Parallelentscheidung zu BSG - B 6 KA 12/14 R – v. 10.12.2014
Gründe:
I
Der Kläger begehrt höheres Honorar für die Quartale I bis IV/2004, I, II und IV/2005, I/2006 sowie I bis III/2007.
Der Kläger nimmt als Fachzahnarzt für Kieferorthopädie an der vertragszahnärztlichen Versorgung in Sachsen-Anhalt teil. Seine
Widersprüche gegen die Honorarbescheide für die streitbefangenen Quartale wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3.12.2008
zurück. Weder die Höhe der zugrunde gelegten Punktwerte noch die Umrelationierung des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für
zahnärztliche Leistungen (BEMA-Z) zum 1.1.2004 seien zu beanstanden.
Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger vorgetragen, der ab dem 1.1.2004 geschaffene neue BEMA-Z sei das untaugliche Ergebnis
des Versuchs des Bewertungsausschusses (BewA), drei voneinander abweichende Studien, die die Ermittlung von Zeitwerten zum
Gegenstand hatten, dadurch in Einklang zu bringen, dass aus den verschiedenen Ergebnissen ein gewichteter Mittelwert festgelegt
worden sei. Die drei Studien wichen bereits in ihrer Herangehensweise erheblich voneinander ab. So sei die Studie des Instituts
für Funktionsanalyse im Gesundheitswesen (IFH) zur arbeitswissenschaftlichen Messung des Zeitbedarfs bei der Erbringung zahnärztlicher
Leistungen, erstellt im Auftrag der Krankenkassen, sowohl in allgemeinzahnärztlichen als auch in kieferorthopädischen Praxen
durchgeführt worden, die Zeitmessung sei in vollen Minuten erfolgt. Die Studie des Instituts der Deutschen Zahnärzte (IDZ)
zum arbeitswissenschaftlichen Beanspruchungsmuster zahnärztlicher Leistungen, erstellt im Auftrag von Kassenzahnärztlicher
Bundesvereinigung (KZÄBV) und Bundeszahnärztekammer, sei lediglich in Zahnarztpraxen durchgeführt worden, wobei Leistungen
aus dem Bereich der Kieferorthopädie nicht berücksichtigt worden seien. Zudem sei die Zeitmessung auf Sekundenbasis erfolgt.
Bei der Studie der Beratungsgesellschaft für angewandte Systemforschung mbH (BASYS) zur Bewertungsanalyse kieferorthopädischer
Leistungen, erstellt im Auftrag des Berufsverbandes der Deutschen Kieferorthopäden (BDK), handele es sich um eine Ergänzungsstudie,
die in Auftrag gegeben worden sei, um durch empirische Erhebungen die Bewertungsrelation der einzelnen kieferorthopädischen
Leistung zu ermitteln und um die beiden vorerwähnten Studien um den Bereich der Kieferorthopädie zu ergänzen. Die Zeiterfassung
sei in Sekunden erfolgt. Die Studie sei zudem zu dem Ergebnis gelangt, dass bei der Bewertung kieferorthopädischer Leistungen
die betriebswirtschaftlichen Grundlagen einer kieferorthopädischen Praxisführung berücksichtigt werden müssten. Der Vergleich
der Studien zeige eindrucksvoll, dass die gemessenen Minutenwerte erheblich voneinander abweichen würden. Alle kieferorthopädischen
Leistungen, die durch Mittelwerte aus den ersten beiden Studien gebildet worden seien, wiesen einen zu niedrigen Wert an Punkten
aus. Im Gegensatz dazu werde den Zahnärzten durch eine Mittelwertbildung aus diesen Studien für dieselbe Leistung ein zu hoher
Punktwert zugewiesen. Letztlich habe dies zu einer Abwertung kieferorthopädischer Leistungen in einem Umfang von 20 % geführt,
während die zahnärztlichen Leistungen in erheblichem Umfang aufgewertet worden seien. Statt sich auf die drei inkompatiblen
Studien zu stützen, hätte es dem BewA oblegen, entweder eine weitere einheitliche Studie in Auftrag zu geben oder aber auf
die Einbeziehung der Studien vollständig zu verzichten. Ferner liege in der Abwertung kieferorthopädischer Leistungen gerade
bei Fachzahnärzten für Kieferorthopädie eine Verletzung von Art
12 Abs
1 GG in Verbindung mit Art
3 Abs
1 GG.
Das SG hat die Klage abgewiesen. Die Bestimmung des klägerischen Honorars unter Anwendung des ab dem 1.1.2004 geltenden BEMA-Z durch
die Beklagte sei nicht zu beanstanden. Das BSG habe in seiner Entscheidung vom 16.12.2009 - B 6 KA 10/09 R - die seit dem 1.1.2004 geltende Differenzierung der Degressionsregelungen des §
85 Abs
4b SGB V zwischen Vertragszahnärzten und Kieferorthopäden für rechtmäßig und mit Art
12 Abs
1 iVm Art
3 Abs
1 GG vereinbar befunden. Die Absenkung der degressionsfreien Punktmenge zum 1.1.2004 für die Kieferorthopäden sei abgestimmt gewesen
auf die gleichzeitige Umstrukturierung des BEMA-Z, durch die die Punktzahlen für Zahnersatz- und kieferorthopädische Leistungen
herabgesetzt und diejenigen für konservierend-chirurgische Leistungen angehoben worden seien.
Der Erweiterte Bewertungsausschuss (EBewA) habe seinen Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Er habe vielmehr mit der
Neubewertung der Leistung dem Umstand der Überbewertung kieferorthopädischer Leistungen in der Vergangenheit Rechnung getragen.
Der BewA habe insbesondere die erforderliche Arbeitszeit als maßgebliches Kriterium zu berücksichtigen gehabt. Die Methode,
aus den eingeholten Studien einen Mittelwert zu bilden, sei sachgerecht. Das Ergebnis der einzelnen Studien ins Verhältnis
zu setzen und hieraus allgemeinverbindliche Schlüsse zu ziehen, erscheine am ehesten geeignet, den gesetzgeberischen Willen
- nämlich auch unter Berücksichtigung der bisherigen Überbewertung kieferorthopädischer Leistungen eine gleichgewichtige Leistungsbewertung
zu schaffen - zu realisieren. Zwangsläufig würden sich die eingeholten Studien unterscheiden. Letztlich genüge es aufgrund
des dem BewA eingeräumten umfassenden Beurteilungs- und Ermessenspielraumes, dass sich die Abwertung kieferorthopädischer
Leistungen auf sachliche Erwägungen stützen lasse.
Zur Begründung der hiergegen eingelegten Revision trägt der Kläger vor, die Festlegung des gewichteten Mittelwertes für den
Zeitaufwand sei mathematisch nicht nachvollziehbar. Die zugrundeliegenden Studien seien unterschiedlichen Konzeptionen gefolgt.
Die Ergebnisse zeigten ebenfalls so große Unterschiede, dass ein belastbarer Mittelwert nicht gebildet werden könne. Alle
kieferorthopädischen Leistungen, die durch gewichtete Mittelwerte aus der BASYS-Studie und der IFH-Studie gebildet worden
seien, wiesen einen zu niedrigen Wert auf, während den Zahnärzten durch die gewichtete Mittelwertbildung ein zu hoher Wert
zugewiesen werde. Die Abwertung der kieferorthopädischen Leistungen in einem Umfang von 20 % stelle eine Verletzung von Art
12 Abs
1 GG iVm Art
3 Abs
1 GG dar. Den Fachärzten für Kieferorthopädie sei es nicht möglich, ihre Einkommenseinbußen dadurch zu kompensieren, dass sie
auf allgemeinzahnärztliche Leistungen umstiegen. Im Hinblick hierauf sei es erforderlich, ein sektorales Budget für Leistungen
der Kieferorthopädie zu schaffen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 17. Juli 2013 sowie die Honorarbescheide für die Quartale I/2004 vom 6. Juli 2004,
II/2004 vom 7. Oktober 2004, III/2004 vom 3. Januar 2005, IV/2004 vom 6. April 2005, I/2005 vom 6. Juli 2005, II/2005 vom
10. Oktober 2005, IV/2005 vom 5. April 2006, I/2006 vom 6. Juli 2006, I/2007 vom 4. Juli 2007, II/2007 vom 8. Oktober 2007
sowie III/2007 vom 7. Januar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Dezember 2008 aufzuheben und die Beklagte zu
verpflichten, über sein Honorar für die vorgenannten Quartale unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu
entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
II
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die auf zusätzliches vertragszahnärztliches Honorar gerichtete kombinierte Anfechtungs- und Bescheidungsklage (vgl dazu
BSG SozR 4-1500 § 92 Nr 2 RdNr 7, 12) zu Recht abgewiesen.
1. Die Sprungrevision ist zulässig. Sie ist vom SG im Urteil zugelassen worden, §
161 Abs
1 Satz 1
SGG. Die Zustimmung der beklagten Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZÄV) war der Revisionsschrift beigefügt, §
161 Abs
1 Satz 3
SGG.
2. Eine Beiladung des EBewA ist nicht notwendig gewesen. Nach der Rechtsprechung des Senats besteht in Verfahren, in denen
die Wirksamkeit einer für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsnorm umstritten ist, keine Notwendigkeit, die an der Normsetzung
Beteiligten beizuladen (vgl zusammenfassend BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 12; zu Beiladungsfragen bei Streit um die Wirksamkeit einer Regelung des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche
Leistungen [EBM-Ä] siehe BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 3 RdNr 6; § 85 Nr 39 RdNr 28; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 13; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 25 RdNr 11). Es liegt lediglich ein Fall einfacher Beiladung vor. Eine solche einfache Beiladung ist, wenn eine Bestimmung
des bundesrechtlichen EBM-Ä den Kern des Rechtsstreits bildet, im Regelfall sachgerecht (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 3 RdNr 6; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 12). Deren Unterlassen stellt aber keinen sachentscheidungshindernden Verfahrensmangel dar (so zuletzt BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 25 RdNr 11 unter Hinweis auf BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 7 = Juris RdNr 11 mwN, insofern nicht abgedruckt in SozR) und die fehlende einfache Beiladung kann anders als eine notwendige
Beiladung nicht vom Revisionsgericht nachgeholt werden.
3. Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf Vergütung seiner vertragszahnärztlichen Leistungen ist §
85 Abs
4 SGB V (hier anzuwenden in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung [GKV-Modernisierungsgesetz
- GMG] vom 14.11.2003, BGBl I 2190). Danach verteilt die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung die Gesamtvergütungen an die Vertrags(zahn)ärzte.
Bei der Verteilung der Gesamtvergütungen sind Art und Umfang der Leistungen der Vertrags(zahn)ärzte zugrunde zu legen; dabei
ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe zugrunde
zu legen. Das Nähere zu Art und Umfang der abrechnungsfähigen Leistungen ist im BEMA-Z bestimmt. Die Beklagte hat hier zu
Recht der Honorarabrechnung den seit dem 1.1.2004 geltenden BEMA-Z zugrunde gelegt. Die dort vorgenommenen Bewertungen der
kieferorthopädischen Leistungen sind nicht zu beanstanden.
4. Der Senat hat sich bereits in seinem Urteil vom 16.12.2009 - B 6 KA 10/09 R (SozR 4-2500 § 85 Nr 48) im Zusammenhang mit der Bewertung der unterschiedlichen Grenzwerte im Rahmen der Degressionsregelung
für Kieferorthopäden und übrige Zahnärzte mit der Neubewertung der Leistungen zum 1.1.2004 befasst, ohne zu ihrer Rechtmäßigkeit
eine abschließende Beurteilung zu treffen. In dem Urteil ist dargestellt (aaO RdNr 17), dass der BewA vom Gesetzgeber durch
§
87 Abs
2d - jetzt Abs
2h - Satz 2
SGB V in der Fassung des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 (GKV-RefG 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626) den Auftrag erhalten hatte,
die im BEMA-Z enthaltenen Leistungen neu zu bewerten. Die zahnärztlichen Leistungen waren nach §
87 Abs
2d Satz 2
SGB V entsprechend einer ursachengerechten, zahnsubstanzschonenden und präventionsorientierten Versorgung insbesondere nach dem
Kriterium der erforderlichen Arbeitszeit gleichgewichtig in und zwischen den Leistungsbereichen für Zahnerhaltung, Prävention,
Zahnersatz und Kieferorthopädie zu bewerten. Grund für den Auftrag zur Neubewertung war nach der Begründung zum Gesetzentwurf
der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum GKV-RefG 2000 (BT-Drucks 14/1245 S 73 zu §
87 Abs
2d SGB V), dass der zahnärztliche Bewertungsmaßstab in wesentlichen Teilen nach wie vor auf der Vereinbarung der Selbstverwaltungspartner
aus dem Jahre 1962 basierte, sodass eine Anpassung an neue wissenschaftliche Gegebenheiten und an den allgemeinen zahnmedizinischen
Fortschritt, insbesondere eine stärkere Orientierung hin zu präventiven und zahnerhaltenden Maßnahmen, notwendig erschien.
Möglichkeiten zur Neubewertung sah der Gesetzgeber insbesondere darin, Füllungsleistungen aufzuwerten und neue präventive
Maßnahmen einzuführen, sowie den BEMA-Z zu Lasten von prothetischen Leistungspositionen, für die das Indikationsspektrum begrenzt
werden sollte, sowie zu Lasten des nach bisherigen Zeitmessstudien deutlich überbewerteten kieferorthopädischen Bereichs umzustrukturieren
(vgl BT-Drucks 14/1245 S 73 zu §
87 Abs
2d SGB V; zur Überbewertung kieferorthopädischer Leistungen s schon BSGE 78, 185, 187 = SozR 3-2500 § 85 Nr 13 S 86 mwN). Bei der Neubewertung der Leistungen hatte der BewA insbesondere die erforderliche
Arbeitszeit als maßgebliches Kriterium zu berücksichtigen, da der Zeitfaktor aufgrund der bisherigen Erfahrungen als das mit
Abstand wichtigste Kriterium für die Beurteilung der Bewertungsrelationen anzusehen ist (BT-Drucks aaO). Dabei war auch zu
berücksichtigen, ob die Leistungen durch den Vertragszahnarzt selbst oder ganz bzw überwiegend durch ausgebildetes Praxispersonal
erbracht werden (vgl BT-Drucks aaO), da Letzteres eine geringere Bewertung der Leistung rechtfertigt (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 48 RdNr 17).
Der nach Anrufung des EBewA durch das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung nach §
85 Abs
2d Satz 4
SGB V von jenem am 3./4.6.2003 und 5.11.2003 beschlossene und am 1.1.2004 in Kraft getretene (s Nr 6 Satz 1 der Allgemeinen Bestimmungen
zum BEMA-Z nF) neue BEMA-Z beinhaltet ua eine Punktzahlreduzierung für kieferorthopädische Leistungen in Höhe von ca 20 %.
Dieser Punktzahlreduzierung entspricht die Absenkung der degressionsfreien Gesamtpunktmenge bzw der Degressionsstufen für
Kieferorthopäden in §
85 Abs
4b Satz 1
SGB V (Begründung zum Gesetzentwurf zum GMG, BT-Drucks 15/1525 S 102 "Zu Buchstabe j"). Der Senat hat daraus, dass die Degressionsstufen
für Kieferorthopäden im selben Ausmaß abgesenkt wurden wie die Leistungsbewertungen, gefolgert, dass sich für Kieferorthopäden
aus der Änderung der Degressionsregelungen des §
85 Abs
4b Satz 1
SGB V keine über die Punktzahlreduzierung an sich hinausgehenden Nachteile ergaben, weil sie weiterhin die gleiche Anzahl an Leistungen
degressionsfrei erbringen könnten wie vor der Neuregelung der Degressionsgrenzen. Dass die Degression schon bei einem - im
Vergleich zum Jahre 2003 - geringeren Umsatz aus kieferorthopädischer Tätigkeit eingreife, sei letztlich allein Folge der
Absenkung der Leistungsbewertungen (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 48 RdNr 18). Einen Verstoß der differenzierenden Degressionsregelung gegen Art
12 GG oder Art
3 GG hat der Senat verneint (aaO RdNr 16 ff).
5. Der EBewA war nicht deshalb an einer Neubewertung - und der damit verbundenen Abwertung - der kieferorthopädischen Leistungen
gehindert, weil für diese Leistungen niedrigere Punktwerte als für die übrigen zahnärztlichen Leistungen galten. Ein Verhältnis
der Alternativität - entweder Punktzahlreduzierung im BEMA-Z oder Punktwertabsenkung im Honorarverteilungsmaßstab - bestand
nicht. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) vom 21.12.1992 (BGBl I 2266) sah in §
85 Abs
2b SGB V vor, dass die am 31.12.1991 geltenden Punktwerte für zahnärztliche Leistungen bei Zahnersatz einschließlich Zahnkronen zum
1.1.1993 um 20 vH abgesenkt und für die Jahre 1993, 1994 und 1995 festgeschrieben werden sollten (BT-Drucks 12/3209 S 7).
In der Begründung war dazu ausgeführt, dass die Absenkung der Punktwerte für Regelleistungen beim Zahnersatz einen notwendigen
Beitrag der Zahnärzte zur Erhaltung der Beitragsstabilität in der gesetzlichen Krankenversicherung darstelle und dass dadurch
gleichzeitig eine gleichgewichtigere Bewertungsrelation zwischen zahnerhaltenden und prothetischen Leistungen im kassenzahnärztlichen
Bewertungsmaßstab hergestellt werde (BT-Drucks 12/3209 S 47). Im GSG-Entwurf in der Fassung des Antrags der Fraktionen von CDU/CSU, SPD und FDP vom 5.11.1992 war folgende Fassung der Vorschrift
vorgesehen: "Die am 31. Dezember 1992 geltenden Punktwerte für zahnärztliche Leistungen bei Zahnersatz einschließlich Zahnkronen
und bei kieferorthopädischer Behandlung werden zum 1. Januar 1993 für die Dauer eines Kalenderjahres um 10 vom Hundert abgesenkt.
Ab dem 1. Januar 1994 erfolgt die Anpassung auf der abgesenkten Basis." In der Begründung wurden erneut der notwendige Beitrag
der Zahnärzte zur Erhaltung der Beitragsstabilität in der gesetzlichen Krankenversicherung und die Schaffung von gleichgewichtigeren
Bewertungsrelationen zwischen zahnerhaltenden und prothetischen sowie kieferorthopädischen Leistungen erwähnt. Zur kieferorthopädischen
Behandlung hieß es ausdrücklich: "Auch nach der Umstrukturierung sind - gemessen an einer gleichgewichtigen Bewertung - prothetische
Leistungen um 24,5 % und kieferorthopädische Leistungen um 28 % zu hoch bewertet" (BT-Drucks 12/3608 S 87). Diese von den
Fraktionen vorgeschlagene Fassung ist mit einer geringfügigen Modifikation durch den 15. Ausschuss (BT-Drucks 12/3930 S 26)
Gesetz geworden, ohne dass sich im Ausschussbericht Hinweise zur Begründung der Regelung bzw zu der vom Ausschuss vorgenommenen
Modifikation finden. Angesichts dieses Materialienbefundes hat der Senat der Gesetzesbegründung hinreichend deutlich zwei
Regelungsziele des Gesetzgebers entnommen, nämlich einen Beitrag der Zahnärzte zur Beitragsstabilität in der gesetzlichen
Krankenversicherung und eine Korrektur der vom Gesetzgeber als unbefriedigend angesehenen Bewertungsrelationen zwischen konservierend-chirurgischen
Zahnerhaltungsmaßnahmen und Leistungen der Prothetik bzw der Kieferorthopädie. Beide Gesichtspunkte haben nach Auffassung
des Senats die Punktwertabsenkung getragen, die sich als verfassungskonforme Regelung der Berufsausübung der Vertragszahnärzte
iS von Art
12 Abs
1 Satz 2
GG erweist (BSGE 78, 185, 187 ff = SozR 3-2500 § 85 Nr 13 S 86 ff).
Der durch das GSG eingefügte und inzwischen durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz vom 22.12.2011 (BGBl I 2983) aufgehobene §
85 Abs
2b Satz 3
SGB V sah zwar vor, dass der BewA anstelle der zum 1.1.1993 in Kraft tretenden Absenkung nach Satz 1 eine unterschiedliche Absenkung
der Bewertungszahlen der einzelnen Leistungen vornehmen könne. Von dieser Möglichkeit hat der BewA indes zum damaligen Zeitpunkt
keinen Gebrauch gemacht. Vielmehr ist es zur beschriebenen und 1999 zu einer weiteren Punktwertabsenkung gekommen, die in
der Folgezeit bis heute fortwirkt. Nach Art 15 Abs 1 Satz 2 GKV-Solidaritätsstärkungsgesetz vom 19.12.1998 (BGBl I S 3853)
durfte das Ausgabenvolumen für Zahnersatz und Kieferorthopädie für das Jahr 1999 die Gesamtheit der über die KZÄVen abgerechneten
entsprechenden Vergütungen für das Jahr 1997 abzüglich 5 vH nicht überschreiten. Der Senat hat mit Urteil vom 14.12.2005 -
B 6 KA 25/04 R - (USK 2005, 119) entschieden, dass wegen des Gebots der Vorjahresanknüpfung (vgl dazu zuletzt BSG Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 6/14 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 87a Nr 2 vorgesehen) für das Jahr 2000 an die abgesenkten Gesamtvergütungen anzuknüpfen
war. Diese Fortwirkung der Punktwertabsenkung stand einer Neurelationierung des BEMA-Z nicht entgegen und wurde ihrerseits
hierdurch nicht in Frage gestellt.
Rechtsgrundlage für die Neuordnung des BEMA zum 1.1.2004 war nicht §
85 Abs
2b SGB V, sondern der durch das GKV-RefG 2000 vom 22.12.1999 (BGBl I 2626) eingefügte §
87 Abs
2d SGB V. Danach können die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen zu Leistungskomplexen
zusammengefasst werden (Satz 1). Die Leistungen sind entsprechend einer ursachengerechten, zahnsubstanzschonenden und präventionsorientierten
Versorgung insbesondere nach dem Kriterium der erforderlichen Arbeitszeit gleichgewichtig in und zwischen den Leistungsbereichen
für Zahnerhaltung, Prävention, Zahnersatz und Kieferorthopädie zu bewerten (Satz 2). Bei der Festlegung der Bewertungsrelationen
war wissenschaftlicher Sachverstand einzubeziehen (Satz 3). Kam eine Vereinbarung ganz oder teilweise bis zum 31.12.2001 nicht
zu Stande, hatte das Bundesministerium für Gesundheit unverzüglich den erweiterten Bewertungsausschuss nach Abs 4 mit Wirkung
für die Vertragsparteien anzurufen (Satz 4). Der erweiterte Bewertungsausschuss setzte mit der Mehrheit seiner Mitglieder
innerhalb von sechs Monaten die Vereinbarung fest (Satz 5). Durch diese Ermächtigungsgrundlage ist die Neuordnung des BEMA-Z
gedeckt.
6. Voraussetzung für die Neugestaltung war nicht, dass der frühere BEMA-Z gekündigt oder aus anderen Gründen außer Kraft war.
Der einheitliche Bewertungsmaßstab bestimmt nach §
87 Abs
2 Satz 1
SGB V (insoweit unverändert seit dem Gesundheits-Reformgesetz [GRG] vom 20.12.1988, BGBl I 2477) den Inhalt der abrechnungsfähigen
Leistungen und ihr wertmäßiges, in Punkten ausgedrücktes Verhältnis zueinander. Die Bewertungsmaßstäbe sind in bestimmten
Zeitabständen auch daraufhin zu überprüfen, ob die Leistungsbeschreibungen und ihre Bewertungen noch dem Stand der medizinischen
Wissenschaft und Technik sowie dem Erfordernis der Rationalisierung im Rahmen wirtschaftlicher Leistungserbringung entsprechen
(§
87 Abs
2 Satz 2
SGB V idF des GRG, jetzt §
87 Abs
2 Satz 2 1. Halbsatz
SGB V). Bereits aus der hier normierten Beobachtungs- und Reaktionspflicht folgt, dass der BewA zur Vornahme von Änderungen bei
den Bewertungen zahnärztlicher Leistungen berechtigt war (vgl BSGE 78, 191, 196 f = SozR 3-2200 § 368i Nr 1 S 7 f zu § 368g Abs 4 Satz 2 und 3
RVO). Angesichts des in §
87 Abs
2d SGB V formulierten gesetzlichen Auftrags, bis zum 31.12.2001 die zahnärztlichen Leistungen entsprechend einer ursachengerechten,
zahnsubstanzschonenden und präventionsorientierten Versorgung insbesondere nach dem Kriterium der erforderlichen Arbeitszeit
gleichgewichtig in und zwischen den Leistungsbereichen für Zahnerhaltung, Prävention, Zahnersatz und Kieferorthopädie zu bewerten,
war der EBewA gemäß §
87 Abs
2d Satz 4
SGB V gehalten, eine Neubewertung anhand der vom Gesetz genannten Kriterien vorzunehmen. Nachdem ein Beschluss des BewA innerhalb
der Frist nicht zustande gekommen war, ging die Zuständigkeit auf den EBewA als Konfliktlösungsgremium (vgl dazu zuletzt BSG Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 46/13 R - zur Veröffentlichung vorgesehen in SozR 4-5555 § 22 Nr 1 RdNr 32 f; BSGE 111, 114 = SozR 4-2500 § 87 Nr 26, RdNr 43 f) über. Dieser hat seinen bei der Umsetzung des gesetzgeberischen Auftrags bestehenden
Gestaltungsspielraum hier nicht überschritten.
7. Innerhalb der ihm erteilten Normsetzungsermächtigung ist dem BewA - wie auch dem EBewA - bei der Konkretisierung des Inhalts
gesetzlicher Regelungen Gestaltungsfreiheit eingeräumt (vgl zuletzt BSGE 111, 114 = SozR 4-2500 § 87 Nr 26, RdNr 28; BSGE 105, 236 = SozR 4-2500 § 85 Nr 53, RdNr 26; BSG SozR 4-2500 §
85 Nr 68 RdNr 27, 30 zu §
85 Abs
4a Satz 1 letzter Teilsatz
SGB V aF; BSGE 78, 191, 196 = SozR 3-2200 § 368i Nr 1 S 7). Das Maß der Gestaltungsfreiheit richtet sich nach dem Wesen der Ermächtigungsvorschrift
und der ihr zugrundeliegenden Zielrichtung (vgl BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 21). Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind die auf der Grundlage des §
87 SGB V von den Bewertungsausschüssen vereinbarten einheitlichen Bewertungsmaßstäbe wegen ihrer spezifischen Struktur und der Art
ihres Zustandekommens nur beschränkt der gerichtlichen Überprüfung zugänglich. Durch die personelle Zusammensetzung der -
paritätisch mit Vertretern der Ärzte bzw Zahnärzte und Krankenkassen besetzten - Bewertungsausschüsse und den vertraglichen
Charakter der Bewertungsmaßstäbe soll gewährleistet werden, dass die unterschiedlichen Interessen der an der vertrags(zahn)ärztlichen
Versorgung beteiligten Gruppen zum Ausgleich kommen und auf diese Weise eine sachgerechte inhaltliche Umschreibung und Bewertung
der (zahn)ärztlichen Leistungen erreicht wird. Das vom BewA erarbeitete System autonomer Leistungsbewertung kann seinen Zweck
nur erfüllen, wenn Eingriffe von außen grundsätzlich unterbleiben. Die gerichtliche Kontrolle im Rahmen von Inzidentprüfungen
ist daher im Wesentlichen darauf beschränkt, ob der Ausschuss den ihm zustehenden Entscheidungsspielraum überschritten oder
seine Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgenutzt hat (vgl zuletzt BSG Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 46/13 R - zur Veröffentlichung vorgesehen in SozR 4-5555 § 22 Nr 1 RdNr 32 f; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 86; BSGE 83, 218, 220 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 109; BSGE 79, 239, 245 f = SozR 3-2500 § 87 Nr 14 S 53; BSGE 78, 98, 107 = SozR 3-2500 § 87 Nr 12 S 43; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 13 RdNr 29; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 8 RdNr 16; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 36; BSG SozR 3-2500 §
87 Nr 5 S 23). Der dem BewA in §
87 Abs
2 SGB V übertragene Gestaltungsauftrag erschöpft sich nicht in der Aufstellung eines reinen Leistungs- und Bewertungskataloges unter
medizinischen, betriebswirtschaftlichen oder sonstigen Gesichtspunkten, sondern schließt die Befugnis ein, über die Beschreibung
und Bewertung der (zahn)ärztlichen Verrichtungen das Leistungsverhalten der (Zahn-)Ärzte steuernd zu beeinflussen (vgl BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 9 RdNr 19; BSGE 88, 126, 129 = SozR 3-2500 § 87 Nr 29 S 147, mwN; s auch BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 3 RdNr 14). Dabei hat die Steuerung des Leistungsverhaltens immer über die Beschreibung und Bewertung der vertrags(zahn)ärztlichen
Leistungen zu erfolgen (vgl BSGE 78, 98, 105 = SozR 3-2500 § 87 Nr 12 S 41).
a) Gemessen an diesen Maßstäben ist die Umsetzung des gesetzlichen Regelungsauftrags nicht zu beanstanden. Die Vertragsparteien
haben sich zunächst darauf verständigt, dass eine "große Lösung" im Sinne einer umfassenden Neudefinition von Leistungen nicht
in Betracht kam, weil eine solche Reform nicht kostenneutral durchzuführen gewesen wäre. Um eine Erhöhung der Gesamtpunktmenge
und der Ausgaben zu vermeiden, wurde eine Punktsummen- und Ausgabenneutralität vereinbart. Dem sollte eine Zeitsummenneutralität
entsprechen. Im Rahmen einer "mittleren Lösung" wurden sodann einige Leistungspositionen neu aufgenommen, andere gestrichen
und insgesamt eine Umrelationierung vorgenommen. Soweit die vom Gesetz vorgeschriebene Orientierung an Zahnerhaltung und Prävention
ihren Ausdruck in der Umrelationierung fand, führte dies entsprechend der gesetzgeberischen Intention zu einer geringeren
Bewertung der kieferorthopädischen Leistungen.
b) Dem vom Gesetzgeber vorgegebenen Ansatz entsprechend sah der EBewA den Zeitfaktor als maßgebliches Kriterium für die Neurelationierung
an. Dass der EBewA dieses Kriterium auf der Grundlage der Studien von IFH, IDZ und BASYS bewertet hat, ist nicht zu beanstanden.
Er wäre zwar nicht gehindert gewesen, eigene Studien zur Zeitmessung erstellen zu lassen, wie dies die Gesetzesbegründung
auch nahelegt (BT-Drucks 14/1245 S 73: "z.B. durch eine neue wissenschaftliche Zeitmessstudie, die im Auftrag des Bewertungsausschusses
erstellt wird"). Angesichts der bereits vorliegenden Studien, die von den Vertragspartnern im EBewA, den Krankenkassen (IFH)
einerseits und den Zahnärzten und Kieferorthopäden (IDZ und BASYS) andererseits, in Auftrag geben worden waren, durfte der
EBewA - nicht zuletzt im Hinblick auf den engen zur Verfügung stehenden Zeitrahmen - auf eigene Erhebungen verzichten und
das vorhandene Datenmaterial verwerten. Dass den Studien unterschiedliche Konzepte zugrunde lagen, steht dem nicht entgegen.
Gegenstand aller Studien waren Zeitmessungen unter Praxisbedingungen. Der Unterschied bestand darin, dass die IFH-Studie,
an der 51 Zahnarztpraxen aus 11 Bundesländern teilnahmen, in erster Linie BEMA-Z-Leistungspositionen abbildete, während die
IDZ-Studie unabhängig vom BEMA-Z einzelne Therapieschritte zu bestimmten Behandlungsanlässen untersucht hat. In beiden Studien
erfolgte die Messung durch zahnärztlich ausgebildete Fremdbeobachter. In der IFH-Studie wurde die Zeit in Minuten, in der
IDZ-Studie in Sekunden gemessen. Das methodische Konzept der IDZ-Studie war so, dass für alle Dienstleistungen des Zahnarztes
sowohl Daten zur Zeitdauer als auch zum subjektiven Anstrengungsgrad (Konzentration und körperliche Belastung) dokumentiert
werden sollten. Ausgehend von 27 Behandlungsanlässen wurden 400 Therapieschritte gemessen, die zu bestimmten Leistungspositionen
zusammengesetzt werden konnten. An der Studie nahmen 56 Zahnärzte aus 4 Regionen teil, die nach soziodemografischen Quotierungsmerkmalen
aus 143 Projektinteressierten rekrutiert worden waren. Kieferorthopäden waren nicht einbezogen, weil diese Teilgruppe gesondert
in der vom BDK in Auftrag gegebenen BASYS-Studie untersucht wurde. Nach Abschluss der Studie wurden in einer Arbeitsgruppe
der KZÄBV die gemessenen Therapieschritte in die Leistungsbeschreibungen des BEMA-Z im Sinne eines Baukastensystems übersetzt.
Auf diese Weise konnten für 70 % der zahnmedizinischen Behandlungen Zeitwerte entsprechend der BEMA-Z-Positionen festgelegt
werden. Für BEMA-Z-Leistungen, die nicht unmittelbar rekonstruiert werden konnten, wurden sog Analogkonstrukte gebildet. Die
BASYS-Studie orientierte sich als Ergänzungsstudie im Design an der IDZ-Studie. An ihr nahmen 16 kieferorthopädische Praxen
teil, die aus einem Pool von 433 Kieferorthopäden nach Alter, Geschlecht und Region ausgewählt wurden.
Sowohl die IFH- als auch die IDZ-/BASYS-Studie lieferten verwertbare empirische Daten. In allen Untersuchungen wurden unter
Praxisbedingungen Messungen von fachkundigen Personen vorgenommen. Die Einbeziehung von Daten, die sich nicht an BEMA-Z-Positionen
orientierten, war bereits deshalb sinnvoll, wenn nicht unverzichtbar, weil es auch um die Datengewinnung für die Bewertung
neuer Leistungspositionen ging. Zudem konnte auf diese Weise der bisher für die BEMA-Z-Leistungen zugrunde gelegte Zeitaufwand
kritisch überprüft werden. Immerhin 70 % der BEMA-Z-Leistungen konnten ohne Weiteres anhand der in der IDZ-Studie untersuchten
Therapieschritte abgebildet werden. Der Zeitaufwand für die übrigen Leistungen konnte im Wege eines Baukastensystems aus den
gemessenen Therapieschritten ermittelt werden. Es kann offenbleiben, ob eine exakte Bestimmung des Zeitaufwandes für eine
zahnärztliche oder kieferorthopädische Leistung überhaupt möglich ist. In aller Regel wird es nur um Näherungswerte gehen,
weil die Dauer der Leistungserbringung von einer Vielzahl unterschiedlicher Faktoren im Einzelfall abhängig ist. Für die Rechtmäßigkeit
der Festsetzungen des EBewA ist aber auch nicht erforderlich, dass der erforderliche zeitliche Aufwand wissenschaftlich exakt
widergespiegelt wird (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 48 RdNr 30).
Dass die Teilnehmer an den Studien nicht nach dem Zufallsprinzip ausgewählt worden waren, beeinträchtigt dies die Verwertbarkeit
der Daten nicht. Untersuchungsgegenstand war nicht die quantitative Verteilung der Leistungen in der Zahnärzteschaft, sondern
die Ermittlung qualitativer Aspekte des zahnärztlichen Leistungsgeschehens. Ziel war nicht eine repräsentative Stichprobenbildung,
sondern eine empirische Dokumentation arbeitswissenschaftlicher Beanspruchungsmuster zahnärztlicher Dienstleistungen. Die
Teilnehmer rekrutierten sich notwendig aus Freiwilligen, die wiederum nach Alter, Geschlecht, Praxisorganisation und soziodemographischer
Zusammensetzung des Patientenklientels ausgewählt wurden (s Arbeitswissenschaftliche Beanspruchungsmuster zahnärztlicher Dienstleistungen
[BAZ II] S 71: "Das Stichprobenmodell" sowie S 299 Exkurs: Kieferorthopädische Ergänzungsstudie: "Auswahl der teilnehmenden
Praxen; S 12 IFH-Studie: "Erhebungsumfang und Repräsentanz").
Bei der Heranziehung der Zeitmessungen handelte es sich nicht um Tatsachenfeststellungen, sondern um eine wertende Ermittlung
in Umsetzung des Normsetzungsauftrags, sodass eine gerichtliche Überprüfung nur daraufhin stattfindet, ob der EBewA sich in
sachgerechter Weise an den vorliegenden Daten orientiert hat (vgl zur Ermittlung von Kostensätzen BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 36, 37). In diesem Rahmen ist nicht zu beanstanden, dass der EBewA gewichtete Mittelwerte aus den Studien gebildet
hat, soweit die Zeitmessungen für bestimmte Leistungen auseinandergingen. Die IDZ- und die BASYS-Studie wichen erheblich von
der IFH-Studie ab, die IDZ-Studie lag im Durchschnitt 40 % über der IFH-Studie, die BASYS-Studie lag 32 % unter der IFH-Studie.
Die Bildung von Mittelwerten wirkte sich damit zugunsten der kieferorthopädischen Leistungen aus. Wäre allein die BASYS-Studie,
die sich ausdrücklich zu den kieferorthopädischen Leistungen verhielt, berücksichtigt worden, hätten sich erheblich niedrigere
Werte ergeben.
Es wurde im Übrigen auch kein schlichter Durchschnittswert zwischen zwei Messungen gebildet, sondern nach einem komplexen
Berechnungsverfahren eine Gewichtung vorgenommen. Um die "richtige" Zeit für eine zahnmedizinische Leistung zu ermitteln,
wurde nach den Angaben des EBewA auf der Basis der IDZ-/BASYS-Studie sowie der IFH-Studie eine Tabelle mit den Zeitwerten
für die einzelnen BEMA-Z Leistungen erstellt. Den einzelnen Leistungen wurde jeweils auch ihre Häufigkeit zugeordnet. Durch
Multiplikation dieser Variablen ergab sich das Jahresbehandlungsvolumen zur Erbringung aller BEMA-Z-Leistungen in einem Jahr.
Sodann wurde das Behandlungsvolumen aller Vertragszahnärzte für das entsprechende Jahr bestimmt. Hierzu wurde die Anzahl der
Vertragszahnärzte mit dem Jahresarbeitszeitvolumen eines Zahnarztes, wie es im KZÄBV-Jahrbuch 2001 ausgewiesen gewesen sei,
multipliziert. Die Auswertung dieser statischen Daten ergab ein Behandlungszeitvolumen für Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung
(GKV) von 1200 Stunden pro Zahnarzt und Jahr. Nach der IFH-Studie war ein geringeres Jahresbehandlungszeitvolumen als 1200
Stunden, nach der BASYS-Studie ein geringfügig höheres Volumen erforderlich. Es fand daher eine Anhebung der IFH-Zeiten von
14,3 % und eine Absenkung der IDZ-/BASYS-Studien-Zeiten um 4,8 % auf den Wert von 1200 Behandlungsstunden pro Zahnarzt pro
Jahr statt. Wie der EBewA vor dem SG dargelegt hat, wurden die Zeitmessungen im Übrigen ergänzt durch eine Bewertung der Beanspruchungshöhe (geistig-informatorisch/körperlich-energetisch).
Die Bewertung der Leistungen erfolgte sodann in einem eigens entwickelten betriebswirtschaftlichen Eckwerte-Modell.
Dabei wurden als betriebswirtschaftliche Kosten für die zahnärztliche Behandlung die Summe aus steuerlichen Betriebsausgaben
und kalkulatorischem Unternehmerlohn abzüglich der Kosten für Fremdlabor und Praxislabor zugrunde gelegt. Von den Kosten wurden
80 % der GKV-Praxis zugeordnet. Mithilfe eines Beanspruchungsfaktors (geistige und körperliche Beanspruchung) wurde für den
kalkulatorischen Unternehmerlohn nicht nur die Arbeitszeit, sondern auch die Beanspruchung berücksichtigt, was sich zugunsten
der Kieferorthopäden ausgewirkt hat. Soweit Materialeinzelkosten eine relevante Rolle spielten, etwa bei Brackets oder Bändern,
wurde Datenmaterial des BDK verwendet. Spezifische Kostenzuschläge gab es etwa für Leistungen mit überproportional hohem Personalbedarf
sowie für Röntgenleistungen. Die Addition der direkt zuzuordnenden Kosten, der bereinigten Praxiskosten und der leistungsspezifischen
Kostenzuschläge ergab die Bewertung der einzelnen Leistung in Euro. Die Gesamtkosten in Euro waren die Basis für die Berechnung
der BEMA-Z-Punktzahlen. Die Division der Gesamtkosten der einzelnen Leistung durch den bereichsspezifischen bundesdurchschnittlichen
Punktwert ergab die Bewertung der Leistung in BEMA-Z-Punkten.
c) Dass der EBewA die Bewertung der Leistungen in diesem System unter Berücksichtigung des abgesenkten Punktwertes für die
kieferorthopädischen Leistungen vorgenommen hat, ist ebenfalls rechtmäßig. Insofern entspricht die Festsetzung dem gesetzgeberischen
Auftrag, die Leistungen gleichgewichtig in und zwischen den Leistungsbereichen für Zahnerhaltung, Prävention, Zahnersatz und
Kieferorthopädie zu bewerten. Zwar obliegt dem BewA nur die Festlegung der Punktzahlen für die Bewertung einer Leistung, nicht
aber die Festsetzung der Punktwerte. Eine solche Festsetzung hat der EBewA aber weder vorgenommen noch wäre er rechtlich hierzu
in der Lage gewesen. Der Wert einer nach Zeit- und Kostenaufwand bestimmten Leistung kann allerdings nicht losgelöst von seiner
tatsächlichen Wertigkeit in Euro gesehen werden. Soll eine Neujustierung des Bewertungssystems insgesamt erfolgen, reicht
es nur dann, die Punktzahlbewertung zu verändern, wenn von einem gleichen Punktwert auszugehen ist. Differieren hingegen die
Punktwerte, bedarf es für die realistische Abbildung der Relation der Leistungen zueinander der Berücksichtigung beider Faktoren,
der Punktzahl und des jeweiligen Punktwertes. Bei Zugrundelegung eines gleichen Punktwertes für die zahnärztlichen und die
kieferorthopädischen Leistungen hätten die Punktzahlen für letztere noch weiter abgesenkt werden müssen. Die Tabelle zu den
Bewertungsrelationen für den Tarif "Kieferorthopädie" in der IFH-Studie (S 40a) belegt dies eindrücklich. Für fast alle dort
aufgeführten Leistungen wären bei Zugrundelegung eines gleichen Punktwertes zwischen 1 und 6 Punkte weniger anzusetzen gewesen
als bei Zugrundelegung eines ungleichen Punktwertes. Zwar ist Folge der Berücksichtigung des Punktwertes, dass sich das wertmäßige
Verhältnis der Leistungen zueinander nicht mehr allein aus der Punktzahlbewertung ergibt, wie §
87 Abs
2 Satz 1
SGB V dies vorsieht. Dies gilt allerdings nur, wenn man das gesamte zahnärztliche Leistungsspektrum betrachtet, nicht für die Leistungen
in dem gesonderten Bereich der Kieferorthopädie, der in der Honorierung auch schon durch die gesetzlich angeordneten Punktwertabsenkungen
einen Sonderstatus im zahnärztlichen Versorgungsbereich einnimmt. In diesem Bereich wurde - betrachtet man ihn isoliert -
gleichmäßig ein einheitlicher Punktwert berücksichtigt. Da der Gesetzgeber in diesem Bereich an der Absenkung des Punktwertes
festgehalten hat, konnte eine Vergleichbarkeit mit den übrigen Leistungen aus dem zahnärztlichen Bereich nur unter Berücksichtigung
dieses Umstandes herbeigeführt werden.
Der EBewA hat seinen Gestaltungsspielraum auch nicht dadurch überschritten, dass er dabei den bereichsspezifischen bundesdurchschnittlichen
Punktwert, ermittelt durch Gewichtung der kassenspezifischen Punktwerte über alle KZÄVen mit den jeweiligen Punktmengen, zum
Maßstab genommen hat. Damit baut zwar die Bewertung auf außerhalb des BEMA-Z liegende Umstände auf. Der EBewA hat damit aber
nicht etwa ähnlich einer dynamischen Verweisung (vgl dazu zuletzt BSG Urteil vom 19.2.2014 - B 6 KA 38/12 R - SozR 4-2500 § 135 Nr 20 RdNr 30) Regelungen der Honorarverteilung zum Inhalt des BEMA-Z gemacht. Er hat vielmehr seine
Bewertung auf tatsächliche Umstände gestützt, die naturgemäß Veränderungen unterworfen sind. Eine solche Bezugnahme ist solange
unschädlich, wie sich diese Veränderungen in so engen Grenzen halten, dass keine wesentliche Verschiebung der Relationen erfolgt,
die eine Neubewertung geboten erscheinen lassen. Das ist hier der Fall. Wie der EBewA im Parallelverfahren B 6 KA 12/14 R dargelegt hat, betrug der Punktwertabstand zwischen dem KCH- und dem KFO-Bereich auf der Basis der Punktwerte aller KZÄVen
und aller Krankenkassen bei Gewichtung mit der Leistungsmenge im Basisjahr 2002 im Bundesdurchschnitt 17,4 % und im Jahr 2013
17,8 %. Die Punktwertrelation erfuhr damit in ihrer Entwicklung keine signifikante Veränderung. Zwar differierte der Punktwertabstand
stark zwischen den alten (18,9 %) und den neuen (12,5 %) Bundesländern, von dem vergleichsweise hohen Durchschnittspunktwert
in den neuen Bundesländern war der Kläger aber nur begünstigt. Im Übrigen könnte ein "Auseinanderdriften" der Relationen zwischen
KCH- und KFO-Bereich allenfalls eine verstärkte Beobachtungs- und Reaktionspflicht des EBewA begründen, Zweifeln an der Validität
der von ihm zugrunde gelegten Daten zeitnah und in erforderlichem Umfang nachzugehen (vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 70 RdNr 38).
8. Mit dem Einwand, Kieferorthopäden würden verfassungswidrig benachteiligt, weil sie keine Möglichkeit hätten, etwaige Verluste
durch eine Verlagerung ihrer Tätigkeit auszugleichen, hat sich der Senat bereits in seinem Urteil vom 8.5.1996 (BSGE 78, 191, 199 = SozR 3-2200 § 368i Nr 1 S 10; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 48 RdNr 20, 27) beschäftigt und ausgeführt, dass der Gesetzgeber nicht gehalten sei, einer Berufsgruppe, deren Honoraransprüche
eingeschränkt würden, die Möglichkeit zu geben, ihre Einbußen durch die Chance von Einkommenszuwächsen in anderen Leistungsbereichen
auszugleichen. Er ist nicht gehindert, darauf hinzuwirken, dass bei unverändertem Leistungsverhalten Kieferorthopäden für
die Behandlung von Versicherten der GKV schlechter honoriert werden als zuvor. Eine Grenze hat der Senat nur gesehen, wenn
das Gebot der angemessenen Vergütung der vertrags(zahn)ärztlichen Leistungen verletzt wird. Diese Grenze ist ersichtlich nicht
erreicht. Der Senat hat auch entschieden, dass der Gleichheitssatz des Art
3 Abs
1 GG keine unterschiedlichen Verteilungsregelungen für Allgemeinzahnärzte und Kieferorthopäden gebietet (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 28 RdNr 21).
Ebenfalls in der Entscheidung vom 8.5.1996 hat der Senat bereits den Vortrag beschieden, es habe einer Neurelationierung zu
Lasten der Kieferorthopädie nach der Zielsetzung des Gesetzgebers nicht bedurft, weil die Kieferorthopädie der zahnsubstanzschonendste
Bereich überhaupt sei. Der Senat hat unabhängig davon, dass von der Absenkung des Honorars für kieferorthopädische Leistungen
kein Anreiz für Kieferorthopäden ausgehen kann, vermehrt zahnerhaltende Leistungen zu erbringen, den Gesetzgeber als berechtigt
angesehen, das von ihm für zu hoch gehaltene Vergütungsniveau kieferorthopädischer Leistungen insgesamt zu senken, auch um
für zahnerhaltende Maßnahmen ein höheres Vergütungsvolumen zur Verfügung zu haben (BSGE 78, 191, 199 = SozR 3-2200 § 368i Nr 1 S 10).
9. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von §
154 Abs
2 VwGO.