Zulässigkeit der Beschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren nach rechtskräftiger Entscheidung über eine Nichtzulassungsbeschwerde,
erneutes Prozesskostenhilfegesuch mit erneuter Prüfung der Erfolgsaussicht
Gründe:
Der erkennende Senat hat mit Beschluss vom 11.7.2007 den vom Kläger gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
und Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt und seine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts
Nordrhein-Westfalen (LSG) vom 28.2.2007 als unzulässig verworfen. Der Beschluss ist dem Kläger am 17.7.2007 zugestellt worden.
Am 24.7.2007 hat der Kläger Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt und sich darauf berufen, er habe die
Rechtsmittelbelehrung im Urteil des LSG so verstanden, dass er die Prozesskostenhilfe selbst beantragen könne, wobei er auf
die anschließende Beiordnung eines Rechtsanwalts gehofft habe. In diesem Sinne habe er in seiner Beschwerdeschrift vom 15.6.2007
die Bitte auf Benennung eines Rechtsbeistandes fristgerecht geäußert und seine Berechtigung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe
durch die Vorlage der Bescheinigung der Stadt Moers vom 8.6.2007 begründet. Deshalb sei ihm Gelegenheit zu geben, die Beschwerde
durch einen Anwalt formgerecht nachholen zu lassen.
Das jetzige Begehren des Klägers ist als (erneuter) Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte formgerechte
Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 28.2.2007 zu verstehen. Die Bezeichnung
als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zumindest ungenau und darf der sachlichen Prüfung des Anliegens nicht
entgegenstehen (§
123 SGG). Ein solcher Antrag hat in der jetzigen prozessualen Situation keinen Sinn. Wegen Versäumung der Beschwerdefrist käme ein
Wiedereinsetzungsgesuch frühestens in Betracht, nachdem Prozesskostenhilfe bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet worden
wäre, denn nur dieser wäre befugt, die versäumte Rechtshandlung (Einlegung der Beschwerde) nachzuholen. In Bezug auf das Verfahren
um Prozesskostenhilfe geht ein Wiedereinsetzungsantrag schon deshalb ins Leere, weil die insoweit erforderlichen Prozesshandlungen
keiner gesetzlichen Verfahrensfrist iS von §
67 Abs
1 SGG unterliegen. Der Zeitpunkt eines Prozesskostenhilfegesuchs, das auf eine ihrerseits fristgebundene Nichtzulassungsbeschwerde
abzielt, hat jedoch in anderer Beziehung rechtliche Bedeutung. Geht es innerhalb der Beschwerdefrist bei Gericht ein und führt
es zur Beiordnung eines Rechtsanwalts, kann die von diesem formgerecht, aber in aller Regel verspätet erhobene Beschwerde
nicht als verfristet verworfen werden, weil dem Beschwerdeführer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist; denn
die Fristversäumnis ist nicht auf dessen Verschulden, sondern auf die notwendige Dauer der gerichtlichen Prüfung des Prozesskostenhilfegesuchs
zurückzuführen. Dem bedürftigen Kläger ist nicht zuzumuten, bereits vor der gerichtlichen Entscheidung über die Prozesskostenhilfe
einen zugelassenen Bevollmächtigten zu beauftragen, um die Beschwerde fristgerecht einlegen zu lassen, da ihn im Falle der
Ablehnung der Prozesskostenhilfe das Kostenrisiko träfe, das er mit dem Prozesskostenhilfegesuch gerade vermeiden will. Geht
dieses Gesuch demgegenüber erst nach Ablauf der Beschwerdefrist bei Gericht ein, ist es in dem Sinne "verspätet", dass es
in einem nachfolgenden, von einem Anwalt eingeleiteten Beschwerdeverfahren keine Wiedereinsetzung begründet. Denn auch der
mittellose Antragsteller hat dann nicht alles ihm Zumutbare unternommen, um die Beschwerdefrist zu wahren. Folglich ist ein
solches "verspätetes" Gesuch mangels Erfolgsaussicht abzulehnen: Es zielt auf eine Beschwerde, die erst nach Ablauf der Beschwerdefrist
erhoben werden kann und bei der dem Beschwerdeführer kein Wiedereinsetzungsgrund zur Seite steht. Auf dieser Grundlage hat
der Senat im Beschluss vom 11.7.2007 den ersten Prozesskostenhilfeantrag des Klägers mangels Erfolgsaussicht abgelehnt; gleichzeitig
hat er die vom Kläger persönlich eingelegte Beschwerde als nicht formgerecht verworfen.
Einer erneuten Prüfung des Anspruchs auf Prozesskostenhilfe stehen diese Entscheidungen nicht entgegen. Die Rechtskraft der
bisherigen Verwerfungsentscheidung erfasst nur den damaligen Formmangel, die fehlende Postulationsfähigkeit des Klägers (vgl
Zöller/Vollkommer §
322 ZPO RdNr 1a), welcher der jetzt beabsichtigten Beschwerde nicht entgegengehalten werden könnte, weil sie durch den beizuordnenden
zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegt werden soll. Da der Kläger neue, bisher vom Senat nicht berücksichtigte Gründe
für die "Verspätung" seines Prozesskostenhilfeantrags vorbringt, stellt auch die frühere Prozesskostenhilfeentscheidung kein
prozessuales Hindernis für die erneute Befassung dar (vgl BSG SozR 3-1500 § 62 Nr 19 S 33). Die prozessuale Wirkung der bisherigen
Ablehnung beschränkt sich auf den damals zu Grunde gelegten Sachverhalt. Sogar bei einem rechtskräftig als verfristet verworfenen
Rechtsmittel ist das Gericht prozessual nicht gehindert, Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn der Rechtsmittelführer rechtzeitig
glaubhaft macht, dass er die Frist ohne sein Verschulden versäumt hat (BSG SozR 1500 § 67 Nr 5; BFH/NV 2006, 311; BGH FamRZ 2005, 791).
Das demnach als erneuter Antrag auf Prozesskostenhilfe zu wertende Begehren des Klägers ist abzulehnen, weil das beabsichtigte
Rechtsmittel trotz der jetzt vom Kläger angeführten Gesichtspunkte keine Aussicht auf Erfolg hat. Eine formgerecht von einem
zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegte Beschwerde müsste als verspätet verworfen werden, denn der Kläger hat nicht
alles ihm Zumutbare getan, um trotz seines (hier zu unterstellenden) Unvermögens, einen Rechtsanwalt zu bezahlen, die Beschwerdefrist
zu wahren. Selbst wenn der Senat davon ausgeht, dass der Kläger den erforderlichen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
sinngemäß bereits mit dem Schreiben vom 15.6.2007 gestellt hat, so hat er doch die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse (= Erklärung) auf dem vorgeschriebenen Vordruck erst am 2.7.2007 und somit nach Ablauf der am 25.6.2007 endenden
Rechtsmittelfrist beim Bundessozialgericht (BSG) vorgelegt. Erst auf Grund der darin enthaltenen Angaben wäre der Senat in
der Lage gewesen, die Voraussetzungen des Anspruchs auf Prozesskostenhilfe abschließend zu prüfen und einen Rechtsanwalt beizuordnen,
der dann jedoch die Beschwerde keinesfalls noch rechtzeitig hätte einreichen können. Dass die Erklärung innerhalb der Beschwerdefrist
beim BSG eingehen muss (vgl dazu BSG SozR 1750 § 117 Nr 1; BFH/NV 2007, 1918; BGH vom 21.12.2006 - VII ZA 7/06), ist dem Kläger im Anschluss an die Rechtsmittelbelehrung des Berufungsurteils eindeutig mitgeteilt worden. Wenn der Kläger
die insoweit ausführlichen und eindeutigen Hinweise entweder nicht zur Kenntnis genommen hat oder meinte, diese anders interpretieren
zu können, so hat er es sich selbst zuzuschreiben, dass sein Prozesskostenhilfeantrag keinen Erfolg haben kann. Auch bei großzügiger
Betrachtung lassen die genannten Hinweise eine Interpretation dahingehend nicht zu, dass der Kläger sich im Einverständnis
mit dem BSG auf Grund seiner im Laufe des Verfahrens selbst angeeigneten Rechtskenntnisse vor dem Beschwerde- bzw Revisionsgericht
selbst vertreten dürfe. Da das Hinweisschreiben des BSG vom 27.6.2007 die im Anschluss an das Berufungsurteil gegebenen Erläuterungen
lediglich wiederholt und auf die Beschwerdefrist ausdrücklich Bezug nimmt, konnte es beim Kläger nicht den Eindruck erwecken,
dass die Vorlage des Vordrucks auch noch nach Ablauf der Beschwerdefrist eine zulässige Beschwerde ermöglichen würde.