Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bis zum Ablauf der Beschwerdefrist
Keine Wiedereinsetzung in die Frist zur Vorlage der PKH-Erklärung
Gründe:
I
Die bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin ist mit ihrem Begehren, von der Beklagten die Mehrkosten erstattet
zu erhalten, die ihr in der Vergangenheit durch die Wahl von Windelhosen der Marke "Tena Pants Plus" (im Vergleich zu den
zum Festbetrage erhältlichen Produkten) entstanden sind, im Verwaltungsverfahren und in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben.
Das Urteil des LSG vom 30.10.2014 ist dem damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 9.1.2015 zugestellt worden. Die
Klägerin hat mit einem am 3.2.2015 beim BSG eingegangenen Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 2.2.2015 beantragt, ihr Prozesskostenhilfe (PKH) für eine beabsichtigte
Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG zu gewähren. Dem Schreiben war eine Erklärung über
die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Erklärung) beigefügt, in der lediglich der Abschnitt A "Angaben zu Ihrer
Person" vollständig ausgefüllt war. Im Abschnitt B "Rechtsschutzversicherung/Mitgliedschaft" war unter 1. "Trägt eine Rechtsschutzversicherung
... die Kosten Ihrer Prozess- und Verfahrensführung?" "In welcher Höhe?" angekreuzt: "Ja:". Die Abschnitte C bis J waren nicht
ausgefüllt. Der Bevollmächtigte wurde mit Schreiben vom 6.2.2015 und 9.2.2015 darauf hingewiesen, dass die Bewilligung von
PKH die Übersendung des vollständig ausgefüllten Formulars innerhalb der am 9.2.2015 endenden Beschwerdefrist voraussetzt.
Trage die Rechtsschutzversicherung die Kosten der Prozessführung, stünde der Klägerin PKH nicht zu. Die Klägerin hat für den
Fall, dass die Angaben im Formular zu ergänzen seien, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt; die Ergänzung der Angaben
ist jedoch unterblieben.
II
Dem Antrag auf Bewilligung von PKH konnte nicht stattgegeben werden.
1. Voraussetzung für die Bewilligung von PKH ist nach der Rechtsprechung des BSG und der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes, dass sowohl der (grundsätzlich formlose) Antrag auf PKH als auch die Erklärung
über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Erklärung) in der für diese gesetzlich vorgeschriebenen Form (§
73a Abs
1 SGG, §
117 Abs
2 und
4 ZPO), dh auf dem durch die Prozesskostenhilfeformularverordnung vom 6.1.2014 (BGBl I 34) eingeführten Formular, bis zum Ablauf
der Beschwerdefrist eingereicht werden, es sei denn, der Antragsteller war an der Einhaltung der Frist unverschuldet gehindert
(BSG SozR 1750 § 117 Nr 1 und 3; BSG Beschluss vom 3.4.2001 - B 7 AL 14/01 B; BGH VersR 1981, 884; BVerfG SozR 1750 § 117 Nr 2 und 6; BVerfG NJW 2000, 3344). Diese Bewilligungsvoraussetzung ist hier nicht erfüllt. Die Klägerin hat bis zum Ablauf der einmonatigen Beschwerdefrist,
die am 9.2.2015 endete (§
160a Abs
1, §
64 Abs
2, §
63 Abs
2 SGG, §
174 ZPO), zwar PKH beantragt und die erforderliche Erklärung vorgelegt, aber das Formular in den Abschnitten C bis J nicht ausgefüllt,
obwohl dort ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die Erklärung auch in diesen Abschnitten auszufüllen ist, wenn eine
Rechtsschutzversicherung nicht eintritt.
Es ist auch nicht erkennbar, dass die Klägerin es unverschuldet versäumt hat, die Frist einzuhalten. Die Klägerin ist in der
Rechtsmittelbelehrung des Urteils vom 30.10.2014 sowie mit Schreiben des Berichterstatters vom 6.2.2015 und 9.2.2015 ausdrücklich
darüber belehrt worden, dass sowohl das PKH-Gesuch als auch die formgerechte, vollständig ausgefüllte Erklärung bis zum Ablauf
der Beschwerdefrist beim BSG einzureichen sind. Es ist weder ersichtlich noch von der Klägerin dargetan, dass sie an der Einhaltung der Frist ohne ihr
Verschulden verhindert gewesen ist. Der Hinweis des Bevollmächtigten der Klägerin vom 9.2.2015, es sei unrealistisch, die
Fragen noch am 9.2.2015 zu beantworten, ändert hieran nichts. Unabhängig davon, dass es nicht nachvollziehbar ist, weshalb
die Fragen nicht noch am selben Tag nach telefonischer Rücksprache mit der Klägerin hätten beantwortet werden können, hätte
die Klägerin bzw ihr Bevollmächtigter, dessen Verschulden sich die Klägerin nach §
73 Abs
6 Satz 7
SGG iVm §
85 Abs
2 ZPO zurechnen lassen muss, bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt im Hinblick auf die Hinweise in der Rechtsmittelbelehrung
des LSG und im Formular rechtzeitig erkennen können, dass die Erklärung vollständig ausgefüllt innerhalb der Beschwerdefrist
einzureichen ist. Die Klägerin hat sich auch bis heute nicht veranlasst gesehen, ihre Angaben zu ergänzen.
Nur soweit die Rechtsschutzversicherung die Kosten der Prozessführung trägt, musste die Klägerin das Formular nicht vollständig
ausfüllen. Ob die Rechtsschutzversicherung der Klägerin mittlerweile eine Deckungszusage erteilt hat, kann allerdings offenbleiben,
weil dann die Bewilligung von PKH mangels Mittellosigkeit ohnehin ausscheidet.
2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist abzulehnen. Nach §
67 Abs
1 SGG ist jemandem, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand zu gewähren. Eine Wiedereinsetzung in die "Frist zur Vorlage der PKH-Erklärung" sieht das Prozessrecht
nicht vor (BSG SozR 4-1500 § 66 Nr 1; BSG SozR 4-1500 §
73a Nr 6; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl 2014, §
67 RdNr 2a sowie Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 73a RdNr 5 f). Im Übrigen war die Klägerin nicht ohne ihr
Verschulden verhindert, die erforderlichen Angaben innerhalb der Beschwerdefrist zu machen.