Anerkennung einer Erkrankung als Berufskrankheit nach Nr 2108 BKVO
Gründe:
I
Der Kläger begehrt von der beklagten Unfallkasse die Anerkennung seiner Erkrankung der Lendenwirbelsäule (LWS) als Berufskrankheit
(BK) Nr 2108 und die Gewährung einer Verletztenrente.
Der im Jahre 1943 geborene Kläger war zunächst als Schreiner und ab dem Jahre 1971 in der Ausbildung sowie anschließend als
Krankenpfleger beschäftigt. In dem aufgrund einer ärztlichen Anzeige über eine BK wegen der Rückenschmerzen des Klägers von
der Beklagten im Jahre 1993 eingeleiteten BK-Feststellungsverfahren bejahte deren Präventionsabteilung für die Jahre 1976
bis 1991 das Vorliegen der so genannten arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK Nr 2108, für die Zeit danach wurden sie
verneint. Nach Einholung mehrerer ärztlicher Gutachten und Stellungnahmen lehnte die Beklagte die Anerkennung der BK Nr 2108
beim Kläger ab, weil die medizinischen Voraussetzungen nicht erfüllt seien (Bescheid vom 6. November 1998, Widerspruchsbescheid
vom 9. Juli 1999).
Das Sozialgericht Darmstadt (SG) hat nach Einholung eines radiologischen Gutachtens die Klage abgewiesen (Urteil vom 13. Februar 2001). Das Hessische Landessozialgericht
(LSG) hat nach Einholung eines orthopädischen Gutachtens die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 28. März 2003) und zur Begründung
im Wesentlichen ausgeführt: Zwar lägen beim Kläger die so genannten arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK Nr 2108 vor
und er leide auch an einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS, jedoch könne nicht davon ausgegangen werden, dass der
notwendige Kausalzusammenhang zwischen Berufstätigkeit und Erkrankung bestehe. Das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen
rechtfertige keinen Anscheinsbeweis in dem Sinne, dass damit auch vom Vorliegen des Kausalzusammenhangs zwischen der Einwirkung
und der Erkrankung auszugehen sei. Da die Verursachung bandscheibenbedingter Erkrankungen der LWS vielgestaltig und die berufliche
Einwirkung nur einer unter vielen denkbaren anderen Kausalfaktoren sei, bedürfe es stets einer individuellen Abwägung im Einzelfall.
Bei dieser Abwägung müsse mehr für als gegen den Zusammenhang sprechen, die bloße Möglichkeit genüge nicht. Die berufliche
Verursachung der LWS-Erkrankung sei nicht schon dann anzunehmen, wenn anlagebedingte bzw außerberufliche Ursachen nicht sicher
identifiziert werden könnten. Vielmehr sei der Ursachenzusammenhang positiv festzustellen und zu begründen.
Unter Bezugnahme auf Literaturstellen werden als wesentliche Kriterien für die Beurteilung des Ursachenzusammenhangs angesehen:
Das Krankheitsbild, insbesondere ein belastungskonformes von oben nach unten zunehmendes Schadensbild, konstitutionelle Veranlagungen
bzw konkurrierende Erkrankungen, die Eignung der Einwirkung unter Berücksichtigung ihrer Begleitumstände zur Verursachung
der Erkrankung, die zeitliche Korrelation zwischen beruflicher Belastung und Erkrankungsverlauf. Nach diesen Grundsätzen könne
aufgrund des eingeholten Sachverständigengutachtens beim Kläger eine wesentlich beruflich verursachte Schädigung der LWS nicht
festgestellt werden. Der Kläger leide zwar an einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS, ohne dass eine konkurrierende
Ursache erkennbar sei. Es fehle jedoch die zeitliche Belastungskonformität des Schadens, also ein wenigstens zehnjähriges
Intervall zwischen dem Beginn der beruflichen Belastung und dem Auftreten der Bandscheibensymptomatik. Obwohl die berufliche
Belastung im Jahre 1991 geendet habe, habe sich die Bandscheibendegeneration kontinuierlich weiter fortgesetzt. Nach Abwägung
sei der Sachverständige - für den Senat überzeugend - zu dem Schluss gekommen, dass mehr für eine degenerative Erkrankung
spreche als für eine aufgrund der beruflichen Belastung. Die vom Kläger eingewandte Ausübung belastender Tätigkeiten seit
1971 ändere nichts daran, dass das Erfordernis des 10-Jahresintervalls angesichts der Arbeitsunfähigkeit im Jahre 1968 und
der Beschwerden im Jahre 1977 nicht erfüllt sei.
Mit seiner Revision rügt der Kläger: Das LSG habe sein Urteil entscheidungserheblich auf das Erfordernis eines 10-Jahresintervalls
zwischen dem Beginn der beruflichen Belastung und dem Auftreten der Bandscheibensymptomatik gestützt. Mit einem solchen Ausschlussgrund
eines 10-Jahresintervalls für die Annahme einer BK Nr 2108 habe es einen allgemeinen Erfahrungssatz aufgestellt, der nicht
existiere (Hinweis auf BSG SozR 3-2200 § 581 Nr 8, § 551 Nr 16). Zudem habe es eine innere Ursache für das Entstehen der LWS-Erkrankung
angenommen, ohne dass die Grundlagen einer inneren Erkrankung im Sinne des Vollbeweises erbracht seien. Das weitere Fortschreiten
der LWS-Erkrankung nach dem Jahre 1991 stehe seinem Anspruch nicht entgegen, weil es keinen entsprechenden allgemeinen Erfahrungssatz
gebe.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. März 2003 und des Sozialgerichts Darmstadt vom 13. Februar 2001 aufzuheben
und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 6. November 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juli
1999 zu verurteilen, bei ihm eine Berufskrankheit Nr 2108 der Anlage zur
Berufskrankheiten-Verordnung anzuerkennen und ihm eine Verletztenrente in Höhe von 20 vH ab 19. Juli 1993 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II
Die Revision des Klägers ist insoweit begründet, als das angefochtene Urteil des LSG vom 28. März 2003 aufzuheben und die
Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist. Die vom LSG festgestellten Tatsachen reichen
für eine abschließende Entscheidung über die vom Kläger geltend gemachte Anerkennung und Entschädigung seiner Erkrankung der
LWS als BK Nr 2108 nicht aus.
Als Rechtsgrundlage für die Anerkennung der umstrittenen BK kommen in Abhängigkeit von den noch zu treffenden Tatsachenfeststellungen,
zB zum Zeitpunkt der Aufgabe aller belastenden Tätigkeiten (vgl BSG SozR 3-5670 Anl 1 Nr 2108 Nr 2), der bis zum 31. Dezember
1996 geltende § 551 der
Reichsversicherungsordnung (
RVO) oder für die Zeit danach der ihn aufgrund des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes vom 7. August 1996 (BGBl I 1254) ablösende
§
9 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB VII) in Betracht, die sich jedoch hinsichtlich der hier relevanten Regelungsinhalte nicht unterscheiden. Denn die BK Nr 2108
ist durch Art 1 Nr 4 der Zweiten Verordnung zur Änderung der
Berufskrankheiten-Verordnung vom 18. Dezember 1992 (BGBl I 2343) eingeführt und mit derselben Umschreibung in die Anlage der bis heute geltenden
Berufskrankheiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997 (BGBl I 2623) übernommen worden.
Für die Anerkennung einer Erkrankung als BK Nr 2108 müssen folgende Tatbestandsmerkmale gegeben sein: Der Versicherte muss
infolge seiner versicherten Tätigkeit langjährig schwere Lasten gehoben oder getragen bzw in extremer Rumpfbeugehaltung gearbeitet
haben. Bei ihm muss eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS vorliegen, die aufgrund dieser versicherten Tätigkeit entstanden
ist. Die Erkrankung muss den Zwang zum Unterlassen aller gefährdenden Tätigkeiten herbeigeführt haben und der Versicherte
darf tatsächlich keine solche Tätigkeit mehr ausüben.
Nach den für den Senat bindenden (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes >SGG<) tatsächlichen Feststellungen des LSG leidet der
Kläger an einer bandscheibenbedingten Erkrankung seiner LWS und auch eine Einwirkung durch schweres Heben oder Tragen im Sinne
der BK Nr 2108 aufgrund der versicherten Tätigkeit ist gegeben, da das LSG das Vorliegen der so genannten arbeitstechnischen
Voraussetzungen der BK Nr 2108 für die Jahre 1976 bis 1991 bejaht hat. Zum Tatbestandsmerkmal Unterlassungszwang hat das LSG
- von seinem Standpunkt aus zu Recht - keine Ausführungen gemacht, da es angenommen hat, dass der erforderliche Zusammenhang
zwischen der Einwirkung und der Erkrankung beim Kläger nicht festgestellt werden könne.
Für die Beurteilung des Zusammenhangs zwischen versicherter Einwirkung und Erkrankung gilt bei einer BK ebenso wie beim Arbeitsunfall
die Theorie der wesentlichen Bedingung, denn der Ursachenbegriff im BK-Recht kann kein anderer sein als im allgemeinen Recht
des Arbeitsunfalls (so schon BSGE 2, 178, 181; BSG vom 28. Juni 1991 - 2 RU 59/90; BSG vom 22. März 1983 - 2 RU 22/81). Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung genügt abweichend von einer naturwissenschaftlich-philosophischen Kausalitätsbetrachtung
nach der Bedingungs- oder Äquivalenztheorie ("conditio-sine-qua-non") nicht jedes Glied in einer Ursachenkette, um die Verursachung
zu bejahen, weil dies zu einem unendlichen Ursachenzusammenhang führt. Als kausal und im Sozialrecht erheblich werden vielmehr
nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zu dem Gesundheitsschaden zu dessen Eintritt "wesentlich"
beigetragen haben. Das heißt, dass nicht jeder Gesundheitsschaden, der durch ein Ereignis naturwissenschaftlich verursacht
wird, im Sozialrecht als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer BK anerkannt wird, sondern nur derjenige, der "wesentlich"
durch das Ereignis verursacht wurde. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen
Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Gesundheitsschadens abgeleitet werden (so schon BSGE 1,
72, 76; 1, 150; 13, 175).
Was den anzuwendenden Beweismaßstab anbelangt, gelten für das Vorliegen des Ursachenzusammenhangs verminderte Anforderungen.
Während für die Grundlagen der Ursachenbeurteilung - versicherte Tätigkeit, Einwirkung, Erkrankung - eine an Gewissheit grenzende
Wahrscheinlichkeit erforderlich ist, genügt für den Zusammenhang zwischen Einwirkung und Erkrankung aufgrund der mit der zumeist
medizinischen Beurteilung dieses Zusammenhangs bestehenden tatsächlichen Schwierigkeiten eine hinreichende Wahrscheinlichkeit
(BSGE 19, 52; 32, 203, 209; 45, 285, 287). Diese liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die für den wesentlichen Ursachenzusammenhang
sprechenden so stark überwiegen, dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann und ernste Zweifel ausscheiden;
die bloße Möglichkeit einer wesentlichen Verursachung genügt nicht (BSG SozR Nr 41 zu §
128 SGG; BSG SozR Nr 20 zu § 542
RVO aF; BSGE 19, 52, 56; BSG SozR 3-1300 § 48 Nr 67).
Soweit das LSG zunächst ausgeführt hat, das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK Nr 2108 rechtfertige keinen
Anscheinsbeweis in dem Sinne, dass damit auch vom Vorliegen des Zusammenhangs zwischen Einwirkung und Erkrankung auszugehen
sei, entspricht dies der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 18. November 1997 - 2 RU 48/96 -, SGb 1999, 39 ff) und findet - erneut - seine Begründung in den vom LSG festgestellten verschiedenen Verursachungsmöglichkeiten für diese
Erkrankung.
Zur Beurteilung des Ursachenzusammenhangs zwischen Einwirkung und Erkrankung bei der BK Nr 2108 hat das LSG ua ausgeführt,
die Verursachung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS sei vielgestaltig und die berufliche Einwirkung nur eine unter
vielen denkbaren anderen Kausalfaktoren. Der Ursachenzusammenhang sei positiv festzustellen und zu begründen und es bedürfe
stets einer individuellen Abwägung im Einzelfall. Bei dieser Abwägung müsse mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang sprechen,
die bloße Möglichkeit genüge nicht. Unter Bezugnahme auf verschiedene Literaturstellen (ua Schönberger/Mehrtens/Valentin,
Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 6. Aufl 1998, S 535 ff; Becker, SGb 2000, 116, 121) werden als wesentliche Kriterien für die Beurteilung des Ursachenzusammenhangs angesehen: Das Krankheitsbild, insbesondere
ein belastungskonformes von oben nach unten zunehmendes Schadensbild, das Vorliegen von konstitutionellen Veranlagungen bzw
konkurrierenden Erkrankungen, die Eignung der Einwirkung unter Berücksichtigung ihrer Begleitumstände zur Verursachung der
Erkrankung, eine zeitliche Korrelation zwischen beruflicher Belastung und Erkrankungsverlauf. Gleichmäßig verteilte degenerative
Veränderungen an der gesamten Wirbelsäule sprächen gegen den Ursachenzusammenhang. Gegen diese im Wesentlichen tatrichterlichen
Überlegungen sind von den Beteiligten keine Einwände erhoben worden.
Zu Recht wendet sich der Kläger jedoch gegen die Annahme des LSG, ein Zusammenhang zwischen den im Tatbestand der BK Nr 2108
genannten beruflichen Einwirkungen (Heben und Tragen schwerer Lasten oder Arbeit in extremer Rumpfbeugehaltung) und Bandscheibenschäden
könne nur anerkannt werden, wenn zwischen dem Beginn der Einwirkungen und der erstmaligen Manifestation der bandscheibenbedingten
Erkrankung ein Zeitraum von mindestens zehn Jahren liege. Wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 22. Juni 2004
- B 2 U 22/03 R), gibt es keinen medizinischen Erfahrungssatz des Inhalts, dass schwere körperliche Belastungen am Arbeitsplatz nur dann
generell geeignet sind, eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS herbeizuführen, wenn sie wenigstens zehn Jahre lang angehalten
haben. Ebenso wenig ist aus den vom LSG zitierten Literaturstellen oder den im Prozess eingeholten Gutachten zu ersehen, dass
nach dem aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse ein Zehn-Jahres-Intervall zwischen Tätigkeitsaufnahme und ersten Beschwerden
zu fordern ist, wenn die berufliche Tätigkeit als Krankheitsursache in Betracht kommen soll. Einschlägige Erfahrungssätze
können insbesondere nicht dem vom früheren Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung herausgegebenen "Merkblatt für die
ärztliche Untersuchung zu Nr 2108" (BArbBl 3/1993, 50 ff) entnommen werden, das als Hilfsmittel für die ärztliche Untersuchung
gedacht ist, aber weder rechtliche Verbindlichkeit beansprucht noch zwingend den neuesten medizinisch-wissenschaftlichen Forschungsstand
wiedergibt (Senatsurteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 22/03 R).
Das LSG hat seine abweisende Entscheidung zwar nicht allein mit dem Fehlen eines zehnjährigen Intervalls zwischen dem Beginn
der beruflichen Belastung und dem Auftreten der klinischen und röntgenologischen Bandscheibensymptomatik, sondern auch mit
Erwägungen zu einer möglichen inneren Ursache der Bandscheibenschäden sowie mit dem Fortschreiten der Erkrankung nach dem
Wegfall der beruflichen Belastungen im Jahr 1991 begründet. Ob diese Überlegungen allein die Entscheidung tragen oder ob sie
im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der nach Auffassung des Gerichts gegen einen ursächlichen Zusammenhang sprechenden Gesichtspunkte
nur unterstützend herangezogen wurden, lässt sich den Urteilsgründen aber nicht mit hinreichender Sicherheit entnehmen, sodass
der Senat unbeschadet der auch insoweit erhobenen Revisionsrügen über die Klage nicht selbst abschließend entscheiden kann.
Vielmehr ist das angefochtene Urteil insgesamt aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung gemäß §
170 Abs
2 Satz 2
SGG an das LSG zurückzuverweisen, um die noch erforderlichen Tatsachenfeststellungen nachzuholen.
Vor seiner erneuten Entscheidung wird das LSG, wenn es nicht eine Gesamtbetrachtung aller von ihm aufgeführten Kriterien seiner
Entscheidung zugrunde legen will, zu ermitteln haben, ob es gesicherte medizinische Erkenntnisse darüber gibt, innerhalb welcher
Zeit sich eine bandscheibenbedingte Erkrankung aufgrund von körperlichen Belastungen im Sinne der BK Nr 2108 frühestens entwickeln
kann und welcher zeitliche Abstand zwischen Arbeitsbeginn und erstmaligem Auftreten von Krankheitssymptomen deshalb für einen
Ursachenzusammenhang mindestens gegeben sein muss. Anschließend wäre zu prüfen, ob dieser Mindestzeitraum im Fall des Klägers
erreicht ist oder nicht.
Hinsichtlich der weiteren im angefochtenen Urteil angestellten Kausalitätserwägungen ist auf Folgendes hinzuweisen: Es kann
nicht festgestellt werden, dass das LSG in seinem Urteil von einem allgemeinen Erfahrungssatz ausgegangen ist, dass bei einer
BK Nr 2108 ebenso wie bei der BK Nr 2301 die durch die versicherte Einwirkung verursachte Erkrankung nach dem Ende der Einwirkung
nicht mehr fortschreite. Das LSG führt vielmehr nur aus, der zeitliche Verlauf nach dem Ende der beruflichen Belastung weise
ebenso wie das frühzeitige Auftreten der Bandscheibenschäden darauf hin, dass berufsunabhängige endogene Langzeitfaktoren
das Krankheitsgeschehen maßgeblich bestimmt hätten (Urteil des LSG Seite 11 obere Hälfte). Diese Aussage des LSG beinhaltet
nicht, dass es zur BK Nr 2108 einen allgemeinen Erfahrungssatz über das Fortschreiten der Erkrankung nach dem Ende der Einwirkung
aufgestellt hätte. Bei den genannten Ausführungen handelt es sich vielmehr um einen Gesichtspunkt bei der anzustellenden individuellen
Abwägung. In der Sache ist darauf hinzuweisen, dass es an einer Begründung für einen derartigen allgemeinen Erfahrungssatz
ebenfalls fehlt und im Übrigen zu beachten ist, dass der Kläger nach den Feststellungen des LSG auch noch nach dem Jahre 1991
als Krankenpfleger tätig war, wenn auch nicht in der Art, dass es die berufliche Einwirkung im Sinne der BK Nr 2108 als erfüllt
ansah.
Innere Ursachen dürfen bei BKen ebenso wie bei Arbeitsunfällen nur in die Ursachenbeurteilung und -abwägung miteinbezogen
werden, wenn sie mit einer an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit feststehen (stRspr des BSG: BSGE 45, 285, 286 = SozR 2200 § 548 Nr 38 für eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit; BSGE 61, 127, 129 f = SozR 2200 § 548 Nr 84 wonach die nicht auszuräumende - bloße - Möglichkeit einer inneren Ursache die Bejahung eines
Arbeitsunfalls nicht ausschließt, die innere Ursache muss sicher feststehen, um in den Abwägungsprozess mit einbezogen zu
werden; BSG vom 24. Februar 1988 - 2 RU 30/87 Sturz einer Verkäuferin mit Anfallsleiden; SozR 3-2200 § 548 Nr 11, 14; vgl zur Literatur nur Krasney in: Brackmann, Handbuch
der Sozialversicherung, Stand Januar 2004, § 8 RdNr 335). Selbst bei ungeklärter Ätiologie von Erkrankungen führt der erforderliche
Beweis der alternativen körpereigenen Kausalfaktoren nicht zu einer Umkehr der Beweislast (so die Sorge von Koch in: Lauterbach,
Gesetzliche Unfallversicherung, Stand November 2003, § 9 RdNr 126 f), weil aus dem Vorliegen einer bestimmten Einwirkung nicht
automatisch im Sinne zB eines Anscheinsbeweises auf die berufliche Verursachung einer Erkrankung geschlossen werden kann.
Sind in einem Fall die verschiedenen und gegebenenfalls nach der Theorie der wesentlichen Bedingung abzuwägenden naturwissenschaftlich-philosophischen
Ursachen zunächst unklar, so sind - wie bei einem Arbeitsunfall - besondere Anstrengungen zur Ermittlung des Ursachenzusammenhangs
notwendig (BSGE 61, 127, 129 = SozR 2200 § 548 Nr 84). Vorliegend kann indessen nicht festgestellt werden, dass das LSG eine nicht festgestellte
innere Ursache in die Abwägung miteinbezogen habe. Es hat nur ausgeführt, die berufliche Verursachung sei nicht schon anzunehmen,
wenn anlagebedingte bzw außerberufliche Ursachen nicht sicher identifiziert werden. Dies entspricht den obigen Grundsätzen,
nach denen es keine automatische Bejahung des Ursachenzusammenhangs nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zwischen Einwirkung
und Erkrankung beim Fehlen konkurrierender Ursachen gibt.
Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.