Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Vergütung der von Physiotherapeuten und Krankengymnasten den behandelnden Vertragsärzten
zu erstattenden Arztberichte (jetzt: Therapieberichte).
Die Klägerin betreibt eine krankengymnastische Praxis in Bergisch Gladbach, ist als Leistungserbringerin gemäß §
124 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) zugelassen und erbringt fortlaufend Leistungen auch an Versicherte der Beklagten. Da die Klägerin seit vielen Jahren die
auf Landesebene geschlossenen Vereinbarungen über die Erbringung und Vergütung physiotherapeutischer Leistungen für sich nicht
anerkennt und sie bzw der Berufsverband "Praxis Vereinigung Physiotherapie e.V." (PVP) in Bergisch Gladbach, deren Mitglied
sie ist, eine solche Vereinbarung mit der Beklagten und anderen Krankenkassen nicht abgeschlossen haben, vergütet die Beklagte
die von der Klägerin erbrachten Leistungen entsprechend der Vergütungsregelung des zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen
in Nordrhein-Westfalen und verschiedenen Berufsverbänden selbstständiger Physiotherapeuten und Krankengymnasten geschlossenen
Landesvertrags über die Erbringung und Vergütung physikalisch-therapeutischer Leistungen vom 25. Juni 1991. Die Klägerin hat
dieser Praxis seit Jahren widersprochen, weil sie die dort vereinbarten Preise für unzureichend hält.
Die seit dem 1. Juli 2001 geltende Neufassung der Heilmittel-Richtlinien vom 6. Februar 2001 schreibt in Abschnitt VII Ziffer
29.5 vor, dass der Therapeut den verordnenden Vertragsarzt nach Abschluss einer Behandlungsserie schriftlich über das Ergebnis
der Therapie zu unterrichten hat. Sofern er die Fortsetzung der Therapie für erforderlich hält, ist eine prognostische Einschätzung
hinsichtlich der Erreichung des Therapieziels abzugeben. Der Landesvertrag sah für die Zeit bis zum 1. August 2002 keine gesonderte
Vergütung für diesen Bericht vor. In einer am 26. September 2001 geschlossenen "Ergänzungsvereinbarung über Höchstpreise für
krankengymnastische Leistungen für die Zeit ab 1. Juli 2001" (Anlage 2a des Landesvertrags) heißt es in einer Protokollnotiz:
"Für die Preisvereinbarung ab 1. August 2002 wird für die Position X 9701 (Mitteilung/Bericht an den Arzt/Übermittlungsgebühr)
eine Vergütung unter Berücksichtigung der bis dahin auf Bundesebene geltenden Regelungen zu finden sein". Ab dem 1. August
2002 haben die Parteien des Landesvertrags eine dem damaligen Briefporto entsprechende Vergütung von 0,56 _ pro Arztbericht
vereinbart. Nach den am 1. Juli 2004 in Kraft getretenen neuen Heilmittel-Richtlinien vom 16. März 2004 muss der Leistungserbringer
einen solchen Bericht nur noch abgeben, wenn der verordnende Arzt diesen durch Vermerk auf der Verordnung gesondert anfordert.
Die Klägerin erbrachte für den bei der Beklagten versicherten Patienten M im Juli, August und September 2001
krankengymnastische Leistungen. In ihrer Rechnung vom 15. Oktober 2001 forderte sie für den erstellten Therapiebericht einen
Betrag von 30,00 DM. Die Beklagte setzte diesen Betrag von der Rechnung ab.
Mit der Klage hat die Klägerin zunächst eine Vergütung von 30,00 DM zuzüglich 3,00 DM Verwaltungsaufwand gefordert: Sie sei
nicht bereit, die aufwändige Berichterstattung kostenfrei zu erbringen. Ihre innerbetriebliche Kalkulation für den entstehenden
Aufwand habe eine angemessene Vergütung von 30,00 DM ergeben. Später hat sie auf Grund einer "Nachkalkulation" ihre Forderung
auf 8,20 _ reduziert. Die Beklagte hat demgegenüber darauf verwiesen, dass vertraglich eine Vergütung für den fraglichen Zeitraum
ausgeschlossen sei und es keinen Grundsatz gebe, dass Nebenleistungen im Zusammenhang mit der Sachleistung gesondert zu vergüten
seien. Sie kürzt die jeweiligen Rechnungspositionen seit dem 1. August 2002 auf 0,56 _; für die vorherige Zeit verweigert
sie jegliche Zahlung.
Das Sozialgericht (SG) hat eine Vergütung von 1,40 _ für angemessen gehalten, die mangels einer zwischen den Parteien getroffenen vertraglichen
Regelung nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zu zahlen sei; die weiter gehende Klage hat es abgewiesen (Urteil vom 7.
Oktober 2002). Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung der Beklagten die im Berufungsverfahren von einer einzelfallbezogenen
Leistungsklage auf eine allgemeine Feststellungsklage umgestellte Klage mit dem Antrag "festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet
ist, der Klägerin bis zum Abschluss eines Vertrags mit ihr oder ihrem Berufsverband Arztberichte nach Ziffer 29.5 der Heilmittel-Richtlinien
mit 8,20 _ zu vergüten", abgewiesen (Urteil vom 9. Oktober 2003): Der Anspruch auf gesonderte Vergütung der Arztberichte sei
unbegründet; für die Zeit bis zum 31. Juli 2002 seien diese Berichte überhaupt nicht und für die Folgezeit nur in Höhe von
0,56 _ zu entgelten. Die Berichte seien durch die für die jeweiligen Behandlungsserien gezahlten Vergütungen mit abgegolten.
Zu erstatten sei ab 1. August 2002 nur das Briefporto (Übermittlungsgebühr). Die Klägerin könne den Vergütungsanspruch weder
auf §
812 Abs
1 Satz 1
Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) noch auf §
612 BGB oder §
316 BGB stützen.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung ihrer Grundrechte aus Art 2 Abs 1, Art 3, Art
9 Abs 1, Art
12 Abs
1, Art
14 Abs
1 und Art
103 Abs
1 Grundgesetz (
GG). Sie ist im Revisionsverfahren zur ursprünglichen Leistungsklage zurückgekehrt. Zur Begründung ihrer Entgeltforderung beruft
sie sich in erster Linie auf ein Preisbestimmungsrecht nach §
316 BGB.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des LSG Nordrhein-Westfalen vom 9. Oktober 2003 und des SG Köln vom 7. Oktober 2002 zu ändern und die Beklagte
zu verurteilen, ihr für den Therapiebericht im Behandlungsfall M 8,20 _ nebst 10 vH Zinsen ab Rechtshängigkeit
der Klage zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die Revision wegen Verstoßes gegen die §§
164 und 166
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) für unzulässig und macht dazu geltend, die Revisionsschrift und sämtliche anderen Schriftsätze der Klägerin seien nicht
von ihrem jetzigen Prozessbevollmächtigten, sondern - wie auch in den Vorinstanzen und in zahlreichen anderen Rechtsstreitigkeiten
- von ihrem Ehemann N S (nach eigenen Angaben Diplomingenieur, Wirtschaftsassessor VWL/BWL und Kfz-Sachverständiger)
verfasst worden. Der Revisionsschrift sei ein sachgerechter Revisionsantrag und eine nachvollziehbare Auseinandersetzung mit
dem Berufungsurteil nicht zu entnehmen.
Im Übrigen hält sie das angefochtene Urteil auch inhaltlich für zutreffend.
II
Die Revision der Klägerin war nach §
169 SGG als unzulässig zu verwerfen, weil ihre Begründung nicht der gesetzlichen Form entspricht.
Nach §
164 Abs
2 Satz 1
SGG ist die Revision innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Dabei muss die Begründung einen bestimmten
Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm nennen und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die
den Mangel ergeben (§
164 Abs
2 Satz 3
SGG). Bei der Begründung einer Revision muss sich ein Beteiligter wie die Klägerin durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten
vertreten lassen (§ 166
SGG). Zwar ist hier innerhalb der Begründungsfrist ein von einem vor dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten,
einem in Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt (§ 166 Abs 2 Satz 3
SGG), unterzeichneter und mit entsprechendem Briefkopf versehener Schriftsatz vom 11. Dezember 2003 dem Gericht vorgelegt worden.
Gleichwohl ist die gesetzlich vorgeschriebene Form dadurch nicht gewahrt worden.
Das gesetzliche Erfordernis, eine Revision durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten zu begründen, soll die Revisionsgerichte
entlasten und im wohlverstandenen Interesse aller die sorgfältige Vorbereitung des Verfahrens gewährleisten. Die ordnungsgemäße
Revisionsbegründung soll - zB durch klare Angaben, welche Teile des Urteils der Vorinstanz angegriffen werden und mit welchen
Gründen - die Vorarbeiten des Berichterstatters erleichtern; außerdem soll erreicht werden, dass der Prozessbevollmächtigte
die Rechtslage genau durchdenkt, bevor er durch seine Unterschrift die Verantwortung für die Revision übernimmt, und so ggf
von der Durchführung aussichtsloser Revisionen absieht (vgl BSG SozR Nr 27 zu §
164 SGG und BSGE 6, 269 f, jeweils mwN). Erwartet das Gesetz also, dass der Prozessbevollmächtigte die Rechtslage durchdenkt und
für die Begründung die volle Verantwortung übernimmt, muss auch die Begründung die Prüfung und Durcharbeitung des Prozessstoffs
durch den Prozessbevollmächtigten erkennen lassen (BSGE 7, 35, 39; BSG SozR Nr 49 zu §
164 SGG). Die bloße Vorlage eines von einem Rechtsanwalt unterzeichneten, sonst aber unveränderten Schriftsatzes des Beteiligten
selbst (oder eines Familienangehörigen) genügt jedenfalls nicht, wenn der Streitstoff rechtlich ungeordnet bleibt (BSG SozR
Nr 49 zu §
164 SGG; BSG SozR 3-1500 §
166 Nr 4; BVerwGE 22, 38 = Buchholz 310 §
139 VwGO Nr 21; BVerwG Buchholz 310 §
139 VwGO Nr 38; BFHE 136, 52, 53; BFH NV 1986, 175 f; BGH LM Nr 16 zu §
519 ZPO = JR 1954, 463; BAGE 11, 130, 132 = NJW 1961, 1599). Revisionsbegründungen sind trotz Unterzeichnung durch Prozessbevollmächtigte infolgedessen nicht als ordnungsgemäß iS des
§
164 Abs
2 SGG angesehen worden, wenn der Rechtsanwalt die Durchsicht, Sichtung und Gliederung des Streitstoffs unterlassen hat. So liegt
der Fall auch hier.
In der mündlichen Verhandlung am 20. Januar 2005 haben der Prozessbevollmächtigte und der ihn begleitende Ehemann der Klägerin
eingeräumt, dass die Revisionsschrift vom 11. Dezember 2003 (wie auch die weiteren im Revisionsverfahren erstellten Schriftsätze
der Klägerin) vom Ehemann der Klägerin, der als Nichtjurist seine Ehefrau in vorliegender Sache bereits erst- und zweitinstanzlich
(und dort mangels Vertretungszwangs in zulässiger Weise) vertreten hat und sie in den zahlreichen anderen bei den Sozialgerichten
anhängigen Rechtsstreitigkeiten vertritt, entworfen und formuliert worden ist. Unter diesen Umständen kann eine Revisionsbegründung
- wie erwähnt - dem Formerfordernis des §
164 Abs
2 SGG nur dann entsprechen, wenn der Schriftsatz formal und inhaltlich erkennen lässt, dass der den Schriftsatz mit seinem Briefkopf
einreichende Rechtsanwalt den ihm vorgelegten Entwurf des Mandanten (bzw dessen Ehegatten) nicht nur schlicht unterzeichnet,
sondern den Streitstoff selbst geprüft, gesichtet und durchgearbeitet hat (BSG SozR 3-1500 §
166 Nr 4; BVerwG Buchholz 310 §
139 VwGO Nr 38). Dies ist hier nicht ersichtlich. Der äußere Anschein, dass es sich um unverändert von dem Ehemann der Klägerin übernommene
Entwürfe handelt, ist von dem Prozessbevollmächtigten nicht widerlegt worden. Die von ihm unterzeichneten Schriftsätze lassen
nicht erkennen, dass sie sich in rechtskundiger Weise mit dem angefochtenen Urteil auseinander setzen und auf einer eigenverantwortlichen
Prüfung der Rechtslage durch den Prozessbevollmächtigten beruhen. In der Revisionsbegründung werden auf 47 Seiten weitgehend
ungeordnete, zu einem ganz erheblichen Teil nicht konkret das vorliegende Verfahren betreffende und das allgemeine Anliegen
der Klägerin auf aus ihrer Sicht leistungs- und aufwandsgerechte Vergütung in immer neuen Variationen darstellende Ausführungen
gemacht. Die unter Punkt A 8.3 (S. 29/30) der Revisionsbegründung aufgeführten Revisionsanträge sind verfehlt. Sie berücksichtigen
nicht, was angesichts des zweitinstanzlichen Feststellungsantrags und der LSG-Entscheidung im Revisionsverfahren prozessual
zulässig und materiell möglich gewesen wäre. Erst auf Hinweis des Senats vom 11. Januar 2005 ist ein sachgerechter Revisionsantrag
formuliert worden. Die unterbliebene Durchsicht und Prüfung der vorgelegten Entwürfe durch den Prozessbevollmächtigten zeigt
sich schließlich besonders deutlich auch anhand des Schriftsatzes vom 12. Januar 2005, in dem es zum Verfasser heißt, "der
Unterzeichner als freiberuflicher Kfz-Sachverständiger ...".
Aus diesen Gründen muss davon ausgegangen werden, dass der Prozessbevollmächtigte die vorgefertigte Revisionsschrift ohne
jede Durchsicht und rechtliche Prüfung unterschrieben hat und lediglich pro forma als Verfasser aufgetreten ist. Mit der Weiterleitung
der nicht weiter geprüften, vom Ehemann der Klägerin entworfenen und formulierten Revisionsbegründung in unveränderter Fassung
hat der Prozessbevollmächtigte es dem Gericht überlassen, das zur ordnungsgemäßen Revisionsbegründung Erforderliche herauszufiltern,
was gerade nicht Sache des Revisionsgerichts, sondern der rechtskundigen Prozessbevollmächtigten ist (BVerwG Buchholz 310
§
139 VwGO Nr 38; BSG SozR 3-1500 §
166 Nr
4). Damit fehlt es an der gesetzlichen Form der Revisionsbegründung (§
164 Abs
2 iVm § 166
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung (vgl §
197a SGG iVm Art 17 Abs 1 Satz 2 des 6.
SGG-ÄndG).