Gründe:
I
Die beklagte Krankenkasse ist vom SG verurteilt worden, dem klagenden Land (Landesamt für Soziales) Kosten für die Versorgung eines Versicherten mit häuslicher
Krankenpflege im Zeitraum vom 1.1.2010 bis 1.4.2014 iHv 22 665,11 Euro nebst Zinsen zu erstatten. Die Berufung der Beklagten
ist erfolglos geblieben. Das LSG hat zur Begründung ua ausgeführt, die Einrichtung, in welcher der Versicherte im streitigen
Zeitraum gelebt habe, sei ein geeigneter Ort zur Erbringung von häuslicher Krankenpflege iS von §
37 Abs
2 SGB V iVm § 1 Abs 2 HKP-Richtlinie. Nach den Maßstäben der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 22.4.2015 - B 3 KR 16/14 R - Juris) hätten die Voraussetzungen für einen Anspruch des Versicherten gegen die Beklagte auf Erbringung medizinischer Behandlungspflege
zur Blutzuckermessung und Injektion von Insulin vorgelegen. Die Blutzuckermessung habe ausnahmsweise nicht zu den von der
Einrichtung zu erbringenden Leistungen gehört, weil sie aufgrund von Besonderheiten nicht von der Insulingabe getrennt betrachtet
werden könne. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass vor jeder der viermal täglich erforderlichen Insulingaben eine Blutzuckerbestimmung
obligatorisch gewesen sei, um die Insulindosis festzulegen (Urteil vom 28.2.2018).
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Beklagte Beschwerde eingelegt und beruft sich auf eine Rechtsprechungsabweichung
(§
160 Abs
2 Nr
2 SGG).
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die Beklagte den geltend gemachten Zulassungsgrund der Divergenz nicht
formgerecht aufgezeigt hat (§
160a Abs
2 S 3
SGG). Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 S 2 und 3
SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Divergenz liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht
übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem
vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn das Urteil des LSG
nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat.
Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die
Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene
Urteil auf der Abweichung beruht (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG). Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet dies: Die Beschwerdebegründung muss erkennen lassen, welcher abstrakte Rechtssatz
der in Bezug genommenen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch
steht. Ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das BSG die oberstgerichtliche Rechtsprechung im Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (stRspr; vgl
zum Ganzen: BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 17; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 10 RdNr 4; BSG SozR 1500 § 160a Nr 67 S 89 ff; BSG SozR 1500 § 160a Nr 14 S 22).
Diesen Anforderungen an die Darlegung der Divergenz wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Beklagte meint, das LSG-Urteil
verstoße gegen die Entscheidung des BSG vom 22.4.2015 (B 3 KR 16/14 R - Juris). Die Entscheidung des LSG beruhe auf folgendem Rechtssatz:
"Das Blutzuckermessen ist für sich allein gesehen zwar eine vom BSG definierte einfachste Behandlungsmaßnahme, welche von Eingliederungshilfeeinrichtungen selbst zu erbringen ist, weil es grundsätzlich
von jedem Erwachsenen ohne medizinische Kenntnisse und Fähigkeiten durchgeführt werden kann und keine nennenswerten Infektions-
oder Verletzungsgefahren birgt. Soweit jedoch die Blutzuckermessung und Insulingabe nicht unabhängig voneinander betrachtet
werden können und aus medizinischer Sicht wahrscheinlich ist, dass die Messung des Blutzuckers vom Versicherten auch zukünftig
nicht mehr selbst durchgeführt werden kann, handelt es sich bei der Blutzuckermessung um eine Leistung, welche von der Krankenkasse
gem. §
37 Abs.
2 SGB V und nicht von der Eingliederungseinrichtung selbst zu erbringen ist."
Diese Rechtsmeinung steht nach Auffassung der Beklagten im Widerspruch zu dem oben genannten Urteil des BSG. Dieses enthalte den Rechtssatz:
"Dass das Messen des Blutzuckers für Bewohner einer Behinderteneinrichtung, die an insulinpflichtigem Diabetes mellitus leiden,
zu der von der Einrichtung geschuldeten Unterstützung eines gesunden Lebens gehört und daher untrennbarer Bestandteil der
Eingliederungshilfe ist."
Die vom LSG vorgetragenen Ausnahmen ließen sich den Ausführungen des BSG nicht entnehmen.
Die Beklagte hat in der Beschwerdebegründung nicht aufgezeigt, dass die Entscheidung des LSG auf einer möglichen Abweichung
von der Rechtsprechung des BSG beruhen kann. Im Streit steht ein Erstattungsanspruch iHv 22 665,11 Euro. Nach den Feststellungen des LSG (S 22/23 LSG-Urteil) lag die Besonderheit des Einzelfalls bei dem Versicherten darin, dass vor jeder Insulingabe eine Blutzuckerbestimmung
erforderlich war. Wenn die Blutzuckermessung und die Insulingabe durch den Pflegedienst jeweils in einer einheitlichen Maßnahme
durchgeführt wird, ist es aber nicht ausgeschlossen, dass sich der Vergütungssatz für den Pflegedienst durch die Blutzuckermessung
gar nicht erhöht. Es wäre daher erforderlich gewesen, dass die Beklagte darlegt, dass der geltend gemachte Erstattungsbetrag
ohne die Blutzuckermessungen jedenfalls nicht in dieser Höhe angefallen wäre. Vor diesem Hintergrund wird des Weiteren darauf
hingewiesen, dass nach dem Sachverhalt, über den das BSG in dem zitierten Urteil vom 22.4.2015 entschieden hat, Blutzuckermessungen auch unabhängig von den Insulininjektionen erforderlich
waren. Denn nach dem dortigen Sachverhalt waren zumindest zeitweise zweimaltägliche Insulinmessungen und lediglich einmal-tägliche
Insulininjektionen ärztlich verordnet worden (vgl BSG Urteil vom 22.4.2015 - B 3 KR 16/14 R - Juris RdNr 3).
Darüber hinaus ist eine Divergenz seitens der Beklagten auch im Hinblick auf eine Nichtübereinstimmung von abstrakten Rechtssätzen
im Grundsätzlichen nicht hinreichend dargelegt. Denn die Beklagte geht in der Beschwerdebegründung nicht darauf ein, dass
das Berufungsgericht die genannte Entscheidung des BSG in Bezug nimmt und die Anspruchsvoraussetzungen ausdrücklich "nach diesen Maßstäben" für gegeben erachtet und lediglich aufgrund
von Besonderheiten des Einzelfalls zu einer anderen Bewertung für die Blutzuckermessungen kommt. In der Beschwerdebegründung
hätte sich die Beklagte daher damit befassen müssen, ob und inwieweit die Ausführungen des BSG zu den Blutzuckermessungen grundsätzlicher Art oder lediglich dem konkreten Sachverhalt geschuldet waren, der vom hier vorliegenden
insoweit erheblich abweicht. Daran anknüpfend hätte dargelegt werden müssen, dass das LSG den so herausgearbeiteten abstrakten
Kriterien des BSG widersprochen und andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Denn nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall,
sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 S 1 Teils 3
SGG iVm §
154 Abs
2 VwGO, diejenige über den Streitwert auf §
197a Abs
1 S 1 Teils 1
SGG iVm §
63 Abs
2 S 1, § 52 Abs 1 und 3 S 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG.