Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren, Darlegung einer Divergenz
Gründe:
I. Der Kläger ist ein eingetragener gemeinnütziger Verein, dessen Ziel die Förderung des Musiklebens in der Stadt R. und Umgebung
ist. Er verfügt über 76 aktive und mehr als 100 passive Mitglieder und hat sich in kurzer Zeit einen festen Platz im kulturellen
Leben der Stadt R. erarbeitet. Der Verein nimmt Mitgliedsbeiträge, Unterrichtsgebühren, Honorare für Einspielungen, Eintrittsgelder,
Spenden und Zuschüsse ein, hat aber auch Ausgaben für Musikaushilfen und ein Jugendblasorchester. Im Jahr 2007 sind mindestens
26 öffentliche Auftritte durchgeführt worden.
Schon mit Bescheid vom 29.1.1993 hatte die beklagte Künstlersozialkasse die Zugehörigkeit des Klägers zum Kreis der nach dem
Künstlersozialhilfegesetz (KSVG) abgabepflichtigen Unternehmen festgestellt. Im Streit hierüber sowie über die Abgabepflicht in den Folgejahren erklärte
sich die Beklagte in einem früheren Verfahren vor dem Sozialgericht Bayreuth (SG) bereit, den Erfassungsbescheid vom 29.1.1993 erneut zu überprüfen und diesbezüglich eine neue Entscheidung herbeizuführen.
Mit Bescheid vom 24.1.2001 lehnte die Beklagte die Rücknahme des früheren Bescheides ab, weil der Kläger nach den jeweiligen
Fassungen des KSVG seit 1983 abgabepflichtig (gewesen) sei. Unter Leitung eines Dirigenten und mit orchesterfremden Instrumentalkünstlern vermarkte
er das Blasorchester regelmäßig mehrmals im Jahr gegen Entgelt und erteile zudem nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige
Künstler. Der Schwerpunkt des Vereins liege nicht mehr in der musikalischen Hobbypflege, sondern in der Förderung öffentlicher
Auftritte des eigenen Blasorchesters zum Zwecke der Einnahmenerzielung. Der hiergegen gerichtete Widerspruch blieb erfolglos
(Widerspruchsbescheid vom 22.5.2001).
Das SG hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Bescheid vom 29.1.1993 zurückzunehmen; auch bei
dem Blasorchester gehe es um die Hobbypflege der Mitglieder, selbst wenn gelegentlich Einnahmen erzielt würden (Urteil vom
31.10.2003). Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG geändert und die Klage abgewiesen. Der Kläger unterliege der Abgabepflicht nach § 24 KSVG in der jeweils geltenden Fassung, weil er als Unternehmen ein Orchester betreibe und nicht nur gelegentlich Aufträge an selbstständige
Künstler erteile, um deren Werke oder Leistungen für Zwecke des Unternehmens zu nutzen. Daran habe sich auch nichts durch
die Modifikation des KSVG zum Jahresbeginn 1997 geändert (Urteil vom 8.3.2007).
Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG, wobei er sich auf die
grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache beruft und zudem das Vorliegen von Divergenz rügt.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht in der durch die §§
160 Abs
2,
160a Abs
2 Satz 3
SGG normierten Form begründet worden ist. Sie ist deshalb ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§§ 160a Abs
4 Satz 2,
169 Satz 1 bis 3
SGG).
1. Der Kläger macht geltend, die angegriffene Entscheidung betreffe eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG). Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist es erforderlich, die grundsätzliche Rechtsfrage klar zu formulieren und aufzuzeigen,
dass sie über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt (BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11 und SozR 1500 § 160a Nr 39) und dass sie klärungsbedürftig sowie klärungsfähig ist (BSG SozR 1500
§ 160a Nr 13 und 65), sie also im Falle der Revisionszulassung entscheidungserheblich wäre (BSG SozR 1500 § 160a Nr 54). In
der Regel fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage, wenn diese höchstrichterlich bereits entschieden ist (BSG
SozR 1500 § 160 Nr 51, § 160a Nr 13 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8) oder sich ihre Beantwortung eindeutig aus dem Gesetz
ergibt (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Aufl 2005, IX. Kap RdNr 66 mwN). Diese Erfordernisse
betreffen die gesetzliche Form iS des §
169 Satz 1
SGG (vgl BVerfG SozR 1500 §
160a Nr 48). Deren Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
Der Kläger sieht es als grundsätzlich klärungsbedürftig an, ob der Unternehmensbegriff des § 24 KSVG für die Abgabepflicht starr an die Zahl der durchgeführten Auftritte geknüpft ist und ob die Abgabepflicht nur nach einer
Gesamtschau des Tätigkeitsbildes eines Musikvereins zu erfolgen hat bzw nach welchen Kriterien der "überwiegende Zweck" zu
bestimmen sei. Soweit er damit die revisionsrechtliche Überprüfung der früheren und bis Jahresende 1996 geltenden Fassungen
des § 24 KSVG begehrt, sind seine Fragen nicht mehr grundsätzlich klärungsbedürftig, weil sie kein über den Einzelfall hinausgehendes,
die Allgemeinheit betreffendes Interesse begründen. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn noch eine erhebliche Zahl von
Fällen der Entscheidung harrt und gerade darin die Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage liegt oder durch eine Übergangsvorschrift
auch in Zukunft noch grundsätzliche Bedeutung behält (Krasney/Udsching, aaO, RdNr 61 und 187 - jeweils mwN). Ob ein solcher
Ausnahmefall vorliegt, muss in der Beschwerde substantiiert dargelegt werden; dies ist hier nicht geschehen.
Für die Zeit ab Jahresbeginn 1997 - zu diesem Zeitpunkt wurde der Kreis der abgabepflichtigen Unternehmen im Interesse von
Vereinen, die das heimatliche Brauchtum pflegen, erheblich eingeschränkt (vgl Art 11 Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz
vom 25.9.1996 - BGBl I S 1461) - lässt sich der erste Teil der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfrage schon aus dem Gesetz beantworten:
Nunmehr sind Orchester und vergleichbare Unternehmen nur dann zur Künstlersozialabgabe verpflichtet, wenn ihr Zweck überwiegend
darauf gerichtet ist, für die Aufführung oder Darbietung künstlerischer Werke oder Leistungen zu sorgen (§ 24 Abs 1 Satz 1 Nr 2 KSVG); eine starre Bindung an die Zahl der durchgeführten Auftritte sieht dieser Abgabetatbestand gerade nicht vor, es wird vielmehr
auf den überwiegenden Zweck eines solchen Unternehmens abgestellt. Diese vom Kläger aufgeworfene Frage ist mithin durch das
Gesetz geklärt. Soweit er es darüber hinaus für klärungsbedürftig hält, nach welchen Kriterien der "überwiegende Zweck" in
§ 24 Abs 1 KSVG zu bestimmen ist, hätte er sich mit der bislang hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl BSG SozR 3-5425
§ 24 Nr 17 und 19 sowie SozR 4-5425 § 24 Nr 4) auseinandersetzen und darlegen müssen, was insoweit noch konkret klärungsbedürftig
sein soll - dies ist nicht hinreichend geschehen. Der Kläger benennt zwar wiederholt die Entscheidung des Senats vom 16.4.1998
(SozR 3-5425 § 24 Nr 17) und rügt, das LSG habe die dort entwickelten Grundsätze nicht zutreffend angewandt, sein Vorbringen
lässt aber nicht erkennen, was über die Rechtsanwendung im Einzelfall hinaus noch klärungsbedürftig sein könnte.
Im Übrigen hat der Kläger übersehen, dass das LSG die Abgabepflicht ab Juli 2001 auf zwei selbstständige Tatbestände gestützt
hat, nämlich auf § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 2 und § 24 Abs 2 KSVG. Diese Dopplung der tatbestandlichen Abgabepflicht ist durch Art 1 Nr 16 Zweites Gesetz zur Änderung des KSVG vom 13.6.2001 (BGBl I S 1027) eingeführt worden und begründet die Abgabepflicht des Klägers nach dem Urteil des LSG auch
wegen nicht nur gelegentlicher Auftragserteilung an selbstständige Künstler, soweit deren Dienste bei mehr als drei Veranstaltungen
pro Jahr in Anspruch genommen werden. Hiermit hat sich der Kläger nicht auseinandergesetzt; insbesondere hat er nicht substantiiert
dargelegt, dass seine als grundsätzlich angesehene Rechtsfrage alle Begründungen des LSG erfasst bzw in welchem Umfang der
eine oder der andere Abgabetatbestand betroffen ist (vgl dazu Krasney/Udsching, aaO, RdNr 51 und 188).
2. Eine Divergenz des Berufungsurteils zur Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der obersten
Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) ist ebenfalls nicht formgerecht dargetan. Dazu hätte dargelegt werden müssen, dass das LSG einen tragenden Rechtssatz in
Abweichung von einem anderen Rechtssatz aufgestellt hat, den eines der vorgenannten Gerichte entwickelt und angewandt hat,
und dass die Entscheidung des LSG auf dieser Divergenz beruht. Hierzu ist notwendig, den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung
abweichenden Rechtssatz des LSG herauszuarbeiten und die Unvereinbarkeit mit einem Rechtssatz des BSG aufzuzeigen. Eine Abweichung
liegt indes nicht schon dann vor, wenn das LSG einen Rechtssatz nicht beachtet oder unrichtig angewandt hat, sondern erst
dann, wenn das LSG diesem Rechtssatz widersprochen, also einen anderen Rechtssatz aufgestellt und angewandt hat. Nicht die
Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung
der Revision wegen Divergenz (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 21, 29 und 67). Diesen Anforderungen wird das Beschwerdevorbringen nicht gerecht. Der Kläger hat weder einen angeblich tragenden
Rechtssatz des LSG herausgearbeitet noch diesem einen konkreten Rechtssatz des BSG gegenübergestellt, von denen das Berufungsgericht
abgewichen sein soll. Er benennt zwar frühere Entscheidungen des BSG, aus denen sich seiner Meinung nach eine zur Rechtsauffassung
des LSG abweichende Auffassung ergibt, doch ob dies zutreffend ist, kann hier dahinstehen, denn eine zulässige Divergenzrüge
iS von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG lässt sich damit nicht begründen. Es reicht nämlich nicht aus, dass die angebliche Unrichtigkeit der LSG-Entscheidung im
Hinblick auf anderslautende BSG-Urteile dargelegt wird; entscheidend wäre vielmehr die Darlegung einer Nichtübereinstimmung
in den abstrakten Rechtsaussagen (Krasney/Udsching, aaO, RdNr 196 mwN). Daran fehlt es vorliegend. Der weitere Hinweis des
Klägers auf die Rechtsprechung des LSG Baden-Württemberg, das - anders als das Bayerische LSG - die Abgabepflicht eines Orchesters
in einem vergleichbaren Fall verneint haben soll, mag zutreffend sein, kann aber schon nach dem Wortlaut des §
160 Abs
2 Nr
2 SGG keine Divergenz begründen.
3. Der wesentliche Vorwurf des Klägers besteht darin, dass er dem LSG eine falsche Rechtsanwendung vorwirft; er möchte das
Berufungsurteil vom BSG überprüfen lassen. Dies ist jedoch im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde über die in §
160 Abs
2 SGG genannten Gründe hinaus grundsätzlich nicht möglich. Das BSG ist keine weitere Tatsacheninstanz; es geht auch nicht darum,
die sachliche Richtigkeit der Entscheidung des LSG rechtlich in vollem Umfang erneut zu überprüfen (Krasney/Udsching, aaO,
RdNr 182 mwN).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.