Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung
Fremdgeschäftsführer einer GmbH als abhängig Beschäftigter
Wegfall des Klärungsbedarfs einer Rechtsfrage
Notwendiger Inhalt einer Grundsatzbeschwerdebegründung
1. Klärungsbedarf für eine Rechtsfrage entfällt, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich z.B. unmittelbar aus
dem Gesetz oder aus höchstrichterlicher Rechtsprechung ergibt.
2. Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage aber auch dann anzusehen, wenn sie zwar weder ein oberstes Bundesgericht
noch das BVerfG in der konkreten Fallgestaltung ausdrücklich beantwortet hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche
Entscheidungen ausreichende Anhaltspunkte enthalten, um die Rechtsfrage zu beurteilen.
3. Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG bzw. des BVerfG sowie ggf der einschlägigen Rechtsprechung aller obersten Bundesgerichte zu dem Problemkreis substantiiert
vorgetragen werden, dass zu dem angesprochenen Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden
Urteile die maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet ist.
4. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG sind (alleinvertretungsberechtigte) Fremdgeschäftsführer einer GmbH in aller Regel abhängig beschäftigt.
Gründe:
Mit Urteil vom 5.11.2014 hat es das LSG Berlin-Brandenburg abgelehnt, die Klägerin für ihre Tätigkeit als alleinvertretungsberechtigte
Fremdgeschäftsführerin der Beigeladenen zu 1. im Zeitraum vom 10.7.2008 bis zum 30.4.2010 von der Versicherungspflicht in
der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung wurde Beschwerde zum BSG eingelegt. In der Beschwerdebegründung wird die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend gemacht.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.
Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG),
- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder
- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).
Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des §
160a Abs
2 S 3
SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß §
160a Abs
4 S 1 iVm §
169 SGG zu verwerfen.
Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus
aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig
ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung
angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen
der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung
erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte)
Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende
Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 §
160a Nr 34 S 70 mwN; Fichte in Breitkreuz/Fichte,
SGG, 2. Aufl 2014, §
160a RdNr 42).
Die Klägerin hält die Fragen für grundsätzlich bedeutsam,
1. "ob alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerinnen/Geschäftsführer einer GmbH oder vergleichbar Beschäftigte, die anwaltliche
Tätigkeiten ausüben, zu den von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 03. April 2014 erfassten angestellten Unternehmensjuristen
bei nicht-anwaltlichen Arbeitgebern zählen und damit vom Anwendungsbereich des §
6 Abs.
1 S. 1 Nr.
1 SGB VI ebenfalls nicht erfasst werden."
2. "ob Beschäftigte, die bereits vor den Urteilen des Bundessozialgerichts vom 31. Oktober 2012 (Az.: B 12 R 8/10 R; B 12 R 3/11 R und B 12 R 5/10 R) arbeitgeberunabhängig für eine Tätigkeit als Rechtsanwältin/-anwalt von der Beklagten befreit waren und die schon vor
dem 31. Oktober 2012 aufgrund der vorherigen Verwaltungspraxis der Beklagten auch eine Befreiung für die Tätigkeit bei einem
nicht-anwaltlichen Arbeitgeber erhalten hatten, Vertrauensschutz genießen, etwa für weitere inhaltsgleiche Tätigkeiten, die
sie vor dem 31. Oktober 2012 aufgenommen haben."
Mit diesen Fragen hat sie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargetan. Während die erste Frage schon offen
lässt, welches (anspruchsbegründende) Tatbestandsmerkmal des mehrgliedrigen §
6 Abs
1 S 1 Nr
1 SGB VI überhaupt in Rede steht und ausgelegt werden soll, um die Rechtseinheit zu wahren oder das Recht fortzubilden, benennt die
zweite Frage noch nicht einmal eine materiell-rechtliche Norm des Bundesrechts (§
162 SGG), aus der sich ein "Vertrauensschutz" ergeben könnte.
Überdies fehlen hinreichende Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit der angesprochenen Probleme. Klärungsbedarf entfällt,
wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz oder aus höchstrichterlicher Rechtsprechung
ergibt. Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage aber auch dann anzusehen, wenn sie zwar weder ein oberstes Bundesgericht
noch das BVerfG in der konkreten Fallgestaltung ausdrücklich beantwortet hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche
Entscheidungen ausreichende Anhaltspunkte enthalten, um die Rechtsfrage zu beurteilen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG bzw des BVerfG sowie ggf der einschlägigen Rechtsprechung aller obersten Bundesgerichte zu dem Problemkreis substantiiert
vorgetragen werden, dass zu dem angesprochenen Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden
Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet ist (Krasney/Udsching, Handbuch des
sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX RdNr 183 mwN).
Im Zusammenhang mit der ersten Frage räumt die Klägerin selbst ein, dass nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (alleinvertretungsberechtigte) Fremdgeschäftsführer einer GmbH in aller Regel abhängig beschäftigt sind (vgl dazu BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 R 14/10 R - BeckRS 2013, 66534 RdNr 21 und BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 20 S 79 mwN). Gleichzeitig nimmt sie auf die "Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 03. April 2014" Bezug, wonach
die anwaltliche Berufsausübung in der äußeren Form der Beschäftigung nicht möglich ist (vgl Senatsurteile vom 3.4.2014 - B
5 RE 13/14 R - zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen = SozR 4-2600 § 6 Nr 12; B 5 RE 9/14 R - WM 2014, 1883 sowie B 5 RE 3/14 R - ArbuR 2014, 476). Warum vor diesem Hintergrund gerade für abhängig beschäftigte GmbH-Geschäftsführer, die als Rechtsanwälte zugelassen sind,
etwas anderes gelten könnte, zeigt die Beschwerdebegründung nicht schlüssig auf. Sie verzichtet vielmehr auf den entscheidenden
Schritt, die von ihr erwähnte Judikatur des BSG dahingehend zu überprüfen, ob die dort aufgestellten Kriterien nicht auch eine Beantwortung der gestellten Frage ermöglichen,
soweit dies im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Eine intensive Befassung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung
war keinesfalls deshalb entbehrlich, weil nach dem Vortrag der Klägerin in den genannten Entscheidungen weder spezifisch auf
ihren Personenkreis ("alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerinnen/Geschäftsführer einer GmbH") eingegangen werde noch
die Sachverhalte identisch seien. Die Klägerin verkennt, dass sie selbst darzulegen und nicht lediglich zu erfragen hat, ob
sich die Lösung des aufgeworfenen Problems bereits aus der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ableiten lässt. Schließlich
geht die Beschwerdebegründung im Rahmen der zweiten Frage nirgendwo auch nur ansatzweise auf die umfangreiche Rechtsprechung
des BSG und des BVerfG zum geltend gemachten "Vertrauensschutz" ein.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 Abs
1 SGG.