Anerkennung eines Unfalls beim Handballtraining als Arbeitsunfall in der gesetzlichen Unfallversicherung bei Vorliegen eines
unentgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses
Gründe:
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der bei einem Handballtraining erlittene Unfall der Klägerin ein Arbeitsunfall ist.
Die 1981 geborene Klägerin übte eine Vollzeitbeschäftigung aus, neben der sie als Handballspielerin der ersten Damenmannschaft
des Sportvereins A. (SVA) in der 2. Bundesliga spielte. Sie war Vereinsmitglied des SVA, zahlte den Mitgliedsbeitrag und nahm
am Trainings- und Spielbetrieb teil. Die Klägerin schloss mit dem SVA jeweils jährlich neu einen Vertrag für eine Spielsaison,
der der Handball-Bundesliga-Vereinigung Frauen eV angezeigt wurde. Die Klägerin verpflichtete sich darin ua, in der 2. Handball-Bundesliga
unentgeltlich für den SVA Handball zu spielen, wobei ihr ein jährlicher Urlaub gemäß den gesetzlichen Bestimmungen eingeräumt
wurde, den sie im Einvernehmen mit dem für den Spielbetrieb Verantwortlichen nehmen konnte.
Der beigeladene Handball-Sportmanagement-A. (HSA) betrieb das Management der ersten Damenhandballmannschaft des SVA. Die Klägerin
war nicht Mitglied des HSA. Sie schloss mit dem HSA ebenfalls einen Vertrag, der sich jeweils um ein Jahr verlängerte. In
diesem Vertrag verpflichtete sich die Klägerin ua, ihre sportliche Leistungsfähigkeit für den HSA einzusetzen, alles zu tun,
die Leistungsfähigkeit zu erhalten und zu steigern und am Training und allen Vereinsspielen und Lehrgängen des SVA teilzunehmen.
Weiterhin verpflichtete sich die Klägerin gegenüber dem beigeladenen HSA, im Falle einer durch den Handballsport eingetretenen
Erkrankung oder Verletzung, sich bei einem vom Beigeladenen zu benennenden Arzt unverzüglich vorzustellen sowie sich den angeordneten
sportmedizinischen und sporttherapeutischen Maßnahmen zu unterziehen und an Reisen im In- und Ausland teilzunehmen, für die
der Beigeladene auch das zu benutzende Verkehrsmittel bestimmte. Schließlich hatte sie an Veranstaltungen des Beigeladenen
zum Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit mitzuwirken, bei denen sie die von dem Beigeladenen gestellte Kleidung tragen musste.
Anderweitige Werbung war der Klägerin untersagt. Sie übertrug dem Beigeladenen vielmehr die Verwertung ihrer im Zusammenhang
mit der Ausübung des Handballsports stehenden Persönlichkeitsrechte und hatte jederzeit ihr Autogramm für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit
zu leisten bzw verarbeiten zu lassen. Die aus Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit und Werbung erzielten Erlöse standen ausschließlich
dem Beigeladenen zu. Der Beigeladene verpflichtete sich, der Klägerin eine Aufwandsentschädigung, insbesondere Fahrtkostenersatz,
in Höhe von jährlich maximal 7950 Euro zu zahlen. Die Klägerin erhielt für Fahrtkosten vom Beigeladenen 0,30 Euro je km.
Das Handballtraining fand dreimal wöchentlich von 19.00 Uhr bis 21.00 Uhr statt. Im Mannschaftstraining am 29.1.2009 wurde
die Klägerin vom Ellenbogen einer Mitspielerin im Gesicht getroffen, wodurch sie eine Verletzung am linken Schneidezahn mit
Nervschädigung und Abriss der Wurzel erlitt. Die beklagte Berufsgenossenschaft lehnte mit Bescheid vom 25.11.2009 die Anerkennung
dieses Ereignisses als Arbeitsunfall und die Erbringung von Leistungen ab und wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid
vom 27.5.2010 zurück. Das SG Reutlingen hat die dagegen gerichtete Klage mit Gerichtsbescheid vom 18.2.2013 abgewiesen, weil
die Klägerin nicht als Beschäftigte oder wie eine Beschäftigte tätig geworden und damit nicht in der Unfallversicherung versichert
gewesen sei. Die persönliche Abhängigkeit der Klägerin habe allein auf den mitgliedschaftlichen Verpflichtungen beruht, wie
sie jedes Mitglied einer Handballmannschaft typischerweise träfen. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit der Klägerin habe nicht
vorgelegen.
Das LSG Baden-Württemberg hat auf die Berufung der Klägerin unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung die angefochtenen
Bescheide aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Unfall der Klägerin als Arbeitsunfall festzustellen (Urteil vom 13.12.2013).
Im Übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Berufung des Beigeladenen als unzulässig verworfen. Zur
Begründung hat das LSG ausgeführt, die Klägerin habe den Unfall während einer versicherten Tätigkeit als Beschäftigte erlitten.
Das Handballspielen der Klägerin sei von den Vertragsbeziehungen zum SVA und zum Beigeladenen geprägt gewesen. Die Sparte
"Handball" im SVA sei organisatorisch gesondert gegliedert gewesen und habe dem Beigeladenen oblegen, der auch vom SVA auf
ihn übertragene merkantile Interessen verfolgt habe. Unfallversicherungsschutz als Beschäftigte setze nicht die Zahlung eines
Entgeltes voraus. Auch die Vereinsmitgliedschaft im SVA stehe der Annahme einer Beschäftigung nicht entgegen, weil die Klägerin
als Leistungssportlerin in einem Maße in den SVA eingebunden gewesen sei, das deutlich über das von normalen Vereinsmitgliedern
geschuldete Verhalten hinausgegangen sei.
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung des §
2 Abs
1 Nr
1, §
8 Abs
1 SGB VII und §
7 Abs
1 SGB IV. Die Klägerin sei während des Handballtrainings weder als Beschäftigte noch wie eine Beschäftigte versichert gewesen. Sie
habe als Vereinsmitglied des SVA im Rahmen ihres mitgliedschaftlichen Engagements trainiert. Die rechtlichen Beziehungen zu
dem beigeladenen HSA stellten keinen Arbeitsvertrag, sondern eine besondere vertraglich-persönliche Bindung einer Hochleistungssportlerin
dar, die bis in das Privatleben hinein reiche und sich auf eine lediglich sportliche, dem Arbeitsleben nicht zurechenbare
Tätigkeit beziehe. Darüber hinaus bedürfe es im Bereich des Sports für die Annahme einer Beschäftigung generell einer Entgeltzahlung,
die hier weder vereinbart noch erfolgt sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 13.12.2013 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des
SG Reutlingen vom 18.2.2013 insgesamt zurückzuweisen.
Die Klägerin und der Beigeladene beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie halten das Urteil des LSG für zutreffend.
II
Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Das LSG hat im Ergebnis zu Recht die Beklagte verpflichtet, den am 29.1.2009
beim Handballtraining erlittenen Unfall der Klägerin als Arbeitsunfall festzustellen, denn die Klägerin hat einen Arbeitsunfall
als Beschäftigte des Beigeladenen erlitten.
Nach §
8 Abs
1 Satz 1
SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§
2,
3 oder 6
SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach §
8 Abs
1 Satz 2
SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.
Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen
Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes,
von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv
und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 16/11 R - BSGE 111, 52 = SozR 4-2700 § 2 Nr 21, RdNr 10 mwN, vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 44 RdNr 26 f, vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 20, vom 18.6.2013 - B 2 U 10/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 47 RdNr 12, vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 27 RdNr 11, vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 52 RdNr 11 und vom 4.12.2014 - B 2 U 10/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2700 § 2 Nr 32 vorgesehen, Juris RdNr 11; vgl zuletzt ua BSG vom 4.12.2014 - B 2 U 13/13 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 2 Nr 31 vorgesehen, Juris RdNr 11). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Die Verrichtung unmittelbar vor dem Unfallereignis - die Teilnahme am Training der Handballmannschaft - hat den Stoß mit dem
Ellenbogen einer Mitspielerin in das Gesicht der Klägerin und damit einen Unfall und dieser hat eine Verletzung des linken
Schneidezahns mit Zahnnervschädigung und Wurzelabriss und damit einen Gesundheitserstschaden rechtlich wesentlich verursacht.
Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar und (subjektiv)
- zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist (sog Handlungstendenz
- vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 21 f, vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 52 RdNr 14 und vom 4.12.2014 - B 2 U 14/13 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 30 RdNr 12). Bei ihrer Tätigkeit war die objektivierte Handlungstendenz der Klägerin auf die Erfüllung
des gesetzlichen Versicherungstatbestands als Beschäftigte iS des §
2 Abs
1 Nr
1 SGB VII gerichtet, denn mit der Teilnahme am Handballtraining am 29.1.2009 erfüllte die Klägerin eine dem Beigeladenen gegenüber
bestehende Hauptpflicht aus einem Beschäftigungsverhältnis.
Bei Vornahme der Verrichtung des Handballtrainings war die Klägerin nach Überzeugung des Senats jedenfalls als Beschäftigte
des Beigeladenen iS des §
2 Abs
1 Nr
1 SGB VII versichert (sogleich unter 1.) Ob darüber hinaus auch ein Beschäftigungsverhältnis mit dem SVA bestand, wovon offenbar das
LSG ausging, kann der Senat insoweit offenlassen (hierzu unter 2.).
1. Eine nach §
2 Abs
1 Nr
1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigte liegt vor, wenn die Verletzte zur Erfüllung eines von ihr begründeten Rechtsverhältnisses,
insbesondere eines Arbeitsverhältnisses, eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen (vgl §
7 Abs
1 SGB IV) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse ihrer Verrichtung diesem und nicht ihr selbst unmittelbar zum Vorteil oder
Nachteil gereichen (vgl §
136 Abs
3 Nr
1 SGB VII). Es kommt objektiv auf die Eingliederung des Handelns der Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf
die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen
des anderen bringen soll. Eine Beschäftigung iS des §
2 Abs
1 Nr
1 SGB VII wird daher ausgeübt, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, entweder eine eigene objektiv
bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zu Grunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, oder die Verletzte eine objektiv
nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern sie nach
den besonderen Umständen ihrer Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, sie treffe eine solche Pflicht, oder
sie unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt (vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 27 ff, vom 13.11.2012 - B 2 U 27/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 45 RdNr 23 f und vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 27 RdNr 13).
Das LSG hat die von der Klägerin am 29.1.2009 verrichtete Tätigkeit, nämlich die Teilnahme am Handballtraining ihrer Mannschaft,
zutreffend als Verrichtung angesehen, die auf die Erfüllung einer der Klägerin als Beschäftigte iS des §
2 Abs
1 Nr
1 SGB VII obliegenden Pflicht gerichtet war. Diese Pflicht bestand hier gegenüber dem beigeladenen HSA.
§
2 Abs
1 Nr
1 SGB VII erfasst die Beschäftigten iS des §
7 Abs
1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte
für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers
(Satz 2). Eine Beschäftigung liegt daher immer dann vor, wenn ein Arbeitsverhältnis besteht. Sie kann aber auch ohne Arbeitsverhältnis
gegeben sein, wenn die Verletzte sich in ein fremdes Unternehmen eingliedert und ihre konkrete Handlung sich dem Weisungsrecht
eines Unternehmers insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Verrichtung unterordnet (vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr 20, RdNr 31 ff). Dabei kommt es auf die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse an. Ob
eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen
tatsächlich vollzogen worden ist. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung
und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung
vor, soweit eine formlose Abbedingung rechtlich möglich ist. Entscheidend ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert
wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl BSG vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 16 mwN und vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 27 RdNr 14).
Die Einordnung der Rechtsbeziehung der Klägerin gegenüber dem Beigeladenen als Beschäftigung ergibt sich zunächst aus dem
Vertrag vom 12.3.2006, den die Klägerin mit dem HSA geschlossen hat. Den Feststellungen des LSG (§
163 SGG) lässt sich auch noch hinreichend entnehmen, dass die tatsächlich gelebten Verhältnisse diesem Vertragsinhalt entsprachen.
Die Klägerin war danach weder Vereinsmitglied des Beigeladenen noch existierten sonstige Rechtsbeziehungen, die das Handeln
der Klägerin als bloße Erfüllung rein mitgliedschaftlicher Pflichten erscheinen ließen (vgl hierzu die Urteile des erkennenden
Senats vom 31.1.1961 - 2 RU 173/58 - BSGE 14, 1, 3 f = SozR Nr 1 zu § 798
RVO A a 2, vom 20.12.1961 - 3 RK 65/57 - BSGE 16, 98, 101 f = SozR Nr 29 zu § 165
RVO A a 31, vom 17.10.1990 - 2 RU 3/90 - HVBG-INFO 1991, 423, 427, vom 27.1.1994 - 2 RU 17/93 - SozR 3-2200 § 539 Nr 27 S 101, vom 24.2.2000 - B 2 U 4/99 R - HVBG-INFO 2000, 1253, 1255, vom 13.8.2002 - B 2 U 29/01 R - HVBG-INFO 2002, 2511, 2516 f, vom 18.3.2003 - B 2 U 25/02 R - HVBG-INFO 2003, 1412, 1419, vom 30.6.2009 - B 2 U 22/08 R - UV-Recht Aktuell 2009, 1040, 1046 und vom 27.10.2009 - B 2 U 26/08 R - UV-Recht Aktuell 2010, 185, 189). Dies könnte sich ggf anders darstellen, wenn die Klägerin ausschließlich Mitglied des Handballvereins SVA gewesen
wäre (vgl hierzu unter 2.).
Jedenfalls sind keine Anhaltspunkte für eine von dem schriftlichen Vertragsinhalt abweichende Handhabung und damit für mögliche
abweichende Regelungen oder für die Unwirksamkeit einzelner oder sämtlicher Vertragsbestimmungen aus dem Verhältnis zum Beigeladenen
ersichtlich. Es ist dabei - anders als in dem angefochtenen Urteil des LSG - auch keine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung
der der Klägerin gegenüber dem SVA ggf obliegenden vertraglichen und mitgliedschaftlichen Pflichten vorzunehmen, weil der
Beigeladene in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins arbeitet und als juristische Person selbstständig rechtsfähig ist
(§
21 BGB).
Die Klägerin war nach den vom LSG mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen für den Senat bindend festgestellten
(§
163 SGG) Bestimmungen des Vertrags vom 12.3.2006 in den Betrieb des Beigeladenen eingegliedert und an dessen Weisungen gebunden.
So hatte sie sich gegenüber dem Beigeladenen verpflichtet, ihre sportliche Leistungsfähigkeit einzusetzen, zu erhalten und
zu steigern, sowie am Training und an den Spielen ihrer Handballmannschaft teilzunehmen, sowie auch anwesend zu sein, wenn
ihr Einsatz nicht in Betracht kam. Darüber hinaus hatte sie an Lehrgängen und an Reisen im In- und Ausland teilzunehmen. Diese
Unterordnung unter die Erfordernisse des Spielbetriebs wurde ergänzt durch eine Eingliederung in die Öffentlichkeitsarbeit
des Beigeladenen. Die Klägerin war zur Mitwirkung bei Veranstaltungen zur Öffentlichkeitsarbeit verpflichtet, bei denen sie
von dem Beigeladenen gestellte Kleidung zu tragen hatte. Anderweitige Werbung war ihr untersagt. Sie übertrug dem Beigeladenen
die Verwertung ihrer im Zusammenhang mit der Ausübung des Handballsports stehenden Persönlichkeitsrechte und hatte jederzeit
ihr Autogramm für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit zu leisten bzw verarbeiten zu lassen. Dass es sich hierbei um eine Eingliederung
gerade in das Unternehmen des Beigeladenen handelte, folgt auch daraus, dass Einnahmen aus der Öffentlichkeitsarbeit und Werbung
allein dem Beigeladenen zustanden. Ferner hatte die Klägerin ihren Urlaub grundsätzlich vor der Vorbereitungsphase auf die
neue Saison zu nehmen.
Bei den einzelnen Tätigkeiten, die eine Eingliederung in den Betrieb des Beigeladenen beinhalten, war die Klägerin auch an
die Weisungen des Beigeladenen gebunden. Beim Spielbetrieb hatte sie sich den Weisungen aller vom Beigeladenen dazu eingesetzten
Personen, insbesondere des Trainers, unterzuordnen. Selbst wenn - wie die Beklagte meint - dies nur ein Trainer des SVA sein
konnte, steht dies der Bindung der Klägerin an Weisungen als Beschäftigte des Beigeladenen nicht entgegen, weil das Weisungsrecht
auch auf Dritte delegiert werden kann. Bei Reisen bestimmte der Beigeladene das zu benutzende Verkehrsmittel. Weisungen des
Beigeladenen unterlag die Klägerin auch im Falle einer durch die Ausübung des Handballsports eingetretenen Erkrankung oder
Verletzung, weil sie verpflichtet war, sich bei einem vom Beigeladenen zu benennenden Arzt unverzüglich vorzustellen sowie
sich angeordneten sportmedizinischen und sporttherapeutischen Maßnahmen zu unterziehen. Die Weisungsgebundenheit der Klägerin
wird dadurch unterstrichen, dass sie bei Verletzung von Vertragspflichten Vertragsstrafen ausgesetzt war (vgl hierzu auch
BSG Urteil vom 20.12.1961 - 3 RK 65/57 - BSGE 16, 98, 101 = SozR Nr 29 zu § 165
RVO A a 31).
Die konkrete Ausgestaltung der Pflichten der Klägerin gegenüber dem Beigeladenen ging damit deutlich über eine allein durch
eine Vereinsmitgliedschaft oder durch die Ausübung eines Mannschaftssports begründete Rechtsbeziehung hinaus. Selbst wenn
die Klägerin den Handballsport auch aus dem eigenen Bedürfnis zur sportlichen Betätigung und ggf in Erfüllung einer gegenüber
dem SVA bestehenden mitgliedschaftlichen Pflicht betrieb und damit auch einen eigenwirtschaftlichen Zweck verfolgte, diente
das Handballspiel und Handballtraining jedenfalls wesentlich dem wirtschaftlichen Interesse des Beigeladenen. Dessen Aufgabe
war das Management der ersten Damenhandballmannschaft des SVA und damit die Verpflichtung befähigter Spielerinnen und deren
Förderung zur Einnahmeerzielung durch attraktive Spiele. An der die Beschäftigung charakterisierenden fremdwirtschaftlichen
Zweckbestimmung eines Verhaltens fehlt es erst dann, wenn mit ihm im Wesentlichen - anders als hier - allein eigene Angelegenheiten
verfolgt werden (BSG vom 5.7.2005 - B 2 U 22/04 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 6 = NZS 2006, 375).
Offenbleiben kann hier, inwieweit die der Klägerin gezahlten Fahrtkosten in Höhe von maximal 7950 Euro jährlich ein Entgelt
für das Handballspielen darstellte. Ob Arbeitnehmern ein Entgelt für ihre Tätigkeit gezahlt wird, ist für das Vorliegen einer
Beschäftigung iS des §
2 Abs
1 Nr
1 SGB VII wie auch iS des §
7 Abs
1 Satz 1
SGB IV nicht ausschlaggebend (vgl BSG vom 26.6.1980 - 8a RU 48/79 - SozR 2200 § 539 Nr 68, vom 30.6.2009 - B 2 U 3/08 R - UV-Recht Aktuell 2009, 1008, 1014 und vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 27 RdNr 14 - Postzustellerfall). Arbeitsentgelt setzt das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses
voraus, begründet ein solches aber nicht. Auch ohne eine aus der Zahlung eines Entgelts folgende wirtschaftliche Abhängigkeit
kann eine Beschäftigung vorliegen.
Auch im Bereich der sportlichen Betätigung und bei Tätigkeiten in Vereinen ist die Beschäftigung von rein mitgliedschaftlicher
bzw sportlicher Betätigung nicht danach abzugrenzen, ob ein Entgelt vereinbart ist und gezahlt wird. Sofern der erkennende
Senat im Zusammenhang mit sportlichen Betätigungen innerhalb einer Vereinsmitgliedschaft ausgeführt hat, dass eine von dieser
abzugrenzende Beschäftigung iS des §
2 Abs
1 Nr
1 SGB VII typischerweise bei Zahlung eines Arbeitsentgelts anzunehmen ist (vgl BSG vom 18.3.2003 - B 2 U 25/02 R - HVBG-INFO 2003, 1412, 1418 und vom 27.10.2009 - B 2 U 26/08 R - UV-Recht Aktuell 2010, 185, 190), hat er dabei auf die Entgeltzahlung lediglich als ein Indiz für das Vorliegen einer Beschäftigung abgestellt. Entgegen
der Rechtsansicht der Revision existiert hingegen keine rechtliche Vermutung, dass im sportlichen Bereich das Vorliegen eines
Beschäftigungsverhältnisses zwingend die Zahlung eines "nennenswerten" Entgelts voraussetzt. Die allgemeinen Kriterien für
das Vorliegen einer Beschäftigung, nämlich die über die reine Ausübung eines Mannschaftssports hinausgehende Eingliederung
in den Betrieb des Beigeladenen, verbunden mit einer zahlreiche Aspekte der Tätigkeit umfassenden Weisungsgebundenheit, ermöglichen
hier bereits hinreichend die Einordnung als Beschäftigung, ohne dass zusätzlich auf eine Entgeltzahlung und eine rechtliche
Qualifizierung des Fahrtkostenersatzes abgestellt werden muss.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat die Klägerin im Unfallzeitpunkt eine versicherte Beschäftigung verrichtet und mit ihrer
Teilnahme am Handballtraining eine sich aus dem Beschäftigungsverhältnis mit dem Beigeladenen ergebende Hauptpflicht erfüllt.
2. Auf die Einordnung der zum eigentlichen Handballverein SVA bestehenden Rechtsbeziehungen der Klägerin kam es im vorliegenden
Fall mithin nicht mehr entscheidend an. Die Revision hat hier zu Recht darauf verwiesen, dass die Klägerin Vereinsmitglied
des SVA war und die bisherige Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Frage, welche Verrichtungen aufgrund einer mitgliedschaftlichen
Verpflichtung als Vereinsmitglied vorgenommen werden und mithin gerade keine Beschäftigung darstellen, eher dazu tendiert,
von weitgehenden mitgliedschaftlichen Handlungspflichten der Vereinsmitglieder auszugehen (vgl die Urteile vom 31.1.1961 -
2 RU 173/58 - BSGE 14, 1, 3 f = SozR Nr 1 zu § 798
RVO A a 2, vom 20.12.1961 - 3 RK 65/57 - BSGE 16, 98, 101 f = SozR Nr 29 zu § 165
RVO A a 31, vom 17.10.1990 - 2 RU 3/90 - HVBG-INFO 1991, 423, 427, vom 27.1.1994 - 2 RU 17/93 - SozR 3-2200 § 539 Nr 27 S 101, vom 24.2.2000 - B 2 U 4/99 R - HVBG-INFO 2000, 1253, 1255, vom 13.8.2002 - B 2 U 29/01 R - HVBG-INFO 2002, 2511, 2516 f, vom 18.3.2003 - B 2 U 25/02 R - HVBG-INFO 2003, 1412, 1419, vom 30.6.2009 - B 2 U 22/08 R - UV-Recht Aktuell 2009, 1040, 1046 und vom 27.10.2009 - B 2 U 26/08 R - UV-Recht Aktuell 2010, 185, 189). Letztlich kann hier offenbleiben, wie die Rechtsbeziehung zwischen der Klägerin und dem SVA einzuordnen wäre, denn
ausschlaggebend ist, dass die Klägerin in einem Beschäftigungsverhältnis zum beigeladenen HSA stand, bei dem sie gerade nicht
Mitglied war.
Der Senat konnte auch die Verurteilung der Beklagten zur Feststellung eines Arbeitsunfalls bestätigen, denn die Beklagte war
für die Feststellung des Arbeitsunfalles zuständig, weil nach § 3 I Nr 9 ihrer Satzung ihr Zuständigkeitsbereich sowohl Sportvereine
als auch sonstige Sportunternehmen umfasst, wozu der Beigeladene gehört.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§
183,
193 SGG. Die Beklagte hat der Klägerin und dem Beigeladenen deren außergerichtliche Kosten zu erstatten, weil deren im Revisionsverfahren
gestellte Anträge Erfolg hatten. Zwar sind gemäß §
193 Abs
4 SGG die Aufwendungen der in §
184 Abs
1 SGG genannten Gebührenpflichtigen, die nicht gemäß §
183 SGG kostenprivilegiert sind, nicht erstattungsfähig. Zu diesem Personenkreis gehört jedoch der HSA als Beigeladener nicht (vgl
BSG vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 60/06 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 5 RdNr 18 und vom 1.3.2011 - B 1 KR 10/10 R - BSGE 107, 267 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 90).