher von
Krg im Anschluss an Alhi ihm nicht (mehr) unterfielen. Bei der Regelung der Beitragsmessungsgrundlagen für Bezieher von Alhi
(in der GRV, GKV und SPV) einerseits und Beziehern von Krg (in der ArblV, GRV und SPV) andererseits hat der Gesetzgeber bewusst
an die unterschiedliche Leistungsträgerschaft angeknüpft.
Zutreffend legt die Revision allerdings dar, dass bei Beziehern von Alhi unabhängig davon, ob sie arbeitsfähig oder arbeitsunfähig
waren (und Krg bezogen), zunächst sowohl die Höhe der Leistung als auch die Beitragsbemessung "einheitlich" geregelt waren,
und die Frage, wer die Beiträge letztlich trug und zahlte, ohne Bedeutung war. Wie bereits erörtert (siehe oben 2. b), bb),
wurde jedoch bereits mit Wirkung ab 1.1.1997 - und nicht erst mit dem HSanG - für arbeitsfähige Bezieher von Alhi in Anknüpfung
an die Leistungsträgerschaft eine beitragsrechtliche Sonderregelung geschaffen, auch wenn die für alle Entgeltersatzleistungen
geltende Beitragsbemessungsgrundlage im Prinzip (noch) beibehalten wurde. Diese hiermit eingeleitete und durch das HSanG fortgeführte
beitragsrechtliche Entkoppelung der Alhi und die "Ankopplung" der Beitragsbemessung an die jeweilige Leistungsträgerschaft
ist nicht, was die Revision annimmt, versehentlich "systemwidrig" erfolgt, sondern beruhte - zunächst weniger deutlich, später
explizit - auf fiskalischen Erwägungen zugunsten des Bundeshaushalts. Wie die Revision im Verfahren selbst mitgeteilt hat,
ist trotz entsprechender Anregungen, die Berechnungsvorschrift im
SGB III anzupassen, eine Rechtsänderung - etwa mit dem Einmalzahlungs-Neuregelungsgesetz oder dem Ersten Gesetz für moderne Dienstleistungen
am Arbeitsmarkt - unterlassen worden.
In diesem Zusammenhang trägt das von der Revision angeführte Argument nicht, der vom SG hervorgehobene "fiskalische Zweck" des HSanG sei von untergeordneter Bedeutung gewesen, vielmehr habe der Gesetzgeber mit
der beitragsrechtlichen Behandlung der Alhi hauptsächlich deren Rechtscharakter als Fürsorgeleistung des Staates betonen wollen.
Diese Bewertung trifft angesichts der auf eine strukturelle Konsolidierung des Bundeshaushalts gerichteten Maßnahmen des HSanG
(siehe oben 2. b), bb) nicht zu. Jedenfalls trägt sie die hieraus gezogene Schlussfolgerung der Revision nicht, weil Alhi
eine (steuerfinanzierte) staatliche Fürsorgeleistung sei, müsse das in gleicher Höhe gezahlte Krg beitragsrechtlich in gleicher
Weise behandelt werden. Krg stellt eine (beitragsfinanzierte) Versicherungsleistung dar, sodass vor dem Hintergrund dieser
Differenzierung (gerade) kein Anlass besteht, Regelungen für die Alhi auf das Krg zu übertragen.
Andere aus dem Gesetzeszusammenhang folgende Gründe, die zu einer vom Wortlaut des §
345 Nr 5 1. Halbsatz
SGB III abweichenden Auslegung veranlassten, benennt die Revision nicht. Allein der Umstand, dass die Höhe des Krg sich im Anschluss
an den Bezug von Alhi nach der Höhe der zuletzt bezogenen Alhi richtet, dokumentiert einen solchen engen (systematischen)
Zusammenhang nicht, zumal das Krg nach §
47b Abs
1 SGB V auch in anderen Fällen in Höhe der zuvor bezogenen Entgeltersatzleistung gewährt wurde (und wird). Auch ein von der Revision
hervorgehobener "Grundsatz der Kontinuität von Versicherungsverhältnissen" steht der hier vorgenommenen Auslegung des §
345 Nr 5
SGB III nicht entgegen.
Es ist schon nicht erkennbar, auf welches Versicherungsverhältnis die Revision einen solchen Grundsatz anwenden will und worin
sie trotz des Wechsels von der Arbeitsfähigkeit in die Arbeitsunfähigkeit und des damit verbundenen Wechsels in den Entgeltersatzleistungen
einen "identischen Lebenssachverhalt" erblickt, der unterschiedliche Rechtsfolgen bei der Beitragsbemessung ausschließen soll.
c) Das so gefundene Ergebnis ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin kann sich als öffentlich-rechtliche
Körperschaft insoweit nur auf das allgemeine Willkürverbot, das aus dem Rechtsstaatsprinzip ebenso wie aus Art
3 Abs
1 GG abzuleiten ist, berufen. Dass das Gesetz mit dem Ziel, die Beitragslast des Bundes zu reduzieren, bei Beziehern von Alhi
die Bemessungsgrundlage der Beiträge hieraus zur GRV, GKV und SPV (zur Verfassungsmäßigkeit der Beitragsbemessungsgrundlage
in der GRV im Hinblick auf ihre Folgen im Leistungsrecht vgl BSG SozR 4-2600 § 166 Nr 1 RdNr 20 ff; SozR 4-2600 § 166 Nr 2
RdNr 15 ff) anders regelte als die - zu Lasten der Klägerin als Sozialversicherungsträger gehende, für den Versicherten indessen
leistungsrechtlich möglicherweise günstigere - Bemessungsgrundlage der Beiträge aus dem Krg zur ArblV, ist indes nicht willkürlich.
Insoweit braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob, wie die Revision meint, der von ihr aus dem - die Beitragslast von Versicherten
betreffenden - Beschluss des BVerfG vom 11.1.1995 (1 BvR 892/88, BVerfGE 92, 53 = SozR 3-2200 § 385 Nr 6) entnommene Satz, wonach durch die Berechnung der laufenden Lohnersatzleistungen die wirtschaftliche
Situation des Versicherten allerdings nicht verzerrt oder dieser gar besser gestellt werden dürfe, als er ohne Eintritt des
Versicherungsfalles stünde, über die - dort beurteilte - Berechnung von Lohnersatzleistungen hinaus auch auf die Berechnung
der daraus von Sozialversicherungsträgern wie der Klägerin zu entrichtenden Beiträge anzuwenden ist. Nicht zu beantworten
ist demgemäß auch, ob eine "beitragsrechtliche Besserstellung" von arbeitsunfähigen Beziehern von Alhi, die Krg erhielten,
gegenüber arbeitsfähigen Beziehern in der ArblV (später) auch zu einer leistungsrechtlichen Besserstellung führen und dieser
Umstand einen rechtfertigenden Grund für die durch das HSanG bewirkte unterschiedliche beitragsrechtliche Behandlung von Alhi
einerseits und im Anschluss an Alhi gewährtes Krg andererseits darstellen könnte.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren war gemäß §
197a Abs
1 Satz 1 Halbsatz 1
SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 Gerichtskostengesetz unter Berücksichtigung der von der Beklagten geforderten Beiträge und Säumniszuschläge festzusetzen.