Versorgung mit einem Tuchlifter
Unzulässige Umgehung der besonderen Anforderungen an eine Sachaufklärungsrüge
Gründe:
I
Die 1925 geborene, bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin, die ua an Osteoporose leidet, wurde 2012 von der Beklagten
mit einem mobilen Badewannenlifter versorgt. Ihren Antrag vom 10.11.2013, diesen gegen einen fest in der Badewanne zu installierenden
Tuchlifter auszutauschen, lehnte die Beklagte ab. Die dagegen gerichtete Klage ist - nach Selbstbeschaffung des Tuchlifters
und Umstellung der Klage auf entsprechende Kostenerstattung - vor dem SG sowie auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben. Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, der Klägerin komme es darauf
an, mit dem Tuchlifter Vollbäder nehmen zu können, was wegen des Platzbedarfs der Sitzschale des mobilen Lifters mit diesem
nicht möglich sei. Zur elementaren Körperpflege bedürfe es jedoch keines Vollbades. Auch eine medizinische Notwendigkeit von
Vollbädern ergebe sich nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht. Insoweit seien die Ausführungen des Medizinischen
Dienstes der Krankenversicherung (MDK) überzeugend. Der darüber hinaus erstmals im Berufungsverfahren vorgetragene Juckreiz
sei nicht zu berücksichtigen, da maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei selbstbeschafften
Hilfsmitteln spätestens der Zeitpunkt des Erhalts der Rechnung sei. Es sei nicht ersichtlich, dass zu diesem Zeitpunkt bereits
ein Juckreiz vorgelegen habe (Urteil des LSG vom 3.8.2017).
Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt; sie beruft sich auf einen Verfahrensfehler (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG).
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die Klägerin das Vorliegen eines Verfahrensmangels nicht formgerecht dargetan
hat (§
160a Abs
2 S 3
SGG). Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 S 2 und 3
SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Wird die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels begehrt, muss in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde
die bundesrechtliche Verfahrensnorm, die das Berufungsgericht verletzt haben soll, hinreichend genau bezeichnet sein. Zudem
müssen die tatsächlichen Umstände, welche den Verstoß begründen sollen, substantiiert dargetan und darüber hinaus dargestellt
werden, inwieweit die angefochtene Entscheidung auf diesem Verfahrensmangel beruhen kann (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 4 und Nr 21 RdNr 4 - jeweils mwN; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016,
Kap IX, RdNr 202 ff). Dabei ist zu beachten, dass ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 S 1
SGG gestützt werden kann (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG) und dass die Rüge einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach §
103 SGG nur statthaft ist, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist
(§
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG).
Die Klägerin begründet ihre Beschwerde mit einer Verletzung des Gebots der Gewährung rechtlichen Gehörs. Die Entscheidung
des LSG beruhe auf einem Verstoß gegen Denkgesetze, weil die Klägerin entgegen der Auffassung des Gerichts spätestens seit
April 2013 nicht mehr mit einem funktionierenden mobilen Badewannenlifter versorgt gewesen sei und daher die gebotene elementare
Körperpflege ausschließlich mit Hilfe des selbstbeschafften Tuchlifters vornehmen könne. Darauf habe sie bereits mit E-Mail-Schreiben
vom 15.4.2013 hingewiesen.
Eine Verfahrensnorm, die dadurch verletzt sein könnte, gibt die Klägerin nicht ausdrücklich an. Unabhängig davon fehlt es
aber an einer substantiierten Darlegung der Verletzung des Grundsatzes der Gewährung rechtlichen Gehörs (§
62 SGG). Denn im Kern rügt die Klägerin lediglich eine nicht hinreichende Sachaufklärung durch das Gericht; eine Rüge, die nach
§
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2 iVm §
103 SGG indessen nur statthaft ist, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht
gefolgt ist. Einen diesbezüglichen Beweisantrag bezeichnet die Klägerin jedoch nicht. Die besonderen Anforderungen an eine
Sachaufklärungsrüge dürfen jedoch nicht umgangen werden, indem diese als Gehörsverletzung gerügt wird.
Einer Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs fehlt es darüber hinaus auch deshalb an hinreichend substantiiertem
Vortrag, weil nicht dargelegt wird, wann und auf welche Weise das genannte E-Mail-Schreiben der Klägerin vom 15.4.2013 bzw
der Vortrag der Funktionsuntauglichkeit des gelieferten mobilen Lifters in das gerichtliche Verfahren oder ggf bereits in
das Verwaltungsverfahren eingebracht wurde. Weder das Schreiben selbst noch sein Inhalt sind im Berufungsurteil festgestellt
worden (vgl aber §
163 SGG). Aus diesem Grund war eine genaue Bezeichnung des Schriftsatzes, mit dem dieser Vortrag eingebracht worden sein soll, bzw
die Angabe der Blattzahl des E-Mail-Schreibens in der Gerichts- oder der Verwaltungsakte unverzichtbar. Denn bei dem Beschwerdevorbringen
handelt es sich um Tatsachenvortrag, bei dem es an Darlegungen dazu fehlt, dass dieser bereits Gegenstand der Tatsacheninstanz
gewesen ist.
Die Bevollmächtigten der Klägerin hätten spätestens im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem LSG, in welcher der Sachverhalt
vorgetragen und erörtert wurde, auf das E-Mail-Schreiben vom 15.4.2013 hinweisen und ggf einen entsprechenden Beweisantrag
zur Funktionsuntauglichkeit des gelieferten Lifters stellen können. Ebenso wie das LSG hatte bereits das SG die Bewilligung und Belieferung der Klägerin mit dem mobilen Badewannenlifter Ende 2012 festgestellt und das Begehren der
Klägerin dahingehend verstanden, dass damit (lediglich) ein Vollbad nicht möglich sei und deshalb der Badewannentuchlifter
(bzw Kostenerstattung für diesen) begehrt werde. In der Beschwerdebegründung wird aber nicht dargelegt, dass die Klägerin
im Berufungsverfahren ihr Begehren dahingehend klargestellt habe, dass es ihr wegen Funktionsunfähigkeit des gelieferten Lifters
überhaupt um eine Möglichkeit der Wannennutzung gehe und sie nicht auf einen Tuchlifter fixiert sei.
Vor diesem Hintergrund wird auch der in der Begründung angeführte Aspekt, dass die Erforderlichkeit der Versorgung mit einem
Badewannentuchlifter möglicherweise anders zu bewerten gewesen wäre, wenn das LSG berücksichtigt hätte, dass die Klägerin
nicht mit einem funktionstüchtigen Lifter versorgt war, rechtlich nicht hinreichend nachvollziehbar untermauert. Insbesondere
wird nicht deutlich, dass die Beklagte - zumindest vor der Selbstbeschaffung des Tuchlifters - das Begehren der Klägerin im
Wege der Sachleistung eines funktionstüchtigen mobilen Sitzlifters hätte erfüllen können. Deshalb wird auch nicht hinreichend
dargelegt, dass die angefochtene Entscheidung auf einer (vermeintlichen) Gehörsverletzung beruhen könnte. Denn unabhängig
davon, ob die Klägerin seit Ende 2012 mit einem funktionstüchtigen mobilen Badewannenliftgerät versorgt war oder nicht, hat
sie letztlich Kostenerstattung lediglich für einen bereits beschafften Badewannentuchlifter begehrt, sodass auch nur dieser
- nicht ein mobiler Badewannenlifter mit festem Sitz oder eine sonstige Einstiegshilfe für die Badewanne - Gegenstand des
Rechtsstreits war. In der Beschwerdebegründung werden keine Gründe dafür dargelegt, dass der Streitgegenstand diesbezüglich
nicht richtig erfasst worden sein könnte oder das LSG das Begehren der Klägerin verfahrensfehlerhaft falsch ausgelegt haben
könnte.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von §
193 SGG.