Gründe:
I
Zwischen den Beteiligten ist die Erhebung von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und zur sozialen Pflegeversicherung
(sPV) auf Kapitalleistungen aus zwei Direktversicherungen streitig.
Die Klägerin ist bei der zu 1. beklagten Krankenkasse in der Krankenversicherung der Rentner kranken- und bei der zu 2. beklagten
Pflegekasse pflegeversichert. Sie erhielt am 1.2.2013 von der Deutscher Ring Lebensversicherungs-AG aufgrund von zwei im Rahmen
der betrieblichen Altersversorgung abgeschlossenen Direktlebensversicherungen Kapitalleistungen in Höhe von 49 293,11 Euro
und 8385,23 Euro (zusammen 57 678,34 Euro). Die Beklagte zu 1. setzte - auch im Namen der beklagten Pflegekasse - für die
Zeit ab 1.3.2013 monatliche Beiträge zur GKV in Höhe von 74,50 Euro sowie zur sPV in Höhe von 9,85 Euro (insgesamt 84,35 Euro)
fest. Dabei legte sie als Bemessungsgrundlage ein Einhundertzwanzigstel der Gesamtkapitalleistung von 57 678,34 Euro (480,65
Euro) zugrunde (Bescheid vom 6.3.2013, Widerspruchsbescheide vom 7.5. und 17.12.2014).
Das SG Lüneburg hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 20.9.2016). Das LSG Niedersachsen-Bremen hat die Berufung zurückgewiesen.
Die Beitragserhebung verstoße nicht gegen die Verfassung. Art
3 Abs
1 GG sei nicht deshalb verletzt, weil §
229 Abs 1 S 1 Nr
5 SGB V seit 1.1.2018 riestergeförderte Versicherungen der betrieblichen Altersversorgung von der Beitragspflicht ausnehme. Selbst
wenn die sog Riesterförderung und andere Formen der betrieblichen Altersversorgung als "im Wesentlichen gleich" eingestuft
würden, sei die Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt. Dabei könne dahinstehen, ob eine jeweils unterschiedliche steuer-
und sozialversicherungsrechtliche Behandlung in der Ansparphase eine ebenfalls unterschiedliche Behandlung in der Auszahlungsphase
rechtfertigen könne. Der die Ungleichbehandlung legitimierende Differenzierungsgrund ergebe sich jedenfalls aus dem Zweck
der Riesterförderung, Geringverdienern die Möglichkeit einer zusätzlichen Altersvorsorge zu eröffnen und sie vor der Inanspruchnahme
einer Grundsicherung im Alter sowie Altersarmut zu schützen (Urteil vom 30.8.2018).
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung des §
229 Abs
1 S 1 Nr
5 SGB V sowie des Art
3 Abs
1 und Art
14 Abs
1 GG. Bei den verbeitragten Direktlebensversicherungen und der Riesterförderung handele es sich um im Wesentlichen gleiche Formen
der betrieblichen Altersversorgung. Ein deren Ungleichbehandlung rechtfertigender Grund liege nicht vor. Anspar- und Auszahlungsphase
seien nicht getrennt zu beurteilen. Inwieweit Geringverdiener von einer Beitragspflicht stärker betroffen seien, habe das
LSG nicht dargelegt. Arbeitnehmern dürfe es nicht zum Nachteil gereichen, wenn sie vom Arbeitgeber nicht die Erfüllung der
Voraussetzungen einer Riesterförderung verlangten. Das Ziel, eine Grundsicherung im Alter zu vermeiden, hätte durch andere
Maßnahmen erreicht werden können. Die Beitragslast verletze zudem das Eigentumsrecht.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 30. August 2018 und des Sozialgerichts Lüneburg vom 20. September
2016 sowie den Bescheid der Beklagten zu 1. vom 6. März 2013 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheids vom 7. Mai 2014 und
des Widerspruchsbescheids der Beklagten zu 2. vom 17. Dezember 2014 aufzuheben.
Die Beklagten beantragen,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Sie halten die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet (§
170 Abs
1 S 1
SGG). Das LSG hat deren Berufung gegen das die Klage abweisende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 6.3.2013 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 7.5. und 17.12.2014
ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat die Beiträge zur GKV und sPV für die Zeit
ab 1.3.2013 zutreffend dem Grunde und der Höhe nach festgesetzt (dazu 1.). Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz
des Art
3 Abs
1 GG (dazu 2.) oder die Eigentumsgarantie des Art
14 Abs
1 GG (dazu 3.) liegt nicht vor.
1. Bei in der GKV pflichtversicherten Rentnern - wie der Klägerin - werden nach §
237 S 1 Nr 2 und S 2
SGB V in der Fassung des Gesundheits-Reformgesetzes (GRG) vom 20.12.1988 (BGBl I 2477) in Verbindung mit §
57 Abs
1 S1
SGB XI in der Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.3.2007 (BGBl I 378) der Beitragsbemessung der Zahlbetrag der der
Rente vergleichbaren Einnahmen zugrunde gelegt. Als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) gelten nach §
229 Abs
1 S 1 Nr
5 SGB V in der Fassung des GRG (aaO) "Renten der betrieblichen Altersversorgung", soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters-
oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden. Tritt an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende
Leistung oder ist eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden, gilt nach §
229 Abs
1 S 3
SGB V in der seit 1.1.2004 geltenden Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz
- GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) ein Einhundertzwanzigstel der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge,
längstens jedoch für einhundertzwanzig Monate. Zu den "Renten der betrieblichen Altersversorgung" gehören auch Leistungen,
die - wie hier - aus einer vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherung im Sinn des §
1b Abs
2 des
Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung gezahlt werden. Für Fehler bei der konkreten Berechnung der Beiträge zur GKV und sPV bestehen keine Anhaltspunkte. Die Klägerin
hat insoweit auch keine Einwände erhoben.
2. Die Beitragspflicht der Kapitalleistungen verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art
3 Abs
1 GG. Danach sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung
verwehrt. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem
Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten
oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen Gruppe anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede
von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Die Grenzen,
die der allgemeine Gleichheitssatz dem Gesetzgeber vorgibt, können sich von lediglich auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen
bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen erstrecken. Es gilt ein am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierter,
stufenloser Prüfungsmaßstab, der nicht abstrakt, sondern nur nach dem jeweils betroffenen Sach- und Regelungsbereich näher
bestimmbar ist. Maßgebend ist, ob für die Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die
ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können. Allerdings ist der weite sozialpolitische Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers
bei der Ausgestaltung der sozialstaatlichen Ordnung zu beachten. Sozialpolitische Entscheidungen des Gesetzgebers sind anzuerkennen,
solange seine Erwägungen weder offensichtlich fehlsam noch mit der Wertordnung des
GG unvereinbar sind (BSG Urteil vom 30.11.2016 - B 12 KR 6/15 R - SozR 4-2500 § 224 Nr 2 RdNr 26 mit Hinweisen auf BVerfG). Nach diesen Maßstäben ist die Beitragspflicht der Klägerin verfassungsrechtlich
nicht zu beanstanden.
Nach §
229 Abs
1 S 1 Nr
5 Halbs 2
SGB V in der zum 1.1.2018 eingeführten Fassung des Betriebsrentenstärkungsgesetzes vom 17.8.2017 (BGBl I 3214) gelten als Renten
der betrieblichen Altersversorgung zwar nicht (mehr) Leistungen aus Altersvermögen iS des §
92 Einkommensteuergesetz (
EStG). Damit wurden die nach §
92 in Verbindung mit §
10a EStG geförderte Renten nach dem Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz (AltZertG, sog "Riesterrenten") von der kranken- und pflegeversicherungsrechtlichen Beitragspflicht auf Versorgungsbezüge ausgenommen.
Wie der Senat bereits mit Urteilen vom 26.2.2019 (B 12 KR 17/18 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen - und B 12 KR 13/18 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) entschieden hat, kann offenbleiben, ob eine Ungleichbehandlung bereits deshalb
ausscheidet, weil Direktversicherungen einerseits und sog "Riesterrenten" andererseits insgesamt betrachtet beitragsrechtlich
gleich behandelt werden. Denn beide Vorsorgeformen unterliegen im Ergebnis jeweils nur einmal der Beitragspflicht zur GKV
und sPV: nach §§ 10a, 82, 92
EStG geförderte Renten in der Ansparphase, die übrigen Betriebsrenten in der Auszahlungsphase. Ungeachtet dessen ist aber - wie
der Senat in den genannten Urteilen weiter ausgeführt hat - selbst bei isolierter Betrachtung der Auszahlungsphase die insoweit
bestehende unterschiedliche Behandlung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber kann in Bezug auf die Beitragspflicht
von Versorgungsleistungen eine Teilgruppe herausgreifen und sie zu höheren Beitragszahlungen heranziehen, wenn dies - wie
hier - durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist (vgl BVerfG [Kammer] Beschluss vom 7.4.2008 - 1 BvR 1924/07 - SozR 4-2500 § 229 Nr 5 RdNr 34).
Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz vom 17.8.2017 (BGBl I 3214) sollte die betriebliche Altersversorgung in kleinen und
mittleren Betrieben ausgebaut und Anreize für Geringverdiener gesetzt werden, ihre Versorgung im Alter zu verbessern (BT-Drucks
18/11286 S 1, 48 f). Die angestrebte erhöhte Attraktivität der betrieblichen "Riesterrenten" für den Personenkreis der Geringverdiener
zielte darauf ab, eine effizientere Möglichkeit zu schaffen, die Absenkung ihres Rentenniveaus zu kompensieren, die dazu beitragen
kann, Grundsicherung im Alter zu verhindern (vgl BT-Drucks 18/11286 S 52). Die Bekämpfung von Altersarmut ist ein legitimes
Ziel, das mit der Privilegierung betrieblicher "Riesterrenten" im Beitragsrecht der GKV und sPV erreicht werden kann. Während
demnach mit der Privilegierung von Leistungen nach §
92 EStG Betriebsrenten gestärkt und Altersarmut bekämpft werden soll, steht bei Direktversicherungen das die Finanzierung der GKV
und sPV bestimmende Solidaritätsprinzip im Vordergrund, wonach die Versicherten an den Kosten entsprechend ihrer wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit zu beteiligen sind. Die Herausnahme der "Riesterrenten" aus der Beitragspflicht in der Auszahlungsphase
begünstigt die betrieblichen "Riesterrentner" auch nicht unverhältnismäßig (vgl im Einzelnen Senatsurteile vom 26.2.2019 -
B 12 KR 17/18 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen - und B 12 KR 13/18 R - zur Veröffentlichung im SozR vorgesehen).
Soweit auch betriebliche "Riesterrenten" der nicht von Altersarmut bedrohten Personen von der Beitragspflicht ausgenommen
sind, hält sich §
229 Abs
1 S 1 Nr
5 SGB V in den Grenzen zulässiger Typisierung. Dass betriebliche "Riesterrenten" generell außer Betracht bleiben, dient der Verwaltungsvereinfachung.
Mit der Zertifizierung nach dem AltZertG steht den Krankenkassen im Rahmen der Massenverwaltung ein einfach zu prüfendes Kriterium zur Verfügung (vgl im Einzelnen
Senatsurteile vom 26.2.2019 - B 12 KR 17/18 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen - und B 12 KR 13/18 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).
3. Die Eigentumsgarantie des Art
14 Abs
1 GG ist ebenfalls nicht verletzt. Sie erfasst nicht das Vermögen als solches und wird daher durch die Auferlegung öffentlich-rechtlicher
Geldleistungspflichten grundsätzlich nicht beeinträchtigt (BVerfG Beschluss vom 12.10.1994 - 1 BvL 19/90 - BVerfGE 91, 207, 220 mwN). Dass die Beitragspflicht der Klägerin mit einer übermäßigen Belastung einhergehe und zu einer grundlegenden Beeinträchtigung
der Vermögensverhältnisse iS einer erdrosselnden Wirkung führen würde, ist weder vom LSG festgestellt noch von der Klägerin
vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.