Arzneimittelrechtliche Zulassung in der Krankenversicherung, Verabreichung eines Fertigarzneimittels in einem besonderen Verfahren
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob die beklagte Ersatzkasse der Klägerin die Kosten einer sog photodynamischen Therapie
(PDT) mit dem Arzneimittelwirkstoff Verteporfin (Handelsname Visudyne(r)) zu erstatten hat.
Die 1994 geborene, bei der Beklagten versicherte Klägerin leidet an einem angeborenen Aderhautdefekt (sog Kolobom), der Ursache
für eine im Sommer 2000 aufgetretene massive Sehverschlechterung des rechten Auges war (Sehvermögen zuletzt 0,04 nach ursprünglich
0,4). Eine Augenuntersuchung vom 5. Juli 2000 ergab, dass sich am Rand des Koloboms in der Netzhautmitte eine Gefäßeinsprossung
gebildet hatte. Der Chefarzt der Augenklinik N., Prof. Dr. H. empfahl deswegen die Durchführung einer PDT mit Verteporfin.
Bei der PDT, mit der Gefäßneubildungen im Augenhintergrund beseitigt werden können, ohne die darüber liegende Netzhaut zu
zerstören, wird der Arzneimittelwirkstoff in die Blutbahn injiziert und anschließend mittels nichtthermischen Laserlichts
gezielt im Auge aktiviert (sog "kalte" Laserbehandlung). Das dabei eingesetzte Arzneimittel Visudyne(r) ist seit Dezember
1999 in der Schweiz, seit April 2000 in den USA sowie seit frühestens Ende Juli 2000 EU-weit zur PDT für Formen der im Erwachsenenalter
auftretenden Makula-Degeneration zugelassen. Der Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen hat die PDT mit Verteporfin
erstmals mit Beschluss vom 16. Oktober 2000 (veröffentlicht im BAnz Nr 12 vom 18. Januar 2001) für die Indikation "altersabhängige
Makula-Degeneration" empfohlen, dies allerdings mit der Maßgabe noch einzuführender Qualitätssicherungsregelungen verbunden.
Mit Wirkung zum 1. August 2001 wurde die PDT in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä)
aufgenommen.
Unmittelbar nach der augenärztlichen Untersuchung der Klägerin beantragten ihre Eltern bei der Beklagten die Kostenübernahme
für die PDT. In einem beigefügten Empfehlungsschreiben des Chefarztes, der die Kosten des Arzneimittels auf 3.050 DM und die
der Behandlung auf 1.070 DM veranschlagte, heißt es, dass eine normale Laserbehandlung nicht möglich sei und ohne Behandlungsmaßnahmen
mit der Erblindung des rechten Auges gerechnet werden müsse. Die Beklagte lehnte den Antrag ab, weil der Bundesausschuss der
Ärzte und Krankenkassen für die PDT als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode iS von §
135 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) keine Empfehlung ausgesprochen habe (Bescheid vom 7. Juli 2000).
Am 12. Juli 2000 behandelte Prof. Dr. H. die Klägerin mit der PDT unter Verabreichung von Verteporfin privatärztlich und rechnete
die Leistungen anschließend entsprechend ab.
Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ein, der
sich gegen die Kostenübernahme aussprach: Auch wenn die Diagnose, die fehlende Möglichkeit einer konventionellen Laserbehandlung
sowie eine drohende Erblindung der Klägerin bestätigt werden müssten, sei hier eine Besserung auch durch die PDT nicht zu
erwarten; über deren Anwendung bei Kindern fehlten Untersuchungen. Die Beklagte wies - dem folgend - den Widerspruch zurück
(Widerspruchsbescheid vom 13. November 2000).
Im Klageverfahren hat die Klägerin geltend gemacht, die Behandlung sei erfolgreich verlaufen und habe die Erblindung des rechten
Auges verhindert. Nach Angaben von Prof. Dr. H., einem international tätigen PDT-Experten, sei sie der einzige ihm bislang
bekannt gewordene Krankheitsfall im Kindesalter. Auch eine an den PDT-Studien maßgeblich beteiligt gewesene Professorin habe
die sofortige Therapie befürwortet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zur Kostenübernahme verurteilt, weil die Wirksamkeit
von Verteporfin nachgewiesen sei und die Erkenntnisse des Bundesausschusses bereits bei der Behandlung der Klägerin vorgelegen
hätten (Urteil vom 13. Juni 2001).
Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) eine Stellungnahme von Prof. Dr. H. zur PDT und zur Behandlung
der Klägerin eingeholt (vom 6. Januar 2002), in der es heißt, die Wirkungen der Therapie seien bei der altersbedingten Erkrankung
erforscht, während es zu subfovealen Membranen bzw zum Aderhautkolobom bei Kindern keinerlei Studien gebe; die Wirksamkeit
der PDT sei aber auch in diesen Fällen zu unterstellen. Die Sehstärke des behandelten Auges der Klägerin habe wieder den Ausgangswert
erreicht, ein endgültiger Erfolg sei wahrscheinlich. Die Sehfähigkeit habe sich seinerzeit dramatisch schnell verschlechtert,
sodass damals zur Vermeidung irreparabler Schäden die Behandlung innerhalb einer Woche habe angestrebt werden müssen.
Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen: Die Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs nach §
13 Abs
3 SGB V seien erfüllt, da die Beklagte die Gewährung der PDT mit Verteporfin rechtswidrig abgelehnt habe. Auch wenn die Therapie
zum Zeitpunkt der Behandlung noch keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung gewesen und inzwischen nur bei altersabhängiger
Makula-Degeneration anerkannt sei, schließe das den Leistungsanspruch nicht aus. Die PDT sei, weil sie den Lasereinsatz erfordere,
eine neue Behandlungsmethode und dürfe damit zu Lasten der Krankenkassen grundsätzlich erst erbracht werden, wenn der Bundesausschuss
der Ärzte und Krankenkassen in den "Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gemäß
§
135 Abs
1 SGB V" (BUB-RL, vom 10. Dezember 1999, BAnz Nr 56 vom 21. März 2000, seit dem Beschluss des Bundesausschusses vom 1. Dezember 2003
- BAnz Nr 57 vom 23. März 2004 - mW vom 24. März 2004 umbenannt in: "Richtlinie zur Bewertung medizinischer Untersuchungs-
und Behandlungsmethoden") eine positive Stellungnahme dazu abgegeben und veröffentlicht habe. Hier sei der entsprechende Beschluss
erst im Januar 2001 veröffentlicht worden und zudem auf die Behandlung der altersabhängigen Makula-Degeneration beschränkt.
Die Nichtaufnahme der PDT in die BUB-RL bei einem Kolobom im juvenilen Alter habe aber auf einem Systemversagen beruht. Das
Anerkennungsverfahren nach der RL sei ungeeignet, wenn es - wie hier - um ein extrem seltenes, der systematischen Erforschung
nicht unterliegendes Krankheitsbild gehe. Auch die Erwägung des Bundessozialgerichts (BSG), ob eine umstrittene Methode in
der medizinischen Fachdiskussion Gewicht habe und überwiegend befürwortet werde, führe bei der Klägerin nicht weiter. Wegen
der extremen Seltenheit ihrer Krankheit könne es mangels entsprechender Fallzahlen keine für ein Anerkennungsverfahren notwendigen
Studien geben und eine darauf bezogene Behandlungsmethode kein Gewicht in der Fachdiskussion erlangen. In solchen extremen
Seltenheitsfällen dürfe stattdessen der eingetretene Behandlungserfolg mitberücksichtigt werden. Ferner seien insoweit folgende
Anforderungen an die Anerkennung als neue Behandlungsmethode zu stellen: Die Behandlung dürfe nicht in Widerspruch zur Rechtsordnung
(zB zum Arzneimittelrecht) stehen; die Methode müsse für andere Indikationen einen gewissen Erforschungsgrad erreicht haben,
dürfe in der Wissenschaft nicht auf Widerspruch gestoßen sein und keine gefährlichen Nebenwirkungen befürchten lassen; erfolgversprechende
anerkannte Behandlungsalternativen dürfe es nicht geben und es müsse dringlichste Behandlungsbedürftigkeit bestehen. Im Falle
der Klägerin habe ein "Systemversagen" vorgelegen und seien sämtliche der genannten Kriterien erfüllt, zumal die Methode zumindest
für eine andere Indikation anerkannt worden sei. Fehldiagnosen oder -behandlungen habe man bei der Klägerin - wie ausgeführt
wird - nicht befürchten müssen (Urteil vom 15. Mai 2002).
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung von § 2 Abs 1 Satz 3, §
12 Abs
1, §
13 Abs
3, §
27 und §
135 SGB V. Da die PDT mit Verteporfin eine neue Behandlungsmethode sei, aber für die Krankheit der Klägerin zum Zeitpunkt ihrer Behandlung
keine Aufnahme in die BUB-RL gefunden habe, könne die Leistung nicht beansprucht werden. Ein ausnahmsweise zur Leistungspflicht
führender Systemmangel liege nicht vor. §
135 SGB V verbiete es, bei der Entscheidung über einen Leistungsanspruch Erkenntnisse heranzuziehen, die es im Behandlungszeitpunkt
noch nicht gegeben habe. Nach der Rechtsprechung des BSG sei die Leistungspflicht nach dem
SGB V selbst bei schweren und vorhersehbar tödlich verlaufenden Erkrankungen auf bestimmte Methoden beschränkt. Maßnahmen, die
sich noch im Stadium der Erforschung oder Erprobung befänden und damit nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen
Erkenntnisse entsprächen, könnten nicht beansprucht werden. Für seltene Erkrankungen gelte nichts anderes. Auch die Judikatur
zum Off-Label-Use spreche gegen das vom LSG unterstellte Systemversagen; selbst danach müsse die therapeutische Wirksamkeit
und Unbedenklichkeit der streitigen Behandlungsmethode hinreichend belegt sein. Dass die Methode für andere Indikationen einen
gewissen Erforschungsgrad erreicht habe, reiche nicht. §
135 Abs
1 SGB V wolle die Qualität der Leistungserbringung in der gesetzlichen Krankenversicherung sichern und solle gewährleisten, dass
neue medizinische Verfahren in der vertragsärztlichen Versorgung nicht ohne vorherige Prüfung des therapeutischen Nutzens
sowie etwaiger gesundheitlicher Risiken angewandt würden. Es dürfe nicht auf jeglichen Nachweis der indikationsbezogenen Wirksamkeit
einer Behandlungsmethode verzichtet werden.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 15. Mai 2002
und des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 13. Juni 2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das LSG-Urteil für zutreffend und sieht es durch die Rechtsprechung des BSG zum Off-Label-Use gestützt. Neue Kriterien
für die Annahme eines Systemmangels habe das LSG nicht aufgestellt. Die Seltenheit einer Krankheit dürfe nicht zur Folge haben,
neue Therapieformen - insbesondere beim Fehlen von Behandlungsalternativen - von der Leistungspflicht der Krankenkassen gänzlich
auszunehmen. Defizite in der Arzneimittelversorgung seien kein Grund, den Versicherten erwiesenermaßen wirksame Therapien
vorzuenthalten. Auch bei der PDT gehe es nur um eine zulassungsüberschreitende Arzneimittelanwendung bei anatomisch und funktionell
weitgehend identischen Krankheitserscheinungen. Der Wirksamkeitsnachweis sei hier - mit dem LSG - als erbracht anzusehen,
weil die in der Rechtsprechung bislang entwickelten Maßstäbe in Seltenheitsfällen ungeeignet seien.
II
Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung
an das LSG begründet (§
170 Abs
2 Satz 2
Sozialgerichtsgesetz).
Ob die angefochtenen Bescheide der Beklagten rechtswidrig sind und die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung von 4.120 DM
für die am 12. Juli 2000 durchgeführte PDT mit Verteporfin (Visudyne(r)) hat, kann ohne weitere Feststellungen nicht entschieden
werden.
Rechtsgrundlage für die Erstattung der Kosten für die selbstbeschaffte Behandlung kann nur §
13 Abs
3 Alt 2
SGB V (in der Fassung des Gesundheits-Strukturgesetzes vom 21. Dezember 1992, BGBl I 2266) sein. Eine Krankenkasse ist danach zur
Kostenerstattung verpflichtet, wenn sie eine notwendige Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch für
die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Der in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch reicht dabei nicht
weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen
gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr, vgl zB BSGE
79, 125, 126 f = SozR 3-2500 § 13 Nr 11 S 51 f mwN; zuletzt Urteil vom 18. Mai 2004 - B 1 KR 21/02 R Immucothel(r) - zur Veröffentlichung bestimmt). Solches kann hier der Fall gewesen sein.
Die Beklagte ist nach §
27 Abs
1 Satz 2 Nr
1 und Nr
3 iVm §
31 Abs
1 SGB V zur ärztlichen Behandlung der bei ihr versicherten Klägerin einschließlich der Versorgung mit den für eine Krankenbehandlung
notwendigen Arzneimitteln verpflichtet. Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch eines Versicherten unterliegt allerdings
den sich aus §
2 Abs
1 und §
12 Abs
1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst folglich nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität
und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Es kann daher nicht schon zur
Leistungspflicht der Beklagten führen, dass die streitige Therapie im Fall der Klägerin nach Einschätzung des behandelnden
Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte sie befürwortet haben (vgl schon BSGE 76, 194, 198 = SozR 3-2500 § 27 Nr 5 S 11 - Remedacen(r)).
Entgegen dem rechtlichen Ausgangspunkt des LSG hängt die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für eine PDT
mit Verteporfin wegen der Eigenart dieser Therapie im Grundsatz sowohl von einer deutschen arzneimittelrechtlichen Zulassung
ab als auch von einer Empfehlung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (seit 1. Januar 2004: der Gemeinsame Bundesausschuss
gemäß §
91 SGB V). Im Ergebnis stehen allerdings beide Gesichtspunkte dem Anspruch der Klägerin dann nicht entgegen, wenn - wofür hier Einiges
spricht - eine sehr seltene Krankheit vorliegen sollte, die sich wegen ihrer Seltenheit der systematischen wissenschaftlichen
Untersuchung entzieht und für die deshalb keine wissenschaftlich auf ihre Wirkung überprüfte Behandlungsmethode zur Verfügung
stehen kann.
Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 19. März 2002 - B 1 KR 37/00 R (BSGE 89, 184, 185 und 191 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 29, 35 - Sandoglobulin(r)) im Anschluss an frühere Judikatur (BSGE 82, 233, 235 f = SozR 3-2500 §
31 Nr 5 S 17 f - Jomol) im Einzelnen ausgeführt hat, sind die Anforderungen des
SGB V an Pharmakotherapien mit Medikamenten, die nach den Vorschriften des Arzneimittelrechts der Zulassung bedürfen, nur erfüllt,
wenn sie eine solche Zulassung besitzen. Ohne die notwendige arzneimittelrechtliche Zulassung kann das Mittel in Deutschland
nicht legal beschafft werden, denn der Verkauf und die Abgabe sowie die Vorrathaltung zu diesem Zweck sind mit Strafe bedroht
(§ 96 Nr 5 iVm § 21 Abs 1, § 4 Abs 17 Arzneimittelgesetz >AMG<). Da es bei dem für die Zulassung geforderten Nachweis der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Medikaments
(§ 21 Abs 2 AMG) im Kern um dieselben Kriterien geht, an denen auch die Leistungen der Krankenversicherung gemessen werden müssen, handelt
es sich bei einer Therapie, die sich in der Anwendung eines für die betreffende Indikation zugelassenen neuartigen Arzneimittels
erschöpft, nicht um "neue Methoden" iS von §
135 Abs
1 Satz 1
SGB V (BSGE 86, 54, 59 f = SozR 3-2500 §
135 Nr 14 S 65 - ASI); es ist nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber alle neuen Medikamente neben einer arzneimittelrechtlichen
einer zusätzlichen krankenversicherungsrechtlichen Qualitätsprüfung nach denselben Maßstäben unterwerfen wollte. Im Ergebnis
verzichtet das Krankenversicherungsrecht bei der Versorgung mit zulassungspflichtigen Arzneimitteln weitgehend auf eigene
Vorschriften zur Qualitätssicherung. Im Falle der arzneimittelrechtlichen Zulassung ist infolgedessen grundsätzlich davon
auszugehen, dass zugleich der Mindeststandard einer wirtschaftlichen und zweckmäßigen Arzneimittelversorgung im Sinne des
Krankenversicherungsrechts erfüllt sind; dies gilt unbeschadet der zusätzlichen Regelungen des Krankenversicherungsrechts
über die (ökonomisch verstandene) Wirtschaftlichkeit im engeren Sinne (vgl § 12 Abs 1, § 31, §§ 33a bis 35a, §
84 Abs
1, §
92 Abs
1 Satz 2 Nr
6 und Abs
2 SGB V). Deshalb ist es nicht Aufgabe des Bundesausschusses, zulassungspflichtige Arzneimittel für den Einsatz in der vertragsärztlichen
Versorgung einer nochmaligen, gesonderten Begutachtung zu unterziehen und die arzneimittelrechtliche Zulassung durch eine
für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung geltende Empfehlung zu ergänzen bzw zu ersetzen (so BSGE 89, 184, 191 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 35 f - Sandoglobulin(r)). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest, obwohl sie im Schrifttum
teilweise abgelehnt wird (vgl zB Behnsen in: Glaeske/Dierks, Off-Label-Use, Weichenstellung nach dem BSG-Urteil 2002, München,
ohne Jahr, S 101, 117 ff; J. Becker, SGb 2004, 594, 597 ff; im Grundsatz demgegenüber wohl zustimmend: Francke/Hart, SGb 2003, 653, 659 f - dort auch weitere Schrifttumsnachweise in Fußnote 4, kritisch allerdings S 662 f).
Entgegen dem Ansatz des Berufungsgerichts ist auch die PDT - eine Therapie, bei der ein zulassungspflichtiges Arzneimittel
durch einen Arzt verabreicht wird - unter arzneimittelrechtlichen Gesichtspunkten und nicht allein nach den Grundsätzen des
für die Anerkennung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung maßgeblichen §
135 Abs
1 SGB V zu beurteilen. Nach der jüngeren Rechtsprechung unterliegen ambulant durchgeführte Pharmakotherapien dem Erlaubnisvorbehalt
des §
135 Abs
1 SGB V nur dann, wenn die eingesetzten Präparate keine Zulassung nach dem AMG benötigen, wie das beispielsweise bei Rezepturarzneien oder anderen Arzneimitteln der Fall ist, die für den einzelnen Patienten
auf besondere Anforderung hergestellt werden (BSGE 82, 233 = SozR 3-2500 § 31 Nr 5 - Jomol; BSGE 86, 54 = SozR 3-2500 § 135 Nr 14 - ASI). Damit lässt sich eine Ausnahme vom Zulassungserfordernis für Verteporfin und die alleinige
Zuständigkeit des Bundesausschusses nicht begründen. Auch die Form der Verabreichung bietet im Regelfall keinen Anlass, auf
§
135 Abs
1 Satz 1
SGB V statt auf die arzneimittelrechtliche Zulassung abzustellen - es kommt also nicht darauf an, ob das Arzneimittel zB oral,
intravenös oder auf andere Weise in den Körper eingebracht wird (vgl für die sog Instillationstherapie mit Immucothel(r):
Urteil vom 18. Mai 2004 - B 1 KR 21/02 R).
Dennoch hat das LSG zutreffend erkannt, dass die PDT von Besonderheiten geprägt ist, die einer Beschränkung der Prüfung auf
arzneimittelrechtliche Maßstäbe entgegenstehen. Anders als in den bisher zu Pharmakotherapien entschiedenen Fällen muss neben
der arzneimittelrechtlichen Zulassung der PDT eine Empfehlung des Bundesausschusses ausgesprochen worden sein, um die Zugehörigkeit
zur vertragsärztlichen Versorgung zu begründen. Ähnlich wie eine Behandlungsmethode als "neu" zu beurteilen und deshalb der
besonderen krankenversicherungsrechtlichen Qualitätskontrolle zu unterwerfen sein kann, wenn sie sich aus einer neuartigen
Kombination verschiedener - für sich jeweils anerkannter oder zugelassener - Maßnahmen zusammensetzt (vgl BSG SozR 3-2500
§ 18 Nr 6 S 25 f - Kozijavkin; BSGE 81, 54, 58 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 13 f - immunbiologische Therapie), ist die PDT vom Erlaubnisvorbehalt des §
135 Abs
1 Satz 1
SGB V nicht ausgenommen.
Der Arzneimittelwirkstoff Verteporfin muss bei bestimmungsgemäßem Gebrauch in die Blutbahn injiziert und anschließend durch
einen fachkundigen Arzt an der betreffenden Stelle im Auge in einem besonderen Verfahren mittels sog kalter Laserbehandlung
aktiviert werden. Diese aufwändige, zwingend durch einen Arzt vorzunehmende Anwendung des Medikaments erfordert mithin die
Beherrschung und punktgenaue sichere Anwendung der Lasertechnik an einem hochsensiblen Körperorgan. Dieses Vorgehen ist mit
der normalen Verabreichung - selbst im Wege der Injektion - eines Medikaments in der Erwartung, dass es im Körper die erwünschte
Wirkung entfaltet, qualitativ nicht vergleichbar. Der Handhabung durch den Arzt kommt für den Therapieerfolg ein mindestens
ebenso großes Gewicht zu wie dem Wirkprinzip des in den Körper eingebrachten Stoffes und kennzeichnet die PDT als eine über
die schlichte Verabreichung eines Arzneimittels hinausreichende neue Behandlungsmethode, die infolgedessen eine über das Arzneimittelrecht
hinausreichende Prüfung verlangt.
Aus demselben sachlichen Grund hat sich der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nicht darauf beschränkt, in der BUB-RL
den therapeutischen Nutzen der PDT für die altersabhängige Makula-Degeneration anzuerkennen; um die qualitativen Anforderungen
an das speziell mit der Arzneimittelanwendung verbundene technische Verfahren zu konkretisieren, hat er die Vornahme der PDT
im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung vielmehr an die besondere Qualifikation des ausführenden Vertragsarztes gebunden
und zudem die Schaffung von Qualitätssicherungsmaßnahmen durch die Partner der Bundesmantelverträge verlangt (vgl Beschluss
vom 16. Oktober 2000, veröffentlicht in BAnz Nr 12 vom 18. Januar 2001). Diese Auflage ist in der am 1. August 2001 in Kraft
getretenen "Qualitätssicherungsvereinbarung gemäß §
135 Abs
2 SGB V zur PDT am Augenhintergrund" umgesetzt worden (DÄBl 2001, A-2056, berichtigt A-2299). Ebenfalls mit Wirkung zum 1. August
2001 wurde die PDT mit Verteporfin (für die Indikation der altersabhängigen feuchten Makula-Degeneration) als Nr 1250 in den
EBM-Ä aufgenommen, wo sie mit 5.985 Punkten je Behandlungsfall sehr hoch bewertet worden ist; dieser Umstand bestätigt das
über die bloße Verabreichung einer Arznei hinausgehende Eigengewicht der ärztlichen Behandlung bei der PDT. All dies belegt,
dass bei der Anwendung von Verteporfin in der vertragsärztlichen Versorgung sowohl arzneimittelrechtliche Gesichtspunkte von
Bedeutung sind, als auch die Art und Weise der Verabreichung der Arznei durch den Arzt den dafür geltenden Qualitätskriterien
genügen muss. In einem solchen Fall kommt eine Leistungspflicht für die mit einem Fertigarzneimittel zusammenhängende Therapie
erst dann in Betracht, wenn die leistungsrechtlichen Mindestvoraussetzungen für ein neues Arzneimittel und diejenigen für
eine neue Behandlungsmethode kumulativ erfüllt sind - wenn also weder das arzneimittelrechtliche Verkehrsverbot noch der krankenversicherungsrechtliche
Erlaubnisvorbehalt das verwendete Mittel erfasst.
Ausgehend von diesen Grundsätzen gehörte der Einsatz von Visudyne(r) (Verteporfin) im Rahmen einer PDT zum Zeitpunkt der Behandlung
der Klägerin am 12. Juli 2000 noch nicht zur vertragsärztlichen Versorgung. Dem Mittel fehlte zu diesem Zeitpunkt - obwohl
bereits in der Schweiz und in den USA als Arzneimittel zugelassen - die erforderliche (§ 73 Abs 1 iVm § 21 Abs 1 Satz 1 AMG) innerstaatlich wirksame Arzneimittelzulassung; eine EU-weite und damit auch in Deutschland geltende Zulassung wurde frühestens
am 27. Juli 2000 erteilt (Europäischer Öffentlicher Beurteilungsbericht des Ausschuss für Arzneimittelspezialitäten - CPMP
- der "European Agency for the Evaluation of Medical Products - EMEA", CPMP/1019/00 zu Visudyne(r); im Zusammenfassenden Bericht
des Arbeitsausschusses "Ärztliche Behandlung" des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zur PDT mit Verteporfin vom
22. Januar 2001, S 22, wird ein noch späteres Datum, nämlich der 28. August 2000 genannt). Es handelt sich um ein industriell
gefertigtes Präparat, das unbeschadet der zusätzlich erforderlichen Laserbehandlung ein Fertigarzneimittel iS von § 4 Abs 1 AMG ist. Weder hatte zum Zeitpunkt der Behandlung das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte dafür eine Zulassung
erteilt, noch hatten die Kommission der EG oder der Rat der EU das In-Verkehr-Bringen des Mittels zu diesem Zeitpunkt genehmigt
(vgl § 21 Abs 1 Satz 1, § 37 Abs 1 AMG). Insbesondere ist eine Rechtsverordnung des zuständigen Bundesministeriums (vgl § 37 Abs 1 Satz 2 AMG), nach der die in der Schweiz oder in den USA für ein Arzneimittel erteilte Zulassung generell auch in Deutschland gelten
könnte, nicht ersichtlich. Wie der Senat in seinem Urteil vom 18. Mai 2004 - B 1 KR 21/02 R (Immucothel(r)) im Einzelnen dargelegt hat, entfaltet selbst die nationale Zulassung eines Arzneimittels in einem einzelnen
EU-Mitgliedstaat nicht ohne Weiteres Rechtswirkungen auch in allen anderen Mitgliedstaaten; nichts anderes gilt im Verhältnis
zur Schweiz, die erst seit 1. Juni 2002 eine einem EWR-Staat ähnliche Stellung hat (vgl Abkommen vom 21. Juni 1999, BGBl II
2001, 810; ABlEG 2002 L 114/6; vgl zuvor: deutsch-schweizerische Gute-Laborpraxis-Vereinbarung vom 19. Dezember 1988, BAnz 1989, 1610).
Auch im Abkommensrecht mit den USA ist nichts Entsprechendes geregelt (vgl aber: Gute-Laborpraxis-Vereinbarung Deutschland-USA
vom 23. Dezember 1988, BAnz 1989, 1610; Abkommen zwischen der EG und den USA über die gegenseitige Anerkennung mit "Sektoralem
Anhang über gute Herstellungspraxis für Arzneimittel" vom 18. Mai 1998, ABlEG L 31/1). Im Zeitpunkt der Behandlung am 12.
Juli 2000 war Visudyne(r) in Deutschland damit kein verkehrsfähiges Arzneimittel.
Dass nach diesem Zeitpunkt für Visudyne(r) eine in Deutschland wirksame Arzneimittelzulassung erteilt worden ist, führt zu
keinem anderen Ergebnis; denn der Einsatz bislang nicht anerkannter Mittel und Methoden zu Lasten der Krankenkassen erfordert
regelmäßig, dass bereits vor der Behandlung eine Anerkennung erfolgt war (BSGE 81, 54, 58 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 13 f - immunbiologische Therapie; SozR 3-2500 § 135 Nr 12 S 56 f - ASI, jeweils für Festlegungen
in den RL des Bundesausschusses). Nichts anderes kann für zulassungspflichtige Arzneimittel gelten, weil Zulassungs- und zulassungsähnliche
Akte, die sich auf die Leistungspflicht der Krankenkassen auswirken, regelmäßig nur Wirkungen für die Zukunft entfalten können.
Da Versicherte und die Versichertengemeinschaft vor riskanten und/oder ineffektiven medizinischen Maßnahmen geschützt werden
sollen, würde die nachträgliche Kostenübernahme für eine zum Zeitpunkt der Behandlung noch nicht zweifelsfrei geklärte Therapie
auf eine Gefährdung hinauslaufen; es muss aber schon zum Zeitpunkt der Behandlung geklärt sein, ob die erhofften Vorteile
der Therapie die möglicherweise zu befürchtenden Nachteile überwiegen (so zum Ganzen bereits BSG, ebenda).
Ähnliche der Leistungspflicht der Beklagten entgegenstehende Gesichtspunkte ergeben sich zum andern deshalb, weil die PDT
mit Verteporfin zum Zeitpunkt der Behandlung der Klägerin eine neue, noch nicht im EBM-Ä erfasste Untersuchungs- und Behandlungsmethode
war (zu diesem Kriterium vgl BSGE 81, 54, 58 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 12 f). Da es zur Begründung der Leistungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung zunächst
eines positiven Votums des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen bedurfte, eine solche Stellungnahme indessen - zudem
für eine andere Indikation - erst am 18. Januar 2001 amtlich veröffentlicht wurde (zur Maßgeblichkeit des Verkündungszeitpunkts
vgl BSG SozR 3-2500 § 135 Nr 12 und § 92 Nr 12 S 70), wäre die Gewährung einer bereits am 12. Juli 2000 durchgeführten PDT
auf Kosten der beklagten Ersatzkasse mithin grundsätzlich ausgeschlossen.
Gegenüber den bisher entschiedenen Fällen kann der jetzt zu beurteilende Sachverhalt jedoch von Besonderheiten geprägt sein,
die der Anwendung der aufgezeigten Ausschlussgründe entgegenstehen. Der diesbezüglich vom LSG vertretenen Rechtsauffassung
kann allerdings nicht in allen Punkten gefolgt werden, vielmehr bedingen die stattdessen maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkte,
dass eine weitere Aufklärung des Sachverhalts erforderlich ist. Sollte sich dabei ergeben, dass die Klägerin an einer sehr
seltenen, einer systematischen Erforschung von darauf bezogenen Therapiemöglichkeiten nicht zugänglichen Erkrankung litt,
für die keine anderen Therapiemöglichkeiten zur Verfügung standen, käme eine Leistungsgewährung der Beklagten in Betracht.
Denn unter den noch festzustellenden tatsächlichen Voraussetzungen dürfte sich die Beklagte weder auf die fehlende Verkehrsfähigkeit
von Visudyne(r) berufen, noch wäre die PDT nach §
135 Abs
1 Satz 1
SGB V von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen.
Die Sperrwirkung des in §
135 Abs
1 Satz 1
SGB V vorgeschriebenen Leistungsverbots mit Erlaubnisvorbehalt erfasst "Methoden", das sind Maßnahmen, die bei einem bestimmten
Krankheitsbild "systematisch" angewandt werden (so bereits BSGE 82, 233, 237 = SozR 3-2500 § 31 Nr 5 S 19 - Jomol; vgl auch BSGE 88, 51, 60 = SozR 3-2500 § 27a Nr 2 S 19 mwN - ICSI; BSG SozR 3-5533 Nr 2449 Nr 2 S 9 f). Die Aufgabe des Bundesausschusses der
Ärzte und Krankenkassen, vor der Einbeziehung neuer medizinischer Verfahren in die ambulante vertragsärztliche Versorgung
deren Qualität und Wirtschaftlichkeit zu prüfen und ggf persönliche und apparative Voraussetzungen für eine sachgerechte Anwendung
festzulegen, kann sich naturgemäß nicht auf einzelne ärztliche Maßnahmen oder Verrichtungen, sondern nur auf leistungsübergreifende
methodische Konzepte beziehen, die auf ein bestimmtes diagnostisches oder therapeutisches Ziel ausgerichtet sind; nach dem
Zweck des §
135 Abs
1 Satz 1
SGB V ergibt sich die Einbeziehung unter den Methodenbegriff entweder aus der eigenständigen theoretischen Fundierung oder aus
der Komplexität des technischen Ablaufs und den damit in einer Vielzahl von Anwendungsfällen heraufbeschworenen Gefahren (BSGE
88, 51, 60 f = SozR 3-2500 § 27a Nr 2 S 19 f). Schon nach dem Begriffsverständnis in der bisherigen Rechtsprechung kann daher die
Vorgehensweise in einem singulären Krankheitsfall von vornherein nicht als Behandlungsmethode iS des krankenversicherungsrechtlichen
Erlaubnisvorbehalts aufgefasst werden. Das wird bestätigt, wenn man sich vor Augen hält, dass der Bundesausschuss nach §
135 Abs
1 Satz 1
SGB V den therapeutischen Nutzen einer Behandlungsmethode nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen
Therapierichtung bzw nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse (vgl §
2 Abs
1 Satz 3
SGB V) zu beurteilen hat. Grundlage hierfür sind wissenschaftliche, auf einwandfrei geführte Statistiken über die Zahl der behandelten
Fälle und die Wirksamkeit der jeweiligen Methode gestützte Aussagen (zu diesem Erfordernis schon BSGE 76, 194, 198 f = SozR 3-2500 § 27 Nr 5 S 11 f - Remedacen(r)). Da es wissenschaftlich fundierte Aussagen in diesem Sinne zur Vorgehensweise
bei einzigartigen Erkrankungen, die weltweit nur extrem selten auftreten und die deshalb im nationalen wie im internationalen
Rahmen weder systematisch erforscht noch systematisch behandelt werden können, per se nicht geben kann, hat der Bundesausschuss
in einem solchen Fall auch keine Befugnis, in der BUB-RL generalisierend zur Qualität der Behandlung Stellung zu nehmen. Dann
darf aber auch für die Leistungsgewährung keine vorherige Anerkennung in der BUB-RL zur Anspruchsvoraussetzung erhoben werden;
ansonsten hinge die Einbeziehung in die vertragsärztliche Versorgung nämlich von einer Rechtsnorm ab, die zu erlassen der
als Rechtsetzungsorgan berufene Bundesausschuss wegen der einzigartigen medizinischen Situation niemals befugt sein könnte.
Würde das LSG im Rahmen seiner vorzunehmenden Ermittlungen zu der Feststellung gelangen, dass die bei der Klägerin im Behandlungszeitpunkt
bestehende Krankheitssituation einzigartig war, stünde auch das arzneimittelrechtliche Verkehrsverbot der Leistungspflicht
der Beklagten nicht entgegen. Visudyne(r) war zum Zeitpunkt der Behandlung der Klägerin in der Schweiz und in den USA als
Arzneimittel zugelassen, sodass gemäß § 73 Abs 3 Satz 1 AMG die Möglichkeit bestand, dieses Mittel individuell auf ärztliche Verordnung über eine Apotheke aus dem Ausland legal zu beschaffen.
Die darin liegende Lockerung des arzneimittelrechtlichen Verkehrsverbots begründet nach der Rechtsprechung des Senats nicht
die Verkehrsfähigkeit des Medikaments, denn eine Verwendung in einer unbestimmten Zahl von Fällen ist durch die genannte Vorschrift
nicht gedeckt und eine für Deutschland maßgebende Prüfung von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit hat trotz der ausländischen
Zulassung nicht stattgefunden; deshalb muss es beim grundsätzlichen Leistungsausschluss bleiben (Senatsurteil vom 18. Mai
2004 - B 1 KR 21/02 R - Immucothel(r), zur Veröffentlichung bestimmt). An dieser Rechtsprechung hält der Senat weiterhin fest. Sie steht jedoch
einer Leistungspflicht für ein Mittel zur Behandlung einer einzigartigen Krankheit in einer außergewöhnlichen medizinischen
Situation nicht entgegen. Abgesehen von der unter diesen Umständen legal möglichen Beschaffung des Arzneimittels, besteht
bei der Therapie einer derart singulären Krankheit gerade nicht - wie in dem oa Urteil beschrieben - die Gefahr, dass die
maßgeblichen nationalen bzw europarechtlichen Anforderungen an die Arzneimittelsicherheit, wie sie im Zulassungserfordernis
zum Ausdruck kommen, durch ein Ausweichen auf die Beschaffung des Mittels aus einem Staat mit weniger strengen Prüfungs- und
Zulassungsmaßstäben systematisch umgangen werden könnten. Bei Krankheiten, die im angedeuteten Sinne einzigartig sind, ist
hinreichend gewährleistet, dass auch der Einsatz des Medikaments ein Einzelfall bleibt und die Einbeziehung in die krankenversicherungsrechtliche
Leistungspflicht nicht zu einer arzneimittelrechtlichen Zulassung "durch die Hintertür" führt.
Der Anspruch der Klägerin hängt demnach sowohl mit Rücksicht auf die im Behandlungszeitpunkt fehlende Empfehlung für die PDT
durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen als auch unter arzneimittelrechtlichen Gesichtspunkten zunächst einmal
davon ab, dass sich das bei der Klägerin im Juli 2000 festgestellte Krankheitsbild als Einzelfall medizinisch nicht erforschbar
ist. Das LSG hat insoweit festgestellt, dass eine Neovaskularisationsmembran bei Aderhautkolobom im frühen juvenilen Alter
eine extrem seltene Erkrankung ist und diese Überzeugung aus den im Verfahren geäußerten Erfahrungen des behandelnden Arztes
Prof. Dr. H. und einer weiteren speziell mit der PDT befassten Ärztin gewonnen. Aus den Angaben dieser Ärzte kann jedoch nicht
schon ohne Weiteres mit dem dafür erforderlichen Maß an Gewissheit abgeleitet werden, dass generelle wissenschaftliche Aussagen
zur Therapie der Krankheit der Klägerin infolge der geringen Zahl an Patienten wirklich so gut wie ausgeschlossen sind. Eine
entsprechende Feststellung müsste vielmehr durch aussagekräftige Beweismittel erhärtet werden, die den Forschungsstand zu
der betreffenden Krankheit - auch im Sinne eines Negativ-Befundes - zuverlässig dokumentieren und nachvollziehbar wiedergeben.
Dafür kommen etwa eine umfassende Recherche in medizinischen Fachveröffentlichungen bzw Datenbanken und/oder die Auswertung
einschlägigen Zahlenmaterials in Betracht, was die Einholung eines Sachverständigengutachtens erfordern dürfte. Ergänzend
könnte eine Anfrage des LSG an den Gemeinsamen Bundesausschuss sinnvoll sein, dessen Vorgänger, der Bundesausschuss der Ärzte
und Krankenkassen, sich bereits mit der PDT - bezogen auf die altersabhängige Makula-Degeneration - in einem 136-seitigen
Zusammenfassenden Bericht des Arbeitsausschusses "Ärztliche Behandlung" vom 22. Januar 2001 befasst hat. In diesem Zusammenhang
wird auch dem denkbaren Einwand nachzugehen sein, dass die Ähnlichkeit der weit verbreiteten altersbedingten Makula-Degeneration
zum Aderhautkolobom der Klägerin trotz geringer Patientenzahlen eine wissenschaftliche Erforschung ermögliche.
Sollte das LSG im weiteren Verfahren zur Feststellung gelangen, dass die Erkrankung der Klägerin praktisch unerforschbar ist,
setzt der Anspruch auf Erstattung der Kosten für die PDT mit Verteporfin weiter voraus, dass ein Mindestmaß an Arzneimittel-
und Behandlungsqualität eingehalten wurde. In Bezug auf die Arzneimittelsicherheit kann auch die Einzigartigkeit einer Erkrankung
die Leistungspflicht der Krankenkasse nicht für jegliches Arzneimittel rechtfertigen, das in irgendeinem Land der Welt zugelassen
ist. Das zwingt zu einer zusätzlichen Überprüfung der ausländischen Zulassungsentscheidung im gerichtlichen Verfahren. Allerdings
darf auch hier keine generelle Aussage zur Unbedenklichkeit in Bezug auf die Krankheit der Klägerin gefordert werden, sodass
es einerseits ausreichen muss, andererseits vor dem Hintergrund der Wissenschaftlichkeits-Klausel des §
2 Abs
1 Satz 3
SGB V aber auch erforderlich ist, dass zuverlässige pharmakologisch-toxische Daten und aussagekräftige Studien die Unbedenklichkeit
und therapeutische Wirksamkeit des Mittels zumindest für andere Krankheiten belegen. Falls die in der Schweiz und in den USA
ausgesprochenen Zulassungen für Visudyne(r) im Wesentlichen auf denselben Unterlagen beruhen, die später auch in Deutschland
zur Zulassung geführt haben, wäre - auch wegen der oben bereits dargestellten Abkommen zur Gute-Labor bzw Gute-Herstellungspraxis
- ohne Weiteres von der Einhaltung des notwendigen Standards auszugehen und eine nähere Überprüfung könnte sich erübrigen.
Dennoch bleibt der Einsatz eines nur im Ausland und nur für andere Erkrankungen zugelassenen Arzneimittels vom krankenversicherungsrechtlichen
Standpunkt aus prekär, weil zu befürchten ist, dass entgegen §
2 Abs
1 Satz 3
SGB V letztlich weder eine indikationsbezogene Qualitätsprüfung noch eine Kontrolle des gewählten Behandlungsansatzes stattfindet.
Bei jungen Patienten wie der Klägerin erhalten diese Bedenken dadurch zusätzliches Gewicht, dass ein unzureichend kontrollierter
Arzneimittelgebrauch insbesondere für Kinder kaum abschätzbare Gefahren birgt, wie etwa die durch das Schlafmittel Contergan
(Thalidomid(r)) verursachten schweren Gesundheitsschäden belegen. Schon die teils erheblichen Unterschiede in der Pharmakokinetik
und -dynamik innerhalb der verschiedenen Altersklassen lassen Rückschlüsse der Daten, die bei Erwachsenen gewonnen wurden,
nicht zu. Die Gefahr, dass Kinder unter unerwünschten Nebenwirkungen ungetesteter Präparate leiden, liegt nach der Einschätzung
von Fachwissenschaftlern um bis zu 200% höher als bei Erwachsenen; hinzu kommt, dass falsch eingesetzte Medikamente bei Kindern
noch Jahre nach der erstmaligen Anwendung zu massiven Schäden am Immunsystem, an den Keimdrüsen oder am zentralen Nervensystem
führen können (vgl schon Feststellung 3. des Rates der EU in seiner Entschließung vom 14. Dezember 2000 über Kinderarzneimittel,
ABlEG 2001 C 17/1, zum Ganzen zB: Georgescu/Vollborn, "Wenn Kinder keinen Gewinn versprechen", SPIEGEL-online, www.spiegel.de/
wissenschaft/ mensch/ 0,1518,303249,00.html - recherchiert am 14. Juni 2004; Grabar, DÄBl 2004, A-321). Schließlich ist nochmals
darauf hinzuweisen, dass die hier zu beurteilende PDT sich nicht in der Verabreichung eines Arzneimittels erschöpft, sondern
durch den Laser-Einsatz zusätzliche gesundheitliche Risiken in sich birgt.
All das rechtfertigt es, den Einsatz einer derartigen Therapie außerhalb des vom
SGB V vorgegebenen Leistungsrahmens nur in notstandsähnlichen Situationen zuzulassen, wenn eine schwer wiegende (lebensbedrohliche
oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende) Erkrankung behandelt werden soll, für die keine andere Behandlungsmöglichkeit
zur Verfügung steht. Damit zieht der Senat eine gewisse Parallele zu den im Urteil vom 19. März 2002 entwickelten Voraussetzungen
für die Leistungspflicht der Krankenkassen bei der zulassungsüberschreitenden Anwendung eines Medikaments, die aus ähnlichen
Gründen auf außergewöhnliche Notfälle zu beschränken war (BSGE 89, 184, 191 f = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 36 - Sandoglobulin(r)). Diese Voraussetzungen hat das LSG - von der Beklagten nicht mit
Revisionsgründen angefochten - bejaht, sodass an deren Vorliegen auch mit Rücksicht auf im Verfahren vorgelegte Äußerungen
des MDK nicht zu zweifeln ist.
Auch in derartigen Situationen umfasst die Leistungspflicht der Krankenkasse keine ärztlichen Maßnahmen, die nur ungenügende
Erfolgsaussichten bieten. Entgegen einer Erwägung des LSG kommt es insoweit nicht auf eine ex-post-Betrachtung des tatsächlichen
Erfolgs an, weil sonst zB schon eine unvorhersehbare Komplikation die Leistungspflicht der Krankenkasse in Frage stellen könnte.
Anders als nach den Grundsätzen für einen Off-Label-Use im Urteil vom 19. März 2002 kann bei einer unerforschbaren singulären
Erkrankung auch nicht gefordert werden, dass positive Forschungsergebnisse bzw einem bestimmten Standard entsprechende wissenschaftliche
Fachveröffentlichungen vorliegen. Um dennoch eine Mindestqualität zu gewährleisten, müssen die im Zeitpunkt der Behandlung
verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse die Annahme rechtfertigen, dass der voraussichtliche Nutzen der Maßnahme die möglichen
Risiken überwiegen wird. Hält die Krankenkasse im Falle des Streits über die Leistungspflicht die insoweit von den behandelnden
Ärzten getroffene Einschätzung mit fundierten Einwänden für grob fehlerhaft, ist diese Abwägung und ihr Ergebnis im Sozialgerichtsverfahren
unter Einschaltung eines Sachverständigen zu überprüfen.
Bezogen auf den Fall der Klägerin wird demnach untersucht werden müssen, welche Gesichtspunkte den Einsatz der PDT nach den
Umständen des Einzelfalls rechtfertigten, obwohl ein gerade erst entwickeltes Mittel, über dessen Wirkungen nur relativ wenig
bekannt gewesen sein dürfte, bei einem fünfjährigen Kind angewandt werden sollte. Vermutlich wird dies auf die Frage hinauslaufen,
ob die seinerzeit vorliegende Evidenz für die Verträglichkeit und Wirksamkeit der PDT bei altersbedingter Makula-Degeneration
nach sachverständiger Einschätzung auf das Aderhautkolobom im juvenilen Alter übertragbar war. In Bezug auf die Gefährdung
durch die PDT ist das LSG beim Vergleich des Aderhautkoloboms der Klägerin mit der altersbedingten Makula-Degeneration auf
Grund der eingeholten medizinischen Stellungnahmen zu dem Ergebnis gelangt, dass von der PDT für die Klägerin mit Rücksicht
auf ihr Kindesalter oder wegen der Besonderheiten eines Koloboms keine zusätzlichen Gesundheitsrisiken zu befürchten waren.
Für die Richtigkeit dieser Feststellung spricht, dass die Zulassung für Visudyne(r) inzwischen europaweit auch auf andere
Indikationen erweitert wurde und auch Empfehlungen für die PDT in Bezug auf weitere Leiden geprüft werden (vgl Bekanntmachung
vom 29. August 2002, BAnz Nr 23.700 und vom 27. Mai 2004, BAnz Nr 13.242). Bleibt es dabei, dass eine Gefahr für die Klägerin
weder wegen ihres jungen Alters noch mit Rücksicht auf die fachliche Qualifikation des tätig gewordenen Arztes von der Beklagten
bzw dem MDK nicht behauptet wird, hat das LSG im weiteren Verfahren nur noch die Belege für die Wirksamkeit der PDT als Voraussetzung
für die vom behandelnden Arzt angenommene Erfolgsaussicht zu überprüfen. Dabei wird es allerdings zu beachten haben, dass
eine Bejahung der vollständigen Übertragbarkeit aller bei der Behandlung der altersbedingten Makula-Degeneration gewonnenen
Erkenntnisse die Eigenständigkeit des Krankheitsbildes eines juvenilen Aderhautkoloboms und somit dessen Unerforschbarkeit
in Frage stellen könnte.
Sähe sich das LSG demgegenüber aus diesen oder anderen Gründen trotz Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten gehindert,
sich von der Einzigartigkeit des juvenilen Aderhautkoloboms zu überzeugen, würde für die Klägerin grundsätzlich nichts anderes
gelten können als für einen Patienten, der an einer Erkrankung leidet, für die eine ausreichend sichere und erprobte Therapie
(noch) nicht zur Verfügung steht, wie zB vor der krankenversicherungsrechtlich wirksamen Anerkennung der PDT für die altersbedingte
Makula-Degeneration. Für diesen Fall könnte auch der Gesichtspunkt der zulassungsüberschreitenden Anwendung (Off-Label-Use)
der Klage nicht zum Erfolg verhelfen, weil vor der Zulassung von Visudyne(r) in Deutschland bzw in der EU die vom Senat insoweit
aufgestellten Voraussetzungen nicht erfüllt waren. Dass sie möglicherweise später vorgelegen hätten, ist unerheblich, weil
die arzneimittelrechtliche Zulassung erst nach der hier zu beurteilenden Behandlung erfolgte.
Der krankenversicherungsrechtliche Leistungsausschluss infolge des arzneimittelrechtlichen Verkehrsverbots kann auch nicht
überwunden werden, falls sich das juvenile Aderhautkolobom mit Rücksicht auf seine Verbreitung zwar als erforschbar, aber
wegen wesentlicher Unterschiede zur Makula-Degeneration dennoch als seltene Erkrankung herausstellen sollte.
Allerdings wird die angemessene Arzneimittelversorgung von Kindern und erwachsenen Patienten mit seltenen Erkrankungen in
der medizinischen und pharmakologischen Wissenschaft seit längerer Zeit generell als ungelöstes Problem angesehen. So sind
im ambulanten und stationären Bereich bis zu 90% der bei Kindern angewandten Arzneimittel ohne spezifische arzneimittelrechtliche
Zulassung speziell für das Kindesalter. Seltene, in ihren Behandlungsmöglichkeiten nicht erforschte Krankheiten sind aber
in erhöhtem Maße gerade bei Kindern anzutreffen (so Trefz, zitiert nach DÄBl 2003, A-2756). Der Senat hat bereits im Sandoglobulin(r)-Urteil
vom 19. März 2002 unter Bezugnahme auf Gesetzesinitiativen aus dem Deutschen Bundestag (Entschließungsanträge der Fraktionen
des Deutschen Bundestages vom 16. Januar 2001 - BT-Drucks 14/5083 sowie vom 23. Januar 2001 - BT-Drucks 14/5136) darauf hingewiesen,
dass bei pädiatrischen Erkrankungen auf Präparate zurückgegriffen werden muss, die für die Therapie speziell dieser Krankheiten
nicht zugelassen sind, bzw dass Arzneimittel außerhalb der zugelassenen Indikationen zur Anwendung gebracht werden müssen,
wenn andernfalls eine ernste, lebensbedrohende Krankheit nicht behandelt werden kann (BSGE 89, 184, 188 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 32; zum Problemfeld aus neuerer Zeit zB: Richter - Kuhlmann - DÄBl 2003, A-2757; Dierks/Nitz,
DMW 2003, 2138 und 2004, 397; Grabar, DÄBl 2004, A-320; Georgescu/Vollborn, SPIEGEL-online, aaO; von Langsdorff/Schlegel, Der Kassenarzt 18/2004, 56;
Fregert/Köch/Lippert ZRP 2003, 446; Trips-Hebert ZRP 2004, 130; Berichte "Sichere Arzneien für Kinder - Erfolge werden bald greifbar" in: Ärzte Zeitung vom 10. April 2002 und "Arzneimittelstudien
könnten bald auch mit Kindern möglich sein" in: Ärzte Zeitung vom 30. Oktober 2003). Wie ebenfalls im Senatsurteil vom 19.
März 2002 bereits erwähnt, hat sich inzwischen der Europäische Gesetzgeber des Problems angenommen. Nach Art 3 Abs 1 EWGV 141/2000 vom 16. Dezember 1999 über "Arzneimittel für seltene Leiden" (ABlEG 2000 L 18/1) liegt ein solches Leiden vor, wenn
nicht mehr als fünf von 10.000 Personen daran erkranken; bei lebensbedrohlichen, zu schwerer Invalidität führenden bzw schweren
und chronischen Leiden kann dieser Schwellenwert auch überschritten werden (vgl auch Erwägungsgrund 5 der VO; Mitteilung der
Kommission vom 29. Juli 2003, ABlEU C 178/2 unter A.1). Patienten mit seltenen Leiden haben denselben Anspruch auf Qualität,
Unbedenklichkeit und Wirksamkeit von Arzneimitteln wie andere Patienten (Erwägungsgrund 7 zu EWGV 141/2000); eine Verbesserung der Versorgung mit Arzneimitteln für seltene Erkrankungen sollte allerdings für die Pharmahersteller
durch wirtschaftliche Anreize zur Entwicklung entsprechender Medikamente erreicht werden. Die EG-Kommission hat in einer Mitteilung
über Arzneimittel für seltene Leiden vom 29. Juli 2003 (ABlEU C 178/2) die Kriterien für solche Mittel und deren Anwendungsgebiete
genauer dargelegt. Schließlich ist in Art 83 EGV 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 "zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung
und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittelagentur" (ABlEU L 136/1)
ein erleichtertes Anerkennungsverfahren für den Off-Label-Use bzw Compassionate Use von Arzneimitteln eingeführt worden.
Bezogen auf die Krankenbehandlung von Kindern hat der Rat der EU die Kommission schon in einer Entschließung vom 14. Dezember
2000 (ABlEG 2001 C 17/1) ersucht, Maßnahmen zu ergreifen, um Arzneimittel auf die speziellen Erfordernisse von Kindern zuschneiden
zu können. In der EGRL 2001/20 vom 4. April 2001 (ABlEU L 121/34) haben Europäisches Parlament und Rat der EU die Notwendigkeit hervorgehoben, bei Kindern klinische Studien durchzuführen
und deren Behandlung zu verbessern (Erwägungsgrund 3). In einer Entschließung des Rates vom 2. Dezember 2003 (ABlEU 2004 C
20/4 unter Punkt 22) wurde die Kommission erneut aufgerufen, Anreize und Maßnahmen vorzuschlagen, um die Entwicklung und das
Inverkehrbringen von Arzneimitteln für Kinder zu fördern. Am 29. September 2004 hat die Kommission dann den Entwurf einer
neuen Verordnung vorgelegt, nach der das geltende Europarecht geändert und den Pharmaunternehmen ua für die Durchführung pädiatrischer
Studien Anreize in Gestalt eines verlängerten Patentschutzes gewährt werden sollen (KOM/2004/0599 endg.- COD 2004/0217).
Im Fall der Klägerin braucht nicht geklärt zu werden, ob bzw unter welchen Voraussetzungen die dargestellten Unzulänglichkeiten
des Arzneimittelgesetzes bei seltenen Krankheiten eine über die schon erfolgten legislatorischen Maßnahmen sowie über das
Senatsurteil vom 19. März 2002 (BSGE 89, 184 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 - Sandoglobulin(r)) hinausreichende Neubestimmung der Voraussetzungen des krankenversicherungsrechtlichen
Anspruchs auf neue Behandlungsmethoden erfordern bzw rechtfertigen. Mit Blick auf den Beschluss einer Kammer des 1. Senats
des Bundesverfassungsgerichts im Verfahren um einstweiligen Rechtsschutz gegen die Ablehnung einer neuen Behandlungsmethode
bei einer seltenen Autoimmunkrankheit (Beschluss vom 19. März 2004 - 1 BvR 131/04 = NZS 2004, 527 = NJW 2004, 3100) kommt hierfür vor allem eine Klarstellung der Rechtsprechung zum sog Systemversagen in Betracht, soweit der Bundesausschuss
der Ärzte und Krankenkassen die von ihm selbst aufgestellten Evidenzkriterien nicht beachtet oder nicht gesetzeskonform anwendet.
Nachdem der deutsche Gesetzgeber erste Schritte unternommen hat, die Situation bei seltenen Krankheiten und in Bezug auf die
Versorgung von Kindern zu entschärfen, dürften weitergehende Erwägungen vom Nachweis abhängen, dass die nunmehr zur Verfügung
stehenden Möglichkeiten weiterhin unzulänglich sind. Seit dem 1. Januar 2004 begründet §
35b Abs
3 SGB V idF des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14. November 2003 (GMG, BGBl I 2190) die Befugnis einer besonderen Expertengruppe
beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Bewertungen zum Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse über die
Anwendung zugelassener Arzneimittel auch für Indikationen und Indikationsbereiche abzugeben, für die sie nach dem AMG nicht zugelassen sind. Daneben ist durch die 12. Novelle zum AMG vom 30. Juli 2004 (BGBl I 2031) in Umsetzung europarechtlicher Vorgaben eine besondere Kommission zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit
von Kindern und Jugendlichen durch § 25 Abs 7a AMG ins Leben gerufen worden. § 30 Abs 4 AMG nF bietet darüber hinaus eine Rechtsgrundlage für ethisch nicht unproblematische Arzneimittelstudien und Forschungsvorhaben
bei Kindern (vgl dazu auch Empfehlungen der Zentralen Ethik-Kommission bei der Bundesärztekammer DÄBl 2004, A-1613). Damit
könnte sich der ursprünglich gesehene Bedarf erübrigt oder zumindest verschoben haben, die Regeln für einen erweiterten, aber
kontrollierten Off-Label-Use zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung in der Rechtsprechung aufstellen zu müssen (dazu
zB von Wulffen in: Perspektiven des Gesundheitswesens, Festschrift für Wiegand, 2003, S 161 ff sowie die Schrifttumsnachweise
bei Francke/Hart, SGb 2003, 653 Fußnote 4 und J. Becker, SGb 2004, 594 Fußnote 16, ferner die Beiträge in: Glaeske/Dierks, Off-Label-Use, Weichenstellung nach dem BSG-Urteil 2002, München, ohne
Jahr) oder andere Lösungswege wie die gezielte Verlagerung aus dem vertragsärztlichen Bereich in die stationäre Versorgung
ins Auge zu fassen (zB: Bausch, www.kvhessen.de/ default.cfm?frame= content_doc_ print&d_id=1478 - recherchiert am 27. September
2004; ders, in: Glaeske/Dierks, aaO, S 10 f; Behnsen in: ebenda, S 120 ff; zu den Grenzen derartiger Vorschläge vgl Urteil
vom 22. Juli 2004 - B 3 KR 21/03 R - zur Veröffentlichung bestimmt - sowie BSGE 90, 289, 294 = SozR 4-2500 § 137c Nr 1 - Colon-Hydro-Therapie).
Diese Erwägungen und Initiativen würden den Anspruch der Klägerin bei Annahme einer erforschbaren Krankheit letztlich nicht
stützen können. Sie könnten zwar dazu führen, dass die gerichtliche Kontrolle des krankenversicherungsrechtlichen Erlaubnisvorbehalts
für neue Behandlungsmethoden auf seltene Erkrankungen besondere Rücksicht nimmt oder der Leistungsausschluss für den Off-Label-Use
von in Deutschland verkehrsfähigen Medikamenten weiter gelockert wird. Abstriche am strengen arzneimittelrechtlichen Verkehrsverbot
für national nicht zugelassene Arzneimittel sind in diesen Vorschlägen jedoch nicht enthalten. Auf der Zulassungsebene wird
auch europarechtlich nur mit Anreizen zur (schnelleren) Erforschung von Therapiemöglichkeiten für seltene Krankheiten operiert,
um dadurch Zulassungsverfahren für dringend benötigte Medikamente zu erleichtern oder erst zu ermöglichen; Hinweise auf eine
beabsichtigte Lockerung der wissenschaftlichen Anforderungen an Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der zuzulassenden
Arzneimittel sind demgegenüber nicht erkennbar. Unter diesen Umständen sieht der Senat im Fall der Klägerin keinen Anlass,
von den im Urteil vom 18. Mai 2004 (B 1 KR 21/02 R - Immucothel(r) - zur Veröffentlichung bestimmt) aufgestellten Grundsätzen abzuweichen. Darin sieht er sich durch den Gesichtspunkt
der Arzneimittelsicherheit bestärkt, der bei der Verabreichung von ungeprüften Medikamenten an Kinder aus den bereits dargestellten
Gründen besondere Beachtung verdient.
Im Ergebnis muss das LSG nach alledem für die abschließende Beurteilung der Leistungspflicht der Beklagten für die am 12.
Juli 2000 durchgeführte PDT mit Verteporfin vor allem dem Seltenheitsgrad der Erkrankung der Klägerin nachgehen und in entsprechende
Ermittlungen eintreten. In einer abschließenden Entscheidung wird das LSG auch über die Kosten des jetzigen Revisionsverfahrens
zu befinden haben.