Soziale Pflegeversicherung, Anspruch auf Kostenerstattung für einen Stehtrainer, Entscheidungsbefugnis der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit
über Ansprüche aus privaten Krankenversicherungsverträgen
Gründe:
I. Streitig ist die Verpflichtung des beklagten privaten Krankenversicherungsunternehmens, anteilige Kosten für einen sog
Stehtrainer zu übernehmen.
Die Klägerin ist bei der Beklagten privat kranken- und pflegepflichtversichert. In den Versicherungsschutz einbezogen sind
in Höhe von 20 % Leistungen für ihren im Jahre 1981 geborenen Sohn, solange für ihn Anspruch auf Beihilfe besteht. Dieser
ist aufgrund einer Cerebralparese geistig und körperlich stark behindert. Unter anderem leidet er unter massiven Beugespastiken
der Arme und Beine sowie unter Krampfanfällen. Ohne fremde Hilfe kann er weder sitzen noch stehen.
Die Klägerin beantragte im März 2000 bei der Beklagten die anteilige Übernahme der Kosten eines Stehtrainers, der ihrem Sohn
zuvor ärztlich verordnet worden war und unter elektronischer Unterstützung dazu dient, in eine aufrechte Position zu gelangen
und in dieser zu verbleiben. Sie machte geltend, der Stehtrainer sei im Hilfsmittelverzeichnis der Spitzenverbände der sozialen
Pflegeversicherung aufgeführt. Ihr Sohn werde durch die Ablehnung der anteiligen Kostenerstattung in Höhe von 969,94 Euro
im Vergleich zu den gesetzlich Versicherten unverhältnismäßig benachteiligt. Ihm würden Hilfen zur Mobilitätsförderung vorenthalten,
die Versicherten der sozialen Pflegeversicherung zustünden. Hilfsweise müsse sich die Beklagte in ihrer Funktion als Krankenversicherer
an den Kosten beteiligen.
Mit Schreiben vom 15.6. und 23.11.2000 sowie weiterem Schreiben vom 2.2.2001 lehnte die Beklagte eine Beteiligung an den Kosten
ab. Der Stehtrainer sei kein Hilfsmittel im Sinne ihrer allgemeinen Versicherungsbedingungen. Er sei nur im Hilfsmittelverzeichnis
der gesetzlichen Krankenversicherung aufgeführt und deshalb - wenn überhaupt - in jenem Versicherungszweig zu erbringen. Der
Stehtrainer sei auch kein Pflegehilfsmittel, denn er erleichtere die Pflege in keiner Weise; es handele sich vielmehr um ein
Trainingsgerät, das der medizinischen Therapie diene.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 2.10.2002), das Landessozialgericht (LSG) die Berufung der Klägerin zurückgewiesen
(Urteil vom 21.12.2005): Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung von 969,94 Euro als Zuschuss für den Stehtrainer. Nach
dem eingeholten Sachverständigengutachten diene dieser ganz wesentlich der Behandlungspflege. Dazu gehörten alle Pflegemaßnahmen,
die nur durch eine bestimmte Krankheit verursacht werden, speziell auf den Krankheitszustand des Versicherten ausgerichtet
sind und dazu beitragen, die Krankheit zu lindern, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu verhindern
oder zu lindern. In diesem Sinne fördere das Aufrichten in die stehende Position die Mobilisation des Sohnes der Klägerin,
weil vorhandene Spastiken gelöst würden und Kontrakturen und Muskelabbau vorgebeugt werde; des Weiteren werde der Kreislauf
stabilisiert. Die Beklagte sei auch nicht ausnahmsweise deshalb leistungsverpflichtet, weil sie im konkreten Fall entsprechende
Leistungen aufgrund des Krankenversicherungsvertrages nicht zu erbringen habe. Eine Versorgungslücke der privaten Krankenversicherung
sei nicht durch das Eintreten der privaten Pflegeversicherung zu schließen (Verweis auf Urteil des Senats vom 10.11.2005,
SozR 4-3300 § 40 Nr 2).
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung der §§
23 Abs
3 Satz 2,
23 Abs
1 Satz 2 und
40 Abs
1 Satz 1
SGB XI. Der Stehtrainer sei zwar nicht im Pflegehilfsmittelverzeichnis der Beklagten aufgeführt. Jedoch habe sie einen Gleichwertigkeitsanspruch
aus §
23 Abs
3 Satz 2 iVm Abs
1 Satz 2
SGB XI, wonach eine Leistung der privaten Pflegeversicherung dem Maßstab der gesetzlichen Pflegeversicherung gemäß §
40 Abs
1 Satz 1
SGB XI entsprechen müsse. Diese Abwägung sei fehlerhaft vorgenommen worden. Der Stehtrainer diene schwerpunktmäßig der Erleichterung
der Pflege. Hilfsweise sei die Beklagte aus dem privaten Krankenversicherungsvertrag leistungspflichtig. Dieser Vertrag biete
beihilfeberechtigten Personen einen Sonderstatus, der mit der gesetzlichen Krankenversicherung gleichzusetzen sei. Ansprüche
hieraus seien daher nicht auf dem ordentlichen Rechtsweg, sondern auf dem Sozialrechtsweg geltend zu machen. Denn wäre ihr
Sohn gesetzlich krankenversichert, hätte er einen Anspruch auf Versorgung mit einem Stehtrainer gemäß §
33 SGB V. Als familienversichertes Mitglied habe er wegen seiner Behinderungen zudem faktisch keine Möglichkeit, eine andere Krankenkasse
zu wählen, die die für ihn notwendigen Leistungen erbringe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 21.12.2005 und den Gerichtsbescheid des SG Braunschweig vom 2.10.2002 aufzuheben
und die Beklagte zu verurteilen, ihr 969,94 Euro für den Stehtrainer zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach den §§
165,
153 Abs
1,
124 Abs
2 SGG einverstanden erklärt.
II. Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das LSG hat die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG zu Recht zurückgewiesen. Die Klägerin hat keinen im Sozialrechtsweg zu verfolgenden Anspruch auf Übernahme von Kosten des
für ihren Sohn angeschafften Stehtrainers durch die Beklagte.
1) Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfenden Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. Insbesondere ist die
Klagefrist eingehalten worden. Dabei kann offenbleiben, ob die Sechs-Monats-Frist des § 12 Abs 3 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) und der damit übereinstimmenden Regelung des § 17 Abs 2 der dem Vertrag zwischen den Beteiligten zugrunde liegenden allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Pflegeversicherung
(MB/PPV 1996) durch wiederholte Leistungsablehnung erneut zu laufen beginnt, wenn eine zuvor ordnungsgemäß in Lauf gesetzte
Frist bereits verstrichen war. Eine solche Fristsetzung ist hier jedenfalls nicht erfolgt, weil die Leistungsablehnung von
dem Versicherer nicht mit einer Angabe der mit dem Ablauf der Frist verbundenen Rechtsfolgen verbunden worden ist; einen solchen
Hinweis enthalten weder das Ablehnungsschreiben vom 15.6.2000 noch das Schreiben der Beklagten vom 23.11.2000. Ein Versicherungsanspruch
der Klägerin ist danach nicht bereits durch bloßen Zeitablauf verloren gegangen.
2) Aus dem Pflegeversicherungsverhältnis steht der Klägerin kein Anspruch auf anteilige Übernahme der Kosten des Stehtrainers
zu.
a) Gemäß § 178b Abs 4 VVG haftet der Versicherer im Falle der Pflegebedürftigkeit im vereinbarten Umfang für Aufwendungen, die für die Pflege der versicherten
Person entstehen (Pflegekostenversicherung) oder er leistet das vereinbarte Tagegeld (Pflegetagegeldversicherung). Der Leistungsumfang
der hier vorliegenden Pflegekostenversicherung bestimmt sich demgemäß nach den im Versicherungsvertrag vereinbarten Konditionen.
Für die "Leistungen der häuslichen Pflege" ist die Regelung des § 4 MB/PPV 1996 maßgeblich. Nach § 4 Abs 7 MB/PPV haben versicherte
Personen gemäß Nr 4 des Tarifs PV Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen für Pflegehilfsmittel und technische Hilfen oder deren
leihweise Überlassung, wenn und soweit die Pflegehilfsmittel und technischen Hilfen zur Erleichterung der Pflege oder zur
Linderung von Beschwerden der versicherten Personen beitragen oder ihr eine selbstständigere Lebensführung ermöglichen und
die Versorgung notwendig ist. Nach der bezeichneten Regelung der Nr 4 des Tarifs PV sind erstattungsfähig die Aufwendungen
für die in dem Pflegehilfsmittelverzeichnis der privaten Pflegepflichtversicherung aufgeführten Pflegehilfsmittel und technischen
Hilfen. Im Pflegehilfsmittelverzeichnis der privaten Pflegepflichtversicherung sind zur Erleichterung der Pflege unter Ziffer
1.2 lediglich Pflegebetten mit Zubehör, unter Ziffer 1.2.5 Pflegeliegestühle sowie unter Ziffer 1.3.1 und 1.4.1 Rollstühle
und als Pflegehilfsmittel zur Linderung von Beschwerden unter Ziffer 4.1.1 Sitzhilfen und unter Ziffer 4.1.2 Liegehilfen aufgeführt.
Ein Anspruch auf Ausstattung mit einem Stehtrainer besteht somit nach den Versicherungsbedingungen nicht.
b) Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht liegt darin nicht. Auch nach den Vorschriften des
SGB XI wäre die Beklagte nicht verpflichtet, den Sohn der Klägerin mit dem begehrten Hilfsmittel zu versorgen. Zwar sieht §
23 Abs
1 Satz 2
SGB XI vor, dass ein Vertrag der privaten Pflegeversicherung ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Versicherungspflicht für den Versicherungsnehmer
und seinen Angehörigen, für die in der sozialen Pflegeversicherung nach §
25 SGB XI eine Familienversicherung bestünde, Vertragsleistungen vorsehen muss, die nach Art und Umfang den Leistungen des Vierten
Kapitels (§
28 bis
45 SGB XI) gleichwertig sind. Dabei tritt an Stelle des Sachleistungsanspruchs eine der Höhe nach gleiche Kostenerstattung (§
23 Abs
1 Satz 3
SGB XI). Diese Voraussetzungen sind hier indes nicht erfüllt.
Maßstab für die Frage der Gleichwertigkeit des Leistungsanspruchs ist §
40 Abs
1 SGB XI. Danach haben Pflegebedürftige der sozialen Pflegeversicherung Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung
der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbstständigere Lebensführung
ermöglichen, soweit die Hilfsmittel nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen
Leistungsträgern zu leisten sind. Nach den nicht mit zulässigen Revisionsrügen angegriffenen und deshalb für den Senat bindenden
(§
163 SGG) Feststellungen des LSG stehen bei einem Stehtrainer die Verhütung der Verschlimmerung von Krankheitsbeschwerden sowie die
Linderung von Krankheitsbeschwerden und damit Versorgungsziele im Vordergrund, für die nach §
40 Abs
1 Satz 1
SGB XI iVm §
33 Abs
1 Satz 1
SGB V vorrangig die gesetzliche Krankenversicherung einzustehen hat. Der Stehtrainer unterstützt die Mobilisation des infolge einer
vollständigen oder teilweise Lähmung behinderten Menschen. Dies befördert die Ausbildung und Kräftigung der Muskulatur, wirkt
der Versteifung von Gelenken entgegen, stabilisiert den Kreislauf und fördert die Durchblutung; zudem unterstützt die Möglichkeit
des zeitweiligen Stehens die Dekubitusprophylaxe. Das kann sich zwangsläufig auch günstig auf den allgemeinen Pflegebedarf
des behinderten Menschen auswirken; insoweit ist der Klägerin zuzustimmen. Dieser Aspekt ist aber nur Folge des Behinderungsausgleichs
und ändert nichts daran, dass ein solches Hilfsmittel allein der Leistungspflicht der Krankenversicherung zuzuordnen ist;
denn diese Eigenschaft kommt mehr oder weniger allen Hilfsmitteln zu, die dem Behinderungsausgleich dienen und als Hilfsmittel
gemäß §
33 SGB V von der gesetzlichen Krankenversicherung zu leisten sind (stRspr, vgl BSG SozR 2200 § 182b Nr 9; BSGE 51, 268, 271 = SozR 2200 § 182b Nr 20 S 57; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 7; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 13; ferner Gaßner/Schottky, NZS 2005,
523, 527). Um ein reines Pflegehilfsmittel, das der gesetzlichen Krankenversicherung nicht zugerechnet werden kann, handelt es
sich nur dann, wenn es im konkreten Fall allein oder jedenfalls schwerpunktmäßig der Erleichterung der Pflege dient (vgl BSG
SozR 3-2500 § 33 Nr 47; SozR 4-2500 § 33 Nr 5; SozR 4-3300 § 40 Nr 2). Dies ist hier nach den Feststellungen des LSG nicht
der Fall.
c) Wie der Senat bereits entschieden hat, gilt diese Abgrenzung auch dann, wenn die Krankenversicherung - etwa wegen des Fehlens
eines privaten Versicherungsschutzes - im konkreten Fall nicht einzutreten hätte. Aus §
40 Abs
1 Satz 1
SGB XI folgt nicht, dass zwischen der Krankenversicherung und der Pflegeversicherung ein Vorrang-Nachrang-Verhältnis in der Weise
besteht, dass ein Überschneidungsbereich bestünde, in dem grundsätzlich beide Leistungsträger für Hilfsmittel zuständig sind,
wobei die Leistungspflicht der Pflegekasse vergleichbar der Sozialhilfe subsidiär eintritt, wenn im Einzelfall kein vorrangiger
Versicherungsschutz besteht. Es kommt nur die Zuständigkeit des einen oder des anderen Leistungsträgers in Betracht. Welcher
Leistungsträger im Einzelnen für Hilfsmittel zuständig ist, richtet sich im Zweifel nach dem Schwerpunkt der Zweckbestimmung.
Besteht danach eine Leistungslücke im Bereich der privaten Krankenversicherung, ist sie nicht von der privaten Pflegeversicherung
zu schließen (vgl BSG SozR 4-3300 § 40 Nr 2).
3) Über mögliche Ansprüche der Klägerin auf Übernahme der anteiligen Kosten des Stehtrainers aus der mit der Beklagten abgeschlossenen
privaten Krankenversicherung hat der Senat nicht zu entscheiden. Die Beurteilung dieser Frage ist ausschließlich den Zivilgerichten
vorbehalten.
a) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind gemäß §
51 Abs
1 Satz 1
SGG grundsätzlich zur Entscheidung über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten berufen. In Angelegenheiten der Pflegeversicherung
ist dies nach §
51 Abs
1 Satz 1 Nr
2 SGG ausnahmsweise anders. Danach entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit in Angelegenheiten der Pflegeversicherung
nach dem
SGB XI auch dann, wenn die Pflegepflichtversicherung bei einem Unternehmen der privaten Pflegeversicherung durchzuführen ist und
Ansprüche aus dem privatrechtlichen Pflegeversicherungsvertrag streitig sind. Diese Ausnahme von der sonst vorgegebenen Zuständigkeit
der Zivilgerichte für Rechtsstreitigkeiten aus privatrechtlichen Versicherungsverträgen folgt aus dem engen Zusammenhang zwischen
sozialer und privater Pflegeversicherung. Insbesondere sind die Versicherten in der privaten Pflegeversicherung mit Blick
auf Leistungsumfang und Versicherungsbedingungen im Wesentlichen den Versicherten in der sozialen Pflegeversicherung gleichgestellt.
Dies rechtfertigt die einheitliche Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit für Streitigkeiten sowohl der sozialen
als auch der privaten Pflegeversicherung (vgl zum Ganzen Beschluss des erkennenden Senats vom 8.8.1996 - 3 BS 1/96 -, BSGE 79, 80 = SozR 3-1500 § 51 Nr 19).
Für Rechtsstreitigkeiten aus der privaten Krankenversicherung besteht eine vergleichbare Regelung nicht. Anders als im Verhältnis
zwischen sozialer und privater Pflegepflichtversicherung ist die private Krankenversicherung der gesetzlichen Krankenversicherung
auch nicht nach Leistungsumfang und Versicherungsbedingungen im Wesentlichen gleichgestellt. Der privatrechtlich gewährte
Versicherungsschutz folgt vielmehr eigenständigen Regelungen und Grundsätzen. Daran ändert auch die von der Klägerin angeführte
Modifizierung durch das GKV-WSG nichts, mit dem die Unternehmen der privaten Krankenversicherung verpflichtet worden sind, ihren Versicherten Leistungen
nach einem Standardtarif anzubieten. Die damit verbundenen Regelungen bestätigen im Gegenteil, dass das verfolgte Anliegen
umgesetzt worden ist, ohne die grundliegenden Strukturprinzipien der privaten Krankenversicherung aufzugeben. Es verbleibt
deshalb weiterhin bei dem Grundsatz, dass die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit für Rechtsstreitigkeiten aus privatrechtlichen
Krankenversicherungsverträgen nicht zuständig sind.
b) Diese Abgrenzung der Zuständigkeiten gilt auch bei Rechtsstreitigkeiten um die Frage, ob ein privates Krankenversicherungsunternehmen
für eine beanspruchte Hilfsmittelversorgung entweder aus Pflegeversicherungsvertrag oder aus Krankenversicherungsvertrag aufzukommen
hat. Damit ggf verbundene Abgrenzungsprobleme begründen auch nach Maßgabe von §
17 Abs
2 Gerichtsverfassungsgesetz (
GVG) keinen einheitlichen Rechtsweg für Ansprüche aus der privaten Pflege- und Krankenversicherung. Allerdings hat das Gericht
des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit nach §
17 Abs
2 GVG unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten zu entscheiden. Eine rechtswegüberschreitende Zuständigkeit besteht danach
aber nur bei einem Rechtsstreit mit einem einheitlichen prozessualen Anspruch. Bei einer Mehrheit von prozessualen Ansprüchen
verbleibt es dagegen bei der für jeden Streitgegenstand vorgegebenen sachlichen Zuständigkeit (BGHZ 114, 1; Wittschier in Musielak,
ZPO, 5. Aufl 2007, §
17 GVG RdNr 9; Gummer in Zöller,
ZPO, 26. Aufl 2007, §
17 GVG RdNr 6). Danach ist im Sozialrechtsweg auch dann nicht über Ansprüche aus einer privaten Krankenversicherung zu entscheiden,
wenn über die Kostentragung für ein Hilfsmittel gestritten wird, für das bei Unzuständigkeit des beklagten Versicherungsunternehmens
als Träger der privaten Pflegeversicherung dessen Leistungspflicht aus dem Krankenversicherungsvertrag in Betracht kommen
könnte. Denn Ansprüche auf Kostentragung für ein Hilfsmittel entweder aus der privaten Pflegeversicherung oder aus der privaten
Krankenversicherung bilden keinen einheitlichen Streitgegenstand. Identisch sind zwar der Klageantrag und der ihm zugrunde
liegende Wunsch auf Versorgung mit dem Hilfsmittel. Der weitere Lebenssachverhalt als für den Streitgegenstand konstitutives
Merkmal (vgl für den Zivilprozess BGHZ 117, 1, 5 f mwN) unterscheidet sich bei diesen Ansprüchen indes erheblich. Grundlage von Ansprüchen auf Übernahme von Kosten für
ein Hilfsmittel ist im einen Fall der Abschluss und Bestand eines Pflegeversicherungsvertrages und im anderen Fall der eines
Krankenversicherungsvertrages. Diese Vertragskomplexe sind nach Gegenstand, rechtlicher Ordnung und nicht zuletzt der unterschiedlichen
Rechtswegzuweisung mit jeweils verschiedenen prozessualen Maximen so unterschiedlich und eigenständig, dass man sie nicht
als Teil eines einheitlichen Lebenssachverhalts ansehen kann. Deshalb muss es auch dann bei unterschiedlichen Rechtswegen
für Ansprüche aus privater Pflegeversicherung und privater Krankenversicherung verbleiben, wenn diese - wie hier - im Alternativverhältnis
stehen könnten.
c) Davon abweichend war schließlich auch nicht deshalb über Ansprüche aus dem privaten Krankenversicherungsvertrag zu entscheiden,
weil im Instanzenzug eine den Senat gemäß §
17a Abs
5 GVG bindende Rechtswegentscheidung getroffen worden wäre. Danach wäre im Revisionsverfahren nicht zu prüfen, ob der beschrittene
Sozialrechtsweg zulässig ist, wenn er durch ein Instanzgericht rechtskräftig für zulässig erklärt worden ist. In diesem Sinne
haben aber weder das SG noch das LSG über Ansprüche der Klägerin aus dem bei der Beklagten unterhaltenen Krankenversicherungsvertrag entschieden.
Hierzu hat das SG keinerlei Ausführungen gemacht. Auch dem Urteil des LSG kann eine solche rechtswegbindende Entscheidung nicht entnommen werden.
In dessen Tatbestand sind zwar die Rechtspositionen der Beteiligten zu dieser Rechtswegfrage dargestellt worden, den Entscheidungsgründen
sind hingegen weder Ausführungen noch Schlussfolgerungen zu den näheren Voraussetzungen eines krankenversicherungsrechtlichen
Anspruchs auf anteilige Kostentragung für den Stehtrainer zu entnehmen. Vor diesem Hintergrund kann dem in den Entscheidungsgründen
enthaltenen Hinweis, die Klägerin habe auch nach dem Krankenversicherungsvertrag keinen Anspruch auf anteilige Kostenerstattung,
nicht entnommen werden, dass das LSG insoweit eine der Rechtskraft zugängliche Entscheidung getroffen hat. Nach dem Kontext
der weiteren Entscheidungsgründe ist dieser Hinweis vielmehr ausschließlicher Ausgangspunkt für die weitere Prüfung, ob die
Beklagte ggf dann aus dem Pflegeversicherungsvertrag anteilig für den Stehtrainer aufzukommen hätte, wenn ein solcher Anspruch
nach dem Krankenversicherungsvertrag nicht bestünde. Eine eigenständige Entscheidung der krankenversicherungsrechtlichen Fragestellung
kann dem angefochtenen Berufungsurteil hingegen - insbesondere im Hinblick auf die Wiedergabe der unterschiedlichen Rechtspositionen
der Beteiligten zu der Rechtswegfrage im Urteilstatbestand - nicht entnommen werden.
4) Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.