Anspruch einer Pflegeeinrichtung auf Zahlung des sog. Anerkennungsbetrages in der sozialen Pflegeversicherung; Durchführung
aktivierender oder rehabilitativer Maßnahmen
Gründe:
I
Streitig ist ein Anspruch auf Gewährung des sogenannten Anerkennungsbetrages nach §
87a Abs
4 SGB XI.
Die klagende Kirchengemeinde ist Trägerin des Alten- und Pflegeheimes Haus St. B. in R.. Am 13.7.2010 wurde dort die damals
83 Jahre alte, am 15.1.2013 verstorbene Versicherte A. W. aufgenommen; sie befand sich bis zum 4.8.2010 in Kurzzeitpflege
(§
42 SGB XI) und sodann in vollstationärer Pflege (§
43 SGB XI). Dem Heimaufenthalt vorausgegangen war ein Sturz der Versicherten in ihrer Wohnung, der zu einer stationären Krankenhausbehandlung
(30.5. bis 15.6.2010) geführt hatte. Die anschließende stationäre geriatrische Rehabilitation (15. bis 21.6.2010) wurde vorzeitig
beendet, weil der Gesundheitszustand der Versicherten eine erneute Krankenhausbehandlung (21.6. bis 13.7.2010) erforderlich
gemacht hatte. Die vor ihrem Sturz nicht pflegebedürftige Versicherte wurde von der Beklagten aufgrund eines Gutachtens des
Sozialmedizinischen Dienstes (SMD) vom 29.7.2010 rückwirkend zum 13.7.2010 der Pflegestufe II zugeordnet, weil sich der durchschnittliche
tägliche Hilfebedarf bei der Grundpflege auf 142 Minuten belief (Bescheid vom 10.8.2010).
Bei einer Wiederholungsuntersuchung (§
18 Abs
2 Satz 5
SGB XI) kam der SMD zu dem Ergebnis, im Vergleich zur Vorbegutachtung sei die Versicherte deutlich mobiler geworden. Der Hilfebedarf
bei der Körperpflege und beim An- und Auskleiden habe sich verringert. Das Gehen mit dem Rollator unter sichernder Begleitung
sei ihr wieder möglich und ein Transport im Rollstuhl nicht mehr erforderlich. Wegen Altersgebrechlichkeit und inkompletter
Harninkontinenz bestehe ein Pflegebedarf von nur noch 100 Minuten (Gutachten vom 21.3.2011). Die Beklagte gewährte der Versicherten
deshalb Leistungen der vollstationären Pflege (§
43 SGB XI) ab 1.5.2011 nur noch nach der Pflegestufe I (Bescheid vom 19.4.2011).
Mit Schreiben vom 12.5.2011 beantragte die Klägerin die Zahlung des Anerkennungsbetrages nach §
87a Abs
4 SGB XI, weil die Herabstufung Resultat ihrer Bemühungen um aktivierende Pflege und Rehabilitation sei. Die Beklagte lehnte den Antrag
nach Einholung einer Stellungnahme des SMD vom 17.5.2011 ab (Schreiben vom 19.5.2011). Sie schloss sich dabei der Auffassung
der Fachärztin für Allgemein- und Sozialmedizin Dr. A. an, die niedrigere Pflegestufe sei vermutlich auf die geriatrische
Rehabilitationsmaßnahme im Juni 2010 zurückzuführen. Bei der Erstbegutachtung vom 29.7.2010 habe der dauerhafte Hilfebedarf
noch nicht abschließend eingeschätzt werden können. Zudem habe das Heim eine ausführliche Dokumentation, aus der sich der
Verlauf der Minderung der Pflegebedürftigkeit ergeben könnte, nicht vorgelegt.
Im Klageverfahren hat die Klägerin geltend gemacht, eine Einrichtung habe nicht den Nachweis zu erbringen, dass mit dem Betroffenen
aktivierende oder rehabilitative Maßnahmen durchgeführt worden seien. Es sei gesetzlich zu vermuten, dass die Einrichtungen
alle Leistungen der vollstationären Pflege (§
43 Abs
2 Satz 1
SGB XI) erbrächten, wozu auch aktivierende und rehabilitative Maßnahmen gehörten (§
11 Abs
1 Satz 2 und §
28 Abs
4 Satz 1
SGB XI). Die Verpflichtung zur aktivierenden Pflege ergebe sich ferner aus dem Versorgungsvertrag (§
72 SGB XI) und aus dem Rahmenvertrag für Kurzzeitpflege und vollstationäre Pflege (§
75 SGB XI). Der Pflegealltag lasse schon zeitlich und personell eine über das normale Maß hinausgehende Leistungserbringung nicht zu.
Komme es zur Rückstufung eines Versicherten in eine niedrigere Pflegestufe, bestehe ohne weitere Prüfung ein Anspruch des
Heimträgers auf Zahlung des Anerkennungsbetrages.
Demgegenüber hat die Beklagte eingewandt, ein pauschales Unterstellen der Kausalität normaler aktivierender Pflege finde im
Gesetz keine Stütze. Vielmehr setze die Zahlung des Anerkennungsbetrages voraus, dass die Pflegeeinrichtung spezielle aktivierende
oder rehabilitative Maßnahmen angeboten und der Betroffene nachweislich daran teilgenommen habe. Die Regelung des §
87a Abs
4 SGB XI belohne nur "gesteigerte Anstrengungen" der Einrichtungen. Daran fehle es hier.
Das SG hat die Beklagte zur Zahlung des Anerkennungsbetrages in Höhe von 1536 Euro verurteilt (Urteil vom 27.4.2012). §
87a Abs
4 Satz 1
SGB XI setze nicht den Nachweis voraus, dass die Zuordnung eines Versicherten zu einer niedrigeren Pflegestufe auf besondere aktivierende
oder rehabilitative Maßnahmen der Pflegeeinrichtung ursächlich zurückzuführen sei. Vielmehr sei grundsätzlich zu unterstellen,
dass die Einrichtung die gesetzlich und vertraglich geschuldete aktivierende Pflege durchgeführt und dies die Herabstufung
kausal bewirkt habe. Die Vorschrift eröffne die Annahme von Ausnahmetatbeständen nur für den Fall, dass nachweislich andere
Gründe, also nicht die aktivierende Pflege selbst, Ursache für die pflegestufenrelevante Reduzierung des Hilfebedarfs gewesen
sind, wie zB die zeitnahe Durchführung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme außerhalb der Pflegeeinrichtung (§
40 Abs
2 SGB V). Hier sei ein solcher Ausnahmetatbestand nicht ersichtlich.
Das LSG hat das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 27.11.2013). Die Zahlung des Anerkennungsbetrags sei nur dann gerechtfertigt,
wenn die Pflegeeinrichtung über den von ihr ohnehin zu erbringenden Pflegestandard hinaus ein erkennbares "Mehr" an Maßnahmen
aktivierender oder rehabilitativer Art im Sinne einer positiven Beeinflussung und eines besonderen Einwirkens auf den Pflegeprozess
erbracht habe. Allein mit der "aktivierenden Pflege" nach dem Pflegestandard (§
11 Abs
1 Satz 2 und §
28 Abs
4 Satz 1
SGB XI) würden die tatbestandlichen Voraussetzungen des §
87a Abs
4 SGB XI nicht erfüllt. Die Einrichtung habe die Durchführung solcher aktivierender oder rehabilitativer Maßnahmen nachzuweisen; dazu
seien die konkrete Pflegeplanung und die Pflegedokumentation vorzulegen. Dass diese zusätzlichen Maßnahmen auch kausal für
die Herabstufung gewesen seien, könne sodann regelmäßig unterstellt werden. Im vorliegenden Fall habe die Klägerin weder nachvollziehbar
dargelegt noch gar bewiesen, dass das Heim bei der Versicherten besondere, über den Pflegestandard hinausgehende Anstrengungen
unternommen habe. Die Auflistung der gesellschaftlichen Gruppenaktivitäten, an denen die Versicherte von September 2010 bis
Oktober 2011 teilgenommen habe, belegten keine gesteigerten mobilitätsfördernden Aktivierungsmaßnahmen.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Das LSG gehe zu Unrecht davon aus, dass die in §
87a Abs
4 SGB XI genannten aktivierenden Maßnahmen sich von den Pflegeleistungen des §
43 SGB XI inhaltlich unterscheiden müssten. Schon wenn die normale aktivierende Pflege zu einer relevanten Reduzierung des Grundpflegebedarfs
führe, sei der Anerkennungsbetrag verdient.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 27. November 2013 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des
Sozialgerichts Münster vom 27. April 2012 zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II
Die zulässige Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung des Rechtsstreits
an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§
170 Abs
2 Satz 2
SGG) begründet. Es kann auf Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen nicht abschließend - positiv oder negativ - entschieden
werden, ob die Voraussetzungen des §
87a Abs
4 Satz 1
SGB XI für die Zahlung des Anerkennungsbetrages erfüllt sind. Im Zuge des erneut durchzuführenden Berufungsverfahrens wird das LSG
die dazu notwendigen Feststellungen zu treffen haben.
A. Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. Der Heimträger
rechnet den Anerkennungsbetrag wie ein zusätzliches Heimentgelt gegenüber der Pflegekasse ab. Die Regelung des §
87a Abs
4 SGB XI findet sich im Zweiten Abschnitt des
SGB XI mit der Überschrift "Vergütung der stationären Pflegeleistungen" (§§
84 ff
SGB XI) und dort in der Vorschrift über die "Berechnung und Zahlung des Heimentgelts" (§
87a SGB XI). Verweigert die Pflegekasse die Zahlung des Anerkennungsbetrages, steht dem Heimträger die isolierte Leistungsklage (§
54 Abs
5 SGG) offen, weil die Pflegekasse gegenüber dem Heimträger im Vergütungsbereich mangels eines Subordinationsverhältnisses nicht
durch Verwaltungsakt über den Anspruch entscheiden kann (O'Sullivan in jurisPK-
SGB XI, 2. Aufl 2012, §
87a RdNr 68). Die Beklagte hat deshalb zu Recht die Ablehnung des Antrags der Klägerin vom 12.5.2011 nur in Form eines einfachen
Schreibens bekannt gegeben. Eines Vorverfahrens bedurfte es nicht; eine Klagefrist war nicht einzuhalten.
B. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs ist §
87a Abs
4 Satz 1
SGB XI idF des Art 1 Nr
53 des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes (PflegeWEG) vom 28.5.2008 (BGBl I 874). Danach erhalten Pflegeeinrichtungen, die Leistungen
iS des §
43 SGB XI, dh vollstationäre Pflege erbringen, seit dem 1.7.2008 von der Pflegekasse zusätzlich den Betrag von 1536 Euro (ab 1.1.2015
erhöht auf 1597 Euro, vgl Art 1 Nr 25 des Ersten Pflegestärkungsgesetzes [PSG I] vom 17.12.2014, BGBl I 2222), wenn der Pflegebedürftige
nach der Durchführung aktivierender oder rehabilitativer Maßnahmen in eine niedrigere Pflegestufe oder von erheblicher zu
nicht erheblicher Pflegebedürftigkeit (sog Pflegestufe 0) zurückgestuft wurde. Nach §
87a Abs
4 Satz 3
SGB XI ist der Betrag aber an die Pflegekasse zurückzuzahlen, wenn der Pflegebedürftige - anders als hier - innerhalb von sechs
Monaten wieder in eine höhere Pflegestufe oder von nicht erheblicher zu erheblicher Pflegebedürftigkeit eingestuft wird. Streitig
ist im vorliegenden Fall allein die Auslegung des Tatbestandsmerkmals "nach Durchführung aktivierender oder rehabilitativer
Maßnahmen" und unter welchen Voraussetzungen die Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals anzunehmen ist. Da die aktivierende
Pflege eines Pflegebedürftigen schon zum allgemeinen Pflegestandard gehört (§
11 Abs
1 Satz 2 und §
28 Abs
4 Satz 1
SGB XI), ist die Zahlung des Anerkennungsbetrages nach Sinn und Zweck der Regelung nur dann gerechtfertigt, wenn das Heim ein erkennbares
"Mehr" als das gesetzliche Mindestmaß an pflegerischen Maßnahmen erbracht hat. Dass dies so geschehen ist, hat das Heim nachvollziehbar
darzulegen und ggf zu beweisen. Es muss allerdings nicht den Nachweis erbringen, das dieses überobligatorische Bemühen im
Einzelfall auch kausal für die Rückstufung des Versicherten war. Es ist nicht ausgeschlossen, dass diese Voraussetzungen im
vorliegenden Fall entgegen der Auffassungen des LSG und der Beklagten erfüllt sind.
1. Was der Gesetzgeber mit dem Tatbestandsmerkmal "nach Durchführung aktivierender oder rehabilitativer Maßnahmen" meint,
hat er in §
87a Abs
4 Satz 1
SGB XI nicht näher beschrieben. Er verwendet diese Wendung im
SGB XI im übrigen nicht, sodass der Senat nicht auf entsprechende andere Vorschriften und die dazu ergangene Rechtsprechung zurückgreifen
kann.
a) Bereits vom Wortlaut her ist der Begriff "aktivierende Maßnahme" von der allgemeinen "aktivierenden Pflege" abzugrenzen.
Dabei handelt es sich um eine Form der alltäglichen Pflegepraxis, die verbliebene Fähigkeiten und Ressourcen des Pflegebedürftigen
bei den einzelnen Pflegemaßnahmen einbezieht und - im Gegensatz zur kompensatorischen Pflege - Hilfe zur Selbsthilfe bietet
und verhindern soll, dass Fähigkeiten wegen fehlender körperlicher und geistiger Übung weiter abnehmen. Im Idealfall können
dadurch sogar verloren gegangene Fähigkeiten wiedererlangt werden. Die aktivierende Pflege ist anerkannter Grundsatz professioneller
Pflege. Im
SGB XI wird sie an mehreren Stellen vorausgesetzt und auch konkret erwähnt: Nach §
2 Abs
1 SGB XI sollen die Leistungen der Pflegeversicherung den Pflegebedürftigen helfen, trotz ihres Hilfebedarfs ein möglichst selbstständiges
und selbstbestimmtes Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht. Die Hilfen sind darauf auszurichten, die körperlichen,
geistigen und seelischen Kräfte der Pflegebedürftigen wiederzugewinnen oder zu erhalten. §
5 Abs
6 SGB XI ordnet an, dass die Leistungsträger im Rahmen ihres Leistungsrechts auch nach Eintritt der Pflegebedürftigkeit ihre Leistungen
zur medizinischen Rehabilitation und ihre ergänzenden Leistungen im vollen Umfang einzusetzen und darauf hinzuwirken haben,
die Pflegebedürftigkeit zu überwinden, zu mindern sowie eine Verschlimmerung zu verhindern. Gemäß §
6 Abs
2 SGB XI haben die Pflegebedürftigen nach Eintritt der Pflegebedürftigkeit an Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und der
aktivierenden Pflege mitzuwirken, um die Pflegebedürftigkeit zu überwinden, zu mindern oder eine Verschlimmerung zu verhindern.
Nach §
11 Abs
1 Satz 2
SGB XI haben Inhalt und Organisation der durch die Pflegeeinrichtung angebotenen Leistungen eine humane und aktivierende Pflege
unter Achtung der Menschenwürde zu gewährleisten. §
28 Abs
4 SGB XI stellt ausdrücklich klar, dass die Pflege auch die Aktivierung des Pflegebedürftigen zum Ziel haben soll, um die vorhandenen
Fähigkeiten zu erhalten und, soweit dies möglich ist, verlorene Fähigkeiten zurückzugewinnen. Nach §
11 Abs
2 SGB V haben Versicherte auch Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie auf unterhaltssichernde und andere
ergänzende Leistungen, die notwendig sind, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern,
auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern (Satz 1). Leistungen der aktivierenden Pflege
nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit werden von den Pflegekassen erbracht (Satz 2).
b) Auch außerhalb der Vorschriften des
SGB XI wird die "aktivierende Pflege" als generelle Pflicht der Pflegeheime mehrfach angesprochen: Die "Maßstäbe und Grundsätze
für die Qualität und die Qualitätssicherung sowie für die Entwicklung eines einrichtungsinternen Qualitätsmanagements nach
§
113 SGB XI in der vollstationären Pflege" vom 27.5.2011 (MuG vollstationäre Pflege, BAnz vom 21.7.2011, Nr 108 S 2573) beschreiben unter
Punkt 1.1, dass stationäre Einrichtungen die Leistungen im Rahmen des §
2 Abs
2 Satz 2
SGB XI (Berücksichtigung der Wünsche des Pflegebedürftigen bei der Gestaltung der Hilfe) und §
4 Abs
3 SGB XI (Grundsatz der Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Leistungen) unter anderem auf der Basis des Zieles erbringen, Pflege,
soziale Betreuung, Unterkunft und Verpflegung darauf auszurichten, die körperlichen, geistigen und seelischen Kräfte der Bewohner
wiederzugewinnen oder zu erhalten. Im Rahmenvertrag nach §
75 Abs
1 SGB XI zur Kurzzeitpflege und vollstationären Pflege in Nordrhein-Westfalen ist in §
2 vereinbart: "Inhalt der Pflegeleistungen sind die im Einzelfall erforderlichen Tätigkeiten zur Unterstützung, zur teilweisen
oder zur vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder zur Beaufsichtigung oder Anleitung
mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen in der anerkannten Pflegestufe. Die Hilfen sollen diejenigen
Maßnahmen enthalten, welche die Pflegebedürftigkeit mindern sowie eine Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit und der Entstehung
von Sekundärerkrankungen vorbeugen." Nach §
5 des Versorgungsvertrages nach §
72 SGB XI verpflichten sich die Vereinbarungspartner, dass sowohl die Bestimmungen des Rahmenvertrages nach §
75 SGB XI als auch die Maßstäbe und Grundsätze für die Qualität und die Qualitätssicherung sowie für die Entwicklung eines einrichtungsinternen
Qualitätsmanagements nach §
113 SGB XI in der jeweils gültigen Fassung uneingeschränkt und unmittelbar Anwendung finden. In Ziffer 2 der "Richtlinien der Spitzenverbände
der Pflegekassen über die Abgrenzung der Merkmale der Pflegebedürftigkeit und der Pflegestufen sowie zum Verfahren der Feststellung
der Pflegebedürftigkeit" (Pflegebedürftigkeits-Richtlinien [PflRi] vom 7.11.1994, zuletzt geändert durch Beschluss vom 11.5.2006)
und Abschnitt D 4.0 III. / 6. S 51 der "Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach
dem XI. Buch des Sozialgesetzbuches" (Begutachtungs-Richtlinien vom 8.6.2009, geändert durch Beschluss vom 16.4.2013) wird
wiederum, wie in §
11 Abs
1 Satz 2
SGB XI, der Begriff der "aktivierenden Pflege" verwendet.
c) Die Gesetzesbegründung zu §
87a Abs
4 SGB XI spricht die "aktivierende Pflege" als allgemeinen Pflegestandard ebenfalls an (Entwurf des PflegeWEG, BT-Drucks 16/7439,
zu Nr 53 S 73). Begründet wird die Einführung des Anerkennungsbetrages für Einrichtungen der dauerhaften vollstationären Pflege
mit der Notwendigkeit eines finanziellen Anreizes, durch den die Anstrengungen in den Bereichen der aktivierenden Pflege und
der Rehabilitation (§
5 Abs
2 SGB XI) gesteigert werden sollen. Was dabei konkret unter "aktivierenden oder rehabilitativen Maßnahmen" zu verstehen sein soll,
wird aber auch in der Gesetzesbegründung nicht näher erläutert. Lediglich der Grund für die Beschränkung des Anerkennungsbetrages
auf die dauerhafte vollstationäre Pflege (§
43 SGB XI) wird offengelegt: "Nicht vorgesehen werden finanzielle Anreize für Pflegedienste und Einrichtungen von Tages-, Nacht- und
Kurzzeitpflege, da die Ausgangssituationen nicht vergleichbar sind. Pflegedienste erbringen typischerweise bzw. häufig nur
einen Teil des insgesamt erforderlichen Versorgungs- und Betreuungsaufwands, überdies findet regelmäßig eine begleitende ambulante
Rehabilitation statt, so dass ein Erfolg nur schwerlich allein oder auch nur überwiegend den Anstrengungen eines Pflegedienstes
zugeordnet werden kann. Ähnliches gilt für die teilstationäre Versorgung. In Einrichtungen der Kurzzeitpflege halten sich
Pflegebedürftige nur für einen begrenzten Zeitraum auf, so dass sich etwaige Erfolge auch hier kaum kausal auf die professionelle
Versorgung zurückführen lassen."
2. Dass eine dem allgemeinen Pflegestandard entsprechende aktivierende Pflege im Einzelfall das Maß der Pflegebedürftigkeit
absenken kann, ist unbestritten (O'Sullivan, aaO, § 87a RdNr 61 mwN). Allein daraus aber zu schließen, es reiche für den Anerkennungsbetrag
nach §
87a Abs
4 SGB XI aus, wenn das Pflegeheim ganz allgemein den Grundsätzen der aktivierenden Pflege gefolgt sei, würde zu weit gehen. Auf Grundlage
dieser Rechtsauffassung wäre das Tatbestandsmerkmal "nach Durchführung aktivierender oder rehabilitativer Maßnahmen" praktisch
überflüssig und ohne eigenen Regelungsgehalt. Der Gesetzeswortlaut, Sinn und Zweck des Gesetzes sowie die Gesetzesmaterialien
sprechen gegen diese von der Klägerin und auch vom SG vertretene Rechtsauffassung.
Der Senat stimmt dem LSG dahin zu, dass die Voraussetzungen des §
87a Abs
4 SGB XI nicht allein dadurch erfüllt werden können, dass sich das Heim nach seinem Konzept und der Ausrichtung seines Leistungsangebotes
dem Gedanken der "aktivierenden Pflege" verpflichtet sieht. Mit der Wendung "nach Durchführung aktivierender oder rehabilitativer
Maßnahmen" geht der Normtext über das allgemeine Prinzip der aktivierenden Pflege hinaus, wonach bei der gesamten Ausgestaltung
der Pflege die Kompetenzen der pflegebedürftigen Menschen abzurufen und sie soweit wie möglich bei der Gestaltung des Tagesablaufs
zu nutzen sind. Dazu ist jedes Heim gesetzlich und vertraglich verpflichtet. Nach dem Wortlaut des §
87a Abs
4 SGB XI setzt der Anspruch auf den Ausgleichsbetrag aber nicht nur die Herabstufung eines pflegebedürftigen Bewohners in eine niedrigere
Pflegestufe, sondern darüber hinaus die Durchführung aktivierender oder rehabilitativer Maßnahmen und damit einen das gesetzliche
Mindestmaß überschreitenden Umfang an pflegerischen Maßnahmen voraus. Diese müssen sich dem Sinn der Regelung des §
87a Abs
4 SGB XI nach zentral auf die Fähigkeiten der Betroffenen beziehen, die nach §
14 Abs
4 SGB XI für die Zuordnung zu einer Pflegstufe maßgeblich sind, also etwa Mobilität, Körperpflege, Nahrungsaufnahme und Toilettenbenutzung.
Hat das Heim dazu spezielle Angebote gemacht, die der Betroffene regelmäßig auch genutzt hat, greift die Vermutung ein, dass
diese überobligatorischen Anstrengungen zur Herabstufung beigetragen haben. Auch eine quantitative Ausweitung der aktivierenden
Pflege kann im Einzelfall ausreichen, wie zB ein in der Dauer ausgeweitetes begleitetes Rollator-Gehtraining zur Förderung
des Ziels des späteren eigenständigen Gehens mit dem Rollator. Einen Nachweis der Kausalität der durchgeführten überobligatorischen
Maßnahmen verlangt die Vorschrift aber ausdrücklich nicht.
3. Neben den aktivierenden Maßnahmen stehen in §
87a Abs
4 Satz 1
SGB XI gleichrangig und alternativ die rehabilitativen Maßnahmen.
a) Nach dem Wortlaut der Vorschrift kann sich der Begriff der "rehabilitativen Maßnahme" sowohl auf die Rehabilitation im
teilhaberechtlichen Sinne (§§
1,
4,
5 SGB IX), also die Kombination aus medizinischer, beruflicher und sozialer Rehabilitation als auch auf die rein medizinische Rehabilitation
(§
5 Abs
6 SGB XI; §
5 Nr
1 iVm §§
26 ff
SGB IX, §
11 Abs
2 und §
40 SGB V) beziehen. Die Rehabilitation im teilhaberechtlichen Sinne umfasst nach der Definition im Technical Report 668/1981 der Weltgesundheitsorganisation
(WHO) entsprechend dem von ihr vertretenen "biopsychosozialen Modell" von Gesundheit und Krankheit (vgl Luthe, Rehabilitationsrecht,
2. Aufl 2015, Teil 1 Kapitel A, S 9, 10) den koordinierten Einsatz medizinischer, sozialer, beruflicher, pädagogischer und
technischer Maßnahmen sowie Einflussnahmen auf das physische und soziale Umfeld zur Funktionsverbesserung zum Erreichen einer
größtmöglichen Eigenaktivität zur weitestgehenden Partizipation in allen Lebensbereichen, damit der Betroffene in seiner Lebensgestaltung
so frei wie möglich wird. Die Rehabilitation in diesem weiten Sinne betrifft also Maßnahmen, die darauf zielen, die körperlichen,
psychischen und sozialen Folgen einer Behinderung bzw Aktivitätseinschränkung und Störung der Teilhabe am Leben zu reduzieren
und auf ein Minimum zu beschränken. Dies verdeutlicht, dass die aktivierende Pflege einen starken Bezug zu rehabilitativen
Aspekten wie Selbstbestimmung, Alltagsbewältigung sowie Umgang mit der eigenen Behinderung hat (Plantholz im LPK-
SGB XI, 4. Aufl 2014, §
28 RdNr 28). An der Definition des Begriffs "Rehabilitation" durch die WHO orientiert sich der Gesetzgeber auch im
SGB IX, das der "Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen" gewidmet ist. Nach §
1 Satz 1
SGB IX erhalten behinderte oder von Behinderung bedrohte Menschen Leistungen nach diesem Buch und dem für die Rehabilitationsträger
geltenden Leistungsgesetzen, um ihre Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu fördern,
Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken. Die medizinische Rehabilitation ist dabei ein wesentlicher Bestandteil
des Teilhabeanspruchs (§
5 Nr 1
SGB IX).
b) Dieser weite Begriff der "Rehabilitation" liegt allerdings nicht dem Begriff der "rehabilitativen Maßnahmen" zugrunde,
wie er in §
87a Abs
4 Satz 1
SGB XI verwendet wird. Er beschränkt sich dort auf die medizinische Rehabilitation. Die Gesetzesbegründung zum PflegeWEG (BT-Drucks
16/7439, zu Nr 53 Buchst c S 73) führt bei den zu fördernden Anstrengungen der Pflegeeinrichtungen im Bereich der Rehabilitation
ausdrücklich den Klammerzusatz "§
5 Abs
2" an. §
5 Abs
2 SGB XI in seiner damaligen Fassung (ab 25.7.2015: §
5 Abs
6 SGB XI idF des Gesetzes zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention vom 17.7.2015, BGBl I 1368) betrifft aber ausschließlich
die medizinische Rehabilitation (vgl §
11 Abs
2, §
40 SGB V sowie §
26 SGB IX) und verpflichtet alle Leistungsträger, im Rahmen ihres Leistungsrechts auch nach Eintritt der Pflegebedürftigkeit ihre Leistungen
zur medizinischen Rehabilitation und ergänzenden Leistungen im vollen Umfang einzusetzen und darauf hinzuwirken, die Pflegebedürftigkeit
zu überwinden, zu mindern sowie ihre Verschlimmerung zu verhindern (so auch §
107 Abs
2 Nr
1b SGB V zur Aufgabe der Rehabilitationseinrichtungen). Demgemäß haben die Pflegeheime zB auch die Pflicht zur Aufforderung und Anleitung
des Versicherten nach dem Heilungsprozess einer Fraktur regelmäßig an vertragsärztlich verordneter Krankengymnastik teilzunehmen
und diese ggf durch regelmäßige eigene Übungen zu begleiten (vgl §
26 Abs
2 Nr
4 SGB IX: Krankengymnastik als Leistung zur medizinischen Rehabilitation). Die Heime haben ferner die Pflicht, regelmäßig dafür Sorge
zu tragen, dass ein Betroffener, zB ein Schlaganfallpatient, Leistungen der Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie oder Neuropsychologie
ärztlich verordnet bekommt und auch an den jeweiligen Therapien teilnimmt (vgl §
5, §
18 Abs
1 Satz 3 und Abs
6 Satz 2 und 3, §
31 SGB XI).
Die eigentlichen Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation (Einzelmaßnahmen iS des §
26 SGB IX, Komplexleistungen nach §
40 SGB V) sind aber anders als die aktivierende Pflege (§
28 Abs
4 Satz 1
SGB XI), nicht vom Leistungskatalog der sozialen Pflegeversicherung nach §
28 Abs
1 SGB XI umfasst und sie gehören dementsprechend nicht zu den durch die Pflegekassen und die Leistungserbringer sicherzustellenden
Leistungen nach §
28 Abs
3 SGB XI (Welti in Luthe, Rehabilitationsrecht, 2. Aufl 2015, Teil 3 Kapitel G, S 152; vgl auch Kreutz, Deutsche Vereinigung für Rehabilitation,
Forum D - 31/2015: Pflegekassen müssen Reha-Träger werden). Eine Ausnahme bilden lediglich die vorläufigen Leistungen zur
medizinischen Rehabilitation nach §
32 SGB XI, die zwar von den Pflegekassen als Sachleistung (§
4 Abs
1 SGB XI) einstweilen sicherzustellen, anschließend aber von den Krankenkassen zu finanzieren sind. Bestandteil der vollstationären
Pflege sind nach §
43 Abs
2 Satz 1
SGB XI auch die Leistungen der medizinischen Behandlungspflege (wie zB Medikamentengabe und Verbandwechsel). Diese ansonsten von
den Krankenkassen zu erbringenden Leistungen (§
37 SGB V) sind bei vollstationärer Pflege der Versicherten von den Pflegekassen und den Pflegeheimen sicherzustellen, es sei denn,
es geht um einen besonders hohen Bedarf, der dann wiederum in die Zuständigkeit der Krankenkassen fällt (§
37 Abs
2 Satz 3
SGB V). Bei der medizinischen Behandlungspflege geht es aber um Krankenbehandlung in Form häuslicher Krankenpflege (§
37 und §
27 Abs
2 Satz 1 Nr
4 SGB V) und nicht um eine Leistung der medizinischen Rehabilitation (§
27 Abs
2 Satz 1 Nr
6 SGB V). Die medizinische Rehabilitation ist originäre Aufgabe der Krankenkassen. Um dem Tatbestandsmerkmal der "rehabilitativen
Maßnahmen" in §
87a Abs
4 Satz 1
SGB XI einen Sinn zu geben, ist davon auszugehen, dass die Vorschrift nicht auf den Leistungskatalog des §
28 Abs
1 SGB XI abstellt, sondern alle in dem Heim angebotenen von ihm veranlassten, überwachten und organisatorisch begleiteten Maßnahmen
mit rehabilitativem Charakter belohnen möchte, sofern sie geeignet sind, den Umfang der Pflegebedürftigkeit zu reduzieren,
also insbesondere auf die Mobilität, die Körperpflege und die Nahrungsaufnahme abzielen (vgl §
14 Abs
4 SGB XI).
c) Da grundsätzlich nicht unterschieden werden kann, ob eine eingetretene Reduzierung des Pflegebedarfs, die auf der Wiedergewinnung
körperlicher oder geistiger Fähigkeiten beruht, letztlich auf aktivierende Maßnahmen des Pflegepersonals (wie zB Geh-, Aufsteh-,
Rollator- oder Toilettentraining, Gedächtnistraining) oder auf die gleichzeitig stattfindenden Maßnahmen der Krankenkassen
zur medizinischen Rehabilitation zurückzuführen sind, die aber vom Pflegepersonal ggf veranlasst und begleitet werden, muss
davon ausgegangen werden, dass auch alle Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation unabhängig von der Kostenträgerschaft
in den Tatbestand des §
87a Abs
4 SGB XI einzubeziehen sind, solange sie ambulant im Pflegeheim durchgeführt werden und dem Pflegepersonal eine Veranlasser- und Begleitfunktion
zukommt.
4. Da der Anerkennungsbetrag nach §
87a Abs
4 SGB XI die Reduzierung des Pflegebedarfs infolge Wiedergewinnung körperlicher oder geistiger Fähigkeiten belohnen will, scheidet
ein Anspruch aus, wenn die Rückstufung auf eine stationäre Krankenbehandlung oder auf eine außerhalb des Heimes durchgeführte
Rehabilitationsmaßnahme zurückzuführen ist (BT-Drucks 16/7439, zu Nr 53 Buchst b S 73). Gleiches gilt dann, wenn die Rückstufung
auf dem Einsatz von Hilfsmitteln beruht. Eine Verschlimmerung des Gesundheitszustands, zB fortschreitende Demenz, die Bettlägerigkeit
zur Folge hat, kann ebenfalls den Hilfebedarf vermindern und zu einer niedrigeren Pflegestufe führen, ohne dass der Anspruch
auf den Anerkennungsbetrag ausgelöst wird.
5. Die Durchführung der aktivierenden oder rehabilitativen Maßnahmen und die erfolgte Teilnahme des Pflegebedürftigen ist
zu dokumentieren, und die Pflegedokumentation ist auf Veranlassung der Pflegekasse dem allein zur Einsichtnahme berechtigten
MDK (bzw SMD) vorzulegen, wenn ein Heim einen Anerkennungsbetrag nach §
87a Abs
4 SGB XI zur Abrechnung stellt. Es besteht insoweit kein unmittelbares Einsichtsrecht der Pflegekasse (vgl Kuhn-Zuber in LPK-
SGB XI, 4. Aufl 2014, §
105 RdNr 7). Das Heim muss aber grundsätzlich nicht nachweisen, dass zwischen den erbrachten Maßnahmen und der Herabstufung in
eine niedrigere Pflegestufe ein Ursachenzusammenhang besteht; die Kausalität wird vielmehr vermutet (BT-Drucks 16/7439 zu
Nr 53 b S 73).
a) Bei dem Anerkennungsbetrag handelt es sich um eine Art Prämie. Sie soll in erster Linie einen gewissen Ausgleich für die
finanziellen Einbußen des Heims darstellen. Einer Herabstufung der Pflegestufe bzw Pflegeklasse (§
84 Abs
2 Satz 3
SGB XI) steht nicht unbedingt eine entsprechende Verringerung der Kosten gegenüber. Der pflegerische Aufwand verringert sich allenfalls
unmerklich, wenn der Grundpflegebedarf eines Pflegebedürftigen um nur eine kurze Zeitspanne, zB von 121 auf 119 Minuten, absinkt,
aber dies ist mit einer Absenkung der Pflegestufe von II auf I verbunden. Nur auf zweiter Ebene hat diese Prämie auch Anreizwirkung.
Sie kann lediglich als Entschärfung und Verminderung der Fehlanreize angesehen werden, die durch die Vergütungsstruktur in
der stationären Pflege gegeben sind, die nämlich zu finanziellen Einbußen des Heims bei "erfolgreicher" Pflege führen. Wenn
aber bei dem Anerkennungsbetrag die Ausgleichsfunktion im Vordergrund steht, ist maßgeblich die Herabstufung selbst, nicht
so sehr ein Kausalzusammenhang zu den aktivierenden und rehabilitativen Maßnahmen. Hierfür spricht auch die Erwägung des Gesetzgebers,
der Anerkennungsbetrag solle "unbürokratisch" gewährt werden. Ein Kausalzusammenhang zwischen aktivierender Maßnahme und Verringerung
des Pflegebedarfs kann mit vertretbarem Aufwand nicht belegt oder gar nachgewiesen werden.
b) Dem Anliegen des Gesetzgebers, den Nachweis der Voraussetzungen des §
87a Abs
4 SGB XI nicht zu bürokratisch auszugestalten, ist dadurch Rechnung zu tragen, dass die Anforderungen an die Dokumentation der aktivierenden
oder rehabilitativen Maßnahmen nicht zu hoch angesetzt werden. Es reicht regelmäßig aus, wenn das Heim sein Angebot in dieser
Hinsicht darstellt und belegt, dass der Betroffene von diesem Angebot mehr als nur ganz beiläufig Gebrauch gemacht hat. Eine
Aufzeichnung in der Form, dass für jeden Tag dokumentiert würde, an welchen aktivierenden Maßnahmen der Betroffene für wie
viele Minuten teilgenommen hat, ist nicht geboten. Grundsätzlich wird das Heim schon im eigenen Interesse seine spezifischen
Aktivierungsangebote schriftlich dokumentieren; es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass das Heim über eine mündliche Aussage
der für diesen Teil der Pflege zuständigen Pflegekräfte seine Angebote darstellt. Das gilt insbesondere für die Zeit bis zur
Verkündung dieses Urteils. Bisher konnten die Heime nicht wissen, welche Anforderungen an den Nachweis der Durchführung aktivierender
Maßnahmen zu stellen sind. Deshalb durfte das LSG das Angebot der Klägerin, über die Darstellung der Maßnahmen durch die Pflegedienstleiterin
den Nachweis der Voraussetzungen des §
87a Abs
4 SGB XI zu erbringen, nicht unbeachtet lassen.
c) Nach Feststellung des LSG war die Versicherte bei der Nachuntersuchung am 21.3.2011 deutlich mobiler als bei der Erstbegutachtung
am 29.7.2010. Insbesondere das Gehen mit dem Rollator unter sichernder Begleitung war der Versicherten wieder möglich und
ein Transport im Rollstuhl nicht mehr erforderlich. Außerdem gab es Fortschritte bei der selbstständigen Durchführung der
Körperpflege und beim An- und Auskleiden. Der tägliche Grundpflegebedarf hatte sich innerhalb von nur acht Monaten von 142
auf 100 Minuten reduziert. Dieser außerordentliche Mobilisationserfolg stellt ein starkes Indiz dar, dass die Versicherte
nicht nur schlicht nach dem Mindeststandard gepflegt worden ist, sondern auch die von der Pflegedienstleiterin bei der informatorischen
Anhörung geschilderten verrichtungsübergreifenden Trainingsmaßnahmen (Geh-, Balance- und Motivationstraining) mitgemacht hat.
Als bewiesen können die überobligatorischen Maßnahmen bisher aber nicht gelten.
aa) Zwar kann unter Umständen schon eine ganz erhebliche Reduzierung des Grundpflegebedarfs dafür sprechen, dass tatsächlich
aktivierende Maßnahmen durchgeführt worden sind. Denn wenn nicht lediglich eine geringfügige Verringerung des Pflegebedarfs
im Grenzbereich der Pflegestufen zu einer Einstufung in eine niedrigere Pflegstufe geführt hat, wie es zB bei der schon erwähnten
Verringerung des Grundpflegebedarfs von 121 Minuten (Pflegestufe II) auf 119 Minuten (Pflegestufe I) der Fall wäre, sondern
sich der Pflegebedarf - wie hier - tatsächlich ganz deutlich verringert hat, kann unter Umständen daraus bereits auf die Durchführung
effektiver aktivierender Maßnahmen des Pflegeheims geschlossen werden. Ein solcher Rückschluss ohne weiteren konkreten Nachweis
aktivierender oder rehabilitativer Maßnahmen durch das Pflegeheim setzt aber voraus, dass keine anderen Ursachen für diesen
Pflegeerfolg maßgeblich gewesen sind. Davon konnte im vorliegenden Fall jedoch nicht ohne Weiteres ausgegangen werden, da
die Diagnose zum Leistungsvermögen der Versicherten anlässlich der Aufnahme in dem Pflegeheim unsicher war; es stand von vornherein
im Raum, dass die Versicherte noch nicht im medizinischen Sinne "austherapiert" war. Zudem ist die Versicherte kurz vor ihrer
Heimaufnahme akut stationär behandelt worden und hat an einer stationären geriatrischen Rehabilitationsmaßnahme teilgenommen.
Deshalb reicht allein die erhebliche Reduzierung des Grundpflegebedarfs nicht aus, um daraus schon auf die Durchführung aktivierender
oder rehabilitativer Maßnahmen seitens der Klägerin schließen zu können. Das LSG wird daher aufzuklären haben, ob die Versicherte
tatsächlich solche Maßnahmen kontinuierlich durchlaufen hat.
bb) Mit Blick auf die von der Beklagten bestätigten krankengymnastischen Maßnahmen, die bei der Versicherten in der Zeit zwischen
Juli und November 2010 regelmäßig durchgeführt worden sind (vgl Schriftsatz vom 23.9.2015), ist ferner zu klären, inwieweit
das Heim durch eigene Maßnahmen (zB Veranlassung der ärztlichen Verordnungen, organisatorische Hilfe, Überwachung, Begleitübungen
im Alltag) an der Versorgung der Versicherten mit krankengymnastischen Leistungen beteiligt war. Solche Unterstützungshandlungen
können "rehabilitative Maßnahmen" des Heimträgers iS des §
87a Abs
4 SGB XI im Rahmen einer - in die Zuständigkeit der Krankenkassen fallenden (§
27 Abs
1 Satz 2 Nr
3, §
11 Abs
2 Satz 1
SGB V) - rehabilitativen Leistung (§
26 SGB IX) sein.
C. Über die Kosten des Revisionsverfahrens hat das LSG im Zuge des erneut durchzuführenden Berufungsverfahrens zu entscheiden.
Die Festsetzung des Streitwerts für das Revisionsverfahren folgt aus §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 1
SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 GKG.