Eintragung in das Arztregister für Psychotherapeuten, Nachweis dokumentierter Behandlungsfälle
Gründe:
I. Umstritten ist die Eintragung in das Arztregister für Psychotherapeuten.
Der 1948 geborene Kläger studierte zunächst Mathematik und war danach als Lehrer im Schuldienst der Freien Hansestadt Bremen
tätig. Er war zwischen 1983 und 1987 für ein Psychologiestudium beurlaubt und legte 1987 die Diplomprüfung in Psychologie
ab. Von August 1987 bis August 1991 unterrichtete er an der Deutschen Schule in Athen. Anschließend arbeitete er bis Juli
1992 an einer Gesamtschule in Bremen als Lehrer und Schulpsychologe. Seit August 1992 ist er am G.-Schulzentrum in Bremen
ausschließlich als Schulpsychologe beschäftigt.
Anfang 1999 hatte der Kläger bei der zuständigen Approbationsbehörde die Erteilung der Approbation als Psychologischer Psychotherapeut
und hilfsweise als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut beantragt. Diese erkannte ihm nach Vorlage bestimmter Unterlagen
die Approbation als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut zu, lehnte aber die Erteilung der Approbation als Psychologischer
Psychotherapeut zunächst ab. Im dagegen vom Kläger angestrengten gerichtlichen Verfahren verpflichtete das Oberverwaltungsgericht
Bremen die Approbationsbehörde, dem Kläger auch diese Approbation zu erteilen (Urteil vom 12. Februar 2002, MedR 2003, 185). Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, der Nachweis der Qualifikation als Psychologischer Psychotherapeut könne
auch durch die Behandlung ganz überwiegend von Kindern und Jugendlichen geführt werden.
Der Kläger beantragte am 8. Dezember 2000 bei der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) die Eintragung in das Arztregister
für Psychotherapeuten. Er fügte dem Antrag Belege über mehr als 60 Behandlungsfälle aus seiner Tätigkeit als Schulpsychologe
in den Jahren 1992 bis 1998 bei. Diese enthielten einen Patientencode, Alter und Geschlecht des Patienten, die Diagnose, das
Setting (durchweg Einzeltherapie) und das angewandte Verfahren (ausschließlich: "psychoanalytisch fundiert"). Zudem waren
die Daten von Behandlungsbeginn und -ende, die Anzahl durchgeführter Sitzungen sowie das Behandlungsergebnis angegeben. Alle
sog Falldokumentationen waren mit Datum des 12. November 1999 unterschrieben worden; der Leiter des G.-Schulzentrums bescheinigte
dem Kläger, 60 dokumentierte Behandlungsfälle abgeschlossen zu haben.
Die Beklagte lehnte den Antrag ab, da der Kläger den Nachweis von 60 Behandlungsfällen in einem Richtlinienverfahren nicht
geführt habe. Die schulpsychologische Betreuung von Kindern stelle keine Ausübung eines psychotherapeutischen Behandlungsverfahrens
dar. Die Bestätigung durch den Schulleiter sei für den Nachweis der Fachkunde ungeeignet, weil dieser nicht beurteilen könne,
ob der Kläger die aufgeführten Schüler bzw Eltern in einem Richtlinienverfahren behandelt habe.
Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) hat zur Begründung im Wesentlichen
ausgeführt, der Kläger habe nicht nachgewiesen, bei den über 60 näher bezeichneten Behandlungsfällen ein vom Gemeinsamen Bundesausschuss
nach §
92 Abs
1 Satz 2 Nr
1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) anerkanntes Behandlungsverfahren angewandt zu haben. Der Fachkundenachweis setze voraus, dass die vorgelegten Unterlagen
zumindest dem Fachmann die Prüfung ermöglichten, ob die Behandlungen in einem Richtlinienverfahren durchgeführt worden seien.
Auf die fachkundige Aussage eines Dritten zu den in den bezeichneten Behandlungsfällen angewandten Behandlungsverfahren könne
nicht verzichtet werden, weil sich ein Psychologischer Psychotherapeut seine Fachkunde im Ergebnis nicht selbst bescheinigen
könne (Urteil vom 7. Dezember 2005).
Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des §
95c SGB V. Die Forderung, Unterlagen vorzulegen, die einem Fachmann die Prüfung ermöglichten, ob die Behandlungen in einem Richtlinienverfahren
durchgeführt worden seien, sei mit Wortlaut sowie Sinn und Zweck des §
95c Satz 2 Nr 3
SGB V nicht vereinbar. Bei dieser Auslegung der Vorschrift könne der Psychotherapeut seine Fachkunde nicht selbst glaubhaft machen,
sondern nur durch Bescheinigungen und Bestätigungen Dritter nachweisen. Zu Unrecht habe das LSG aus der in seinem Antrag und
in den Falldokumentationen enthaltenen Wendung, er - der Kläger - habe eine "psychoanalytisch fundierte" Behandlung durchgeführt,
geschlossen, dass es sich dabei nicht um Richtlinienbehandlungen gehandelt habe. Das LSG habe sich darauf berufen, dass in
den Psychotherapie-Richtlinien nur die "tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie" und die "Psychoanalyse" anerkannt seien.
Bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen werde aber nicht exakt zwischen der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie
und der Psychoanalyse im engeren Sinne differenziert, sondern zusammengefasst von "psychoanalytisch begründeten Verfahren"
gesprochen. Aus seinem - des Klägers - beruflichen Werdegang und seiner Ausbildung ergebe sich, dass er für das psychoanalytische
Verfahren qualifiziert sei; nach den Befunddokumentationen habe er auch nur dieses Verfahren angewandt.
Entgegen der Auffassung des LSG reichten auch die von ihm vorgelegten Fallbeschreibungen für den Nachweis von 60 dokumentierten
Behandlungsfällen aus. Das LSG habe die für den Nachweis der Qualifikation nach §
95c Satz 2
SGB V geltenden Beweisregeln verkannt. Für den vom Psychologen zu führenden Nachweis seiner Qualifikation seien alle Beweismittel
zugelassen, auch der eigene Vortrag des Betroffenen. Gegebenenfalls hätte das LSG ihm - dem Kläger - gestatten müssen, eine
eidesstattliche Versicherung des Inhalts vorzulegen, dass er die dokumentierten Behandlungen im Richtlinienverfahren der psychoanalytischen
Psychotherapie durchgeführt habe. Das Schreiben der Senatsverwaltung der Stadt Bremen im Approbationsverfahren vom 28. September
2001, mit dem ihm bescheinigt worden sei, in einem wissenschaftlich anerkannten Verfahren Patienten in 60 dokumentierten Fällen
behandelt zu haben, beweise als öffentliche Urkunde die Richtigkeit des verlautbarten Inhalts. Mindestens stelle dieses Schreiben
ein erhebliches Indiz dafür dar, dass seine - des Klägers - Darstellung zutreffend sei.
Schließlich habe das LSG auch die Bestätigung der Behandlungen durch den Leiter seiner Schule unzutreffend gewürdigt. Diese
Bescheinigung gebe wieder, dass die Behandlungen tatsächlich mit der von ihm - dem Kläger - genannten Ausrichtung durchgeführt
worden seien. Die Anerkennung als dokumentierte Behandlungsfälle iS des §
95c SGB V könne nicht davon abhängen, ob der Schulleiter selbst Psychologe sei. Zumindest hätte das Gericht ihm Gelegenheit geben müssen,
die vorgelegten Dokumentationsblätter zu vervollständigen. In der mündlichen Verhandlung vom 2. November 2005 habe der Berufungssenat
zum Abschluss eines Vergleichs mit dem Inhalt geraten, dass er - der Kläger - wie gewünscht in das Arztregister einzutragen
sei. Nachdem dieser Vergleich einem Obsiegen in der Sache nahegekommen sei, habe für ihn kein Anlass zu der Annahme bestanden,
das LSG würde die vorgelegten Falldokumentationen nicht als ausreichend erachten. Insbesondere habe ihn das LSG nicht darauf
hingewiesen, dass ausführlichere Falldokumentationen, die etwa eine genauere Schilderung des Therapieverlaufs enthalten könnten,
erforderlich und geeignet wären, einen für ihn günstigen Prozessausgang herbeizuführen.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 7. Dezember 2005 und des Sozialgerichts Bremen vom 11. September
2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 9. Februar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. September 2001
aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn - den Kläger - als Psychologischen Psychotherapeuten und als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten
für das Verfahren der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie in das Arztregister einzutragen,
hilfsweise, das Urteil des Landessozialgerichts aufzuheben und den Rechtsstreit an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ihre Kompetenz bei der Anerkennung der Fachkunde von Psychologischen Psychotherapeuten
sei auf die Prüfung beschränkt, ob die 60 abgeschlossenen und dokumentierten Behandlungsfälle auf der Grundlage eines anerkannten
Richtlinienverfahrens abgewickelt worden seien. Diesen Nachweis habe der Kläger jedoch nicht geführt. Ein Psychologischer
Psychotherapeut dürfe nicht in das Arztregister eingetragen werden, wenn keine aussagefähigen Bescheinigungen oder Dokumentationen
vorlägen, aufgrund derer die Fachkunde belegt werden könne. In den vom Kläger vorgelegten Dokumentationsblättern sei der tatsächliche
Ablauf der Behandlung nicht so detailliert aufgezeigt worden, dass sie - die KÄV - sich ggf nach Beratung durch einen Sachverständigen
die Überzeugung hätte bilden können, der Kläger habe Verfahren der tiefenpsychologischen oder analytischen Psychotherapie
bzw Verhaltenstherapie angewandt. Die bloße Behauptung des Eintragungsbewerbers, er habe nach einem Richtlinienverfahren gearbeitet,
sei ohne Aussagekraft. Im Übrigen bestünden Zweifel, ob die vorgelegten Unterlagen überhaupt bestätigten, dass jedenfalls
überwiegend Gesundheitsstörungen von Krankheitswert behandelt worden seien. Bei der schulpsychologischen Betreuung stehe regelmäßig
die Befassung mit schulischen Problemen im Vordergrund.
II. Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, den Kläger in das Arztregister für
Psychotherapeuten als Psychologischen Psychotherapeuten bzw Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten einzutragen.
Streitgegenstand im Revisionsverfahren ist der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Eintragung in das Arztregister für
Psychotherapeuten als Psychologischer Psychotherapeut und als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut. Der Antrag des Klägers
vom 8. Dezember 2000 ist nicht ausdrücklich auf die Eintragung als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut beschränkt. Zwar
hat dem Antrag nur seine Approbation als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut beigelegen. Das erklärt sich jedoch zwanglos
daraus, dass er zu diesem Zeitpunkt noch nicht als Psychologischer Psychotherapeut approbiert war. Die Begründung, mit der
die Beklagte den Eintragungsantrag abgelehnt hat, stellt allein darauf ab, dass mit den vorgelegten Fallschilderungen der
Nachweis ausreichender Kenntnisse in einem Richtlinienverfahren nicht geführt werden könne. Sie bezieht sich nicht auf die
bei Antragstellung noch streitige Frage, ob der Kläger mit diesen Fallschilderungen, die ganz überwiegend Kinder und Jugendliche
betreffen, auch die Qualifikation für die Eintragung als Psychologischer Psychotherapeut nachweisen könne. Da diese Differenzierung
im Verlauf des Rechtsstreits keine Rolle mehr gespielt hat und der Kläger - ohne dies ausdrücklich als Erweiterung des Streitgegenstandes
zu kennzeichnen - bereits im sozialgerichtlichen Verfahren im September 2002 die Eintragung als Psychologischer Psychotherapeut
und als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut begehrt und die Beklagte sich sachlich auf diesen Antrag eingelassen hat,
ist zumindest davon auszugehen, dass der Streitgegenstand im Klageverfahren auf die Eintragung auch als Psychologischer Psychotherapeut
erweitert worden ist (§
99 Abs
3 Nr
2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Eintragung in das Arztregister ist §
95c SGB V. Danach können Psychotherapeuten, die ua nach §
12 des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (Psychotherapeutengesetz
[PsychThG]) vom 16. Juni 1998 (BGBl I 1311) approbiert worden sind, die Eintragung in das Arztregister beanspruchen, wenn
sie ua den Fachkundenachweis führen (§
95c Satz 1 Nr 2
SGB V). Dieser setzt für einen nach §
12 PsychThG approbierten Psychotherapeuten voraus, dass er die für die Approbation erforderliche Qualifikation, Weiterbildung
oder Behandlungsstunden, Behandlungsfälle und die theoretische Ausbildung in einem durch den Gemeinsamen Bundesausschuss nach
§
92 Abs
1 Satz 2 Nr
1 SGB V anerkannten Behandlungsverfahren - also in einem sog Richtlinienverfahren - nachweist (§
95c Satz 2 Nr 3
SGB V; vgl dazu BSGE 95, 94 RdNr 5 = SozR 4-2500 §
95c Nr 1 RdNr 10).
Die Approbation des Klägers beruht auf § 12 Abs 4 PsychThG. Nach dieser Vorschrift erhalten Personen mit einer bestandenen
Abschlussprüfung im Studiengang "Psychologie" an einer Universität bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs 1, 3 und
4 PsychThG auf Antrag eine Approbation zur Ausübung des Berufs des Psychologischen Psychotherapeuten, wenn sie nachweisen,
dass sie zwischen dem 1. Januar 1989 und dem 31. Dezember 1998 mit einer Gesamtdauer von mindestens sieben Jahren als Angestellter
oder Beamter in einer psychiatrischen, psychotherapeutischen, psychosomatischen oder neurologischen Einrichtung vorwiegend
psychotherapeutisch tätig waren oder hauptberuflich psychotherapeutische Behandlungen durchgeführt haben. Voraussetzung für
die Erteilung der Approbation für diesen Personenkreis ist weiterhin, dass sie in dem Zeitraum zwischen 1. Januar 1989 und
31. Dezember 1998 mindestens 4.000 Stunden einschließlich der dazu notwendigen Diagnostik und Fallbesprechung psychotherapeutisch
tätig waren oder 60 dokumentierte Behandlungsfälle abgeschlossen und mindestens 140 Stunden theoretischer Ausbildung in dem
Gebiet, in dem sie beschäftigt sind, abgeleistet haben.
Die Entscheidung der Senatsverwaltung der Freien Hansestadt Bremen, dem Kläger auf dieser Grundlage die Approbation zu erteilen,
bindet die Beklagte als für die Führung des Arztregisters zuständige Stelle (BSG SozR 3-2500 § 95c Nr 1 S 4 ff; BSGE 95, 94 RdNr 6 = SozR 4-2500 § 95c Nr 1 RdNr 11). Deshalb kann hier auf sich beruhen, ob der Kläger die Approbationsvoraussetzungen
erfüllt hat, er nämlich über eine Gesamtdauer von mindestens sieben Jahren hinweg hauptberuflich psychotherapeutische Behandlungen
durchgeführt hat. Nur diese zweite Variante des § 12 Abs 4 Satz 1 PsychThG kommt vorliegend in Betracht, da der Kläger als
Schulpsychologe nicht, wie es die erste Variante der Vorschrift voraussetzt, "in einer psychiatrischen, psychotherapeutischen,
psychosomatischen oder neurologischen Einrichtung" tätig gewesen ist. Hauptberuflich psychotherapeutische Behandlungen durchgeführt
hat er nach seiner eigenen Darstellung im Antrag vom 8. Dezember 2000 erst seit dem 1. August 1992. Auch nur für diesen Zeitraum
hat ihm der Leiter der Schule, an der er tätig war und ist, unter dem 12. November 1999 die Durchführung psychotherapeutischer
Behandlungen bestätigt. Zwischen dem 1. August 1992 und dem 31. Dezember 1998 lagen aber nicht sieben Jahre, sondern nur sechs
Jahre und fünf Monate.
Die KÄV hat im Verfahren zur Arztregistereintragung aufgrund ihrer Bindung an die Entscheidung der Approbationsbehörde nur
zu prüfen, ob die theoretische Ausbildung und - im Falle des Klägers - die dokumentierten Behandlungsfälle eine Weiterbildung
bzw tatsächlich durchgeführte Behandlungen in einem Richtlinienverfahren betreffen (s zuletzt BSGE 95, 94 RdNr 6 = SozR 4-2500 § 95c Nr 1 RdNr 11). Zwischen den Beteiligten ist nicht umstritten, dass die 140 Ausbildungsstunden,
die der Kläger im Zeitraum Januar 1994 bis Mai 1996 im Alfred-Adler-Institut in Bremen absolviert hat, einem Richtlinienverfahren
(Psychoanalyse) zuzuordnen sind. Zu Recht hat die Beklagte aber entschieden, dass nicht der Nachweis geführt ist, dass die
dokumentierten Behandlungsfälle iS des § 12 Abs 4 Satz 2 Nr 1 PsychThG Richtlinienverfahren betreffen.
Mit den 65 vom Kläger seinem Antrag vom 8. Dezember 2000 beigefügten "Dokumentationen" sind zunächst jedenfalls überwiegend
schon keine psychotherapeutischen Behandlungen im Sinne der bis Ende 1998 geltenden Richtlinien des Bundesausschusses der
Ärzte und Krankenkassen über die Durchführung der Psychotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung (Psychotherapie-Richtlinien)
belegt worden. Erhebliche Zweifel bestehen bereits darüber, ob der Kläger in zahlreichen Fällen überhaupt Störungen behandelt
hat, die als "seelische Krankheit" oder als "seelisch-geistige" oder "seelische Behinderung" im Sinne von Abschnitt A Abs
1 der Psychotherapie-Richtlinien in der ab dem 1. Oktober 1987 geltenden Fassung (Deutsches Ärzteblatt [DÄ] 1987, B-1670)
anzusehen sind. Denn zum einen sind Maßnahmen, die ausschließlich zur beruflichen oder sozialen Anpassung oder zur beruflichen
oder schulischen Förderung bestimmt sind, nicht Bestandteil der psychotherapeutischen Versorgung nach den Richtlinien des
Bundesausschusses gewesen. Zum anderen ist nicht ersichtlich, dass vom Kläger in den "Dokumentationen" angegebene Gesundheitsstörungen
wie "einfache Aufmerksamkeitsstörung" oder "Lese-Rechtschreibstörung" einer "psychoanalytisch fundierten" Psychotherapie zugänglich
sind. Dabei kann zu Letzterem dahingestellt bleiben, unter welchen Voraussetzungen einer Lese- und Rechtsschreibschwierigkeit
überhaupt Krankheitswert iS des §
27 Abs
1 SGB V zukommt und gerade eine psychotherapeutische Behandlung erforderlich macht (s dazu: "Richtlinien für die Behandlung" in der
Leitlinie "Umschriebene Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten" der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und
Jugendmedizin; zur Abgrenzung auch: Bayerisches LSG, Urteil vom 23. März 2006 - L 4 KR 279/04 - [juris] unter Hinweis auf die ältere Rechtsprechung des BSG, zB BSGE 48, 258 = SozR 2200 § 182 Nr 47 und SozR, aaO, Nr 48; VG Göttingen, Urteil vom 6. Februar 2007- 2 A 508/06 - [juris] zur Gewährung von Legasthenietherapie als Maßnahme der Jugendhilfe; kritisch zur Verneinung der Behandlungsbedürftigkeit
Schulte-Körne/Remschmidt, DÄ 2003, A-396 ff). Damit ist es zwar nicht von vornherein ausgeschlossen, dass auch im Rahmen schulpsychologischer
Betreuungen Behandlungsleistungen erbracht werden, die die Anforderungen einer primär auf Heilbehandlung zielenden Psychotherapie
nach den Psychotherapie-Richtlinien erfüllen, doch dürfte es sich insoweit nur um Ausnahmen handeln. Dass die vom Kläger vorgelegten
Dokumentationen vorwiegend solche Ausnahmefälle belegen, liegt zumindest fern.
Jedenfalls ist der vom Kläger in den Falldarstellungen angegebene Behandlungsumfang bei "psychoanalytisch fundierten Behandlungen"
nicht geeignet zu belegen, dass er in seiner Tätigkeit als Schulpsychologe zwischen 1992 und 1998 in nennenswertem Umfang
Behandlungen nach den Psychotherapie-Richtlinien durchgeführt hat. In Abschnitt E der Richtlinien, der seit dem Beschluss
des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 4. Mai 1990 (BArbl 1990, 30) dem Abschnitt D der Ausgangsfassung vom
1. Oktober 1987 entspricht, waren Vorgaben über Therapieansätze und Bewilligungsschritte in den drei anerkannten Behandlungsverfahren
"Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie", "Analytische Psychotherapie" und "Verhaltenstherapie" enthalten. Unterschieden
wurde zwischen probatorischen Sitzungen (maximal 5 bzw 8 Stunden), Kurzzeittherapie und regulären Behandlungen. Während im
Rahmen der Kurzzeittherapie maximal 25 Stunden erbracht werden durften und eine "Probetherapie" bei Tiefenpsychologie und
analytischer Psychologie ebenfalls diesen Umfang erreichen konnte, war das Zeitvolumen für die Psychoanalyse mit 160, maximal
240 Stunden und für die Tiefenpsychologie mit 50, maximal 80 Stunden beschrieben. "Psychotherapie" bei Kindern war mit einem
Umfang von 50, in besonderen Fällen 90 Stunden veranschlagt (Abschnitt E, Nr 1.2.4). Diese Volumina an notwendigen Behandlungsstunden
lassen zumindest die Einschätzung des Richtliniengebers erkennen, dass - abgesehen von Probetherapie und Kurzzeittherapie
- analytische Psychotherapie und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie bei Kindern wie bei Erwachsenen im typischen
Behandlungsfall ein erhebliches Stundenvolumen sowohl bei Einzel- wie auch bei Gruppenbehandlungen erfordern. Demgegenüber
belegen die vom Kläger angegebenen Behandlungsstunden, dass der Stundenrahmen, der in den Psychotherapie-Richtlinien für analytische
Psychotherapie und tiefenpsychologische Psychotherapie - abgesehen vom Sonderfall der probatorischen Sitzungen sowie der Kurzzeitbehandlung
- als regelmäßiger Behandlungsumfang vorausgesetzt wird, nicht erreicht worden ist.
Die Behandlungsfrequenzen schwanken zwischen 16 und 55 Stunden; in der Hälfte der Fälle liegt der Umfang zwischen 20 und 30
Stunden. 40 und mehr Stunden sind nur in neun der 65 Fälle angegeben, mehr als 50 nur in einem. Das bedeutet entweder, dass
der Kläger ausschließlich Kurzzeitbehandlungen oder - nach den Maßstäben der Psychotherapie-Richtlinien - probatorische Sitzungen
durchgeführt hat, oder dass tatsächlich schwerpunktmäßig keine Gesundheitsstörungen behandelt worden sind, wie sie nach der
Vorstellung des Normgebers der Psychotherapie-Richtlinien Gegenstand der Behandlung in den Verfahren der analytischen Psychotherapie
oder der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie sind. Hätte der Kläger tatsächlich das wesentliche Spektrum der nach
diesem Verfahren zu behandelnden Gesundheitsstörungen abgedeckt, wäre es nicht möglich, dass nur eine einzige Behandlung von
ihrem zeitlichen Umfang her in die Nähe der Größenordnung gelangt, die von den Psychotherapie-Richtlinien für Langzeitbehandlungen
regelmäßig vorgegeben worden ist. Selbst wenn der Kläger tatsächlich nur Kurzzeittherapien durchgeführt hat, sind mit den
65 vorgelegten Fallschilderungen Behandlungen im Rahmen eines Richtlinienverfahrens nicht in der vom Gesetz vorgesehenen Form
nachgewiesen worden. Da nach den Psychotherapie-Richtlinien sowohl in den bis Ende 1998 als auch in den danach geltenden Fassungen
der Schwerpunkt in diesen Behandlungsverfahren bei Langzeitbehandlungen liegt, könnte ein Therapeut, der für die sieben Jahre
iS des § 12 Abs 4 Satz 1 PsychThG keine Langzeitbehandlungen dokumentiert hat, den Fachkundenachweis nicht führen, wenn er
tiefenpsychologisch oder analytisch tätig sein will.
Im Übrigen sind die vorgelegten Falldokumentationen, wie das LSG zutreffend entschieden hat, nicht geeignet, den Nachweis
einer Behandlung in einem Richtlinienverfahren zu führen. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 6. November 2002 (SozR
3-2500 § 95c Nr 1 S 5) dargelegt, dass die KÄV trotz ihrer Bindung an die Entscheidung der Approbationsbehörde beurteilen
können muss, ob ein ausreichendes Behandlungsvolumen in Anwendung eines anerkannten Behandlungsverfahrens belegt ist. Rechnerische
Fehler der Approbationsbehörde binden die KÄV im Rahmen der Prüfung des Fachkundenachweises ebenso wenig wie etwaige Mehrfachanrechnungen
von Behandlungsstunden oder Falldokumentationen. Weiterhin muss die KÄV tatsächlich prüfen können, ob die dokumentierten Behandlungen
im Richtlinienverfahren erbracht worden sind. Kann sie dies nicht, weil zB - im Extremfall - keine aussagefähigen Bescheinigungen
oder Dokumentationen vorliegen, darf sie die Fachkunde nicht bescheinigen. So liegen die Dinge hier.
Der im PsychThG in mehreren Regelungen verwendete Rechtsbegriff der "dokumentierten Behandlungsfälle" knüpft ersichtlich an
die seit jeher jeden Behandler treffende Verpflichtung an, die bei der Behandlung eines Patienten gemachten Feststellungen
und durchgeführten Behandlungsmaßnahmen zu dokumentieren (für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung s § 57 Bundesmantelvertrag-Ärzte,
§ 13 Abs 7 Bundesmantelvertrag -Ärzte/Ersatzkassen; zur Aufzeichnungspflicht der Leistungserbringer vgl §
294, §
295 Abs
1 Satz 1 Nr
2 SGB V; zur allgemeinen Dokumentationspflicht von Behandlern s auch § 10 Abs 1 (Muster-)Berufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte und nunmehr auch § 9 Abs 1 der Muster-Berufsordnung für die Psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und Kinder-
und Jugendlichenpsychotherapeuten in der Fassung der Beschlüsse des 7. Deutschen Psychotherapeutentages 2006). Auch wenn in
Hinblick darauf, dass die von den Bewerbern für eine Arztregistereintragung durchgeführten Behandlungen nicht im Rahmen der
gesetzlichen Krankenversicherung erbracht worden sein müssen, keine übersteigerten Anforderungen an die Dokumentation der
Behandlungsfälle gestellt werden, müssen diese einen solchen Umfang an Informationen über den einzelnen Behandlungsfall enthalten,
dass auf ihrer Grundlage eine Prüfung möglich ist, ob eine Heilbehandlung und hier eine psychotherapeutische Behandlung nach
einem anerkannten Richtlinienverfahren durchgeführt worden ist. Deshalb gehören zur ordnungsgemäßen Dokumentation Angaben
über die zugrunde liegenden Gesundheitsstörungen, also die erhobenen Befunde, die angewandten therapeutischen Interventionen
(Behandlungsmaßnahmen), der Tag der jeweiligen Behandlung sowie Angaben über Therapieverlauf und Therapieergebnis. Diese Auslegung
des Begriffs der "dokumentierten Behandlungsfälle" iS des § 12 Abs 4 Satz 2 Nr 1 PsychThG ist schon deshalb geboten, weil
die Behandlungsfälle an die Stelle der alternativen Voraussetzung treten, dass 4.000 Stunden psychotherapeutischer Tätigkeit
einschließlich der dazu notwendigen Diagnostik und Fallbesprechungen nachzuweisen sind. Dieser Nachweis kann wiederum nur
durch Bescheinigungen fachkompetenter Dritter, nicht durch Eigenangaben geführt werden. Wollte man hingegen wie der Kläger
für das Tatbestandsmerkmal "dokumentiert" die Bezeichnung des Patienten, dessen Alters, der Art der Erkrankung und die Angabe
einer Zahl von Behandlungsstunden ausreichen lassen, liefe diese Voraussetzung ersichtlich leer, weil insoweit ein "Fall"
lediglich benannt, aber nicht näher dokumentiert wird.
Die vom Kläger vorgelegten 65 "Falldokumentationen Psychotherapie" enthalten nach den Feststellungen des LSG lediglich einen
Patientencode (vermutlich Namensabkürzung und Geburtsdatum), das Alter bei Behandlungsbeginn, das Geschlecht, eine Diagnose
in Kurzform, einen Behandlungsbeginn, den Hinweis auf eine "psychoanalytisch fundierte" Einzeltherapie sowie die Anzahl der
Sitzungen und stichwortartig das Behandlungsergebnis (zB "teilweise Beseitigung der Störung"). Das entspricht nicht den aufgezeigten
Anforderungen an abgeschlossene und "dokumentierte Behandlungsfälle", weil mit diesen Angaben keine Prüfung möglich ist, ob
tatsächlich Behandlungen in einem Richtlinienverfahren durchgeführt worden sind.
Soweit der Kläger geltend macht, das LSG hätte ihn bei Zweifeln an der Aussagekraft der Dokumentation zur näheren Präzisierung
der Angaben in den 65 vorgelegten Fällen auffordern müssen, kann dem nicht gefolgt werden. Ausweislich der Niederschrift der
Sitzung des Sozialgerichts (SG) am 11. September 2002 (SG/LSG-Akte Bl 82) hat der Vorsitzende den Kläger darauf hingewiesen, "daß die bislang in der Verwaltungsakte
enthaltenen Berichte über durchgeführte Behandlungen nicht als ausreichend erscheinen können, um eine entsprechende Behandlung
nachzuweisen, wie sie für die Anerkennung als Psychotherapeut nötig ist. Der Kläger könnte zu den vorgelegten Unterlagen ergänzend
Nachweise über Niederschriften nach den Behandlungen beibringen. Diese könnten vom Gericht einem Gutachter vorgelegt werden,
der über den Inhalt der Behandlung eine Aussage machen könnte". Daraufhin hat der anwaltlich vertretene Kläger erklärt: "Nach
Auffassung des Klägers sind diese in der Akte enthaltenen Unterlagen ausreichend für den geforderten Nachweis. Es möge deshalb
auf der Grundlage der jetzt vorliegenden Unterlagen eine Entscheidung ergehen." Diese Erklärung hat der Kläger bis zum Schluss
der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz weder zurückgenommen noch modifiziert. Erstmals in der Revisionsinstanz
macht der Kläger geltend, das LSG hätte sich an die Auffassung des SG nicht binden dürfen, sondern ihn von sich aus zur Ergänzung der Dokumentation auffordern müssen. Das trifft nicht zu. Erklärt
ein anwaltlich vertretener Kläger auf einen ausdrücklichen und genau auf die vorhandenen Unterlagen in den Verwaltungsakten
bezogenen Hinweis des Gerichts, es möge auf der Grundlage der jetzt vorliegenden Dokumente entschieden werden, schränkt er
damit die Aufklärungsmaßnahmen des Gerichts nicht nur in der jeweiligen Instanz, sondern für die Tatsacheninstanzen insgesamt
ein. Es ist Sache zumindest eines anwaltlich vertretenen Klägers, in der zweiten Instanz von sich aus entsprechende Erläuterungen
zu geben oder das Gericht um einen Hinweis zu bitten, ob es seinerseits weitere Sachaufklärung durchführen werde, wenn entsprechende
Ergänzungen vorgelegt würden. Der Mitwirkungsobliegenheit des Klägers im Rahmen der gerichtlichen Sachaufklärung entspricht
es nicht, zunächst die Mitwirkung an der Aufklärung des Sachverhalts zu beschränken, und anschließend in der Revisionsinstanz
dem Tatsachengericht unzureichende Sachaufklärung vorzuhalten. Eine andere Beurteilung ist hier nicht deshalb gerechtfertigt,
weil das LSG in der mündlichen Verhandlung vom 2. November 2005 einen für den Kläger günstigen Vergleich vorgeschlagen hat.
Es wäre Sache des Klägers gewesen, vor Erteilung der Zustimmung zur Entscheidung durch die Einzelrichterin ohne (erneute)
mündliche Verhandlung verbindlich zu erklären, dass er für den Fall des Widerrufs des Vergleichs die bereits vom SG im September 2002 angeregten weiteren Dokumentationen vorlegen werde. Das LSG hätte dann entscheiden müssen, ob es auf dieses
Ansinnen noch eingehen will oder nicht. In dieser Weise hat sich der Kläger jedoch nicht geäußert.
Nicht gefolgt werden kann schließlich der Auffassung des Klägers, das LSG habe den Beweiswert der von ihm vorgelegten "Falldokumentation"
verkannt. Er beachtet in diesem Zusammenhang nicht hinreichend, dass die Tatbestandsvoraussetzung "dokumentierte Behandlungsfälle"
iS des §
12 Abs
4 Satz 2 Nr
1 PsychThG iVm §
95c Satz 2
SGB V dem Ziel dient, Behandlungsfälle so zu individualisieren, dass die vorhandenen Gesundheitsstörungen, der eingeschlagene therapeutische
Weg und das durch die Behandlung erzielte Ergebnis nachvollzogen werden können und so der für die Beurteilung der Fachkunde
zuständigen Behörde die Prüfung ermöglicht wird, ob die gemäß §
95c Satz 1 Nr 2
SGB V erforderliche Fachkunde tatsächlich belegt ist. Diese Prüfung kann durch die Erklärung des Antragstellers nicht ersetzt werden,
er habe die Behandlungen in einem Richtlinienverfahren durchgeführt. Das gilt jedenfalls dann, wenn nach den Umständen der
Behandlung (hier: schulpsychologische Betreuung) erhebliche Zweifel an der Zuordnung der Behandlungen zu dem Richtlinienverfahren
der tiefenpsychologisch fundierten oder analytischen Psychotherapie bestehen. Diese Zweifel werden noch dadurch verstärkt,
dass alle Falldokumentationen, auch diejenigen aus den Jahren 1992 bis 1994, unter dem 12. November 1999 unterschrieben worden
sind. Zeitnahe Aufzeichnungen über die teilweise sogar mehr als sieben Jahre zurückliegenden Behandlungen, die zum Teil schon
vor der am 1. August 1992 aufgenommenen Tätigkeit des Klägers am G.-Schulzentrum begonnenen wurden, hat der Kläger nicht vorgelegt,
obwohl das SG ihn dazu unter zutreffendem Hinweis auf die fehlende Aussagekraft der vorgelegten Unterlagen aufgefordert hatte.
In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, welcher "Beweiswert" den eigenen Erklärungen des Klägers beizulegen ist.
Der Beweiswert von Angaben eines Beteiligten hat Bedeutung, wenn tatsächliche Umstände im Streit stehen. Er wäre etwa betroffen,
wenn die Beklagte die Richtigkeit der Angaben des Klägers über die Stundenzahl im einzelnen Behandlungsfall oder das Alter
des Patienten bezweifeln oder geltend machen würde, die Behandlungen seien überhaupt nicht durchgeführt, sondern lediglich
bescheinigt worden. Darum geht es aber nicht. Die Beurteilung, der Antragsteller habe die Fachkunde iS des §
95c SGB V nachgewiesen, ist als solche nämlich eine wertende Entscheidung und dem Beweis nur eingeschränkt zugänglich. Den Angaben
eines Antragstellers über die von ihm erbrachten Behandlungsleistungen könnte zB dann Bedeutung zukommen, wenn ein Psychotherapeut
60 aussagekräftige Falldokumentationen vorlegen kann, aus diesen sich aber ergibt, dass einige Patienten im Team von mehreren
Therapeuten behandelt worden sind. Lässt sich der Mitwirkungsanteil des Antragstellers nicht mehr exakt ermitteln, kann die
KÄV gegebenenfalls ihre Entscheidung auch auf eine eidesstattliche Erklärung des Antragstellers stützen, dass er an jedem
Fall zeitlich intensiver als die anderen Behandler mitgewirkt hat. Hier geht es aber nicht um den tatsächlichen Umstand, ob
sich der Kläger während einer bestimmten Zeitspanne mit einem Schüler befasst hat, sondern darum, dass Unterlagen fehlen,
aus denen der Schluss auf eine tiefenpsychologische oder analytische Behandlung gezogen und objektiv überprüft werden kann.
Dass der Kläger subjektiv überzeugt ist, dieses Verfahren angewandt zu haben, macht eine solche Prüfung nicht entbehrlich.
Auch die vom 12. November 1999 datierende Bescheinigung des Leiters des G.-Schulzentrums, an der der Kläger seit dem 1. August
1992 tätig ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Sie lautet, soweit hier von Bedeutung: "Herr Diplom-Psychologe Dr.
phil. J. hat in der Zeit vom 1.8.92 bis zum 31.12.98 am G.-Schulzentrum in Bremen 60 dokumentierte Behandlungsfälle abgeschlossen."
Einen Hinweis auf das vom Kläger in diesen "Behandlungsfällen" angewandte Therapieverfahren enthält dieser Text nicht. Im
Übrigen könnte diese Bescheinigung des Schulleiters nicht anders gewürdigt werden, wenn sie einen erläuternden Verweis auf
ein bestimmtes Behandlungsverfahren enthalten würde. Es ist nämlich weder dargelegt noch sonst ersichtlich, woher der Leiter
der Schule Kenntnis von den Gesundheitsstörungen - im Sinne von seelischen Krankheiten und nicht von schulischer Auffälligkeit
- der betroffenen Schüler und von der Behandlungsweise des Klägers haben könnte. Ein fachliches Urteil darüber, ob der Kläger
tiefenpsychologische Behandlungsverfahren zur Anwendung gebracht hat, kann der Schulleiter ohnehin nicht abgeben, weil ihm
insoweit selbst die Fachkunde fehlt.
Die Bindung des Fachkundenachweises nach §
95c Satz 1 Nr 2
SGB V an eine aussagekräftige Dokumentation der Behandlungsfälle iS des Satz 2 Nr
3 aaO iVm § 12 Abs 4 PsychThG, die auch einem Dritten die Zuordnung zu einem "anerkannten Behandlungsverfahren" ermöglicht,
bedeutet keine mit Art
12 Abs
1 Grundgesetz unvereinbare Erschwerung des Zugangs zur vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit. Das zeigt schon der Vergleich der Anforderungen,
die an Approbation und Fachkundenachweis nach Maßgabe des PsychThG seit 1999 gestellt werden, mit denjenigen, die für den
Kläger übergangsrechtlich auf der Grundlage des §
95c Satz 2 Nr
3 SGB V iVm §
12 Abs
4 PsychThG maßgeblich sind. Nach geltendem Recht erfordert die Approbation eine dreijährige, grundsätzlich in Vollzeitform
zu absolvierende Ausbildung nach Abschluss des Studiums (§ 2 Abs 1 Nr 2 iVm § 5 PsychThG). Ein Ausbildungsabschnitt muss in
Vollzeitform in einer psychiatrischen Krankenhausabteilung absolviert werden (§ 8 Abs 3 Nr 3 PsychThG), und die theoretische
Ausbildung muss mindestens 600 Stunden umfassen (aaO Nr 4; vgl im Einzelnen: Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Psychologische
Psychotherapeuten vom 18. Dezember 1998, BGBl I 3749). Diese vertiefte Ausbildung muss, wenn die Eintragung in das Arztregister
angestrebt wird, in einem Richtlinienverfahren erfolgen (§
95c Satz 2 Nr 1
SGB V).
Diese vom Gesetzgeber im Hinblick auf die Sicherung der Qualität psychotherapeutischer Behandlungen für erforderlich gehaltenen
Anforderungen sind in der Übergangsvorschrift des § 12 PsychThG deutlich reduziert worden. Der Umfang der theoretischen Ausbildung
ist auf etwas weniger als ein Viertel vermindert worden und die praktische Ausbildung kann vollständig durch eine berufliche
Tätigkeit ersetzt werden. Es ist auch nicht erforderlich, dass der Antragsteller nachweist, dass er während der Zeit seiner
beruflichen Betätigung überhaupt Kenntnisse in einem Richtlinienverfahren besessen bzw eine entsprechende Zusatzausbildung
absolviert hat. Der für Psychotherapeuten, die nicht nach Übergangsrecht zu beurteilen sind, erforderliche Nachweis einer
dreijährigen Ausbildung in der Anwendung von Psychotherapie in Richtlinienverfahren ist für die Psychologen iS des § 12 Abs
4 PsychThG durch den Nachweis von 60 abgeschlossenen und dokumentierten Behandlungsfällen ersetzt. Falls für den Fachkundenachweis
gemäß §
95c Satz 2 Nr 3
SGB V im Sinne der Vorstellung des Klägers die Behauptung eines Antragstellers ausreichen würde, er habe ein solches Verfahren
angewandt, wäre nicht zu verhindern, dass Psychologen den Zugang zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung erhalten, die
über keinerlei praktische Erfahrung in der Behandlung mit einem anerkannten Behandlungsverfahren verfügen. Das wäre weder
im Sinne einer qualitativ hochstehenden Versorgung der Versicherten der Krankenkassen zu vertreten noch im Verhältnis zu denjenigen
Psychologen zu rechtfertigen, von denen der Gesetzgeber seit 1999 eine zeitaufwändige postgraduale Ausbildung (zu Letzterem
BSGE 95, 94 RdNr 10 = SozR 4-2500 § 95c Nr 1 RdNr 15) mit einem erfolgreichen Abschluss in einem durch den Gemeinsamen Bundesausschuss
nach §
92 Abs
6a SGB V anerkannten Behandlungsverfahren (§
95c Satz 2 Nr
1 SGB V) fordert.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 Abs
1 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier im Hinblick auf die Klageerhebung im September 2001 noch anzuwendenden Fassung
(vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff).