Krankenversicherungsrechtliche Beitragspflichtigkeit von Kapitalzahlungen aus Lebensversicherungen
Beitragszahlung nach Beendigung der Erwerbstätigkeit
Einrücken in die Stellung des Versicherungsnehmers
Gründe:
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrundeliegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob Kapitalzahlungen
aus Lebensversicherungen beitragspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung sind.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 18.11.2014 ist
gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2
SGG in entsprechender Anwendung von §
169 S 2 und 3
SGG als unzulässig zu verwerfen. Die Klägerin hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen §
160a Abs
2 S 3
SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Das BSG darf gemäß §
160 Abs
2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl
BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
Die Klägerin beruft sich in der Beschwerdebegründung vom 9.1.2015 auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der
Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) und den Zulassungsgrund der Divergenz (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG).
1. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden
Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit)
und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; vgl auch BVerwG NJW 1999, 304 und BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem
Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht
zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31).
Die Klägerin führt auf Seite 2 der Beschwerdebegründung aus:
"Die Entscheidung des Landessozialgerichts wirft die klärungsbedürftige und -fähige Frage auf, ob die Beitragserhebung über
Fälle hinaus, in denen ein Wechsel der Versicherungsnehmereigenschaft vorlag, rechtswidrig ist, wenn aufgrund von Umständen
des Einzelfalls eine Herauslösung aus dem institutionellen Rahmen des Betriebsrentenrechts gegeben ist."
Den Anforderungen an die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Frage - ihre Qualität als hinreichend konkrete,
in einem späteren Revisionsverfahren prüfbare Rechtsfrage unterstellt - genügt die Klägerin damit nicht, weil sie sich nicht
ausreichend mit der vom LSG teilweise zitierten umfangreichen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zur Beitragspflicht von Kapitalleistungen aus Direktversicherungen (vgl BVerfG SozR 4-2500 § 229 Nr 5; BSG Urteil vom 25.4.2007 - B 12 KR 25/05 R - Juris; BSG Urteil vom 12.12.2007 - B 12 KR 6/06 R - Juris; BSG Urteil vom 25.4.2012 - SozR 4-2500 § 229 Nr 16) auseinandersetzt. Insbesondere berücksichtigt sie nicht, dass das BVerfG die in der Rechtsprechung des BSG entwickelte institutionelle Unterscheidung grundsätzlich gebilligt hat und nur für Kapitalleistungen, die auf Beiträgen beruhen,
die ein Arbeitnehmer nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit auf den Lebensversicherungsvertrag unter Einrücken in die Stellung
des Versicherungsnehmers - was vorliegend nach den ausdrücklichen Feststellungen des LSG nicht der Fall war - eingezahlt hat,
eine Ausnahme gemacht hat (BVerfG SozR 4-2500 § 229 Nr 11 RdNr 15). Die Beschwerdebegründung zeigt nicht auf, inwieweit der
vorliegende Sachverhalt (erneut) klärungsbedürftige Rechtsfragen aufwirft. Soweit die Klägerin eine erneute Klärungsbedürftigkeit
darin begründet sieht, dass die Prämienzahlungen durch ihren Ehemann erfolgt und als "eheprägende Zahlungen" anzusehen seien,
befasst sie sich wiederum nicht mit der umfangreichen og Rechtsprechung im Hinblick darauf, inwieweit dort bereits Besonderheiten
der Zahlungsmodalitäten, insbesondere Zahlungen durch den Versicherten, berücksichtigt wurden (vgl hierzu ua die bereits zitierte
Rspr von BVerfG und BSG; BSG SozR 4-2500 § 229 Nr 13 RdNr 15 ff) und ob und warum sich gerade ihr Fall von den bereits entschiedenen Sachverhaltsgestaltungen unterscheidet.
Der pauschale Hinweis der Klägerin auf den "Schutzgedanken aus Art.
6 Abs.
1 GG" vermag die erforderliche Auseinandersetzung mit der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG und BSG nicht zu ersetzen. Vielmehr muss unter Einbeziehung der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung - insbesondere des BVerfG,
aber auch des BSG - im Einzelnen aufgezeigt werden, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; ferner zB BSG Beschluss vom 8.12.2008 - B 12 R 38/07 B - Juris RdNr 7 mwN). Dazu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die
Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verfassungsverletzung dargelegt werden. Diesen Anforderungen wird
die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
2. Divergenz liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht
übereinstimmen. Dies ist der Fall, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, der von einem vorhandenen
abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn das Urteil des LSG nicht
den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat.
Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die
Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene
Urteil auf der Abweichung beruht.
Zur formgerechten Rüge des Zulassungsgrundes der Divergenz gehört es, in der Beschwerdebegründung nicht nur eine Entscheidung
genau zu bezeichnen, von der die Entscheidung des LSG abgewichen sein soll; es ist auch deutlich zu machen, worin genau die
Abweichung bestehen soll. Der Beschwerdeführer muss daher darlegen, zu welcher konkreten Rechtsfrage eine die Berufungsentscheidung
tragende Abweichung in den rechtlichen Ausführungen enthalten sein soll. Er muss mithin einen abstrakten Rechtssatz der vorinstanzlichen
Entscheidung und einen abstrakten Rechtssatz aus dem höchstrichterlichen Urteil so bezeichnen, dass die Divergenz erkennbar
wird. Nicht hingegen reicht es aus, auf eine bestimmte höchstrichterliche Entscheidung mit der Behauptung hinzuweisen, das
angegriffene Urteil weiche hiervon ab. Schließlich muss aufgezeigt werden, dass das Revisionsgericht die oberstgerichtliche
Rechtsprechung in einem künftigen Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 f mwN).
Auch diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung vom 9.1.2015 nicht ansatzweise gerecht. Denn die Klägerin
hat es schon versäumt, einander widersprechende, abstrakte Rechtssätze aus der zitierten Entscheidung des BVerfG und aus dem
angefochtenen Berufungsurteil herauszuarbeiten und gegenüberzustellen.
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.