Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung
Anforderungen an die Ermächtigung von ärztlich geleiteten Einrichtungen
Anwendbarkeit des Grundsatzes des Vorrangs der persönlichen Ermächtigung von Ärzten
Gründe:
I
Im Streit steht die Erteilung einer Institutsermächtigung für die geburtshilfliche Abteilung des Krankenhauses der Klägerin.
Die Klägerin ist Trägerin eines nach §
108 SGB V zugelassenen Krankenhauses in der Rechtsform einer GmbH. Sie beantragte im August 2011 die Erteilung einer Institutsermächtigung
für ihre geburtshilfliche Abteilung, beschränkt auf Leistungen nach der Gebührenordnungsposition (GOP) Nr 01780 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) - Planung der Geburtsleitung durch den betreuenden
Arzt der Entbindungsklinik gemäß den Mutterschafts-Richtlinien. Mit Bescheid vom 4.1.2012 (aus der Sitzung vom 19.10.2011)
lehnte der Zulassungsausschuss den Antrag auf Erteilung einer Institutsermächtigung nach § 31 Abs 2 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) iVm § 5 Abs 2 Nr 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) ab.
Der beklagte Berufungsausschuss wies mit Bescheid vom 30.3.2012 (aus der Sitzung vom 14.3.2012) auch den Widerspruch der Klägerin
zurück: Eine Institutsermächtigung nach § 31 Abs 1 Ärzte-ZV komme mangels eines Versorgungsdefizits nicht in Betracht. Aber auch eine Ermächtigung nach § 31 Abs 2 Ärzte-ZV iVm § 5 Abs 2 Nr 2 BMV-Ä scheide selbst dann aus, wenn für § 5 Abs 2 Nr 2 BMV-Ä kein Vorrangverhältnis von Ermächtigungen für Krankenhausärzte gegenüber Institutsermächtigungen gelte. Die Erteilung einer
Ermächtigung nach § 5 Abs 2 Nr 2 BMV-Ä stehe im pflichtgemäßen Ermessen der Zulassungsgremien. Einer Institutsermächtigung ohne jede Einschränkung stehe vorliegend
von vornherein entgegen, dass die Abrechnung von Leistungen nach der GOP Nr 01780 EBM-Ä eine Genehmigung der KÄV nach der Ultraschall-Vereinbarung gemäß §
135 Abs
2 SGB V erfordere. Solche Leistungen könnten nicht Gegenstand einer Institutsermächtigung sein, da anderenfalls nicht gewährleistet
sei, dass die Qualitätserfordernisse, derentwegen die Abrechnungsberechtigung an eine Genehmigung geknüpft sei, in jedem Fall
eingehalten würden.
Zwar sei nicht zu verkennen, dass bei dieser Auslegung der einschlägigen Vorschriften eine uneingeschränkte Institutsermächtigung
regelmäßig nicht in Betracht komme, obwohl § 5 Abs 2 Nr 2 BMV-Ä eine solche ausdrücklich vorsehe. Eine Ermächtigung unter der Bedingung der Leistungserbringung nur durch entsprechend qualifizierte
Krankenhausärzte sehe der BMV-Ä für den hier zu entscheidenden Fall der Institutsermächtigung jedoch nicht vor. Im Rahmen der Ermessensentscheidung sei von
Bedeutung, dass bereits zwei von fünf Fachärzten der geburtshilflichen Abteilung der Klinik der Klägerin über eine persönliche
Ermächtigung für Leistungen nach GOP Nr 01780 EBM-Ä verfügten. Wenn aber bereits persönliche Ermächtigungen existierten und darüber hinaus die Möglichkeit bestehe,
eine ausreichende Anzahl weiterer Fachärzte persönlich zu ermächtigen, seien keine überzeugenden Gründe für eine Institutsermächtigung
ersichtlich. Auch organisatorische Gründe des Krankenhauses der Klägerin rechtfertigten die begehrte Ermächtigung nicht; etwaige
Kollisionen könnten in einer großen Klinik mit fünf Facharztstellen mit einer entsprechenden Planung aufgefangen werden.
Das SG hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen (Urteil vom 28.1.2015). Das LSG hat auch die Berufung der Klägerin zurückgewiesen
(Urteil vom 3.3.2016). Zur Begründung hat es ausgeführt, die von der Klägerin begehrte Institutsermächtigung stehe nach dem
Wortlaut der maßgeblichen Norm im Ermessen des Beklagten, das dieser rechtsfehlerfrei ausgeübt habe. Zwar sei eine Institutsermächtigung
nicht von vornherein deshalb ausgeschlossen, weil es um qualifikationsgebundene Leistungen gehe, deren Abrechnung eine Genehmigung
der KÄV nach der Ultraschall-Vereinbarung gemäß §
135 Abs
2 SGB V voraussetze. Die Rechtsprechung des BSG, wonach eine Institutsermächtigung bei qualifikationsgebundenen Leistungen grundsätzlich nicht möglich sei, weil anders nicht
sichergestellt werden könne, dass die Qualitätsanforderungen in jedem einzelnen Behandlungsfall eingehalten würden, könne
für die Fälle des § 5 Abs 2 Nr 2 BMV-Ä nicht uneingeschränkt gelten, da die Bestimmung andernfalls keinen Anwendungsbereich mehr habe. Ein angemessener Ausgleich
im Sinne praktischer Konkordanz zwischen der Zielsetzung der Regelungen in § 5 Abs 2 Nr 2 BMV-Ä einerseits und derjenigen des Genehmigungserfordernisses nach der Ultraschall-Vereinbarung andererseits sei gewährleistet,
wenn die Erteilung einer Institutsermächtigung nach § 5 Abs 2 Nr 2 BMV-Ä zwar grundsätzlich zulässig sei, der mit dem Genehmigungserfordernis nach der Ultraschall-Vereinbarung bezweckte Schutz der
Patienteninteressen jedoch dadurch gesichert werde, dass die Institutsermächtigung nur unter einer entsprechenden Bedingung
erteilt werde.
Dabei hätten die Zulassungsinstanzen zu beachten, dass nach der GOP Nr 01780 EBM-Ä der mit der Behandlung betraute Krankenhausarzt die gesamte Leistung im Rahmen der Planung der Geburtsleitung
persönlich erbringen müsse. Die Erteilung der begehrten Institutsermächtigung setze voraus, dass der jeweils verantwortlich
tätige Arzt über die Genehmigung nach der Ultraschall-Vereinbarung verfüge. Im Übrigen gebe es durchaus Gründe dafür, dass
auch im Rahmen von § 5 Abs 2 Nr 2 BMV-Ä persönliche Ermächtigungen Vorrang gegenüber Institutsermächtigungen hätten; jedenfalls im Rahmen seiner Ermessensentscheidung
habe der Beklagte das Vorhandensein persönlicher Ermächtigungen und die Möglichkeit der Erteilung weiterer persönlicher Ermächtigungen
berücksichtigen dürfen.
Mit ihrer Revision trägt die Klägerin vor, es handele sich bei § 5 Abs 2 BMV-Ä um eine Befugniszuweisungsnorm und nicht um eine Ermessensvorschrift. Es sei weder ersichtlich noch dargetan, worin das Ermessen
des Beklagten bestehen solle, wenn das eine Institutsermächtigung beantragende Institut die tatbestandlichen Voraussetzungen
des BMV-Ä sowie der Mutterschafts-Richtlinien erfülle. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift komme es weder auf eine Prüfung
des Bedarfs an, noch bestehe ein Vorrangverhältnis zwischen persönlicher Ermächtigung und Institutsermächtigung. § 5 Abs 2 BMV-Ä setze gerade keinen "Ausnahmefall" für die Ermächtigung von Instituten voraus. Die Rechtsauffassung des LSG führe dazu, dass
die Norm keinen Anwendungsbereich mehr habe. Eine ärztlich geleitete Einrichtung könne nur dann ermächtigt werden, wenn sie
Ärzte beschäftige, die zur Durchführung der Leistung, zu der ermächtigt werden solle, bereit und qualifiziert seien. Damit
stünde aber in jedem denkbaren Fall ein Arzt zur Verfügung, der eine persönliche Ermächtigung beantragen könne. Im Übrigen
sei nicht jeder Arzt zu einer persönlichen Ermächtigung bereit, weil er die unmittelbare persönliche Verantwortung und ggf
ein zusätzliches Strafbarkeitsrisiko scheue. Zudem könne eine Schwangere dann nicht von einem persönlich ermächtigten Arzt
behandelt werden, wenn dieser zu einer Notsectio gerufen werde. Derartige Situationen ließen sich nicht durch eine "entsprechende
Planung" verhindern. Im Falle einer Institutsermächtigung könnten andere Ärzte mit Abrechnungsgenehmigung einspringen.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des LSG Rheinland-Pfalz vom 3.3.2016 sowie des SG Mainz vom 28.1.2015 sowie den Bescheid des Beklagten vom 30.3.2012/Beschluss
vom 14.3.2012 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über den
Widerspruch der Klägerin gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 4.1.2012 zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Für eine Ermessensregelung spreche zumindest der Wortlaut des § 5 Abs 2 BMV-Ä. Wollte man die Vorschrift so verstehen, dass bei gleichzeitiger Antragstellung von Institut und darin tätigen Ärzten regelmäßig
beide Seiten zwingend ermächtigt werden müssten, so würde dies zu einem sicherlich auch nicht gewollten Abrechnungswirrwarr
führen und zudem die Gefahr einer Doppelabrechnung nach sich ziehen. Eine Institutsermächtigung wirke sich auch keineswegs
für die Organisation des Krankenhausbetriebs und die Behandlung der Schwangeren günstiger aus. Zumindest im Regelfall ließen
sich Probleme im Untersuchungsablauf durch entsprechende Vorplanung lösen.
Die Beigeladenen haben weder Anträge gestellt noch sich geäußert.
II
Die Revision der Klägerin ist begründet. Das LSG hat ihre Berufung gegen das klageabweisende Urteil des SG zu Unrecht zurückgewiesen; der angefochtene Bescheid des Beklagten ist rechtswidrig. Der Beklagte wird daher - unter Beachtung
der Rechtsauffassung des Senats - erneut über den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses, mit
dem die Erteilung einer Institutsermächtigung abgelehnt wurde, zu entscheiden haben.
1. Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Ermächtigung ist § 5 Abs 2 Nr 2 BMV-Ä iVm § 31 Abs 2 Ärzte-ZV iVm §
98 Abs
2 Nr
11 SGB V (vgl BSG SozR 3-5540 § 5 Nr 4 S 16).
a. Nach §
98 Abs
2 Nr
11 SGB V muss die Zulassungsverordnung Vorschriften enthalten über die Voraussetzungen, unter denen Ärzte, insbesondere in Krankenhäusern
und Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation, oder in besonderen Fällen Einrichtungen durch die Zulassungsausschüsse zur
Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt werden können, die Rechte und Pflichten der ermächtigten Ärzte und
Einrichtungen sowie die Zulässigkeit einer Vertretung von ermächtigten Krankenhausärzten durch Ärzte mit derselben Gebietsbezeichnung.
Von dieser Ermächtigung hat der Verordnungsgeber ua in § 31 Ärzte-ZV Gebrauch gemacht. Nach § 31 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV können die Zulassungsausschüsse über den Kreis der zugelassenen Ärzte hinaus weitere Ärzte, insbesondere in Krankenhäusern
oder in besonderen Fällen Einrichtungen zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigen, soweit dies aus den
dort genannten Gründen (Abwendung von Unterversorgung, zusätzlicher lokaler Versorgungsbedarf, Versorgung begrenzter Personenkreise)
notwendig ist. Nach § 31 Abs 2 Ärzte-ZV können die KÄBV und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen im BMV-Ä Regelungen treffen, die über die Voraussetzungen des § 31 Abs 1 Ärzte-ZV hinaus Ermächtigungen zur Erbringung bestimmter ärztlicher Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung vorsehen.
Diese Norm eröffnet den Vertragspartnern nach Art einer Öffnungsklausel - beschränkt auf bestimmte Leistungen - Handlungsspielräume
für flexiblere Regelungen, um so im gesetzlich vorgegebenen Rahmen auch besonderen Versorgungsgegebenheiten Rechnung zu tragen
(BSG SozR 5520 § 31 Nr 2 S 4; BSGE 74, 257, 261 = SozR 3-5540 § 5 Nr 1 S 5).
Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 30.11.2016 (B 6 KA 3/16 R - RdNr 23) zu Anlage 9.1 BMV-Ä (Dialyse) ausgeführt, dass gegen die Wirksamkeit der Vorschrift des § 31 Abs 2 Ärzte-ZV im Hinblick auf den Beschluss des BVerfG zu § 19 Abs 3 Ärzte-ZV vom 26.9.2016 (1 BvR 1326/15 - NZS 2016, 942) keine Bedenken bestehen.
b. Von der ihnen durch § 31 Abs 2 Ärzte-ZV erteilten Ermächtigung haben die genannten Vertragspartner durch § 5 BMV-Ä Gebrauch gemacht. § 5 Abs 1 BMV-Ä ermöglicht es den Zulassungsausschüssen, über die Ermächtigungstatbestände des § 31 Abs 2 Ärzte-ZV hinaus geeignete Ärzte und in Ausnahmefällen ärztlich geleitete Einrichtungen zur Durchführung bestimmter, in einem Leistungskatalog
definierter Leistungen auf der Grundlage des EBM zu ermächtigen, wenn dies zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung
erforderlich ist. Demgegenüber bestimmt der - hier relevante - § 5 Abs 2 BMV-Ä:
"Die Zulassungsausschüsse können ferner ohne Prüfung eines Bedarfs auf Antrag für folgende Leistungsbereiche Ärzte und ärztlich
geleitete Einrichtungen zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigen:
1. Zytologische Diagnostik von Krebserkrankungen (...),
2. ambulante Untersuchungen und Beratungen zur Planung der Geburtsleitung im Rahmen der Mutterschaftsvorsorge gemäß den Richtlinien
des Gemeinsamen Bundesausschusses."
2. Dem Ermächtigungsbegehren der Klägerin steht nicht entgegen, dass Institutsermächtigungen - grundsätzlich - gegenüber persönlichen
Ermächtigungen nachrangig sind.
Das BSG geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der (persönlichen) Ermächtigung von Ärzten der Vorrang vor der Ermächtigung
einer "Institution" - also ärztlich geleiteten Einrichtungen - gebührt (BSGE 79, 159, 163 = SozR 3-5520 § 31 Nr 5 S 9; BSG SozR 3-5520 § 31 Nr 8 S 27; BSGE 82, 216, 222 = SozR 3-5520 § 31 Nr 9 S 38; BSG SozR 3-5520 § 31 Nr 10 S 44 f; BSGE 90, 207, 213 = SozR 3-1500 § 54 Nr 47 S 107; BSG Beschluss vom 29.9.1999 - B 6 KA 20/99 B - RdNr 6 - Juris). Zur Begründung hat der Senat auf die Entstehungsgeschichte sowie auf den Wortlaut der Norm und das Gesamtsystem
der Bestimmungen über die Arztzulassung und -ermächtigung verwiesen (BSG SozR 3-5520 § 31 Nr 10 S 45; zur Entstehungsgeschichte siehe BSGE 79, 159, 162 ff = SozR 3-5520 § 31 Nr 5 S 8 f).
Aus dem Wortlaut des § 5 Abs 2 BMV-Ä lässt sich ein Vorrang der persönlichen Ermächtigungen jedoch nicht herleiten; insbesondere fehlt die - von der Rechtsprechung
in Bezug auf § 31 Abs 1 Ärzte-ZV hervorgehobene - einschränkende Wendung "in besonderen Fällen" (siehe hierzu BSGE 79, 159, 164 = SozR 3-5520 § 31 Nr 5 S 10; BSG SozR 3-5520 § 31 Nr 10 S 45). Vielmehr stehen Ärzte und ärztlich geleitete Einrichtungen im Rahmen des § 5 Abs 2 BMV-Ä gleichberechtigt nebeneinander. Diese Gleichstellung wird durch einen Vergleich mit Abs 1 der Norm bestätigt: Dort wird ausdrücklich
bestimmt, dass ärztlich geleitete Einrichtungen nur "in Ausnahmefällen" ermächtigt werden können. Dass diese Einschränkung
auch für die auf der Grundlage von § 5 Abs 2 BMV-Ä erteilten Ermächtigungen gelten soll, liegt fern. Zum einen fehlt in § 5 Abs 2 BMV-Ä eine Inbezugnahme der vorangehenden Regelung; zum anderen handelt es sich um unterschiedliche Ermächtigungstatbestände, wie
schon aus der Wendung "Die Zulassungsausschüsse können ferner ..." und nicht zuletzt auch - inhaltlich - daraus deutlich wird,
dass der Abs 2 der Norm im Gegensatz zu deren Abs 1 bedarfsunabhängige Ermächtigungen ermöglicht.
Nach dem klaren Wortlaut der Norm ("ohne Prüfung eines Bedarfs") ist für die Ermächtigung nach § 5 Abs 2 BMV-Ä die Prüfung eines Versorgungsbedarfs nicht erforderlich (so auch BSG SozR 3-5540 § 5 Nr 4 S 17 f; BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 6 KA 40/14 R - SozR 4-1500 § 54 Nr 39 RdNr 29); die Ermächtigung erfolgt ohne konkrete Bedürfnisprüfung "aufgrund eines generell fingierten
Bedarfs" (BSG SozR 3-5540 § 5 Nr 4 S 18). Der ausnahmsweise Verzicht auf eine Bedarfsprüfung signalisiert einen besonderen Versorgungsbedarf, der "mit
allen verfügbaren Mitteln" gedeckt werden soll. Dem stünde es entgegen, wenn durch ein vorgegebenes Vorrang-Nachrang-Verhältnis
eine Verengung des Feldes der potentiell in Frage kommenden Leistungserbringer bewirkt würde.
3. Die Erteilung einer Ermächtigung für die geburtshilfliche Abteilung des von der Klägerin betriebenen Krankenhauses ist
auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Erbringung der von der GOP Nr 01780 EBM-Ä umfassten Leistungen besonderen Qualifikationsanforderungen unterliegt und damit nach der Rechtsprechung des
Senats - jedenfalls im Grundsatz - eine Institutsermächtigung ausscheidet (siehe hierzu a.). Diese Rechtsprechung ist dahingehend
fortzuentwickeln, dass auch Institutsermächtigungen zulässig sind, wenn in der Ermächtigung sichergestellt wird, dass die
qualifikationsabhängigen Leistungen ausschließlich von entsprechend qualifizierten Ärzten erbracht werden (siehe b.).
a. aa. Eine Institutsermächtigung kann nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich nicht für Leistungen erteilt werden,
die im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung nur erbracht und abgerechnet werden dürfen, wenn der die Leistung ausführende
Arzt eine spezielle Qualifikation gegenüber seiner KÄV nachgewiesen hat (BSGE 79, 159, 164 ff = SozR 3-5520 § 31 Nr 5 S 10 - verhaltenstherapeutische Leistungen; BSG SozR 3-5520 § 31 Nr 7 S 19 - Strahlentherapie; BSGE 90, 207, 213 = SozR 3-1500 § 54 Nr 47 S 107 f - kardiologische Leistungen; siehe auch BSG SozR 3-2500 § 118 Nr 1 S 4 ff; BSG SozR 3-5520 § 31 Nr 10 S 45, 46; BSG Beschluss vom 29.9.1999 - B 6 KA 20/99 B - RdNr 6 - Juris). Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, der enge Zusammenhang von nachgewiesener persönlicher Qualifikation
und Berechtigung schließe insoweit eine Institutsermächtigung aus, weil bei der Leistungserbringung im Rahmen einer Institutsermächtigung
nicht sichergestellt werden könne, dass die jeweiligen Qualitäts- und Qualifikationsanforderungen in jedem einzelnen Leistungsfall
eingehalten würden (BSGE 79, 159, 165 = SozR 3-5520 § 31 Nr 5 S 11; BSG SozR 3-5520 § 31 Nr 7 S 19; BSG SozR 3-5520 § 31 Nr 10 S 45 mwN). Für die ermächtigten Ärzte gilt hingegen das Gebot der persönlichen Leistungserbringung (§ 32a Satz 1 Ärzte-ZV), und sie sind persönlich für die Einhaltung der vertragsärztlichen Bestimmungen verantwortlich (in diesem Sinne schon BSG Beschluss vom 29.9.1999 - B 6 KA 20/99 B - RdNr 7 - Juris).
bb. Der grundsätzliche Ausschluss von Institutsermächtigungen für Leistungen, die besondere Anforderungen an die Qualifikation
der Leistungserbringer stellen, gilt auch für die hier in Rede stehenden Maßnahmen zur Planung der Geburtsleitung: Leistungsgegenstand
der GOP Nr 01780 EBM-Ä ist die "Planung der Geburtsleitung durch den betreuenden Arzt der Entbindungsklinik gemäß der Mutterschafts-Richtlinien".
Als obligaten Leistungsinhalt nennt die Leistungslegende Untersuchung(en) sowie die Besprechung mit der Schwangeren. Fakultativer
Leistungsinhalt ist die "externe kardiotokographische Untersuchung (CTG) gemäß Abschnitt B 4c und Anlage 2 der Mutterschafts-Richtlinien
(Nr. 01786) sowie die sonographische Untersuchung eines oder mehrerer weiblicher Genitalorgane, ggf. einschließlich Harnblase,
mittels B-Mode-Verfahren (Nr. 33044)".
Auch wenn das Schwergewicht der Leistungserbringung auf der Besprechung und den nicht-technischen Untersuchungen liegen mag,
kann sie zumindest auch Untersuchungen beinhalten, die - wie die Sonographie - eine bestimmte Qualität bzw Qualifikation voraussetzen.
Bei der Frage, ob einer Institutsermächtigung besondere Qualitäts- und Qualifikationsanforderungen entgegenstehen, kommt es
nicht darauf an, in welchem Umfang diese Leistungen erbracht werden (müssen). Im Übrigen wird in der zweiten Anmerkung zur
GOP Nr 01780 EBM-Ä bestimmt, dass die Abrechnung der GOP eine Genehmigung der KÄV nach der Ultraschall-Vereinbarung gemäß §
135 Abs
2 SGB V voraussetzt. Nach §
3 Abs
1 der Ultraschall-Vereinbarung vom 31.10.2008 (idF vom 18.12.2012) ist die Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Ultraschalldiagnostik
im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erst nach Erteilung der Genehmigung durch die KÄV zulässig.
b. Die Rechtsprechung des Senats zum Ausschluss von Institutsermächtigungen bei Leistungen mit besonderen Qualifikationsanforderungen
bedarf indessen der Fortentwicklung, vor allem auch um gesetzlich induzierten Veränderungen in der ambulanten Versorgung Rechnung
zu tragen. Der Katalog der unmittelbar im
SGB V normierten Institutsermächtigungen wird kontinuierlich ausgeweitet. Außer den Einrichtungen der Behindertenhilfe (§
119a SGB V) sind seit 2008 im Bedarfsfall stationäre Pflegeeinrichtungen nach §
119b Abs
1 S 3
SGB V zu ermächtigen, dasselbe gilt seit 2015 für medizinische Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger Behinderung nach
§
119c Abs
1 SGB V. Diese (meist) ärztlich geleiteten Einrichtungen haben bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen einen Anspruch auf
Ermächtigung für die in jedem Einzelfall erforderlichen Behandlungen. Davon können auch Leistungen umfasst sein, deren Abrechnung
einen Fachkundenachweis nach §
135 Abs
2 SGB V erfordert. Dem Umstand, dass die ermächtigte Einrichtung als solche den Nachweis nach §
135 Abs
2 SGB V nicht führen kann, kann nach der gesetzlichen Regelung von vornherein nicht durch eine generelle Versagung der Ermächtigung,
sondern nur durch Regelungen bei der Abrechnungskontrolle Rechnung getragen werden.
Im Übrigen ist die gegenüber den 1990er Jahren deutlich intensivierte Einbeziehung ärztlich geleiteter Einrichtungen in die
ambulante Versorgung auch Folge des Umstandes, dass gegenwärtig immer mehr hoch spezialisierte Leistungen ambulant - vor allem
in Krankenhausambulanzen - erbracht werden können, die früher nur stationär angeboten wurden. Das gilt etwa für Diagnostik
und Therapie von onkologischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen; die bedarfsabhängige Ermächtigung eines Universitätsklinikums
für derartige Leistungen auf der Grundlage des § 5 Abs 1 BMV-Ä ist Gegenstand des Senatsurteils im Verfahren B 6 KA 2/16 R vom heutigen Tag. Selbst wenn im Wortlaut des § 5 Abs 1 BMV-Ä der Vorrang der persönlichen Ermächtigung zu der Institutsermächtigung noch angelegt ist ("in Ausnahmefällen"), hat sich
die Praxis ganz deutlich in Richtung der Erteilung von Institutsermächtigungen für diese hoch spezialisierten Leistungen entwickelt.
Das Leistungserbringerrecht in Krankenhäusern geht von deren Zulassung aus (§
108 SGB V), und das Prinzip der Zulassung bzw Ermächtigung der Institution anstelle der persönlichen Einbeziehung einzelner Ärzte in
die vertragsärztliche Versorgung schlägt auch auf die ambulante Leistungserbringung in Krankenhäusern durch. Da die Gesetzgeber
diesen Vorrang der Institution nicht nur nicht blockiert, sondern - etwa in §
118 SGB V für die psychiatrische Behandlung - selbst fördert, kann sich die Rechtsprechung dem auch bei Anwendung des §
135 Abs
2 SGB V nicht verschließen. Deshalb muss zur Sicherung der Versorgungsqualität im Rahmen der ambulanten Versorgung an die Stelle
einer generellen Versagung von Ermächtigungen (auch) für von §
135 Abs
2 SGB V erfasste Leistungen ein Mechanismus treten, der sicherstellt, dass diese Leistungen nur von entsprechend qualifizierten Ärzten
erbracht werden.
Erforderlich ist daher, dass sichergestellt wird, dass die qualifikationsabhängigen Leistungen ausschließlich von entsprechend
qualifizierten Ärzten erbracht werden. Dies kann nicht, wie der Beklagte zu Recht angenommen hat, durch eine Nebenbestimmung
iS des § 32 SGB X erfolgen. Eine solche ist weder normativ vorgesehen noch geeignet, die Einhaltung von Qualifikationsanforderungen zu gewährleisten
(vgl BSG SozR 4-5520 § 32 Nr 5 RdNr 34 f). Es bedarf vielmehr einer Inhaltsbestimmung, die als inhaltlich untrennbarer Bestandteil Inhalt und Grenzen
der Ermächtigung festlegt (vgl zur Inhaltsbestimmung zuletzt BSG Urteil vom 28.9.2016 - B 6 KA 40/15 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen - Juris RdNr 14). Gegenstand der Inhaltsbestimmung ist zum einen die Verpflichtung
des Krankenhausträgers, die zuständige KÄV darüber zu informieren, welche namentlich benannten, in der Ambulanz tätigen Ärzte
die von der Ermächtigung umfassten qualifikationsabhängigen Leistungen erbringen werden und über welche spezifische Qualifikation
diese Ärzte verfügen; diese Informationen sind, soweit Änderungen eintreten, fortlaufend anzupassen. Zum anderen muss in jedem
Leistungs- und Abrechnungsfall durch eine geeignete Kennzeichnung für die KÄV kenntlich gemacht werden, welcher der in der
Ambulanz tätigen Ärzte mit der erforderlichen Qualifikation die konkrete Leistung erbracht hat.
In welcher Form die geeignete Kenntlichmachung der Leistungserbringer zu erfolgen hat, haben die Zulassungsgremien festzulegen.
Geeignet ist jede Kennzeichnung, die nachvollziehbar macht, welcher Arzt die qualifikationsabhängige Leistung erbracht hat.
In Betracht kommt etwa die Vergabe einer lebenslangen Arztnummer für die in der Krankenhausambulanz tätigen Ärzte (LANR).
Nach der "Richtlinie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung nach §
75 Absatz
7 SGB V zur Vergabe der Arzt-, Betriebsstätten- sowie der Praxisnetznummern" ist die Vergabe der LANR auch für Ärzte in Institutsambulanzen
möglich (§ 3 Nr 10 aaO); auch § 7 Abs 4 Anl 28 BMV-Ä sieht die Vergabe einer Arztnummer bei der Erbringung von Leistungen vor, die auf Vermittlung von Terminservicestellen in
Krankenhäusern erbracht werden.
Der Senat stellt klar, dass die Zulassungsgremien in den Fällen, in denen Institutsermächtigungen bei qualifikationsabhängigen
Leistungen in Rede stehen und alle übrigen Voraussetzungen für die Ermächtigung erfüllt sind - insbesondere also ein entsprechender
Versorgungsbedarf besteht oder ein solcher fingiert wird und kein Vorrang persönlicher Ermächtigungen zu beachten ist -, nicht
allein berechtigt, sondern vielmehr verpflichtet sind, die Ermächtigung mit einer entsprechenden Inhaltsbestimmung versehen
zu erteilen. Eines entsprechenden Antrags der die Ermächtigung begehrenden ärztlich geleiteten Einrichtungen bedarf es hierzu
nicht. Es steht dieser jedoch frei, von einer Institutsermächtigung unter den Kautelen einer Inhaltsbestimmung Abstand zu
nehmen.
4. Die Entscheidung nach § 5 Abs 2 BMV-Ä steht entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wie auch des Beklagten nicht im Ermessen der Zulassungsgremien. Zwar
ist zutreffend, dass § 5 Abs 2 BMV-Ä durch die Wendung "können" vordergründig das Bestehen von Ermessenspielräumen nahelegt. Ungeachtet dessen erschöpft sich
der normative Gehalt der Vorschrift in der Befugniszuweisung an die Zulassungsgremien, ohne diesen einen Ermessensspielraum
zu eröffnen (zur Wertung einer "Kann-Regelung" als Befugniszuweisungsnorm vgl BVerfGE 91, 1, 35). Ihnen sollte mit dieser Wendung allein die Befugnis zugewiesen werden, über die im Gesetz, in der Ärzte-ZV sowie in § 5 Abs 1 BMV-Ä normierten Ermächtigungstatbestände hinausgehend in den dort geregelten Fallgruppen Ermächtigungen zu erteilen.
§ 5 Abs 2 BMV-Ä lässt schon nicht erkennen, wie die Zulassungsgremien einen etwaigen Ermessensspielraum auszufüllen hätten. Der Annahme eines
"Handlungsermessens" - im Sinne einer Entscheidung über das "ob" - steht bereits entgegen, dass durch § 5 Abs 2 BMV-Ä ein "fingierter Bedarf" gedeckt werden soll (siehe BSG SozR 3-5540 § 5 Nr 4 S 17, 18). Haben die Zulassungsgremien damit vom Bestehen eines "unbegrenzten" Bedarfs auszugehen, ist nicht erkennbar,
mit welcher - willkürfreien - Begründung die Zulassungsgremien die Ermächtigung einer - zur Bedarfsdeckung geeigneten - Einrichtung
ablehnen könnten. Auch ein "Auswahlermessen" ist nicht erkennbar. Abgesehen davon, dass schon der Wortlaut der Norm nicht
(zB durch die Wendung "oder") erkennen lässt, dass überhaupt eine Auswahlentscheidung - etwa zwischen Krankenhausärzten und
ärztlich geleiteten Einrichtungen - zu treffen ist, fehlen auch insoweit mögliche Auswahlkriterien, weil jeder "Bewerber"
als zur Deckung des fingierten Bedarfs erforderlich anzusehen ist. Somit ist es für die vom Beklagten zu treffende Entscheidung
ohne Belang, dass bereits zwei Krankenhausärzte persönliche Ermächtigungen erhalten haben und ggf weitere persönliche Ermächtigungen
möglich wären.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§
154 ff
VwGO. Danach hat der Beklagte die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen zu tragen, da er unterlegen ist (§
154 Abs
1 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst.