Feststellung des Nichtbestehens der Versicherungspflicht als Rentner in der gesetzlichen Krankenversicherung
Grundsatzrüge
Darlegung verfassungsrechtlicher Bedenken
Einbeziehung der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung
1. Zur Darlegung verfassungsrechtlicher Bedenken gegen Regelungen, auf die das Berufungsgericht seine Entscheidung stützt,
genügt die Behauptung der Verfassungswidrigkeit nicht.
2. Vielmehr muss unter Einbeziehung der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung, insbesondere des BVerfG, aber auch des
BSG, im Einzelnen aufgezeigt werden, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll.
Gründe:
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit wendet sich der Kläger gegen die Feststellung des Nichtbestehens
von Versicherungspflicht als Rentner in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wegen Nichterfüllens der sog 9/10-Belegung.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 10.2.2015 ist
in entsprechender Anwendung von §
169 S 2 und 3
SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen §
160a Abs
2 S 3
SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
1. Das BSG darf gemäß §
160 Abs
2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl
BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
Der Kläger beruft sich in seiner Beschwerdebegründung vom 13.4.2015 allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung
der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG).
Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden
Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit)
und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; vgl auch BVerwG NJW 1999, 304 und BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem
Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht
zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). Zur Darlegung verfassungsrechtlicher Bedenken gegen Regelungen, auf die das Berufungsgericht seine Entscheidung stützt,
genügt die Behauptung der Verfassungswidrigkeit nicht. Vielmehr muss unter Einbeziehung der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung,
insbesondere des BVerfG, aber auch des BSG, im Einzelnen aufgezeigt werden, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (vgl BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; vgl auch BSG Beschluss vom 2.6.2009 - B 12 KR 65/08 B). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
In der sehr knappen Beschwerdebegründung führt der Kläger auf Seite 2 aus, die Vorinstanzen hätten "in ihrer Betrachtung der
formalen Gesetzmäßigkeit des §
5 Nr. 11
SGB V (Neuregelung) verkannt, dass ein Verstoß gegen Art.
3 GG i.V.m. § 2 Ziff. 5 AGG vorliegt".
Hierzu erläutert er, ihm und allen anderen zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung über 55jährigen Versicherten sei durch die Rückwirkung
der Beitritt zur GKV abgeschnitten, weil sie die weiteren Voraussetzungen, nämlich mindestens ein Jahr Beiträge in die GKV
zu zahlen, gar nicht erfüllen könnten. Im Ergebnis sei die herangezogene Regelung des "§
5 Nr 11
SGB V" verfassungswidrig. Diese Problematik sei bislang in der Rechtsprechung und Literatur nicht erörtert worden. Ein positives
Ergebnis werde ihm und zahllosen weiteren Betroffenen den Zugang zur GKV ermöglichen, woraus sich die grundsätzliche Bedeutung
ergebe.
Es kann unerörtert bleiben, ob der Kläger damit überhaupt eine hinreichend konkrete Rechtsfrage(n) zum Anwendungsbereich einer
revisiblen Norm bzw deren Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht aufgeworfen hat. Jedenfalls geht der Kläger entgegen den oben
dargestellten Anforderungen an die Darlegung verfassungsrechtlicher Bedenken gegen bestimmte Regelungen in der Begründung
einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht über die Behauptung der Verfassungswidrigkeit hinaus. Insbesondere fehlt - anders als
erforderlich - jedes Eingehen auf die Rechtsprechung des BVerfG und BSG zu Art
3 Abs
1 GG oder die auch in der Literatur hierzu entwickelte Dogmatik sowie jedwede Ausführung dazu, woraus sich auf dieser Grundlage
eine Verfassungswidrigkeit des §
5 Abs
1 Nr
11 SGB V ergeben soll. Zugleich geht er auch nicht ansatzweise auf die Rechtsprechung dieser Gerichte zu den verfassungsrechtlichen
Voraussetzungen für die Einbeziehung von Rentnern in die GKV ein (zB BSGE 103, 235 = SozR 4-2500 § 5 Nr 8, RdNr 19 mwN), obwohl die von ihm - vermutlich -angesprochene, nicht näher bezeichnete Gesetzesänderung
in unmittelbarem Zusammenhang mit der Rechtsprechung des BVerfG steht (vgl BVerfGE 102, 68 = SozR 3-2500 § 5 Nr 42).
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.