Rechtmäßigkeit der Besetzung der Schiedsstelle zur Regelung von Vergütungen in Rahmenverträgen zur stationären Pflege in der
sozialen Pflegeversicherung
Beschlussfähigkeit der Schiedsstelle auch bei nicht vollzähliger Anwesenheit aller Mitglieder
Zulässigkeit von Vergütungsabschlägen bei vorübergehender Abwesenheit des Heimbewohners
Gründe:
I
Das klagende Land wendet sich in seiner Funktion als überörtlicher Träger der Sozialhilfe (im Folgenden: Kläger) gegen einen
Schiedsspruch, mit dem die beklagte Schiedsstelle eine Regelung zum Vergütungsabschlag bei Abwesenheit des Pflegebedürftigen
im einschlägigen Rahmenvertrag festgelegt hat.
Die Beigeladenen (dies sind die Landesverbände der Pflegekassen, der Verband der privaten Krankenversicherung eV sowie die
Vereinigungen der Träger der stationären Pflegeeinrichtungen im Land) hatten unter Beteiligung des Klägers im Rahmenvertrag
nach §
75 SGB XI vereinbart, dass der Beschluss der Landespflegesatzkommission zur Abwesenheitsregelung in der jeweils gültigen Fassung Vertragsbestandteil
werde. Nachdem der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung (Pflege-Weiterentwicklungsgesetz
[PflegeWEG] vom 28.5.2008, BGBl I 874) §
87a Abs
1 S 5 bis 7
SGB XI mit Wirkung zum 1.7.2008 neu eingefügt hatte, beschloss die Landespflegesatzkommission, einen mit diesen neuen Regelungen
übereinstimmenden Beschluss zu erarbeiten (Beschluss vom 26.8.2008). Die Beteiligten der Landespflegesatzkommission konnten
dazu jedoch keine Einigung erzielen und vereinbarten am 26.5.2009, noch am selben Tag Rahmenvertragsverhandlungen nach §
75 SGB XI in fast identischer Besetzung zu führen, die schließlich einvernehmlich für gescheitert erklärt wurden.
Deshalb leitete der Kläger am 30.6.2009 ein Schiedsstellenverfahren gemäß §
75 Abs
4 SGB XI bei der Beklagten ein. Er ist der Auffassung, der Rahmenvertrag müsse nach §
87a Abs
1 S 7
SGB XI zwingend eine Regelung vorsehen, nach der bei Abwesenheiten ab dem vierten Tag im Kalenderjahr Abschläge von der Vergütung
von mindestens 25 vH vorgesehen sind; die volle Vergütung dürfe lediglich für die ersten drei Abwesenheitstage im Kalenderjahr
verlangt werden. Er hielt die Schiedsstelle für nicht vorschriftsmäßig besetzt, weil Personen, die bereits bei den Rahmenvertragsverhandlungen
als Verhandlungspartner für die von ihnen vertretenen Verbände aufgetreten sind, mitgewirkt haben.
Demgegenüber sind die zu 8. bis 17. beigeladenen Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen im Land der Auffassung,
die Regelung des §
87a Abs
1 S 7
SGB XI beziehe sich auf jede Abwesenheit, sodass der Vergütungsabschlag erst ab dem vierten Tag jeder Abwesenheit zu vereinbaren
sei und jeweils drei Kalendertage voll zu vergüten seien. Diese Ansicht wird sowohl von den beigeladenen Pflegekassen (die
Beigeladenen zu 1. bis 7.) als auch von den weiteren beigeladenen Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen im Land
(die Beigeladenen zu 18. bis 20.) geteilt.
Mit Beschluss vom 10.6.2010 lehnte die beklagte Schiedsstelle die Rüge der fehlerhaften Besetzung ab und folgte inhaltlich
dem einheitlichen Antrag der Beigeladenen, dh sie legte für die Abwesenheitsregelung in §
25 des Rahmenvertrages nach §
75 SGB XI für die Zeit ab 1.7.2009 fest, dass bei jeder vorübergehenden Abwesenheit eines Heimbewohners bis zu drei Kalendertagen das
Gesamtheimentgelt, bestehend aus den Pflegesätzen für den pflegebedingten Aufwand, für Unterkunft und Verpflegung sowie für
gesondert berechenbare Investitionskosten, in voller Höhe weitergezahlt wird und für Abwesenheitszeiträume, für die der Pflegeplatz
nach I. Abs 1 des Schiedsspruchs frei zu halten ist, ab dem vierten Kalendertag Abschläge von 25 vH der Pflegevergütung, der
Entgelte für Unterkunft und Verpflegung und der Zuschläge nach §
92b SGB XI vorzunehmen sind. Zur Begründung führte die Schiedsstelle aus, Personen, die als Verbandsvertreter der Landespflegesatzkommission
angehörten oder an den Rahmenvertragsverhandlungen teilgenommen hätten, seien nicht als Mitglied der Schiedsstelle ausgeschlossen.
Die Mitglieder der Schiedsstelle seien nach §
76 Abs
3 S 2
SGB XI weisungsfrei und nach §
6 Abs
2 S 1 Verordnung über die Schiedsstelle für die soziale Pflegeversicherung im Land Sachsen-Anhalt (SchVO LSA idF vom 26.7.1995,
mit letzter Änderung vom 14.2.2008, GVBl LSA 1995, 221 ff; GVBl LSA 2008, 58, 60; im Folgenden ist diese Fassung gemeint,
soweit nichts anderes angegeben ist) zur Verschwiegenheit verpflichtet. Dadurch sei ihre Unabhängigkeit gesetzlich geschützt.
Nach Überzeugung der Schiedsstelle sei es bei Abwägung der Lasten- und Risikoverteilung zwischen den Pflegebedürftigen und
den Heimbetreibern nach der derzeitigen Gesetzeslage gerechtfertigt, jeweils das volle Heimentgelt für die ersten drei Tage
jeder Abwesenheit entstehen zu lassen.
Die dagegen erhobene Klage hat das LSG mit Urteil vom 20.4.2015 abgewiesen. Hinsichtlich der Mitwirkung der Schiedsstellenmitglieder
hat es auf die Ausführungen im Schiedsspruch Bezug genommen. Die Regelung, nach der das volle Heimentgelt bei jeder Abwesenheit
für die ersten drei Tage zu zahlen sei, sei als Auslegung des §
87a Abs
1 S 7
SGB XI mindestens gut vertretbar und daher im Rahmen eines Schiedsspruchs als verbindlich hinzunehmen. Eine weitere Aufklärung des
Sachverhalts sei zur Vornahme dieser Gesetzesauslegung nicht erforderlich gewesen.
Mit der Revision rügt der Kläger nach wie vor eine fehlerhafte Besetzung der Schiedsstelle sowie weitere Rechtsverletzungen.
Das LSG habe sich bei der Auslegung von §
87a Abs
1 S 7
SGB XI nicht auf eine Vertretbarkeitskontrolle beschränken dürfen. Nach dieser Vorschrift seien Vergütungsabschläge zwingend, wenn
der pflegebedürftige Heimbewohner mehr als drei Tage im Kalenderjahr abwesend sei. Dies ergebe sich aus der Verweisung auf
die S 5 und 6 derselben Vorschrift, in denen ebenfalls auf das Kalenderjahr und nicht auf die einzelne Abwesenheit der Pflegebedürftigen
Bezug genommen werde. Andernfalls könne die absurde Situation eintreten, dass ein Pflegeplatz wegen Überschreitung des 42-Tage-Zeitraums
zwar nicht mehr frei zu halten, gleichwohl aber voll zu vergüten sei. Darüber hinaus rügt der Kläger eine nicht hinreichende
Sachverhaltsaufklärung, denn es beruhe auf reinen Mutmaßungen, wenn in den Urteilsgründen ohne diesbezügliche Ermittlungen
mit finanziellen Auswirkungen sowie damit argumentiert werde, ungeplante Abwesenheitszeiten seien statistisch häufiger als
geplante. Schließlich sei es widersprüchlich, wenn das LSG die tatsächlichen finanziellen Auswirkungen im Rahmen einer Gesetzesauslegung
für unbeachtlich hielte, im Rahmen der Vertretbarkeitskontrolle des Schiedsspruchs aber darauf zurückgreife.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 20. April 2015 sowie Teil I Ziffer 2 und 3 und Teil II des Schiedsspruchs
der Beklagten vom 10. Juni 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, in §
25 des Rahmenvertrages nach §
75 SGB XI vom 23. April 2004 zur vollstationären Pflege eine Regelung zu Vergütungsabschlägen bei vorübergehender Abwesenheit der Pflegebedürftigen
aus der Pflegeeinrichtung für die Zeit ab 1. Juli 2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut festzusetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die Ausführungen im Urteil des LSG für zutreffend und weist darauf hin, dass die Beigeladenen zu 1. bis 7. im gerichtlichen
Verfahren erklärt hätten, ihnen stünden die Daten zu tatsächlichen Abwesenheitstagen seit 2009 und deren wirtschaftliche Auswirkung
nicht vollständig zur Verfügung. Diese Daten könnten allein vom Kläger aufbereitet werden, der solche aber weder vorgelegt
noch sich darauf berufen habe.
Die beigeladenen Landesverbände der Pflegekassen, einschließlich des Verbands der privaten Krankenversicherung eV (Beigeladenen
zu 1. bis 7.), stellen keinen Antrag, halten die Revision aber für unbegründet und weisen ebenfalls darauf hin, dass keiner
der Beteiligten die vom Kläger gewünschten Daten habe liefern können. Zudem gehe der Kläger davon aus, es gebe nur eine richtige
Auslegung des §
87a SGB XI; dann könne es aber auf die vom Kläger geforderten Ermittlungen nicht mehr ankommen.
Die Beigeladenen zu 8. bis 17. (Vereinigungen von Pflegeheimträgern im Land) beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Auch sie halten das Urteil des LSG für zutreffend.
Die weiteren beigeladenen Vereinigungen von Pflegeheimträgern im Land (Beigeladenen zu 18. bis 20.) haben keinen Antrag gestellt.
II
Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Urteil des LSG sowie der Schiedsspruch der Beklagten sind revisionsrechtlich
nicht zu beanstanden. Der Schiedsspruch steht formell- und materiell-rechtlich mit Bundesrecht im Einklang.
1. Die Klage gegen den Schiedsspruch der Beklagten vom 10.6.2010 ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage iS des §
54 Abs
1 SGG statthaft und zulässig. Die erstinstanzliche Zuständigkeit des LSG folgt aus §
29 Abs
2 Nr
1 SGG. Der Schiedsspruch stellt einen Verwaltungsakt dar; richtiger Klagegegner ist deshalb die beklagte Schiedsstelle (stRspr,
vgl nur BSGE 105, 126 = SozR 4-3300 § 89 Nr 2, RdNr 20; BSG Urteil vom 14.12.2000 - B 3 P 19/99 R - Juris RdNr 16; BSGE 87, 199, 200 f = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 3 f). Der Kläger ist klagebefugt. Die Rahmenverträge werden nach §
75 Abs
1 S 1
SGB XI zwischen den Landesverbänden der Pflegekassen unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK)
sowie des Verbandes der privaten Krankenversicherung eV im Land mit den Vereinigungen der Träger der ambulanten oder stationären
Pflegeeinrichtungen im Land geschlossen. Als überörtlicher Träger der Sozialhilfe war der Kläger nach §
75 Abs
1 S 3
SGB XI bei den Rahmenverträgen über stationäre Pflege als Vertragspartei am Vertragsschluss zu beteiligen. Der Gesetzgeber hat durch
die Beteiligung der Sozialhilfeträger als Vertragspartei ausdrücklich deren Stellung über das bis dahin lediglich mit ihnen
herzustellende "Benehmen" hinaus stärken und ihnen tatsächlich die Rolle einer Vertragspartei zuerkennen wollen (vgl BT-Drucks
12/5262 S 33, 138 zu § 84 sowie Ausschussbericht BT-Drucks 12/5942 S 46). Als solchermaßen am Vertragsschluss Beteiligter
steht dem Kläger nach §
75 Abs
4 SGB XI das Recht zu, die Schiedsstelle nach §
76 SGB XI anzurufen. Das Verfahren nach §
81 Abs
2 SGB XI, das mit einer verbindlichen Entscheidung unter Ausschluss des Rechtswegs endet (§
81 Abs
2 S 3
SGB XI), schränkt die Möglichkeit der Vertragsparteien zur Anrufung der Schiedsstelle nach §
75 Abs
4 SGB XI und die gegen den Schiedsspruch gegebene Klagemöglichkeit nicht ein (zum Rechtsschutz gegen Schiedssprüche der Schiedsstelle
nach §
76 SGB XI vgl zB Udsching in Schnapp/Düring, Handbuch des sozialrechtlichen Schiedsverfahrens, 2. Aufl 2016, Kapitel H VIII RdNr
977; zum Verhältnis der Verfahren nach §
81 SGB XI und §
75 Abs
4 SGB XI vgl Udsching in ders,
SGB XI, 4. Aufl 2015, §
81 RdNr 5; Leitherer in Kasseler Komm,
SGB XI, §
75 RdNr 8, Stand: Juli 2009; §
81 RdNr 8, Stand: Juni 2013; sowie Gutzler in Hauck/Noftz, SGB, Stand: 07/15, §
81 SGB XI, RdNr
10, der dem Verfahren nach §
75 Abs
4 SGB XI sogar den Vorrang gegenüber dem Verfahren nach §
81 SGB XI einräumt).
Eines Vorverfahrens bedurfte es vorliegend schon nach §
78 Abs
1 S 2 Nr
3 SGG nicht. Die Klage gegen einen Spruch der Schiedsstelle nach §
76 SGB XI bedarf darüber hinaus auch aus grundsätzlichen Erwägungen keines Vorverfahrens, also auch dann nicht, wenn nicht ein Land
klagen will, sondern zB eine Vereinigung von Einrichtungsträgern. Dies hat der Gesetzgeber für das Pflegesatzverfahren (§
85 Abs
5 S 4
SGB XI), auch wenn die Pflegesätze durch eine Pflegesatzkommission festgelegt werden (§
86 Abs
1 S 2
SGB XI), sowie für die Festsetzung der Vergütung für ambulante Pflegedienste (§
89 Abs
3 S 3
SGB XI) und für Entscheidungen der Schiedsstelle über die Höhe der Kürzung der Pflegevergütung wegen Qualitätsmängeln (§
115 Abs
3 S 4
SGB XI) ausdrücklich geregelt. Es muss aber trotz Fehlens einer ausdrücklichen Regelung auch für eine Klage gegen den Schiedsspruch
nach §
75 Abs
4 SGB XI gelten. Denn regelmäßig ist die Schiedsstelle als Ausgangsbehörde nach §
85 Abs
2 S 1 Nr
1 SGG identisch mit der Widerspruchsbehörde, weil als nächsthöhere Behörde nur die Aufsichtsbehörde in Betracht kommt, die aber
eine oberste Landesbehörde ist. Für Sachsen-Anhalt regelte bei Erlass des Schiedsspruchs am 10.6.2010 zudem § 12 Abs 2 SchVO
LSA ausdrücklich, dass die Schiedsstelle zugleich Widerspruchsbehörde ist (inzwischen ist diese Regelung entfallen, wohl weil
kein Widerspruchsverfahren durchgeführt wird, vgl die aktuelle Fassung der SchVO LSA vom 4.4.2016, GVBl LSA 2016, 147 ff).
Zwar zeigt §
85 Abs
2 S 1 Nr
1 SGG, dass allein die Identität zwischen Ausgangs- und Widerspruchsbehörde die Durchführung des Vorverfahrens nicht per se entbehrlich
macht (vgl BSGE 119, 43 = SozR 4-2500 § 120 Nr 4, RdNr 23 unter Hinweis auf Trefz, Der Rechtsschutz gegen die Entscheidungen der Schiedsstellen nach
§ 18a KHG, 2002, S 294 f; aA wohl früher BSG SozR 1500 § 78 Nr 8 und 15; BSGE 78, 243, 246 = SozR 3-2500 § 109 Nr 2 S 17 = Juris RdNr 37; BSGE 87, 105, 108 = SozR 3-2500 § 139 Nr 1 S 4 f = SozR 3-2500 § 128 Nr 1 = Juris RdNr 15; BSGE 97, 133 = SozR 4-2500 § 139 Nr 2, RdNr 20; so wohl auch zur Schiedsstelle für die soziale Pflegeversicherung vgl Udsching in Schnapp/Düring,
Handbuch des sozialrechtlichen Schiedsverfahrens, 2. Aufl 2016, Kapitel H VIII RdNr 978). Allerdings kann mit dem Vorverfahren
schon aufgrund der Eigenart des Schiedsstellenverfahrens nicht die vom Gesetzgeber beabsichtigte Selbstkontrolle der Verwaltung
erreicht werden. Denn die Schiedsstelle ist ein aus Vertretern der unterschiedlichen beteiligten Interessengruppen und unparteiischen
Mitgliedern pluralistisch zusammengesetztes Entscheidungsgremium. Als Ergebnis einer ganz bestimmten Verhandlungssituation
mündet der regelmäßig breite Verhandlungs- bzw Beurteilungsspielraum der Schiedsstelle durch den Schiedsspruch in der getroffenen
Entscheidung, die die Mehrheit der Schiedsstellenmitglieder für angemessen hält. Es erscheint nicht sinnvoll, dieses Ergebnis
einer Selbstkontrolle zu unterziehen (vgl für das Schiedsamt nach §
89 SGB V: BSGE 116, 280 = SozR 4-2500 §
87a Nr 2, RdNr 21; BSGE 110, 258 = SozR 4-2500 §
87a Nr
1, RdNr
21; für die Schiedsstelle nach §
120 Abs
4 SGB V iVm § 18a Abs 1 KHG: BSGE 119, 43 = SozR 4-2500 § 120 Nr 4, RdNr 24).
2. Der Senat folgt dem Urteil des LSG auch im Ergebnis, denn der Schiedsspruch, mit dem die Beklagte in §
25 des Rahmenvertrages nach §
75 SGB XI Vergütungsabschläge für Abwesenheitszeiträume der Heimbewohner ab 1.7.2009 festgesetzt hat, ist formell und materiell rechtmäßig,
soweit dies revisionsrechtlich zur Prüfung steht.
a) Die Entscheidung des LSG unterliegt im Revisionsverfahren keiner Überprüfung, soweit sie auf der Beurteilung der formellen
Rechtmäßigkeit des Schiedsspruchs nach landesrechtlichen Vorschriften beruht. Denn nach §
162 SGG kann die Revision nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts
oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk
des Berufungsgerichts hinaus erstreckt. Die Entscheidung des LSG, die Schiedsstelle habe das Verfahren einschließlich der
Besetzung der Schiedsstelle im Einklang mit der im Land Sachsen-Anhalt zur Zeit des Schiedssprucherlasses geltenden SchVO
LSA durchgeführt, ist daher nicht revisibel. Das LSG nimmt diesbezüglich in den Entscheidungsgründen Bezug auf die Begründung
des Schiedsspruchs, der insoweit die Vorschriften der SchVO LSA sowie der Geschäftsordnung der Schiedsstelle für die soziale
Pflegeversicherung des Landes Sachsen-Anhalt heranzieht. Die Schiedsstelle hat in einer Sitzung am 6.4.1998 die Geschäftsordnung
selbst beschlossen. Diese gehört daher - vergleichbar einer Satzung - ebenfalls zum nicht revisiblen Landesrecht (vgl Leitherer
in MeyerLadewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl 2014, §
162 RdNr 6 ff, insbes 6b). Deshalb sei hier nur am Rande darauf hingewiesen, dass Anhaltspunkte für Verfahrensfehler oder eine
fehlerhafte Besetzung der Schiedsstelle nach diesen Vorschriften entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht erkennbar sind.
Insbesondere handelt es sich bei der Geschäftsordnung der Schiedsstelle um autonom gesetztes Recht (Selbstverwaltungsrecht),
das lediglich intern das Verfahren und den Geschäftsgang regelt, grundsätzlich aber keine Außenwirkung entfaltet. Verstöße
dagegen können deshalb regelmäßig die Wirksamkeit des Schiedsspruchs nicht beeinträchtigen. Ungeachtet dessen ist dem LSG
auch darin zu folgen, dass bei der Entscheidung zur Besetzung der Schiedsstelle der "Soll-Vorschrift" nach § 6 Abs 2 der Geschäftsordnung
der Schiedsstelle Genüge getan wurde. Danach sollen Mitglieder der Schiedsstelle nicht an den Verhandlungen der Vertragsparteien
teilgenommen haben. In begründeten Einzelfällen kann von einer solchen "Soll-Vorschrift" abgewichen werden. Die Frage der
Besetzung der Schiedsstelle ist ausweislich des Sitzungsprotokolls am 10.6.2010 ausführlich diskutiert worden. Es ist die
Schwierigkeit der Besetzung der Schiedsstelle angeführt worden, da die Mitglieder häufig zugleich in Fachgremien tätig seien.
Der Kläger hat trotz ausdrücklicher Nachfrage des Vorsitzenden zudem keine konkreten Tatsachen vorgetragen, welche der Mitwirkung
der benannten Personen an der Verhandlung entgegenstehen könnten. Ermessensfehler sind daher nicht erkennbar.
b) Die Entscheidung der Schiedsstelle verstößt in Bezug auf Verfahrens- und Formvorschriften auch nicht gegen Bundesrecht.
aa) Die Mitwirkung von Schiedsstellenmitgliedern, die bereits an den Rahmenvertragsverhandlungen als Verhandlungspartner für
die von ihnen vertretenen Verbände teilgenommen haben, ist auch nach bundesrechtlichen Vorschriften nicht zu beanstanden.
Das Schiedsstellenverfahren ist ein Verwaltungsverfahren, auf das grundsätzlich die Regelungen der §§ 9 ff SGB X Anwendung finden. Die Regelungen des SGB X zu Personen, die in einem Verwaltungsverfahren nicht für eine Behörde tätig werden dürfen (ausgeschlossene Personen nach
§ 16 SGB X), und zur Besorgnis der Befangenheit (§ 17 SGB X) können jedoch allenfalls auf die unparteiischen Mitglieder angewandt werden (vgl zB Udsching in ders,
SGB XI, 4. Aufl 2015, §
76 RdNr 12), da das Gesetz von den anderen Mitgliedern ausdrücklich keine unparteiische Amtsausübung erwartet. Vielmehr sieht
§
76 Abs
2 SGB XI für die Schiedsstelle ausdrücklich die Mitwirkung von Vertretern der Pflegekassen und Pflegeeinrichtungen vor, für die die
Verträge Anwendung finden. Die Schiedsstelle ist danach mit Mitgliedern besetzt, die nach den allgemeinen Regelungen des §
16 Abs 1 S 1 Nr 3 und 5 SGB X von der Mitwirkung ausgeschlossen wären, sodass zumindest diese Regelungen auf die Besetzung der Schiedsstelle keine Anwendung
finden können (so auch BSG SozR 4-3500 § 77 Nr 2 RdNr 14). Aus welchen Gründen eine Mitwirkung an den Rahmenvertragsverhandlungen der Mitwirkung in der Schiedsstelle
entgegenstehen sollte, ist vor diesem Hintergrund weder erkennbar noch vorgetragen. Es fehlt auch jeglicher Vortrag dazu,
welche bundesrechtliche Vorschrift dadurch verletzt sein könnte.
bb) Bundesrechtlich nicht zu beanstanden ist auch die Entscheidung der Schiedsstelle durch den Vorsitzenden und lediglich
ein weiteres unparteiisches Mitglied sowie sieben weitere Mitglieder. Nach §
76 Abs
2 S 1
SGB XI besteht die Schiedsstelle aus Vertretern der Pflegekassen und Pflegeeinrichtungen in gleicher Zahl sowie einem unparteiischen
Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern. Jedes Mitglied hat eine Stimme und die Entscheidungen werden mit
der Mehrheit der Mitglieder getroffen; ergibt sich keine Mehrheit, gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag (§
76 Abs
3 S 3 bis 5
SGB XI). Die Landesregierungen sind nach §
76 Abs
5 SGB XI ermächtigt, das Nähere ua über die Zahl der Mitglieder der Schiedsstelle und das Verfahren durch Rechtsverordnung zu bestimmen.
Nach § 2 Abs 1 S 1 SchVO LSA besteht die Schiedsstelle neben dem unparteiischen vorsitzenden Mitglied und zwei weiteren unparteiischen
Mitgliedern aus je vier Vertretern der Pflegekassen und der Pflegeeinrichtungen. Die Beschlussfassung der Schiedsstelle ohne
vollzählige Anwesenheit aller ihrer Mitglieder basiert auf den damaligen Regelungen der SchVO LSA zur Beschlussfähigkeit (§
11 Abs 1, 2 SchVO LSA). Danach war, sofern die Schiedsstelle mangels vollzähliger Anwesenheit aller Mitglieder bzw deren Stellvertreter
nicht beschlussfähig war, innerhalb von fünf Wochen eine neue Sitzung durchzuführen. In der Einladung war darauf hinzuweisen,
dass die Schiedsstelle beschlussfähig ist, wenn je zwei Mitglieder der beiden Vertragsparteien oder deren Stellvertreter sowie
das vorsitzende Mitglied oder dessen Stellvertreter anwesend sind (§ 11 Abs 1 S 3 und 4 SchVO LSA). Beschlüsse der Schiedsstelle
bedurften nach § 11 Abs 2 S 1 SchVO LSA der Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder. Nach der auch insoweit nicht revisiblen
Entscheidung des LSG, an deren Rechtmäßigkeit der Senat im Übrigen auch keine Zweifel hat, lagen diese Voraussetzungen vor.
Diese Regelungen der SchVO LSA sind noch von der gesetzlichen Ermächtigung aus §
76 Abs
5 SGB XI zur Regelung des Näheren über die Zahl der Mitglieder der Schiedsstelle sowie das Verfahren umfasst. Regelungen zur Beschlussfähigkeit
betreffen das Verfahren; bundesrechtliche Vorgaben gibt es insoweit nicht. Den bundesrechtlichen Vorgaben einer Entscheidung
durch die Mehrheit der Mitglieder bei paritätisch besetzter Schiedsstelle stehen diese Regelungen nicht entgegen. Das
SGB XI sieht selbst für einzelne Aufgaben vor, dass die Schiedsstelle nicht immer in kompletter Besetzung entscheiden muss (vgl
§
85 Abs
5 S 2 2. Halbs
SGB XI). Darüber hinaus ergibt sich auch aus §
76 Abs
3 S 5
SGB XI, dass entweder nicht immer alle Mitglieder an der Stimmabgabe teilnehmen müssen oder zumindest auch mit einer Stimmenthaltung
abstimmen können. Denn bei vollständiger Stimmenabgabe aller Mitglieder der Schiedsstelle ohne Enthaltung wäre kein Ergebnis
ohne Stimmenmehrheit denkbar, bei dem die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag gibt.
Vor diesem Hintergrund darf die Schiedsstellenverordnung eines Landes zur Aufrechterhaltung ihrer Arbeitsfähigkeit und im
Hinblick auf das Beschleunigungsgebot die Beschlussfähigkeit der Schiedsstelle auch für den Fall vorsehen, dass in einer mündlichen
Verhandlung nicht alle Schiedsstellenmitglieder vollständig anwesend sind, und sie darf zugleich regeln, dass nur die Stimmen
der anwesenden Mitglieder gezählt werden, soweit unter Berücksichtigung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit allen Mitgliedern
hinreichende Möglichkeiten zur Sitzungsteilnahme eingeräumt sind (ähnlich Wahl in juris-PK
SGB XI, §
76 RdNr 33; ders in juris-PK
SGB V, §
114 RdNr 29 zur Schiedsstelle nach §
114 SGB V; Udsching in: Schnapp/Düring, Handbuch des sozialrechtlichen Schiedsverfahrens, 2. Aufl 2016, Kapitel H IV RdNr 899 f hält
in Schiedsstellenverordnungen nach §
76 SGB XI die Regelung der Beschlussfähigkeit bei unvollständiger Anwesenheit der Schiedsstellenmitglieder offenbar für unproblematisch;
so wohl auch Orlowski/Rau/Wasem ua in dies,
SGB V-Kommentar - Gesetzliche Krankenversicherung - GKV, 43. Aufl, §
114 RdNr 9, für die Landesschiedsstelle nach §
114 SGB V; ähnlich Quaas in Schnapp/Düring, Handbuch des sozialrechtlichen Schiedsverfahrens, 2. Aufl 2016, Kapitel F IV RdNr 603, bezüglich der Schiedsstelle gemäß § 18a Abs 1 KHG, wenn alle Mitglieder ordnungsgemäß geladen sind; vgl auch Huster, KrV 2015, 228, 230, der bei gleichlautender bundesrechtlicher
Vorgabe in § 17c Abs 3 S 6 iVm § 18a Abs 6 S 7, Abs 3 S 4 KHG für den Schlichtungsausschuss auf Bundesebene kein Problem bei der Regelung des § 6 Abs 3 der Geschäftsordnung für den Schlichtungsausschuss sieht, nach der dieser mit der Mehrheit der "anwesenden" stimmberechtigten
Mitglieder entscheidet; aA Düring, Das Schiedswesen in der gesetzlichen Krankenversicherung, 1992, S 119 für Landesschiedsstellen
im Krankenhausbereich gemäß §
114 Abs
3 S 3
SGB V bei insoweit wortgleicher Regelung).
Der Schiedsspruch, der das Ergebnis einer ganz bestimmten Verhandlungssituation ist und auf der Grundlage einer mündlichen
Verhandlung getroffen wird, kann nur unter Mitwirkung von Personen zustande kommen, die an der dem Schiedsspruch zugrunde
liegenden Verhandlung teilgenommen haben. Der Grundsatz der Unmittelbarkeit der mündlichen Verhandlung gehört zu den allgemeinen
Verfahrensgrundsätzen (vgl zB §
129 SGG, §
309 ZPO, §
112 VwGO, § 103 FGO), dem insbesondere aufgrund des regelmäßig erheblichen Beurteilungsspielraums der Schiedsstelle zur Gewährleistung eines
fairen Verfahrens besondere Bedeutung zukommt. Wenn vor diesem Hintergrund Termine bei unvollzähliger Anwesenheit aller Mitglieder
ausnahmslos vertagt werden müssten, stände dies in einem erheblichen Spannungsverhältnis zu dem grundsätzlich von der Schiedsstelle
zu beachtenden Beschleunigungsgebot (das Beschleunigungsgebot für Pflegesatzvereinbarungen ergibt sich aus §
85 Abs
5 S 1
SGB XI vgl dazu BSGE 105, 126 = SozR 4-3300 §
89 Nr 2, RdNr 68; zum systemimmanenten Beschleunigungsgebot bei einem Schiedsspruch über die Kürzung der Pflegevergütung wegen
Pflichtverletzungen vgl BSGE 112, 1 = SozR 4-3300 § 115 Nr 1, RdNr 43 ff). Angesichts der Vielzahl der Mitglieder einer Schiedsstelle könnte sich die Durchführung
einer mündlichen Verhandlung in voller Besetzung nicht nur erheblich verzögern, solche Verzögerungen könnten unter taktischen
Gesichtspunkten von den verschiedenen Seiten auch gezielt und missbräuchlich eingesetzt werden. Denn die Schiedsstelle setzt
sich gruppenspezifisch und damit gerade nicht unparteiisch zusammen, und es bestehen für das unentschuldigte Fernbleiben einzelner
Mitglieder keine Sanktionsmöglichkeiten. Deshalb könnte die Arbeit der Schiedsstelle bereits durch ein Fehlen einzelner Mitglieder
über längere Zeiträume blockiert werden. Dies wird vorliegend besonders deutlich, denn obwohl die unparteiischen Mitglieder
nach § 2 Abs 2 SchVO LSA jeweils einen Stellvertreter haben und jedes weitere Mitglied der Schiedsstelle sogar zwei Stellvertreter
hat, war die Schiedsstelle weder im Termin am 19.5.2010 noch am 10.6.2010 vollzählig besetzt. Zur Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit
der Schiedsstelle sind daher Regelungen zur Beschlussfähigkeit der Schiedsstelle für den Fall der Verhinderung oder des sonstigen
Fernbleibens von Mitgliedern erforderlich. Deren Rechtmäßigkeit beurteilt sich in erster Linie danach, ob die bundesrechtlichen
Vorgaben, dass Entscheidungen grundsätzlich mit der Mehrheit der Mitglieder (§
76 Abs
3 S 4
SGB XI) und in paritätischer Zusammensetzung der Schiedsstelle (§
76 Abs
2 S 1
SGB XI) getroffen werden, unter Beachtung der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit lediglich insoweit eine Einschränkung erfahren,
als dies zur Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit der Schiedsstelle und zur Einhaltung des Beschleunigungsgebotes zwingend
erforderlich ist.
Diesen Anforderungen werden die Regelungen zur Beschlussfähigkeit der Schiedsstelle nach §
11 SchVO LSA gerecht. Sie enthalten im Rahmen der bundesrechtlichen Ermächtigungsvorschrift des §
76 Abs
5 SGB XI notwendige und angemessene Bestimmungen zum Schiedsstellenverfahren. Die Beschlussfähigkeit der Schiedsstelle ohne vollzählige
Anwesenheit aller Mitglieder ist nach § 11 Abs 1 S 3 und 4 SchVO LSA nur für den Ausnahmefall gegeben, dass bereits ein Sitzungstermin
wegen fehlender Beschlussfähigkeit vertagt werden musste. Das Beschleunigungsgebot wird hier noch durch die Fünf-Wochen-Frist,
innerhalb derer eine neue Sitzung durchzuführen ist, verstärkt und konkretisiert. Schließlich bindet § 11 Abs 1 S 4 SchVO
LSA die Beschlussfähigkeit der Schiedsstelle in unvollständiger Besetzung an die Voraussetzung, dass in der Einladung auf
die verringerten Anforderungen an die Beschlussfähigkeit hingewiesen wird. Damit wird allen Mitgliedern die Dringlichkeit
der Sitzungsteilnahme und eine mögliche Entscheidungsfindung in nicht paritätischer Besetzung der Schiedsstelle verdeutlicht.
Dass dies lediglich als letztes Mittel in Betracht kommen soll, zeigen auch die von der SchVO LSA vorgesehenen umfassenden
Vertretungsregelungen. Nach § 2 Abs 2 S 2 SchVO LSA haben die gruppenzugehörigen Mitglieder der Schiedsstelle jeweils zwei
Stellvertreter, mit denen im Regelfall den beteiligten Gruppen die Möglichkeit zur Sitzungsteilnahme in ausreichendem Maße
eingeräumt ist und eine Beschlussfassung in paritätischer Besetzung sichergestellt werden kann. Ob und unter welchen Voraussetzungen
im Einzelfall zur Gewährleistung der paritätischen Besetzung der Schiedsstelle in einem konkreten Termin darüber hinaus ggf
einem Vertagungsantrag nachzukommen wäre, bedarf vorliegend mangels entsprechenden Antrags keiner Entscheidung.
cc) Bei der Durchführung des Schiedsverfahrens auf Antrag des Klägers wurden auch die verfahrensrechtlichen Vorgaben nach
§
75 Abs
4 SGB XI beachtet. Wie bereits zur Klagebefugnis ausgeführt, ist dem Kläger nach §
75 Abs
1 S 3
SGB XI die Position einer Vertragspartei eingeräumt. Er ist deshalb auch nach §
75 Abs
4 S 1
SGB XI berechtigt, die Schiedsstelle anzurufen. Die Voraussetzungen hierzu waren erfüllt, insbesondere war die Frist von sechs Monaten,
nachdem eine Vertragspartei schriftlich zu Vertragsverhandlungen aufgefordert hat, abgelaufen. Der Beschluss der Landespflegesatzkommission
vom 26.8.2008 erfüllt die Voraussetzung einer schriftlichen Aufforderung zu Vertragsverhandlungen. Denn dadurch hat nicht
nur eine Vertragspartei schriftlich Vertragsverhandlungen gefordert, sondern alle Beteiligten haben gemeinsam ihr Verlangen
nach Vertragsverhandlungen schriftlich zum Ausdruck gebracht. Auch wenn nach diesem Beschluss vorübergehend die bis dahin
geltende Abwesenheitsregelung beibehalten werden sollte, wurden im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Beschluss
entsprechende Vertragsverhandlungen aufgenommen. Unschädlich ist, dass dieser Beschluss nicht aufgrund von Rahmenvertragsverhandlungen
nach §
75 SGB XI, sondern durch die Landespflegesatzkommission getroffen wurde. Denn nach §
25 des Rahmenvertrages sollte die Abwesenheitsregelung durch die Landespflegesatzkommission festgelegt werden. Mithin ist die
Dauer der Vertragsverhandlungen der Landespflegesatzkommission auch den Vertragspartnern des Rahmenvertrages zuzurechnen.
Zudem sind die an den Rahmenverträgen zu beteiligenden Verbände, Vereinigungen und Träger - bis auf die nach §
75 Abs
1 SGB XI vorgesehene Beteiligung des MDK - identisch mit denen, die die Landespflegesatzkommission nach §
86 Abs
1 SGB XI bilden. Deshalb konnten sich die Mitglieder der Landespflegesatzkommission am 26.5.2009 darauf einigen, noch am gleichen
Tag Rahmenvertragsverhandlungen zu führen und diese für gescheitert zu erklären. Bei diesem Sachverhalt kann nicht verlangt
werden, vor Anrufung der Schiedsstelle weitere sechs Monate Rahmenvertragsverhandlungen zu führen.
c) Die Entscheidung der Schiedsstelle ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Der Schiedsspruch stellt seiner Natur
nach einen Interessenausgleich durch ein sachnahes und unabhängiges Gremium dar. Insbesondere mit der paritätischen Zusammensetzung,
dem Mehrheitsprinzip und der fachlichen Weisungsfreiheit (§
76 Abs
3 SGB XI) will der Gesetzgeber die Fähigkeit dieses Spruchkörpers zur vermittelnden Zusammenführung unterschiedlicher Interessen und
zu einer Entscheidungsfindung nutzen, die nicht immer die einzig sachlich vertretbare ist und häufig Kompromisscharakter aufweist.
Deshalb ist der Schiedsstelle bei ihrer Entscheidungsfindung ein Beurteilungsspielraum eingeräumt, der nur einer eingeschränkten
gerichtlichen Kontrolle zugänglich ist. Dies hat nicht nur der erkennende Senat im Hinblick auf Entscheidungen der Schiedsstelle
nach §
76 SGB XI bereits mehrfach entschieden (BSGE 87, 199, 202 = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 5; BSGE 102, 227 = SozR 4-3300 § 85 Nr 1, RdNr 41 f; BSGE 113, 258 = SozR 4-3300 § 85 Nr 4, RdNr 26), es entspricht auch der Rechtsprechung anderer Senate auch im Hinblick auf Schiedsstellen
nach anderen Vorschriften (BSGE 119, 43 = SozR 4-2500 §
120 Nr
4, RdNr
26 zur Schiedsstelle nach §
120 Abs
4 SGB V iVm § 18a KHG; BSG SozR 4-2500 §
69 Nr
10 RdNr 18 zur Schiedsstelle nach §
114 SGB V; BSG SozR 4-3500 § 77 Nr 1 RdNr 14 zur Schiedsstelle nach § 77 SGB XII).
Allerdings reicht der Beurteilungsspielraum der Schiedsstelle nur soweit, wie der Gesetzgeber es den Vereinbarungspartnern
selbst überlässt, die Inhalte von Vereinbarungen festzulegen (vgl BSG SozR 4-3500 § 77 Nr 2 RdNr 12). Soweit zwingendes Gesetzesrecht freie Vereinbarungsmöglichkeiten einschränkt, kommt auch der Schiedsstelle
kein Beurteilungsspielraum zu. Die gerichtliche Überprüfung des Schiedsspruchs beschränkt sich demnach darauf, ob die Schiedsstelle
zwingendes Gesetzesrecht beachtet (hierzu aa) und den bestehenden Beurteilungsspielraum eingehalten hat (hierzu bb). Schließlich
muss dem Schiedsspruch ein in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs hinreichend ermittelter Sachverhalt
zugrunde liegen (hierzu cc; und vgl zum Ganzen auch BSGE 87, 199, 202 = SozR 3-3300 § 85 Nr 1 S 5 mwN sowie BSGE 102, 227 = SozR 4-3300 § 85 Nr 1, RdNr 41 f; BSG SozR 4-3500 § 77 Nr 2 RdNr 12).
aa) Nach §
75 Abs
2 S 1 Nr
5 SGB XI regeln die Rahmenverträge insbesondere Abschläge von der Pflegevergütung bei vorübergehender Abwesenheit (Krankenhausaufenthalt,
Beurlaubung) des Pflegebedürftigen aus dem Pflegeheim. Nach §
87a Abs
1 S 7
SGB XI sind in den Rahmenverträgen nach §
75 SGB XI für die nach §
87a Abs
1 S 5 und 6
SGB XI bestimmten Abwesenheitszeiträume, soweit drei Kalendertage überschritten werden, Abschläge von mindestens 25 vH der Pflegevergütung,
der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung und der Zuschläge nach §
92b SGB XI vorzusehen.
Bei der Auslegung dieser zwingenden gesetzlichen Regelungen sind ihre systematische Einordnung in ein grundsätzlich auf freien
Vereinbarungen der Vertragspartner beruhendes Preissystem (hierzu (1) und (2)) ebenso zu beachten wie der Wortlaut und die
Systematik der konkreten Regelung des §
87a Abs
1 SGB XI (hierzu (3)). Parallele zivilrechtliche Wertungen einschließlich der zivilrechtlichen Gesetzesbegründung (hierzu (4)) und
der Sinn und Zweck der sozialrechtlichen Regelung (hierzu (5)) bestätigen das so gewonnene Ergebnis der Auslegung.
(1) Für die nach den genannten Vorschriften zu vereinbarenden Abschläge von der Vergütung für Zeiten der Abwesenheit Pflegebedürftiger
sind bereits in den Rahmenverträgen Regelungen vorzusehen. Die Rahmenverträge dienen nach §
75 Abs
1 S 1
SGB XI dem Ziel, eine wirksame und wirtschaftliche pflegerische Versorgung der Versicherten sicherzustellen. Dazu regeln sie insbesondere
den Inhalt der Pflegeleistungen, die allgemeinen Bedingungen der Pflege einschließlich der Abrechnung der Entgelte, Maßstäbe
und Grundsätze für die personelle und sächliche Ausstattung der Pflegeeinrichtungen ua (§
75 Abs
2 SGB XI).
Zur Vereinbarung der Vergütungsbestandteile, von denen §
87a Abs
1 S 7
SGB XI Abschläge für Abwesenheitszeiten fordert, sind demgegenüber andere Verträge vorgesehen. So werden Art, Höhe und Laufzeit
der Pflegesätze im Pflegesatzverfahren nach §
85 SGB XI oder durch die Pflegesatzkommission nach §
86 SGB XI vereinbart. Die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung, die von den Pflegebedürftigen zu tragen sind, werden zwischen den
als Pflegesatzparteien betroffenen Leistungsträgern (§
85 Abs
2 SGB XI) und dem Träger des Pflegeheims vereinbart (§
87 S 1
SGB XI), und die integrierte Versorgung nach §
92b SGB XI beruht auf vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Pflegekassen und den zugelassenen Pflegeeinrichtungen (§
92b SGB XI). Zur Ausgestaltung von Art und Höhe dieser Bestandteile des Heimentgeltes (zum Gesamtheimentgelt siehe §
87a Abs
1 S 1
SGB XI) macht der Gesetzgeber kaum inhaltliche Vorgaben, sondern setzt auf das Vertragsprinzip und damit darauf, dass die Betroffenen
mit ihren Interessen an einer angemessenen Leistungsvergütung und einer ausreichenden Versorgung der Pflegebedürftigen notfalls
unter Einschaltung der Schiedsstelle die angemessene Vergütung am besten im Verhandlungsweg selbst festsetzen.
Ausgehend von diesen gesetzlichen Bedingungen steht es den Verhandlungspartnern grundsätzlich frei, im Rahmen der Vereinbarung
von Art und Höhe der Entgelte auch Voraussetzungen festzulegen, unter denen diese Entgeltbestandteile nicht in voller Höhe
anfallen, sondern Abschläge vorzunehmen sind. Denn in der konzeptionellen Einbettung eines grundsätzlich der freien Vereinbarung
unterliegenden Preisfindungssystems ist auch die Vereinbarung von Abschlägen und deren Voraussetzungen möglich. Die grundsätzliche
Verhandlungsfreiheit wird nur insoweit eingeschränkt, wie dies ausdrücklich gesetzlich festgeschrieben ist. Deshalb sind die
gesetzlich ausgestalteten Einschränkungen und Vorgaben grundsätzlich eng auszulegen.
Unter Berücksichtigung dieser systembewahrenden Argumente kann es sich bei den nach §
87a Abs
1 S 7
SGB XI in den Rahmenverträgen vorzusehenden Abschlägen von den genannten Vergütungsbestandteilen für bestimmte Abwesenheitszeiträume
nur um Mindestabschläge handeln. Die Regelung, dass bei Überschreitung von drei Kalendertagen Abschläge zu erheben sind, muss
ebenso als Mindestvorgabe des Gesetzgebers verstanden werden, wie dies für die Abschlagshöhe von mindestens 25 vH ausdrücklich
formuliert ist. Das bedeutet, dass die Beteiligten Abschläge von der Vergütung auch für den ersten Tag einer Abwesenheit vereinbaren
können; zwingend sieht der Gesetzgeber eine solche Regelung allerdings erst bei Überschreiten von drei Kalendertagen vor.
(2) Diese systematische Auslegung verdeutlicht darüber hinaus, dass entgegen der Ansicht des Klägers nicht zwingend Abschläge
von der Vergütung ab dem vierten Abwesenheitstag im Kalenderjahr zu erheben sind. Vielmehr steht es den Vertragsparteien frei,
für jede Abwesenheit drei Kalendertage ohne Abschläge, dh unter Zahlung der vollen Vergütung, vorzusehen. Denn wenn der Gesetzgeber
die Regelung der hier genannten Vergütungsbestandteile grundsätzlich den Vertragsparteien selbst überlässt, muss er - wenn
er diese Vertragsfreiheit einer bestimmten Einschränkung unterziehen möchte - diese besonders deutlich formulieren.
(3) Mit der Formulierung, Abschläge sind vorzusehen für Abwesenheitszeiträume, soweit drei Kalendertage überschritten werden,
liegt es aber nahe, dass Abschläge bei jeder Abwesenheit erst ab dem vierten Kalendertag zwingend zu erheben sind. Wenn der
Gesetzgeber Abschläge für Abwesenheiten ab dem vierten Abwesenheitstag im Kalenderjahr für zwingend gehalten hätte, hätte
die Formulierung "soweit drei Tage im Kalenderjahr überschritten werden" nahegelegen. In dieser Weise hat der Gesetzgeber
auch die Formulierung in S 5 des §
87a Abs
1 SGB XI gewählt. Aus dem Argumentum e contrario kann geschlossen werden, dass dies in S 7 gerade nicht gemeint war.
Zwar ist dem Kläger zuzustimmen, dass §
87a Abs
1 S 7
SGB XI auf "die nach den Sätzen 5 und 6 bestimmten Abwesenheitszeiträume" verweist. Damit wird aber lediglich deutlich gemacht,
dass eine zwingende Regelung für Vergütungsabschläge nur für die Zeiträume vorzusehen ist, für die der Pflegeplatz nach §
87a Abs
1 S 5 und 6
SGB XI freizuhalten ist. Für Zeiträume, in denen der Pflegebedürftige abwesend ist, ohne dass er den gesetzlichen Anspruch auf die
Freihaltung seines Pflegeplatzes hat, muss er die volle Vergütung zahlen, wenn sein Pflegeplatz weiterhin frei gehalten werden
soll. Bei voller Zahlung des gesamten Entgelts ist der Heimbetreiber verpflichtet, dem Heimbewohner weiterhin seinen Platz
frei zu halten, denn ein Grund für eine Kündigung des Heimplatzes ist dann nicht ersichtlich. Die vom Kläger geschilderte
absurde Situation einer vollen Zahlungspflicht, ohne dass zugleich der Pflegeplatz frei zu halten ist, kann deshalb nicht
eintreten. Mit der Entlassung des Heimbewohners endet auch seine Zahlungspflicht (§
87a Abs
1 S 2
SGB XI).
(4) Für die hier vorgenommene Auslegung des §
87a Abs
1 S 7
SGB XI spricht auch die zivilrechtliche Bewertung sog Betreuungs- bzw Heimverträge, welche die Heimbetreiber auf zivilrechtlicher
Grundlage mit den Pflegeheimbewohnern schließen. Hierzu hat der BGH im Jahre 2001 auf der Basis des damals gültigen
Heimgesetzes entschieden, dass Selbstzahler, die in nennenswertem Umfang von der Möglichkeit einer Beurlaubung über das Wochenende Gebrauch
machen, von einer Klausel in einem Heimvertrag einer Einrichtung der Behindertenhilfe unangemessen benachteiligt werden, nach
der bei vorübergehender Abwesenheit (zB Urlaub, Wochenend- und Feiertagsabwesenheit, Krankenhausaufenthalt) bis einschließlich
drei Tagen das volle Betreuungsentgelt weiterzuzahlen ist, wenn nach der Klausel eine Erstattung des ersparten Pflegeaufwands
nicht vorgesehen ist. Die Klausel hielt daher der Inhaltskontrolle nach § 9 des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBG) nicht stand (BGHZ 148, 233). Es ging dabei ersichtlich um die ersten drei Tage jeder Abwesenheit. Inzwischen wurde das
Heimgesetz diesbezüglich durch das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) vom 29.7.2009 (BGBl I 2319) ersetzt. Nach § 7 Abs 5 WBVG muss sich der Unternehmer, "soweit der Verbraucher länger als drei Tage abwesend ist", den Wert der dadurch ersparten Aufwendungen
auf seinen Entgeltanspruch anrechnen lassen. Im Vertrag kann eine Pauschalierung des Anrechnungsbetrages vereinbart werden.
In Verträgen mit Verbrauchern, die Leistungen nach dem
SGB XI in Anspruch nehmen, ergibt sich die Höhe des Anrechnungsbetrages aus den in §
87a Abs
1 S 7
SGB XI genannten Vereinbarungen (§ 7 Abs 5 S 1 bis 3 WBVG). Diese Regelungen hat der Gesetzgeber vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BGH aufgenommen. Mangels anderer Anhaltspunkte
kann sich auch diese Regelung nur auf jede einzelne Abwesenheit beziehen. Der Gesetzgeber nimmt hierbei ausdrücklich Bezug
auf die durch Gesetz vom 28.5.2008 eingefügte Regelung des §
87a Abs
1 S 7
SGB XI. In der Gesetzesbegründung ist formuliert: "In Anlehnung an die Neuregelung in §
87a Absatz
1 Satz 7
SGB XI wird nunmehr eine Anrechnung des Wertes ersparter Aufwendungen ab dem dritten Tag einer Abwesenheit des Verbrauchers vorgegeben"
(BT-Drucks 16/12409 S 12). Der Gesetzgeber hat damit deutlich gemacht, dass er nicht nur die Drei-Tages-Regelung in § 7 Abs 5 WBVG, sondern in gleicher Weise auch die in §
87a Abs
1 S 7
SGB XI auf jede Abwesenheit des Heimbewohners bezieht.
(5) Für dieses Normverständnis spricht auch eine zweckorientierte Argumentation. Während nicht erkennbar ist, welcher Grund
dafür sprechen könnte, die Zahlung der vollen Vergütung für Abwesenheitszeiten zwingend auf drei Tage im Kalenderjahr festzulegen,
ist die hier vorgenommene Auslegung, die es den Vertragsparteien ermöglicht, für die ersten drei Tage einer jeden Abwesenheit
die volle Vergütung vorzusehen, im Hinblick auf die Möglichkeit der Heimbetreiber zu Kosteneinsparungen sinnvoll. Denn Kosteneinsparungen
sind jedenfalls nach einem gewissen Vorlauf möglich, wenn die vorgesehene Verpflegung abbestellt und der Personaleinsatz entsprechend
koordiniert werden konnte. Unter Berücksichtigung der Verpflichtung des Heimträgers, den Heimplatz bei Abwesenheit des Pflegebedürftigen
ggf über lange Zeiträume gegen eine abgesenkte Vergütung frei zu halten (§
87a Abs
1 S 5 und 6
SGB XI), erscheint es nicht unangemessen, eine Vergütungsabsenkung bezüglich der ersten drei Tage jeder Abwesenheit und deren Ausgestaltung
der Vereinbarungsfreiheit der Rahmenvertragsparteien zu überlassen. Der in der Gesetzesbegründung zu §
87a Abs
1 S 7
SGB XI formulierte Satz: "Während der ersten drei Tage ist demnach der volle Pflegesatz zu zahlen" (BT-Drucks 16/7439 S 72 f), ist
daher mit der Einschränkung zu verstehen, soweit die Rahmenvertragsparteien dies vereinbaren.
bb) Die beklagte Schiedsstelle hat den in diesem Rahmen bestehenden Beurteilungsspielraum eingehalten. Nach dem zwingenden
Gesetzesrecht des §
75 Abs
2 S 1 Nr
5 iVm §
87a Abs
1 S 7
SGB XI sind Abschläge für Abwesenheitszeiten der Heimbewohner jedenfalls ab dem vierten Tag einer jeden Abwesenheit zu erheben.
Weitergehende Vereinbarungen über Abschläge zB für jeden Abwesenheitstag oder ab dem vierten Abwesenheitstag im Kalenderjahr
sind möglich, gesetzlich aber nicht zwingend vorgeschrieben. Ebenso denkbar, aber nicht zwingend, ist eine differenzierende
Regelung, die beispielsweise für ungeplante Abwesenheiten die volle Vergütung für die ersten drei Tage vorsieht und für mindestens
drei Tage zuvor angekündigte Abwesenheiten Abschläge bereits ab dem ersten Tag regelt (vgl hierzu das Gutachten des Deutschen
Vereins für öffentliche und private Fürsorge eV vom 15.10.2009, Auszüge in NDV 2010, S 58). Der Schiedsspruch sieht einen
Abschlag von den genannten Vergütungsbestandteilen erst ab dem vierten Tag jeder Abwesenheit der Heimbewohner vor und hält
sich damit im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben.
Die Schiedsstelle hat auch nicht den ihr eingeräumten Beurteilungsspielraum verkannt und die von ihr getroffene Regelung für
eine nach den gesetzlichen Vorschriften zwingend vorgegebene Regelung ohne Beurteilungsspielraum gehalten. Das wird schon
daraus deutlich, dass sie sich auch mit den wirtschaftlichen Auswirkungen der Regelung auseinandergesetzt und insoweit zumindest
die Regelungen, die in anderen Bundesländern vereinbart wurden, zur eigenen Beurteilung herangezogen hat. In der Begründung
des Schiedsspruchs wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die getroffene Entscheidung auf einer Abwägung der Lasten- und
Risikoverteilung zwischen den Pflegebedürftigen und den Heimbetreibern beruht. Diese Abwägung wird auch im Einzelnen erläutert.
cc) Schließlich basiert der Schiedsspruch auch auf einer hinreichenden Ermittlung des Sachverhalts in einem fairen Verfahren
unter Wahrung des rechtlichen Gehörs. Die Schiedsstelle unterliegt grundsätzlich dem Untersuchungsgrundsatz nach § 20 SGB X (vgl BSGE 105, 126 = SozR 4-3300 § 89 Nr 2, RdNr 68 f; BSGE 119, 43 = SozR 4-2500 § 120 Nr 4, RdNr 37 f; so auch Clemens, MedR 2012, 769, 770; Wahl in juris-PK
SGB V, §
114 RdNr 28; Kuhla, NZS 2016, 481, 484; für den Beibringungsgrundsatz und daher aA: Köhler-Hohmann in juris-PK
SGB V, §
120 RdNr 101; Sonnhoff in Hauck/Noftz, SGB, Stand: 08/16, §
120 SGB V RdNr 30; jeweils zu unterschiedlichen Schiedsstellen). Der Senat schließt sich für die Schiedsstelle nach §
76 SGB XI nicht der vom Bundesverwaltungsgericht zur Schiedsstelle nach § 18a KHG vertretenen Auffassung (BVerwGE 124, 209) an, diese werde wegen ihrer paritätischen Zusammensetzung und den sich schon aus der
Bundespflegesatzverordnung ergebenden Vorlage- und Mitwirkungspflichten durch den Beibringungsgrundsatz geprägt und sei daher nicht dem Amtsermittlungsgrundsatz
unterworfen. Für die Verfahren der Schiedsstelle nach §
76 SGB XI ist zu berücksichtigen, dass der Schiedsspruch auch gegenüber den Heimbewohnern unmittelbare Wirkung entfaltet, obwohl sie
nicht direkt am Verfahren beteiligt sind. Diese dürfen jedenfalls nicht "Opfer" von Beweislastentscheidungen werden (BSGE
105, 126 = SozR 4-3300 § 89 Nr 2, RdNr 68). Schließlich wird den Vertragsparteien zwar der Inhalt der von ihnen abzuschließenden Vereinbarungen
weitgehend freigestellt, das Zustandekommen des Vertrags oder ggf einzelner Vertragsbestandteile kann aber letztlich - notfalls
unter Einschaltung der Schiedsstelle - von den Beteiligten erzwungen werden. Bei den von der Schiedsstelle getroffenen Regelungen
handelt es sich daher nicht - auch nicht mittelbar - um vertragsautonome Entscheidungen der Beteiligten, sondern um Akte staatlicher
Rechtsetzung (so auch Wahrendorf, Strukturen ausgewählter Schiedsstellenverfahren, KrV 2016, 221; sowie BVerwGE 108, 47), weshalb der Schiedsspruch der Schiedsstelle nach §
76 SGB XI auch als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist. Deshalb ist hier der Amtsermittlungsgrundsatz sachnäher als der Beibringungsgrundsatz
(so auch BSGE 119, 43 = SozR 4-2500 § 120 Nr 4, RdNr 37).
Nach § 20 Abs 1 S 2 SGB X bestimmt die Behörde Art und Umfang der Ermittlungen; sie ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten
nicht gebunden und hat nach § 20 Abs 2 SGB X alle für den Einzelfall bedeutsamen Umstände zu berücksichtigen. Zu den für einen Schiedsspruch bedeutsamen Umständen gehören
neben der Berücksichtigung zwingender Grundsätze und Normen insbesondere solche Umstände, denen die Schiedsstelle im Rahmen
ihres Beurteilungsspielraums Bedeutung beimisst. Bei der Bestimmung von Art und Umfang der Ermittlungen muss die Schiedsstelle
insbesondere auch dem Beschleunigungsgrundsatz gerecht werden und kann sich deshalb regelmäßig auf den von den Beteiligten
vorgebrachten Sachverhalt und die von ihnen beigebrachten Unterlagen stützen. Denn das Schiedsverfahren ist in besonderem
Maße von den Mitwirkungspflichten der Beteiligten geprägt. Dies zeigt sich nicht nur daran, dass sich die Schiedsstelle selbst
zum großen Teil aus Vertretern der Interessengruppen der Beteiligten zusammensetzt. Das Schiedsstellenverfahren ist auch als
Verlängerung der Vertragsverhandlungen unter Führung unparteiischer Mitglieder zu verstehen, denn zu einem Schiedsspruch kommt
es erst, wenn sich die Beteiligten auch vor der Schiedsstelle nicht einigen können. Der Schiedsspruch ersetzt dann die fehlende,
konsensual getroffene Regelung durch eine Rechtsetzung, die häufig im Wege eines Kompromisses die unterschiedlichen Interessen
zusammenführt. Der Gesetzgeber hat das Verfahren damit insgesamt weitgehend in die Hände der Beteiligten und deren Mitwirkung
gelegt. Eine Einschränkung der Ermittlungspflicht von Amts wegen erfolgt auch in anderen Zusammenhängen, wenn ein Beteiligter
Informationen in das Verfahren einbringen kann (vgl zB Leitherer in MeyerLadewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl 2014, §
103 RdNr 3b); dies gilt im Schiedsstellenverfahren wegen der gesteigerten Mitwirkungspflichten in besonderem Maße. In Ermangelung
eines Verwaltungsunterbaus und im Hinblick auf Stellung und Funktion der Schiedsstelle genügt sie ihrer Amtsermittlungspflicht
regelmäßig, wenn sie solche Unterlagen und Angaben von den Vertragsparteien anfordert, denen sie im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums
Bedeutung beimessen möchte oder denen nach der Rechtslage für die Schiedsstellenentscheidung Bedeutung beizumessen ist. Weitergehende,
eigene Ermittlungen der Schiedsstelle, zB durch die Einholung von Gutachten oder Auskünften von Dritten, sind insbesondere
dann nicht ausgeschlossen, wenn sich die Beteiligten auf deren Durchführung durch die Schiedsstelle und die Übernahme der
Kosten einigen; andernfalls unterfallen solche Ermittlungen regelmäßig weitgehend dem Beurteilungsspielraum der Schiedsstelle
und nicht der Amtsermittlungspflicht (ähnlich bereits BSGE 105, 126 = SozR 4-3300 § 89 Nr 2, RdNr 68 f; BSGE 119, 43 = SozR 4-2500 § 120 Nr 4, RdNr 37 f).
Die Schiedsstelle ist ihren sich danach ergebenden Ermittlungspflichten in hinreichendem Maße nachgekommen. Denn den Beteiligten
des Verfahrens lag nach ihrer eigenen Auskunft kein Datenmaterial zu den finanziellen Auswirkungen der verschiedenen in Diskussion
befindlichen Regelungen zu Vergütungsabschlägen bei Abwesenheitszeiten vor. Das ist schon deshalb nachvollziehbar, weil die
beteiligten Sozialversicherungsträger nur die ihnen gesetzlich zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen haben, und eine Datenerhebung
dieses Inhalts nicht zu ihren gesetzlichen Aufgaben gehört. Die Pflegeheimträger haben zwar regelmäßig im Rahmen der Abrechnung
auch Abwesenheitstage sowie deren Grund anzugeben (vgl zum hier anwendbaren Rahmenvertrag nach §
75 SGB XI zur vollstationären Pflege in Sachsen-Anhalt vom 23.4.2004 §
16 Abs 2 Buchst a); allgemein vgl §
17 Abs
2 Buchst a) der Gemeinsamen Empfehlung gemäß §
75 Abs
5 SGB XI zum Inhalt der Rahmenverträge nach §
75 Abs
1 SGB XI zur vollstationären Pflege vom 25.11.1996), daraus ergeben sich aber noch nicht ohne Weiteres die finanziellen Auswirkungen
verschiedener Regelungen zu Vergütungsabschlägen bei Abwesenheitszeiten. Die Auswertung der für jeden Pflegeheimbewohner gesondert
erstellten Abrechnungen über einen längeren Zeitraum ist jedenfalls nicht Aufgabe der Schiedsstelle, auch nicht im Wege eines
Auftrags an einen entsprechenden Sachverständigen. Es steht allein den Beteiligten frei, solche Daten im Rahmen ihrer Mitwirkung
in das Verfahren einzubringen. Auch der Kläger selbst hätte im Schiedsstellenverfahren Datenmaterial zu den wirtschaftlichen
Auswirkungen der in Betracht kommenden Regelungen zu Vergütungsabschlägen bei Abwesenheitszeiten vorlegen oder deren Vorlage
zumindest anbieten können, wenn die Auswertung des vorhandenen Datenmaterials noch nicht abgeschlossen war. Die Schiedsstelle
hat keine rechtlichen Möglichkeiten, eine solche Datenerhebung von einem der Beteiligten zu verlangen und ggf mit Zwangsmitteln
durchzusetzen. Sie hat immerhin ermittelt, welche Regelungen hierzu in anderen Bundesländern getroffen wurden, und sie hat
den in der Schiedsstelle vorhandenen Sachverstand und die darauf beruhenden Erfahrungswerte mitberücksichtigt, dass urlaubsbedingte
Abwesenheitszeiten, die entsprechende Dispositionen des Einrichtungsträgers erlauben, eher nicht der Regelfall sein dürften,
während die häufiger vorkommenden krankheits- und rehabilitationsbedingten Abwesenheiten regelmäßig Planungsprobleme bereiteten.
Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich hier nicht um reine Mutmaßungen. Vielmehr ist die Schiedsstelle gerade
deshalb pluralistisch zusammengesetzt, damit alle Mitglieder ihre Erfahrungen und ihren Sachverstand im Rahmen des Beurteilungsspielraums
praxisnah einbringen können, insbesondere wenn belastbares Zahlenmaterial nicht vorhanden ist. Dem Kläger steht es frei, die
im Klageverfahren vor dem LSG vorgelegten Daten zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der getroffenen Regelung im Vergleich
zu der von ihm selbst favorisierten Regelung zu den Vergütungsabschlägen für Abwesenheitszeiten sowie ggf weitere Auswertungen
von Datenmaterial einschließlich entsprechender Belege zum Anlass für Neuverhandlungen oder eine Kündigung der bestehenden
Regelung nach §
75 Abs
5 SGB XI zu nehmen und auf dieser Basis eine Neuregelung zu erwirken.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 S 1 Teils 3
SGG iVm §§
154 ff
VwGO. Da die Beigeladenen zu 1. bis 7. und zu 18. bis 20. keinen Antrag gestellt haben, entsprach es auch nicht der Billigkeit,
dem Kläger deren Kosten aufzuerlegen. Gerichtskosten dürfen zu Lasten des Klägers als überörtlicher Träger der Sozialhilfe
(vgl § 2 Abs 1 Gesetz zur Ausführung des SGB XII (AG SGB XII) des Landes Sachsen-Anhalt) gemäß §
197a Abs
1 S 1 Teils 2
SGG iVm § 2 Abs 3 S 1 GKG und § 64 Abs 3 S 2 SGB X nicht erhoben werden (BSG Beschluss vom 28.1.2016 - B 13 SF 3/16 S - Juris RdNr 6; LSG NRW Urteil vom 19.3.2009 - L 9 SO 9/07 - Juris RdNr 47; vgl Bericht des Ausschusses für Gesundheit und
Soziale Sicherung, BT-Drucks 15/3867 S 3 - Zu Nr 14a [§ 197a Abs 3 SGG]; Roos in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 64 RdNr 18a).
Grundlage der Streitwertfestsetzung ist §
197a Abs
1 S 1 Teils 1
SGG iVm §§ 63, 40, 52 Abs 1, Abs 3 S 2, § 47 Abs 1 S 2 GKG. Der Kläger gibt für das gesamte Jahr 2009 wirtschaftliche Nachteile der getroffenen Regelung für ihn in Höhe von 39 026,08
Euro an. Das ergibt für die Zeit ab 1.7.2009 etwa 19 513,04 Euro. Für das Jahr 2010 beläuft sich das wirtschaftliche Interesse
des Klägers an der von ihm favorisierten Lösung nach seinen Angaben auf 45 874,18 Euro, das sind bis zum Zeitpunkt der Klageerhebung
im August 2010 (vgl § 40 GKG; 45 874,18 : 12 x 8) etwa 30 582,79 Euro. Wegen der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen ist es angemessen,
den Streitwert auf etwa das Dreifache dieses Gesamtwertes (§ 52 Abs 3 S 2 GKG) festzusetzen.