Gründe:
Gemäß §
109 Abs.
1 Satz 1
SGG muss auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen ein bestimmter
Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, dass der Antragsteller die Kosten vorschießt
und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt (§
109 Abs.
1 Satz 2
SGG). Das Gericht kann den Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert würde und der
Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist (Abs. 2).
Der Antrag der Klägerin ist zulässig. Während die Klägerin den Antrag so formuliert, dass sie eine Gutachteneinholung ohne
Zahlung eines Kostenvorschusses begehre, weil sie - wie sie näher darlegt angesichts ihrer finanziellen Situation nicht in
der Lage sei, einen Kostenvorschuss aufzubringen, stellt ihr Bevollmächtigter für sie den Antrag nach §
109 SGG unter Nennung des Arztes und beantragt darüber hinaus "schon jetzt", die Kosten der Anhörung auf die Staatskasse zu übernehmen.
Beide Konstruktionen sind darauf gerichtet, der Klägerin das Aufbringen der Kosten für die Begutachtung von vornherein zu
ersparen, indem entweder kein Kostenvorschuss erhoben oder noch vor Einholung des Gutachtens über eine Kostenübernahme auf
die Staatskasse (zugunsten der Klägerin) entschieden wird, so dass deswegen ein Kostenvorschuss nicht mehr erhoben zu werden
braucht. Obwohl in §
109 SGG nicht ausdrücklich vorgesehen, ist in einer solchen Situation isoliert darüber zu entscheiden, ob die Antragstellung nach
§
109 SGG für den Antragsteller mit einer Kostenbelastung verbunden ist. Zwar liegen ansich die Voraussetzungen für die Stattgabe des
Antrages nach §
109 SGG vor, wenn ein bestimmter Arzt benannt wurde. Jedoch erscheint es nicht sachdienlich, dass das Gericht dem Antrag mit der
Maßgabe stattgibt, dass ein bestimmter Kostenvorschuss in einer bestimmten Frist gezahlt wird, wenn schon feststeht, dass
der Kostenvorschuss nicht gezahlt werden wird oder kann. Der Antragsteller bekäme in einem solchen Fall eine Bewilligung mit
Kostenbelastung, obwohl er eine Bewilligung ausschließlich und nur ohne Kostenbelastung beantragt hat. Die Ablehnung der Kostenübernahme
würde ihm nur indirekt mitgeteilt. Außerdem bestünde das Problem, dass die Bewilligung nicht automatisch gegenstandslos wird,
wenn der Kostenvorschuss nicht innerhalb der Frist eingeht, und damit die Frage, ob die Bewilligung zumindest klarstellend
wieder zu beseitigen wäre.
Diese hier vertretene Auffassung finde eine Bestätigung in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und der Literatur.
Obwohl das (Instanz-)Gericht die Anhörung des bestimmten Arztes von einem Kostenvorschuss abhängig machen könne, dürfe es
nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG vom 31. Januar 1973, 9 RV 362/72, juris) aber bei Nichteinhaltung dieser Bedingung die aus rechtsstaatlichen Gründen ergangene zwingende Verfahrensvorschrift
des §
109 Absatz
1 SGG nicht einfach übergehen. Werde der Antrag nach §
109 SGG bis zur letzten mündlichen Verhandlung nicht zurückgenommen, müsse das Gericht entweder durch Beschluss oder in den Urteilsgründen
über den Antrag entscheiden. Im
SGG sei zwar nicht ausdrücklich gesagt, welche Folgen die Nichteinzahlung eines nach §
109 Absatz
1 Satz 2
SGG verlangten Kostenvorschusses nach sich ziehe. Wegen der sachlich ähnlichen Regelung im Zivilprozess sei es aber gerechtfertigt,
über §
202 SGG die Vorschrift des §
379 Zivilprozessordnung (
ZPO) und die erweiternde Vorschrift in § 114 Gerichtskostengesetz (GKG) ergänzend heranzuziehen. Danach unterblieben Handlungen des Gerichts, die mit Auslagen verbunden sind also auch die Ausführung
einer Beweisanordnung -, wenn die zur Einzahlung eines Kostenvorschusses gesetzte Frist nicht eingehalten und die Einzahlung
auch nicht so zeitig nachgeholt werde, dass die Beweiserhebung ohne Verzögerung des Verfahrens durchgeführt werden könne.
Die Nichteinzahlung des Vorschusses mache aber die Beweisanordnung als solche nicht hinfällig oder gegenstandslos. Sie beseitige
auch den Anspruch aus §
109 Absatz
1 Satz 1
SGG nicht. Dieser könne, wenn der Antrag aufrechterhalten bleibt, nur aus den Gründen des §
109 Absatz
2 SGG abgelehnt werden. In der Kommentarliteratur wird die Auffassung vertreten, dass, wenn der Antragsteller von vornherein erkläre,
er werde einen Kostenvorschuss nicht bezahlen, das Gericht aber ein Gutachten ohne Kostenvorschuss nicht einholen wolle, es
den Antrag unmittelbar ablehnen könne (Roller in Lüdtke,
SGG-Handkommentar, Rz. 12 zu §
109). Verwiesen wird dabei auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 26. April 1967, 9 RV 634/65, SozR Nr. 35 zu §
109 SGG, die darlegt, dass ein Antrag nach §
109 SGG nicht deswegen unentschieden bleiben darf, weil der Antragsteller nicht seine Bereitschaft zur Übernahme des Kostenvorschusses
erklärt. Beantrage der Kläger nämlich die Anhörung eines bestimmten Arztes gemäß §
109 SGG "ohne Kostenvorschuss", so leide das Verfahren an einem wesentlichen Mangel, wenn der Tatsachenrichter über diesen Antrag
weder durch besonderen Beschluss noch in den Urteilsgründen entscheide. Der Zusatz "ohne Kostenvorschuss" ändere nichts daran,
dass §
109 Absatz
1 Satz 1
SGG ohne Einschränkung bestimme, dass auf Antrag ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden "muss" und diese zwingende Verfahrensvorschrift
sonach nicht die vorherige Bereiterklärung des Antragstellers zur Leistung eines Kostenvorschusses voraussetze. Das ergebe
sich aus Satz 2 der Vorschrift, wonach es in das Ermessen des Gerichts gestellt sei, ob es die Anhörung von der Leistung eines
Kostenvorschusses abhängig mache. Angesichts der Möglichkeit, von der Erhebung eines Kostenvorschusses abzusehen, müsse es
auch dem Antragsteller gestattet sein, etwa bei schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen zu beantragen, dass von der Anforderung
eines Kostenvorschusses abgesehen werde. Das Gericht müsse sich dann schlüssig werden, ob dem in dieser Form gestellten Antrag
stattzugeben oder ob er nach Abs.
1 Satz 2 des §
109 SGG abzulehnen sei (vgl. im Einzelnen BSG vom 26. April 1967, 9 RV 634/65, SozR Nr. 35 zu §
109 SGG).
Der Antrag ist jedoch unbegründet, weil keine besondere Sachlage gegeben ist, welche es rechtfertigt, von dem Aufbringen der
Kosten für die Begutachtung nach §
109 SGG durch die Klägerin abzusehen. Weder sind die Voraussetzungen für einen Verzicht auf einen Kostenvorschuss erfüllt, noch ist
es möglich, "schon jetzt" die Kosten der Anhörung auf die Staatskasse zu übernehmen.
§
109 SGG stellt es in das Ermessen des Gerichts, ob es die Anhörung eines bestimmten Arztes von einem Kostenvorschuss des Klägers
abhängig machen will. Auch bei einem unbemittelten Kläger, der die Einholung eines Gutachtens nach §
109 SGG begehrt, darf das Gericht die Einholung davon abhängig machen, dass der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich
einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt (vgl. Bundessozialgericht (BSG) vom 26. August 1998, B 9 VS 7/98 B, juris, sowie schon vom 21. Januar 1958, 2 RU 256/55, SozR Nr. 21 zu §
109 SGG). Das Gericht ist gemäß §
103 SGG verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären und hat zu diesem Zweck u. U. auch medizinische Sachverständige
anzuhören (durch schriftliche Gutachten oder Beweisaufnahmen im Termin). Unabhängig von dieser Verpflichtung des Gerichts
besteht nach §
109 SGG für Versicherte, behinderte Menschen, Versorgungsberechtigte oder Hinterbliebene die Möglichkeit, ihren Sachverhaltsvortrag
durch die Anhörung eines Arztes ihrer Wahl zu untermauern. Da dieser Anspruch unabhängig von dem Umfang der Aufklärung durch
das Gericht besteht, sieht das Gesetz eine Kostentragung des Antragstellers mit Vorschießen der voraussichtlichen Kosten und
endgültiger Kostentragung vor, wenn das Gericht nicht weil das Gutachten oder die Anhörung den Prozess wesentlich gefördert
hat die Übernahme der Kosten auf die Staatskasse beschließt. Die Übernahme der Kosten auf die Staatskasse ist also die Ausnahme,
bei der sich das nicht vom Gericht eingeholte Gutachten oder die Anhörung im Nachherein als besonders sinnvoll für den Prozess
erweist. Das Absehen von einem Kostenvorschuss ist eine noch weit gehende Ausnahme, bei der eine bestimmte Situation vorliegt,
die es rechtfertigt, schon im Vorweg anzunehmen, dass das Gutachten oder die Anhörung den Prozess wesentlich fördern wird.
Eine ermessensfehlerfreie Ausübung im Sinne des §
109 Absatz
1 Satz 2
SGG kann es daher im Einzelfall gebieten, die Einholung eines Gutachtens nach §
109 SGG auch dann nicht von der Zahlung eines Kostenvorschusses abhängig zu machen, wenn zwar ein von Amts wegen eingeholtes medizinisches
Sachverständigengutachten bereits vorliegt, es sich aber z. B. um eine besonders schwierige Kausalitätsfrage aus dem Bereich
des Unfallversicherungsrechts handelt oder die medizinische Frage besonders kontrovers ist, oder aber wenn der nach §
109 SGG benannte Arzt auf seinem Fachgebiet eine besondere wissenschaftliche Reputation genießt oder über neue Untersuchungsmethoden
verfügt (BSG vom 23. September 1997, 2 BU 177/97, SozR 3-1500 § 109 Nr. 2 unter Verweis auf Gouder SGb 1984, 89). Eine derartige Situation ist jedoch im Falle der Klägerin nicht ersichtlich. Die Klägerin ist lediglich der Auffassung,
dass das vom Gericht eingeholte medizinische Sachverständigengutachten welches bei Unterstellung des weitgehend nicht belegbaren
Sachverhaltsvortrages der Klägerin als wahr zu dem Ergebnis kommt, dass die Kriterien der medizinischen Wissenschaft für die
von der Klägerin geltend gemachte Erkrankung nicht vorliegen und daher die Erkrankung nicht festgestellt werden könne, unzutreffend
sei, weil andere Ärzte ihr die Erkrankung (ohne nähere Begründung) attestiert haben.
Die Kosten für das Gutachten nach §
109 Abs.
1 Satz 2
SGG sind auf Antrag von der Staatskasse zu übernehmen, wenn das Gutachten bzw. die Anhörung den Rechtsstreit wesentlich gefördert
hat. Vorliegend sind keine Gesichtspunkte erkennbar, die es rechtfertigen könnten, schon im Voraus davon auszugehen, dass
ein Gutachten nach §
109 SGG (zusätzlich zu dem bereits eingeholten Gutachten im Rahmen des §
103 SGG) den Prozess wesentlich fördern würde.
Eine Kostenentscheidung findet nicht statt.
Diese Entscheidung ist endgültig (§
177 SGG).