Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten um die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung bei der
Klägerin stellte der beklagte Rentenversicherungsträger die Versicherungspflicht ua der Beigeladenen zu 1. in allen Zweigen
der Sozialversicherung fest und forderte Gesamtsozialversicherungsbeiträge nach. Widerspruch, Klage und Berufung blieben erfolglos.
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg
(LSG) vom 11. Oktober 2006.
II
Die Beschwerde ist in entsprechender Anwendung von §
169 Satz 2 und
3 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) als unzulässig zu verwerfen. Die Klägerin hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen §
160a Abs
2 Satz 3
SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Das Bundessozialgericht (BSG) darf gemäß §
160 Abs
2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
1. Die Klägerin beruft sich zunächst auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG). Hierzu muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden
Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit)
und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR
3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; BVerwG NJW 1999, 304; vgl auch BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach
dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne weiteres zu beantworten ist und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht
zur Klärung der Rechtsfrage im Allgemeininteresse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). - Diesen Anforderungen genügt
die Beschwerdebegründung nicht.
Die Klägerin hat die Frage formuliert,
"ob eine Sonderzahlung zum regelmäßigen Entgelt gemäß §
8 Abs
1 Nr
1 SGB IV zu zählen ist, wenn auf die Sonderzahlung kein Anspruch besteht und über deren Gewährung jeweils unterjährig und tatsächlich
nach Prüfung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens entschieden wird".
Der Senat kann offen lassen, ob die Klägerin hiermit überhaupt eine Rechtsfrage und nicht nur eine Tatsachenfrage, etwa eine
Frage zur tatsächlichen Beurteilung des maßgeblichen Lebenssachverhalts auf der Grundlage der hierzu bereits vorhandenen Rechtsprechung
des Senats gestellt hat. Jedenfalls hat sie nicht in der erforderlichen Weise dargelegt, warum der von ihr angesprochene Fragenkreis
klärungsbedürftig geblieben oder erneut klärungsbedürftig geworden ist, nachdem der Senat in dem vom Berufungsgericht herangezogenen
Urteil vom 28. Februar 1984 (12 RK 21/83 = SozR 2100 § 8 Nr 4) unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 9. Dezember 1981 (12 RK 20/81 = SozR 2200 § 165 Nr 65) und in einem späteren Urteil vom 11. Mai 1993 (12 RK 23/91 = SozR 3-2400 § 8 Nr 3) dazu Stellung genommen hat, unter welchen Voraussetzungen - im Hinblick auf die Geringfügigkeitsgrenze
in §
8 Abs
1 Nr
1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (
SGB IV) - anzunehmen ist, dass Sonderzahlungen des Arbeitgebers regelmäßig gewährt werden. Zwar steht der Umstand, dass über eine
Rechtsfrage bereits höchstrichterlich entschieden worden ist, der Annahme von Klärungsbedürftigkeit nicht von vornherein entgegen.
Jedoch ist Voraussetzung für die Annahme erneuter Klärungsbedürftigkeit, dass in der Nichtzulassungsbeschwerde wesentlich
neue Gesichtspunkte, dh ganz erhebliche Bedenken bzw gewichtige Argumente gegen die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung
vorgebracht werden. Solche können den Ausführungen in der Beschwerdebegründung nicht entnommen werden. Insoweit reicht es
nicht aus vorzutragen, dass die Frage der Regelmäßigkeit im Kontext des der Berufungsentscheidung zugrunde liegenden Sachverhalts,
aber auch im Kontext der Senatsentscheidung vom 28. Februar 1984 und des dortigen Sachverhalts als Rechts- und nicht als Tatsachenfrage
zu beantworten gewesen sei, und der Senat den Rechtsstreit seinerzeit nicht an das LSG habe zurückverweisen müssen. Ebenso
wenig genügt den in einem solchen Fall gesteigerten Darlegungsanforderungen, wenn - wie hier - eingewandt wird, ob Sonderzahlungen
zum regelmäßigen Entgelt zählten, sei "im Wege der Auslegung" zu ermitteln und "könne und müsse nicht dadurch umgangen werden,
dass ein weiteres, nicht geschriebenes Tatbestandsmerkmal - die Planbarkeit - eingefügt" werde, oder wenn lediglich vorgebracht
wird, dass ein sinnvolles Kriterium, "unter welchen Voraussetzungen eine Zahlung, auf die kein Anspruch besteht, planbar sein
soll", nicht denkbar sei. Die Klägerin hat mit diesen Ausführungen nicht in der gebotenen Weise dargetan, dass es einer erneuten
Prüfung der im Zusammenhang mit der Feststellung der Regelmäßigkeit von Sonderzahlungen rechtsgrundsätzlich geklärten Fragen
mit der Möglichkeit der Aufgabe oder Modifizierung der bisherigen Senatsrechtsprechung und damit einer erneuten Revisionszulassung
bedarf.
Ob die Entscheidung des LSG auf der Grundlage der genannten Rechtsprechung des Senats zutreffend ist, ist bei der Entscheidung
über die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung indessen unerheblich.
2. Verfahrensmängel (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG), die zur Zulassung der Revision führen könnten, sind nicht in der gebotenen Weise bezeichnet.
Die Klägerin legt dar, dass das LSG auf ihr in der Klagebegründung vom 17. Februar 2004 und in der Berufungsbegründung vom
11. Mai 2005 enthaltenes Beweisangebot durch Einvernahme der Zeugin K. F. nicht eingegangen sei. Die als Verfahrensfehler
geltend gemachte Verletzung des §
103 SGG kann gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 SGG nur darauf gestützt werden, dass das Berufungsgericht einem Beweisantrag (im hier maßgeblichen Sinn der
Zivilprozessordnung) ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Es kann unerörtert bleiben, ob die Klägerin überhaupt einen diesen Anforderungen
genügenden Beweisantrag bezeichnet hat. Jedenfalls muss ein Beweisantrag, um der hiermit verbundenen Warnfunktion (vgl BSG
SozR 1500 § 160 Nr 67; SozR 3-1500 § 160 Nr 9) genügen zu können, der Tatsacheninstanz unmittelbar vor deren abschließender
Entscheidung vor Augen führen, dass die Klagepartei die gerichtliche Sachaufklärung in einem bestimmten Punkt noch nicht als
erfüllt ansieht. Die Klägerin hat indes nicht - wie dies demzufolge erforderlich gewesen wäre - vorgetragen, dass sie einen
im Rahmen der Berufungsbegründung vom 11. Mai 2005 gestellten Antrag auf Zeugeneinvernahme noch bis zum Schluss der mündlichen
Verhandlung am 11. Oktober 2006 - etwa durch Wiederholung in der mündlichen Verhandlung - aufrecht erhalten hat (vgl BSG SozR
1500 § 160 Nr 64).
Soweit die Klägerin einwendet, das Berufungsgericht habe die Aussagen der Beigeladenen zu 1., die diese ua im Erörterungstermin
am 28. Juni 2006 gemacht hat, unzutreffend gewürdigt, hat sie einen entscheidungserheblichen Verfahrensmangel ebenfalls nicht
dargetan. Denn auf eine darin möglicherweise liegende Rüge, das LSG habe die Grenzen der freien richterlichen Beweiswürdigung
(vgl §
128 Abs
1 Satz 1
SGG) verletzt, kann die Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG).
Die Klägerin bewertet schließlich als Verfahrensfehler, dass das Berufungsgericht die Voraussetzungen für die Prüfungen, ob
eine Sonderzahlung gewährt wird, in den Entscheidungsgründen seines Urteils als "(fast schon theatralisches) Ritual" bezeichnet
hat. Ein entscheidungserheblicher Verfahrensmangel ist hiermit nicht bezeichnet, weil schon nicht dargelegt ist, unter welchem
rechtlichen Gesichtspunkt in dieser Äußerung ein verfahrensfehlerhaftes Verhalten der Vorinstanz zu sehen sein soll. Im Übrigen
hat die Klägerin selbst diese Äußerung zwar als sachfremd, jedoch - lediglich - als "mindestens eigenwillig" angesehen, "für
die es keinen Anlass gebe", und nicht etwa vorgetragen, dass sie Ausdruck eines Verstoßes gegen Verfahrensvorschriften (welche?)
ist, auf dem das Berufungsurteil beruht.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren war gemäß §
197a Abs
1 Satz 1 Halbsatz 1
SGG iVm §
63 Abs
2, § 52 Abs 1 und 3, §
47 Abs 1 und 3 des Gerichtskostengesetzes entsprechend den von den Beteiligten nicht beanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts
in Höhe der mit der Klage angegriffenen Beitragsforderung festzusetzen.