Zahlung von Krankengeld
Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Formgerechte Darlegung einer Grundsatzrüge
Formulierung einer abstrakten und aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage
Gründe:
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten über die Zahlung von Krankengeld,
nachdem die beklagte Krankenkasse dem Kläger dieses nach einer auf Kosten des Rentenversicherungsträgers mit Zustimmung des
Klägers durchgeführten - nicht erfolgreich verlaufenen - Rehabilitationsmaßnahme, die als Rentenantrag wegen verminderter
Erwerbstätigkeit umzudeuten sei, unter Hinweis auf §
50 Abs
1 S 1 Nr
1 SGB V versagt hatte. Im Widerspruchs-, Klage- und Berufungsverfahren ist der Kläger ohne Erfolg geblieben (zuletzt Urteil des LSG
vom 28.8.2017).
Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil.
II
Die Beschwerde des Klägers ist in entsprechender Anwendung von §
169 S 2 und 3
SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen (§
160a Abs
4 S 1 Halbs 2
SGG). Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen §
160a Abs
2 S 3
SGG einen Zulassungsgrund nicht hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
1. Das BSG darf gemäß §
160 Abs
2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (allg
Meinung, vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 7). Soweit der Kläger daher vorträgt, das LSG habe "im Ergebnis falsch und aus nicht zutreffenden Gründen" seine Berufung
zurückgewiesen und Ähnliches in anderem Zusammenhang sinngemäß wiederholt, ist seiner Beschwerde von vornherein der Erfolg
versagt.
Der Kläger beruft sich in seiner Beschwerdebegründung vom 25.9.2017 allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung
der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG). Hierzu muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden
Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit)
und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; vgl auch BVerwG NJW 1999, 304 und BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem
Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht
zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31).
Die Beschwerde des Klägers richtet sich an diesen Voraussetzungen nicht aus. Sie enthält im vorstehend dargestellten Sinne
bereits keine ausdrücklich formulierte "Rechtsfrage", sondern macht nur geltend, streitentscheidend seien hier die Grenzen
des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs (Seite 2 der Begründung), bzw, es sei nicht geklärt, "ob ein sozialrechtlicher
Herstellungsanspruch auch dann ausgeschlossen" sei, wenn der Betroffene durch rechtswidrige Versagung seines Krankengeldes
gezwungen werde, einen Rentenantrag zu stellen, um überhaupt noch Einkünfte zu haben" (Seite 3 der Begründung). Darüber hinaus
beruft er sich darauf, dass der "Eingriff der Beklagten" (gemeint: durch die Aufforderung zur Stellung eines Reha-Antrags,
der als Rentenantrag galt) "unverhältnismäßig" sei (Seite 4 der Begründung).
Der Kläger genügt damit nicht den Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß §
160a Abs
2 S 3
SGG. Er formuliert bereits keine klar erkennbare, über seinen Einzelfall hinausgehende abstrakt-generelle Rechtsfrage, dh einer
solchen zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl
§
162 SGG) mit höherrangigem Recht (vgl dazu allgemein zB BSG Beschluss vom 6.4.2010 - B 5 R 8/10 B - BeckRS 2010, 68786 RdNr 10; BSG Beschluss vom 21.7.2010 - B 5 R 154/10 B - BeckRS 2010, 72088 RdNr 10; BSG Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 24/07 B - BeckRS 2009, 50073 RdNr 7). Die Bezeichnung von einer solchen aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar,
damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (P. Becker, SGb 2007, 261, 265; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX, RdNr 181).
Dem steht im Vorbringen der Klägerseite entgegen, dass das Rechtsinstitut des in Bezug genommenen sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs
mit einer bestimmten, in seinem Fall zu bejahen gewesenen Sachverhaltskonstellation (= von der Krankenkasse zur Antragstellung
aus finanziellen Gründen "gezwungen" gewesen zu sein) verquickt und somit im Kern nur die unzutreffende Subsumtion unter die
richterrechtlich anerkannten Grundsätze zu diesem richterrechtlichen Institut rügt und die Übertragung auf seinen Fall und
zu seinen Gunsten anstrebt (= bloße Rechtsanwendungs- bzw Subsumtionsfrage). Abgesehen davon, dass der Kläger dabei nicht
aufzeigt, dass die Prämisse in seiner Fragestellung auch durch entsprechende Feststellungen des LSG gedeckt ist, an die der
Senat dann im angestrebten Revisionsverfahren gebunden wäre (vgl §
163 SGG), legt er darüber weder die Klärungsbedürftigkeit noch die Klärungsfähigkeit einer sinngemäß in den Raum gestellten Frage
nach Inhalt und Grenzen des Herstellungsanspruchs in einer die Zulässigkeit seiner Nichtzulassungsbeschwerde begründenden
Weise dar. Zu den allgemeinen Voraussetzungen eines Herstellungsanspruchs existiert nämlich bekanntlich bereits umfangreiche
Rechtsprechung des BSG (vgl dazu zB Greiner in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 5. Aufl 2017, §
14 SGB I RdNr 11 ff mit umfangreichen Rspr-Nachweisen, speziell zum pflichtwidrigen Verhalten eines Sozialleistungsträgers in RdNr
13). Mit dieser Rechtsprechung hat sich der Kläger nicht näher befasst, sondern sich lediglich auf eine abweichende Sachverhaltskonstellation
in einem älteren Urteil des 3. Senats des BSG vom 8.3.1990 (3 RK 9/89) berufen. Eine vertiefte Befassung mit der vorliegenden Rechtsprechung des BSG zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch wäre aber erforderlich gewesen, um darzulegen, dass die (vermeintliche) Rechtsfrage
nicht bereits nach dem aktuellen Stand der Rechtsprechung beantwortet werden kann, bzw um darzutun, dass - obwohl eine konkret
bezeichnete Rechtsfrage noch nicht höchstrichterlich entschieden wurde - sich auch aus der bisherigen Rechtsprechung dennoch
keine hinreichenden Anhaltspunkte zur Beurteilung der als grundsätzlich bedeutsam herausgestellten Frage ergeben.
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.