Funktionstauglichkeit, therapeutischer Nutzen und Qualität neuartiger Hilfsmittel in der Krankenversicherung
Gründe:
I
Die 1966 geborene, bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Klägerin ist seit 1980 linksseitig im Oberschenkel amputiert.
Sie verfügt derzeit über eine Oberschenkelprothese mit hydraulisch-mechanischem Kniegelenk (Modularkniegelenk 3R60 der Firma
B. ). Als Kundenberaterin in einem Call-Center verrichtet sie überwiegend eine sitzende Tätigkeit.
Unter Vorlage einer Verordnung des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. U. und eines Kostenvoranschlags eines Sanitätshauses
über 40.595,51 DM beantragte die Klägerin im Februar 1999 die Versorgung mit einer Oberschenkelprothese mit einem elektronisch
gesteuerten Kniegelenksystem (C-Leg) und dem Fußsystem 1C40 der Firma B. . Dies entspreche einer optimalen
Prothesenversorgung nach dem neuesten Stand der Technik. Das C-Leg-Kniegelenk sei in der Lage, auf wechselnde Belastung, Richtungs-
und Tempoänderungen aktiv zu reagieren, ferner verfüge es über eine aktive Standsicherung. Die derzeitige Versorgung biete
keinen hinreichenden Ausgleich für das bestehende Defizit. Der Kraftaufwand bei der Benutzung einer herkömmlichen Prothese
sei höher als bei dem C-Leg, außerdem bestehe ständig die Sorge, die Prothese könne im Kniegelenk einknicken, was eine erhebliche
psychische Belastung bedeute. Zum Ausgleich der Behinderung sei daher eine Prothese notwendig, die über eine allzeitige Standsicherung
verfüge unabhängig von der willentlich gesteuerten Stumpfsteuerung.
Die Beklagte holte ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ein. Der Chirurg Dr. M. hielt
in seinem Gutachten vom 17. September 1999 die Versorgung der Klägerin mit dem C-Leg für nicht erforderlich. Mit der vorhandenen
Oberschenkelprothese sei die Klägerin trotz ihres beschwerlichen Gehens (sog Duchenne's Hinken) in der Lage, ohne weiteres
1 km weit zu gehen, sich selbst zu versorgen und einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Eine wesentliche Verbesserung der Leistungsfähigkeit
würde sich durch das C-Leg-System voraussichtlich nicht ergeben. Die Beklagte lehnte daraufhin den Leistungsantrag ab (Bescheid
vom 22. September 1999, Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 2000).
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Beweis erhoben durch Einholung zweier orthopädischer Sachverständigengutachten (von Dr. B. vom 7. September 2001
und von Dr. S. vom 8. August 2002) und auf Grund der darin festgestellten Vorzüge des C-Leg gegenüber dem
herkömmlichen Kniegelenksystem die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, die Klägerin mit dem Kniegelenksystem
C-Leg zu versorgen. Die von den Gutachtern erhobenen Bedenken gegen die Wirtschaftlichkeit der C-Leg-Versorgung seien unbegründet
(Urteil vom 12. November 2002).
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 8. Januar 2004). Zur Begründung hat
das LSG ausgeführt, durch die Versorgung mit einer herkömmlichen Prothese sei der Anspruch der Klägerin auf Hilfsmittelversorgung
zum Ausgleich ihrer Behinderung nicht erfüllt worden. Sie habe deshalb Anspruch auf Ausstattung mit der begehrten mikroprozessorgesteuerten
Prothese, weil diese ihr erhebliche Gebrauchsvorteile im Vergleich zu einer herkömmlichen mechanischen Prothese biete. Diese
bestünden darin, dass das C-Leg ein nahezu physiologisches Gangbild ermögliche, welches kaum von dem eines Nichtamputierten
zu unterscheiden sei. Durch die elektronische Steuerung werde die Sturz- und Stolpergefahr erheblich reduziert, was insbesondere
beim Treppabgehen sowie beim Überwinden unebenen Geländes eine Rolle spiele. Bei herkömmlichen mechanischen Prothesen komme
es häufiger zu Blockierungen, die zu Stürzen führten. Bei dem mikroprozessorgesteuerten Kniegelenksystem werde der Kraftaufwand
beim Gehen reduziert und die Belastung von Wirbelsäule, Becken und dem gesunden Bein vermindert. Diese Gebrauchsvorteile bestünden
entgegen der Ansicht der Beklagten nicht nur theoretisch, sondern konkret im Alltagsleben der Klägerin, die recht sportlich
und aktiv sei. Trotz der Mehrkosten gegenüber einem herkömmlichen Kniegelenksystem verstoße die Versorgung mit dem neuen Hilfsmittel
auch nicht gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit bei der Leistungserbringung, weil es sich um deutliche, allgemein im Alltag
der Klägerin sich auswirkende Gebrauchsvorteile handele.
Mit der Revision rügt die Beklagte die Verletzung der §§
12 und
33 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V). Sie hält die Berufungsentscheidung für unvereinbar mit dem Urteil des Senats vom 6. Juni 2002 - B 3 KR 68/01 R - (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 44). Der Gebrauchsvorteil hänge danach maßgebend von den geistigen und körperlichen Voraussetzungen
des Prothesenträgers und seiner persönlichen Lebensgestaltung ab. Sei der Betroffene nicht in der Lage, die Gebrauchsvorteile
des C-Leg in einem solchen Rahmen zu nutzen, fehle es an der Erforderlichkeit dieses speziellen Hilfsmittels. Sie verstehe
die Formulierung der erkennenden Senats, wonach der Gebrauchsvorteil von der "persönlichen Lebensgestaltung" (in jenem Verfahren:
Mutter mit kleinen Kindern) abhänge, im Unterschied zum LSG dahingehend, es sei erforderlich, dass der Betroffene durch seine
individuellen Lebensverhältnisse auf die mit der Versorgung mit einer C-Leg-Prothese verbundenen Gebrauchsvorteile angewiesen
sei. Das LSG lasse demgegenüber für den Versorgungsanspruch die generellen Gebrauchsvorteile der C-Leg-Prothese genügen, insbesondere
die Verringerung der Sturzgefahr und die Verbesserung des Bewegungsablaufs in unebenem Gelände und beim Treppensteigen, die
sich bei allen mobilen Versicherten im "Alltag" bei allen Aktivitäten auswirken, die ein Gehen oder Laufen erfordern. Die
Auffassung des LSG hätte letztlich zur Konsequenz, dass die Versorgung Beinamputierter mit einer C-Leg-Prothese zur Regelversorgung
würde mit der weiteren Konsequenz, dass die KK für sämtliche technischen Entwicklungen und Verbesserungen von Hilfsmitteln,
die unmittelbar auf den Behinderungsausgleich ausgerichtet sind wie bei Körperersatzstücken, leistungspflichtig wären, ohne
dass es auf die Erforderlichkeit dieser Gebrauchsvorteile für den Versicherten nach seiner persönlichen Lebensgestaltung ankäme.
Dies sei mit den Grundsätzen einer ausreichenden und zweckmäßigen Versorgung iS des §
12 SGB V nicht in Einklang zu bringen. Sie gehe vor dem Hintergrund der bisherigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur
Wirtschaftlichkeit der Versorgung mit Hilfsmitteln, aber auch des in §
31 Abs
3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IX) ausdrücklich normierten Grundsatzes, dass der Versicherte die Mehrkosten einer aufwändigeren als der medizinisch notwendigen
Leistung selbst zu tragen habe, davon aus, dass die Versorgung mit einem C-Leg-Kniegelenksystem nur dann als geeignetes, notwendiges
Hilfsmittel anzusehen sei, wenn der Versicherte auf die Gebrauchsvorteile gegenüber der Standardversorgung auf Grund seiner
persönlichen Lebensgestaltung in seinem Alltag angewiesen sei, was bei der Klägerin nicht der Fall sei.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des LSG Nordrhein-Westfalen vom 8. Januar 2004 und des SG Dortmund vom 12. November 2002 zu ändern und die Klage
abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
II
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Das LSG hat wie die Vorinstanz zu Recht entschieden, dass die Klägerin Anspruch
auf Versorgung mit einer mikroprozessorgesteuerten Oberschenkelprothese hat.
Versicherte haben nach §
33 Abs
1 Satz 1
SGB V idF des Art 5 Nr 9 iVm Art 67 des Gesetzes vom 19. Juni 2001 (BGBl I S 1046) Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen
und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden
Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände
des täglichen Lebens anzusehen oder nach §
34 Abs
4 SGB V ausgeschlossen sind. Wie in allen anderen Bereichen der Leistungsgewährung der gesetzlichen Krankenversicherung auch, müssen
die Leistungen nach §
33 SGB V ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die
nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken
und die Krankenkasse nicht bewilligen (§
12 Abs
1 SGB V).
Die Beklagte zieht nicht in Zweifel, dass die Klägerin nach §
33 SGB V wegen ihrer Amputation im Oberschenkel Anspruch auf Ausstattung mit einer Beinprothese hat, weil dies zum Ausgleich der Behinderung
erforderlich ist. Sie wurde seit 1980 fortlaufend mit herkömmlichen Beinprothesen versorgt. Damit ist aber dem Anspruch der
Klägerin auf den erforderlichen und nach dem Stand der Medizintechnik möglichen Behinderungsausgleich (vgl §
2 Abs
1 Satz 3
SGB V) nicht Rechnung getragen worden. Solange ein Ausgleich der Behinderung nicht vollständig erreicht ist im Sinne eines Gleichziehens
mit einem gesunden Menschen, kann die Versorgung mit einem fortschrittlichen Hilfsmittel nicht mit der Begründung abgelehnt
werden, der bisher erreichte Versorgungsstandard sei ausreichend.
Das LSG hat in Übereinstimmung mit dem SG festgestellt, dass die C-Leg-Prothese des Herstellers B. wegen der Steuerung durch Mikroprozessortechnik
deutliche Gebrauchsvorteile gegenüber den bisher üblichen, allein mechanisch gesteuerten Prothesen aufweise. Die Tatsacheninstanzen
haben sich dabei auf zwei vom SG eingeholte orthopädische Fachgutachten gestützt, welche die Vorteile des C-Legs vor allem in der Ermöglichung eines nahezu
natürlichen Gangbildes und einer erheblichen Reduzierung der Sturzgefahr sehen. Die Gutachter haben dabei verschiedene wissenschaftliche
Ausführungen und Stellungnahmen ausgewertet.
Damit sind die Gebrauchsvorteile des C-Leg-Systems für den Senat verbindlich festgestellt (§
163 Sozialgerichtsgesetz >SGG<). Die Beklagte hat insoweit auch keine Verfahrensfehler geltend gemacht. Im Übrigen hat der Senat in einem Parallelverfahren
auch bereits entschieden, dass sich das LSG zum Nachweis der vom Hersteller der neuartigen mikroprozessorgesteuerten Prothese
im Vergleich zu den herkömmlichen, mechanisch gesteuerten Prothesen beigemessenen Vorzüge der erhöhten Standsicherheit, der
Verbesserung des Gangbildes durch einen nahezu physiologischen Bewegungsablauf sowie der Verbesserung des Gehens auf Treppen
und unebenem Gelände grundsätzlich auf das fachkundige Urteil orthopädischer Gutachter, ihr ärztliches Erfahrungswissen und
die von ihnen ausgewertete Fachliteratur stützen durfte. Weiter gehender klinischer Prüfungen bedurfte es nicht (Urteil vom
16. September 2004 - B 3 KR 20/04R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).
Es bestehen auch keine Bedenken gegen die Verordnungsfähigkeit des C-Leg-Systems der Firma B. . Die meisten
Hilfsmittel sind allerdings Medizinprodukte im Sinne des Medizinproduktegesetzes (MPG) und dürfen deshalb nur in den Verkehr gebracht und in Betrieb genommen werden, wenn sie mit einer CE-Kennzeichnung versehen
sind. Voraussetzung für diese Kennzeichnung ist, dass die grundlegenden Anforderungen nach § 7 MPG erfüllt sind und ein für das jeweilige Hilfsmittel vorgeschriebenes Konformitätsbewertungsverfahren durchgeführt worden ist.
Diese Voraussetzungen sind bei dem hier streitigen Hilfsmittel erfüllt. Damit ist davon auszugehen, dass das Hilfsmittel grundsätzlich
geeignet ist, den medizinischen Zweck zu erfüllen, den es nach den Angaben des Herstellers besitzen soll, und dass es die
erforderliche Qualität besitzt, die notwendig ist, um die Sicherheit seines Benutzers zu gewährleisten (vgl § 1 MPG). Diese Voraussetzung für die Hilfsmittelversorgung ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus §
33 SGB V; sie folgt aber aus den Anforderungen, die das Gesetz in §
139 Abs
2 SGB V für die Aufnahme eines Hilfsmittels in das Hilfsmittelverzeichnis stellt, wobei diese Aufnahme selbst für den Anspruch des
Versicherten nicht maßgebend ist. Mit der CE-Kennzeichnung ist das Hilfsmittel im Sinne der Produktsicherheit und Zwecktauglichkeit
auch im krankenversicherungsrechtlichen Sinne funktionstauglich, ohne dass dies von den KKn oder Gerichten noch eigenständig
zu prüfen wäre; der CE-Kennzeichnung kommt insoweit eine Tatbestandswirkung zu (so auch Zuck, NZS 2003, 417, 418, der zutreffend darauf hinweist, dass trotz der unterschiedlichen Terminologie von MPG und
SGB V inhaltlich teilweise Deckungsgleichheit besteht; zur Tatbestandswirkung berufsrechtlicher Entscheidungen bei der Zulassung
von Leistungserbringern vgl BSG SozR 3-2500 § 126 Nr 1).
Zu Unrecht wendet die Revision ein, die Klägerin könne die Gebrauchsvorteile des C-Leg nicht in einem solchen Maße nutzen,
wie es der Senat in seinem Urteil vom 6. Juni 2002 - B 3 KR 68/01 R - (SozR 3-2500 § 33 Nr 44) für anspruchsbegründend gehalten habe. Diesem Einwand liegt eine unrichtige Auslegung dieser Entscheidung
durch die Beklagte zu Grunde. Das LSG hat festgestellt, dass die Klägerin von ihren körperlichen und geistigen Voraussetzungen
her in der Lage ist, die Gebrauchsvorteile der Prothese voll zu nutzen. Sie nutze diese tatsächlich auch in ihrem Alltag in
allen Lebenslagen, die das Gehen (einschließlich Treppensteigen) bzw das Laufen erfordern. Bei der intensiven Nutzung der
Prothese profitiere sie in besonderem Maße durch die deutlich verminderte Sturzgefahr. Zudem ermögliche die Prothese einen
physiologischen Bewegungsablauf, wodurch zusätzlich die Belastung von Wirbelsäule und Hüftgelenk gesenkt werde. Allerdings
ist die Annahme, durch das physiologische Gangbild werde auf Dauer auch einer Schädigung der Gelenke und der Wirbelsäule besser
vorgebeugt als mit einer herkömmlichen Prothese, zunächst nur plausibel, nicht aber als belegt anzusehen; dafür bedürfte es
wohl längerer Erfahrungen in der Praxis, möglicherweise auch klinischer Studien. Diese Annahme wäre allein noch kein ausreichender
Grund, die Versorgung mit einem C-Leg an Stelle einer herkömmlichen Prothese zu rechtfertigen. Weil es darauf aber nicht entscheidend
ankommt, kann offen bleiben, ob dieselbe Schonung des Skelettsystems auch durch den Einbau von Dämpfungselementen in herkömmliche
Prothesen zu erreichen wäre. Denn die verfahrensfehlerfrei festgestellten anderen Gebrauchsvorteile des C-Leg reichen bereits
aus, um den Anspruch der Klägerin zu begründen.
Auf Grund der festgestellten Tatsachen ist die Einschätzung des LSG, dass die mit der C-Leg-Versorgung für die Klägerin verbundenen
Vorteile gegenüber der bisherigen Versorgung erheblich seien, revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden. Der erkennende Senat
hat in seiner Entscheidung vom 6. Juni 2002 - B 3 KR 68/01 R - (SozR 3-2500 § 33 Nr 44), in der - ebenso wie hier - die von der Tatsacheninstanz festgestellten allgemeinen Gebrauchsvorteile
nicht angegriffen und deshalb für den Senat bindend festgestellt waren, ausgeführt, dass die Gebrauchsvorteile dann wesentlich
sind, wenn sie sich allgemein im Alltagsleben auswirken und sich nicht auf einen bloß besseren Komfort im Gebrauch oder eine
bessere Optik beschränken. In dem damals entschiedenen Fall wurde der wesentliche Gebrauchsvorteil darin gesehen, dass die
betroffene Versicherte bei der Beaufsichtigung ihrer kleinen Kinder von der Verringerung der Sturzgefahr besonders profitierte.
Dass dies nicht nur ein Lebensbereich am Rande, sondern ein solcher von zentraler Bedeutung ist, hat der Senat auch unter
Hinweis auf die besondere Erwähnung der Belange behinderter Mütter und Väter bei der Erfüllung ihres Erziehungsauftrages in
§
9 Abs
1 SGB IX betont. Den Ausführungen kann aber keineswegs entnommen werden, dass nur behinderte Mütter oder Väter zur Erfüllung ihres
Erziehungsauftrags Anspruch auf eine C-Leg-Versorgung haben, oder dass es zumindest ein Lebensbereich sein müsse, der in ähnlicher
Weise vom Gesetz besonders hervorgehoben werde. Dies hat das LSG zutreffend erkannt und schon die Gebrauchsvorteile im normalen
Alltag der Klägerin als erheblich gewertet.
Die Versorgung mit der C-Leg-Prothese verstößt trotz der erheblichen Mehrkosten gegenüber einer herkömmlichen Prothese von
rund 10.000,00 EUR auch nicht gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot (§
12 Abs
1 SGB V). Eine Kosten-Nutzen-Erwägung ist hier nicht anzustellen. Erhebliche Mehrkosten sind nur dann beachtlich, wenn die zusätzlichen
Gebrauchsvorteile eines neuen Hilfsmittels im Alltagsleben als eher gering und die dafür anfallenden Kosten im Vergleich zu
einem bisher als ausreichend angesehenen Versorgungsstandard als unverhältnismäßig hoch einzuschätzen sind (stRspr, so auch
zuletzt Urteil vom 6. Juni 2002 - B 3 KR 68/01 R - BSG SozR 2500 § 33 Nr 44). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, weil sich die mit dem Einsatz des C-Leg verbundenen Gebrauchsvorteile
allgemein im Alltagsleben der Klägerin und nicht nur in Randbereichen auswirken. Auch hier kann sich die Beklagte nicht auf
das vorgenannte Urteil des Senats stützen. Der dortige Hinweis auf die besonderen Bedürfnisse körperlich behinderter Mütter
bei der Erfüllung ihrer Erziehungsaufgaben war nur als verstärkendes, zusätzliches Argument für die Wahrung des Wirtschaftlichkeitsgebots
zu verstehen, nicht aber als ausschlaggebend, um den Versorgungsanspruch in jenem Verfahren zu begründen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.