Nichtzulassungsbeschwerde
Kostenprivilegierung als Sonderrechtsnachfolger
Feststellungsbegehren ohne weitergehende Verpflichtungs- oder Leistungsklage
Rechtsnachfolge in spezielle Einzelansprüche
1. Eine Kostenprivilegierung als Sonderrechtsnachfolger gemäß §
183 Satz 1
SGG setzt nach dem Wortlaut des ausdrücklich in Bezug genommenen §
56 Abs.
1 Satz 1
SGB I voraus, dass Streitgegenstand fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen sind.
2. Dem genügt ein geltend gemachtes Feststellungsbegehren ohne weitergehende Verpflichtungs- oder Leistungsklage selbst dann
nicht, wenn damit die eigenen Ansprüche als Hinterbliebene vorbereitet würden.
3. Denn die Vorbereitung möglicher Ansprüche durch mögliche Sonderrechtsnachfolger kann nicht der tatsächlichen Leistung auf
der Grundlage eines fälligen Anspruchs gleichgesetzt werden.
4. Die Sonderrechtsnachfolge beschränkt sich auf die Rechtsnachfolge in spezielle Einzelansprüche.
5. Das Rechtsinstitut soll im Sinne einer Gewährleistung der mittelbaren unterhaltsrechtlichen Funktion des Sozialleistungsanspruchs
die Lebensverhältnisse sicherstellen, die bestanden hätten, wenn die entsprechende Leistung rechtzeitig erbracht worden wäre.
Gründe:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist unzulässig.
Die Klägerin hat entgegen §
160a Abs
2 Satz 3
SGG den von ihr allein geltend gemachten Zulassungsgrund des Vorliegens von Verfahrensmängeln, auf denen die angefochtene Entscheidung
beruhen kann (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG), nicht hinreichend bezeichnet. Die Beschwerde ist daher ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zu verwerfen
(§
160a Abs
4 Satz 1 Halbs 2 iVm §
169 SGG).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbs 2
SGG; zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit einer solchen Verfahrensweise vgl BVerfG vom 8.12.2010 - 1 BvR 1382/10 - NJW 2011, 1497).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
154 Abs
2 Verwaltungsgerichtsordnung. Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in §
183 SGG genannten Personen, werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) erhoben. Dies ist hier der Fall. Die Klägerin und auch die Beklagte sind nicht gemäß §
183 SGG privilegiert. Nach §
183 Satz 1
SGG ist das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger,
behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach §
56 des Ersten Buchs Sozialgesetzbuch (
SGB I) kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Die Klägerin ist nicht
in ihrer Eigenschaft als Leistungsempfängerin am Rechtsstreit beteiligt, denn sie macht in dem Rechtsstreit keinen Anspruch
als Leistungsempfängerin oder Hinterbliebenenleistungsempfängerin geltend, sondern begehrt als Rechtsnachfolgerin des potentiellen
Leistungsempfängers (des Versicherten) die Feststellung, dass bei dem Versicherten eine Berufskrankheit (BK) nach Nr 2108
der Anlage 1 zur
Berufskrankheitenverordnung vorlag, ohne dass ein Fall der Sonderrechtsnachfolge (§
56 SGB I) vorliegt.
Eine Kostenprivilegierung als Sonderrechtsnachfolger gemäß §
183 Satz 1
SGG setzt nach dem Wortlaut des ausdrücklich in Bezug genommenen §
56 Abs
1 Satz 1
SGB I voraus, dass Streitgegenstand fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen sind. Dem genügt das zuletzt von der Klägerin
geltend gemachte Feststellungsbegehren ohne weitergehende Verpflichtungs- oder Leistungsklage selbst dann nicht, wenn damit
die eigenen Ansprüche als Hinterbliebene vorbereitet würden. Denn die Vorbereitung möglicher Ansprüche durch mögliche Sonderrechtsnachfolger
kann nicht der tatsächlichen Leistung auf der Grundlage eines fälligen Anspruchs gleichgesetzt werden. Die Sonderrechtsnachfolge
beschränkt sich auf die Rechtsnachfolge in spezielle Einzelansprüche (vgl Reichel, Zur Sonderrechtsnachfolge von Todes wegen
in den §§ 56 ff Sozialgesetzbuch, Allgemeiner Teil, 1987, S 68). Das Rechtsinstitut soll im Sinne einer Gewährleistung der
mittelbaren unterhaltsrechtlichen Funktion des Sozialleistungsanspruchs die Lebensverhältnisse sicherstellen, die bestanden
hätten, wenn die entsprechende Leistung rechtzeitig erbracht worden wäre. Mithin fehlt es an einer Rechtfertigung für eine
kostenrechtliche Privilegierung, wenn - wie hier - lediglich die Feststellung eines Versicherungsfalls begehrt wird (Berchtold/Trésoret,
NZS 2014, 241, 244). Auch die Entstehungsgeschichte des §
183 Satz 1
SGG zeigt, dass der vollständige Verweis auf §
56 SGB I, der in jener Norm zitiert wird, dem Willen des Gesetzgebers entsprach (Berchtold/Trésoret, NZS 2014, 241, 243 f; vgl BT-Drucks 14/5943 S 28; siehe auch bereits BSG vom 17.11.2015 - B 2 U 119/15 B). Soweit aus dem Ergebnis der Entscheidung des Senats vom 12.1.2010 (B 2 U 21/08 R - SozR 4-2700 § 63 Nr 6) andere Schlüsse gezogen werden könnten (vgl auch LSG Niedersachsen-Bremen vom 25.8.2011 - L 14 U 199/08), wird hieran ausdrücklich nicht mehr festgehalten (vgl BSG vom 27.10.2016 - B 2 U 45/16 B - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).
Es liegt auch kein Fall des §
183 Satz 2
SGG vor. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger, wie hier die Klägerin, das Verfahren auf, bleibt das Verfahren nur in dem Rechtszug
kostenfrei. Der Versicherte verstarb bereits im Januar 2016 während des Berufungsverfahrens, sodass eine Privilegierung der
Klägerin für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ausscheidet.
Die Festsetzung des Streitwerts auf 5000 Euro beruht auf §
197a Abs
1 SGG iVm §
47 Abs
1 Satz 1, Abs 3, § 52 Abs 1 und 2 iVm § 63 Abs 2 Satz 1 GKG. Nach § 52 Abs 1 GKG ist in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der
sich aus dem Antrag der Klägerin für sie ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Streitgegenstand ist die
Anerkennung einer Erkrankung des Versicherten als BK. Bei Anerkennung sind verschiedene Leistungen an die Klägerin denkbar,
deren Höhe derzeit nicht bezifferbar ist. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts - wie hier -
keine genügenden Anhaltspunkte, ist daher der Auffangstreitwert iHv 5000 Euro gemäß § 52 Abs 2 GKG maßgebend (vgl BSG vom 27.10.2016 - B 2 U 45/16 B - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).